H. „AUS LIEBE ... |
1. Ob nichtsdestoweniger uneigennützig? |
Wir müssten noch einmal auf die Frage nach dem ‘Motiv-Beweggrund’ im Dreieinigen bei seiner Entscheidung zurückgreifen: den Beweggrund bei der Erschaffung des Kosmos, und in ihm seines lebendigen Ebenbildes: Mann und Frau, die Gott „um ihrer Selbst willen” beabsichtigt hat (GS 24).
Von vornherein muss bei Gott aller Schatten von Eigenliebe-Egoismus als ‘Motiv’, bzw. als ‘Zweck’ des unternommenen Erschaffungswerkes ausgeschlossen werden. Wenn Jesus Christus zu jenen, die Ihn dauernd abgeguckt haben und keine Mühe scheuten, um Ihn auf irgendeine Art und Weise zu erschnappen (s. z.B. Mt 19,3; 22,15.35; usw.), sagen konnte: „Wer von euch kann Mir eine Sünde nachweisen?” (Joh 8,46), da um wie viel mehr muss alle ethische Unvollkommenheit beim Dreieinigen ausgeschlossen werden, der Heiligkeit und Liebe selbst ist!
Wir konnten uns schon klarer bewusst werden, dass das einzige, eigens beabsichtigte Geschöpf, das Gott wahrhaft erschaffen wollte, der Mensch ist: Gottes lebendiges Ebenbild angesichts des Weltalls. Der Mensch wird in der Tat vom Nichts zur Existenz aufgrund der inneren ‘Dynamik’ des Dreieinigen hervorgerufen. Gott ist in keinem Fall ‘Liebe’ nur in ‘Theorie’ ! Er kann wirklich die Freude nicht in sich halten, mit Leben, der eigenartigen ‘anderen Seite’ des Geheimnisses der Liebe, nicht zu beschenken. Liebe wird ‘sie Selbst’, wenn sie Da-Sein-‘für’ wird – offenbar für eine Person, nicht für ein ‘Ding’.
Es erscheint aber die Frage, bzw. eine eigenartige kleine Zweifelhaftigkeit und Fraglichkeit: Wie kann diese zentri-fugale Dynamik der Liebe mit Erwartung auf Gegenseitigkeit vereinbart werden? Wir möchten vor dem Berühren dieser Hinsicht der erörterten Frage nicht zurückweichen. Gott ist ganz ‘für’ sein lebendiges Ebenbild. Und doch, wie glühend-inbrünstig, und dabei unwahrscheinlich demütig und geduldig wartet Er auf eine Geste der Liebe vonseiten dieses seines Ebenbildes, das die seine Gottes Liebe auch erwiderte!
So fragen wir letztlich: Kann da in diesem Fall von Uneigennützigkeit Gottes Liebe gesprochen werden? Also: steckt hinter der Bezeichnung: „Gott schuf den Menschen ... um seiner Selbst willen” – nicht etwa eine sophistische Verlogenheit ?
Wir müssen uns wohl von vornherein sagen: Unser Denken über Gott und seine inneren Entscheidungen ist einem erschöpfenden Verstehen der Wirklichkeit Gottes nicht gewachsen. Und doch – wir fassen den Mut, auch diese Frage wenn auch nur ein wenig besser verstehen zu suchen. Bei manchen Menschen scheint nämlich diese Frage eine gewisse Unruhe auszulösen, falls es eine befriedigende Antwort nicht geben sollte.
2. Aussagen |
Betreffs der gerade erwogenen Hinsicht können mehrere eindeutige biblische Aussagen angeführt werden. Möge es reichen, eine von ihnen darzustellen – sie steht in den Anfangsversen des Epheserbriefes des Hl. Paulus:
„Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus ...
Denn in Ihm hat Er uns auserwählt vor Grundlegung der Welt,
auf dass wir heilig seien vor seinem Angesicht und makellos.
– In Liebe hat Er uns durch Jesus Christus dazu vorausbestimmt,
zur Sohnschaft hin zu Ihm nach dem Wohlgefallen seines Willens [= Gottes Vorhaben],
zum Lobe der Herrlichkeit seiner Gnade,
mit der Er uns in dem Geliebten begnadet hat” (Eph 1,3-6; Text: JB).
Anderseits ein Stück vom Katechismus der Katholischen Kirche. Dort kann folgendes gelesen werden:
„Gott hat alles für den Menschen erschaffen,
aber der Mensch selbst ist erschaffen worden,
um Gott zu dienen, Ihn zu lieben und Ihm die ganze Schöpfung darzubringen” (KKK 358).
Ein wenig früher kann im ‘Katechismus’ eine ähnliche Aussage gefunden werden, wie sie im gerade angeführten Text von Eph 1 gezeigt wird:
„Die Schrift und die Überlieferung lehren und preisen stets die Grundwahrheit: ‘Die Welt ist zur Ehre Gottes geschaffen’.
– Wie der hl. Bonaventura erklärt, hat Gott alles erschaffen ‘nicht um seine Herrlichkeit zu mehren, sondern um seine Herrlichkeit zu bekunden und mitzuteilen’ ...” (KKK 293).
Wonach der ‘Katechismus’ die Bezeichnung des Ersten Vatikanischen Konzils (1870) anführt:
„Dieser alleinige wahre Gott hat in seiner Güte und ‘allmächtigen Kraft’, nicht um seine Seligkeit zu vermehren, noch um [Vollkommenheit] zu erwerben, sondern um seine Vollkommenheit zu offenbaren durch die Güter, die Er den Geschöpfen gewährt – aus völlig freiem Entschluss ‘von Anfang der Zeit an aus Nichts zugleich beide Schöpfungen geschaffen: die geistige und die körperliche’ ...” (KKK 293: zweiter Teil dieses Fragments).
3. Versuch einer Erklärung dazu |
Die Frage betrifft unsere Unbeholfenheit, die Unbegreiflichkeit Gottes zu verstehen und sie korrekt in Worte zu fassen.
Gerade solche Bedeutung gebührt den vom ‘Katechismus’ angewandten Ausdrücken: „... der Mensch selbst ist erschaffen worden, um Gott zu dienen, Ihn zu lieben und Ihm die ganze Schöpfung darzubringen” (KKK 358). Jedes der Geschöpfe ist in totalem Sinn fortwährend von seinem Schöpfer abhängig. Es könnte keinen Sekundenbruch von ‘allein’ bestehen – in Unabhängigkeit von Dem, der es aus seiner unermesslichen Liebe vom Nicht-Dasein zum Dasein gerufen hat.
– Allerdings jene totale ‘Abhängigkeit bereitet diesem betreffenden Geschöpf nicht nur keine Demütigung, sondern bietet ihm gerade die Chance, dass es sein ‘Selbst’ werden kann und die ihm vom Schöpfer geschenkten Möglichkeiten freudevoll entfalten kann.
Dieselbe Wirklichkeit könnte auch noch kontrastiv dargestellt werden. Und zwar es ist ganz unmöglich, dass ein betreffendes Geschöpf sein ‘Selbst’ wird und irgendwelche Möglichkeiten für eine eigene Entfaltung findet, wenn es in Lostrennung vom Schöpfer erfolgen sollte. Auch diese Feststellung enthält keinen geringsten Schatten irgendwelcher Demütigung des betreffenden ‘Seins’. Es bezeugt einzig den Tatzustand.
– In diesem Sinn offenbart Gott unwillkürlich sich selber als den Schöpfer, samt der Fülle seiner sorgfältigen Vorsehung jedem der Geschöpfe gegenüber, indem Er es nicht nur im Akt des Herausrufens vom Nicht-Existieren liebt, sondern es auch ununterbrochen in weiterer Existenz und seiner Entfaltung erhält.
Was den Menschen angeht, den Gott als Person erschafft, d.h. Er schenkt ihm den freien Willen, den Verstand und die Fähigkeit, Verantwortung auf sich nehmen zu können, muss noch sofort festgestellt werden: Zu dieser, keinen Augenblick aufhörenden, allen Geschöpfen gemeinsamen totalen Abhängigkeit im Dasein vom Schöpfer – gesellt sich noch die folgende Hinsicht hinzu, die die Frage ungemein verwickelt – sowohl Gott selbst, wie dem Menschen gegenüber.
In diesem Sinn enthält die Bezeichnung vom Katechismus, dass der Mensch dazu erschaffen worden ist, um „Gott zu dienen und Ihn zu lieben” (KKK 358), nicht nur keinen negativen Ausklang, als ob es um ‘aufgenötigte Knechtschaft’ Gott gegenüber gehen sollte, also um Gewalttätigkeit gegen die menschliche Natur. Ganz umgekehrt, diese Bezeichnung drückt die Promotion der persönlichen ‘Gewonnenen’ aus, wenn der Mensch seine Abhängigkeit vom Schöpfer anerkennt, sie lieb hat und alles tut, um einen möglich niemals nachlassenden Kontakt zu Ihm aufrecht zu erhalten.
Alles geschieht in diesem Fall offenbar auf der sowohl Gott, als seiner Selbst als ‘Person’ würdigen ‘Welle’: ‘Welle der Liebe’. Diese Liebe wird nämlich empfangen, um sie sogleich freudevoll und liebend zu erwidern.
Diese Hinsicht der Frage drückt auch zweifelsohne die oben angeführte Aussage des Gottes-Geschriebenen-Wortes aus. Es wird darin gesagt, dass Gott der Vater uns „in Liebe dazu vorausbestimmt hat zur Sohnschaft hin zu Ihm [= für den Vater] durch Jesus Christus ... zum Lobe der Herrlichkeit seiner Gnade, mit der Er uns in dem Geliebten begnadet hat” (Eph 1,3-6).
Es wird hier die Erschaffungs-Liebe Gottes des Vaters hervorgehoben. Nicht irgendwelche Eigensucht, noch Streben nach Selbst-Erhöhung hat in Gott die zentri-fugale Dynamik ausgelöst: die Freude zur Erschaffung hin – in diesem Fall: des Menschen, dieses Wesens, das Gott „um seiner Selbst willen gewollt” hat (GS 24). Es war dagegen einzig seine Liebe auf dem Spiel, die nach dem einen strebte: ganzheitliche Gabe-‘für’ den Menschen, als seines lebendigen Ebenbildes – zu werden.
Wir hören im angeführten Text von „Vorausbestimmung zur Sohnschaft” [gr. hiothesía: hiós + títhemi = ich nehme zum Kinde an; vgl. Röm 8,29; usw.], die der Vater in der Stunde der Erschaffung jedem Menschen ausnahmslos anbietet – als besonders kostbare Gabe, die kostbarste unter allem möglichen: der Erlösung, die durch das Blut Jesu Christi vollbracht worden ist – „zur Vergebung der Sünden”. Die Erwiderung mit ganzem Herzen und Liebe der dem Menschen angebotenen angenommenen Sohnschaft schafft Gott keine Vermehrung an neuer „Ehre der Herrlichkeit seiner Gnade”, die Gott nicht schon ‘früher’ hätte. Dagegen der „Lob der Herrlichkeit seiner Gnade” wird zweifelsohne äußere Anerkennung der Wahrheit des Seins sowohl vonseiten Gottes, wie auch des Menschen, d.h. er wird letztlich nur Proklamation des eigentlichen Tatzustandes.
4. Ruf zur Teilhabe am Leben |
An dieser Stelle greifen wir von neuem die Erwägungen Johannes Paul II. auf, wo er über den Menschen spricht, inwiefern er von Gott als „um seiner Selbst willen” beabsichtigtes „Ebenbild” erschaffen worden ist, dem Gott die Teilhabe am Leben des Dreieinigen selbst anbietet. Wenn Gott den Menschen, sein lebendiges Ebenbild, mit der Freiheit beschenkt, Wahlen zu Gutem hin treffen zu können, wird es Erfordernis seiner Würde, dass er aufgrund der inneren Wahl handelt, die von Stunde zu Stunde eine engagierte Gegenseitigkeit auf Gottes schöpferische Liebe bestätigte. Johannes Paul II. betont:
„Die nach dem Muster der Gottes Freiheit gestaltete Freiheit des Menschen wird durch dessen Gehorsam gegenüber dem Gesetz Gottes nicht nur nicht abgeschafft. Ganz umgekehrt, einzig dank dem Gehorsam bleibt sie in Wahrheit und entspricht vollends der Würde des Menschen ...
– ‘Die Würde des Menschen verlangt es, dass er aus bewusster und freier Wahl handle, das heißt personal, von Innen her bewogen und geführt und nicht unter blindem innerem Drang oder überhaupt unter bloßem äußerem Zwang. Eine solche Freiheit erwirbt der Mensch, wenn er sich aus aller Knechtschaft der Leidenschaften befreit und sein Ziel in freier Wahl des Guten verfolgt...[Zit. von: GS 17]’ ...” (VSpl 42).
Die spontane, aus Liebe-Dankbarkeit herkommende Erfüllung der Gebote Gottes ist für den Menschen der grundsätzliche Weg, Gott unter Bedingungen der Zeitlichkeit die erwiderte Liebe zu erweisen. Durch ihre willentliche Umsetzung ins Leben erfüllt der Mensch den Sinn seines Daseins, der daselbst der eigenen ‘Erfüllung’ dient.
– Anderseits wird die Befolgung der Gebote Gottes mit solcher Gesinnung daselbst zur Art und Weise der äußerlich erwiesenen Lobpreisung der Herrlichkeit Gottes Gnade.
Im Anschluss an die Frage nach dem „Guten” zum ewigen Leben hin, das Jesus bei seiner Begegnung mit dem reichen Jungen Menschen hervorhebt, spricht Johannes Paul II.:
„In der Tat, die Frage nach dem Guten zu stellen bedeutet letzten Endes, sich Gott ... zuzuwenden ...
... das Gute, das den Menschen anzieht und ihn zugleich verpflichtet, hat seine Quelle in Gott, ja es ist Gott selber: Der, der allein würdig ist, dass Er mit ganzem Herzen ... geliebt wird ...
– Jesus führt die Frage nach dem moralischen Guten Tun zurück auf ... die Anerkennung Gottes, des einzig Guten, Fülle des Lebens, Endziel des menschlichen Handelns, vollkommene Glückseligkeit.
– Die ... Kirche glaubt, dass das höchste Lebens-Ziel des Menschen, der geschaffen wurde als Ebenbild des Schöpfers, mit dem Blut Christi erlöst und von der Gegenwart des Heiligen Geistes geheiligt wurde – das Dasein ‘zum Lob der Herrlichkeit’ Gottes ist [vgl. Eph 1,12], indem er so handelt, dass jede Tat Seinen Glanz widerspiegelt.
– ‘Erkenne dich also selbst, o schöne Seele: du bist das Ebenbild Gottes ... Erkenne dich selbst, o Mensch: du bist der Abglanz Gottes [1 Kor 11,7; Zit. vom hl. Ambrosius]’ ...” (VSpl 10).
Diese Worte stellen auf selber Ebene das Erfahren seiner Selbst als Gottes Ebenbildes – und Gottes Ehre und Lob. An anderer Stelle betont Johannes Paul II. außerdem die Notwendigkeit, dass die Taten, die nach Forderungen Gottes Gebote erfüllt werden, deutlich auf Gott hin gerichtet sein sollen:
„Die ihrem Gegenstand nach gute menschliche Handlung besitzt auch die Eigenschaft, auf das letzte Ziel hingeordnet werden zu können. Eben diese Handlung erlangt dann ihre letzte und entscheidende Vollkommenheit, wenn der Wille sie durch die Liebe tatsächlich auf Gott hinordnet.
... ‘Damit unsere Werke gut und vollkommen sind, müssen wir sie mit dem Ziel tun, dass sie Gott gefallen’ [Zitat vom Hl. Alfons de Liguori] ...” (VSpl 78).
5. „Gewollt um seines Selbst willen” |
Es ist schwer auf die Anführung des Erwägungsfragmentes vom oben erwähnten Brief an die Familien von Johannes Paul II. zu verzichten. Der Heilige Vater spricht dort über die Berufung des Menschen zur Teilhabe am Leben des Dreieinigen – als desjenigen, der „von Gott um seiner Selbst willen gewollt ist”. Hier die päpstlichen Worte:
„Vom Augenblick der Empfängnis ... an ist der Neue Mensch dazu bestimmt, dass sein Menschsein in Fülle zum Ausdruck kommt ..
‘Mensch sein’ ist die fundamentale Berufung des Menschen ... nach Maß der Gabe, dieses ‘Talentes’, das das Menschsein selbst darstellt ... In diesem Sinn will Gott jeden Menschen ‘um seiner Selbst willen’.
– Allerdings nach Gottes Vorhaben reicht die Berufung der menschlichen Person weiter, über die Grenzen der Zeit. Sie kommt dieser Absicht des Vaters entgegen, die im Fleischgewordnenen Wort geoffenbart worden ist: Gott will den Menschen mit Teilnahme an seinem Göttlichen Leben beschenken. Christus sagt: ‘Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben’ [Joh 10,10] ....” (BF 9).
An dieser Stelle greift Johannes Paul II. die Frage auf, wie diese zwei unterschiedlichen Zielheiten miteinander vereinbart werden können:
„Steht die letztliche Bestimmung des Menschen nicht im Widerspruch zu der Feststellung, dass Gott den Menschen ‘um seiner Selbst willen’ will? Wenn Bestimmung des Mensch das Göttliche Leben darstellt, kann er dann tatsächlich ‘um seiner Selbst willen’ da sein? Dies ist die Schlüsselfrage ...
– Wenn Gott den Menschen zum Göttlichen Leben bestimmt, zieht Er ihn letztlich nicht davon ab, dass er ‘um seiner Selbst willen’ existiert? Wie ist die Beziehung zwischen dem personalen Leben, und der Teilhabe am Trinitarischen Leben?
– Der hl. Augustinus schreibt: ‘Unruhig ist unser Herz, bis es nicht in Dir ruht’. Dieses ‘unruhige Herz’ bedeutet, dass zwischen der einen und der anderen Lebensform kein Gegensatz besteht, vielmehr, es besteht eine tiefe Zusammengehörigkeit.
– Es gehört zur Genealogie der Person selbst, die nach dem Ebenbild und Ähnlichkeit Gottes erschaffen ist, dass indem sie am Gottes Leben teil hat, existiert sie ‘um ihrer Selbst willen’ und verwirklicht sich. Endziel dieser Verwirklichung ist aber die Fülle des Lebens in Gott, diese, von der Christus spricht [Joh 6,37-40]. Diese, zu der Er selbst uns erlöst hat [Mk 10,45] ...” (BF 9).
Die Erwägung Johannes Paul II. knüpft im angeführten Fragment an die Absicht der Ehegatten-Eltern an, wenn sie ihrer Nachkommenschaft gerade das Leben übertragen:
„In die eheliche und elterliche Liebe ist die Wahrheit vom Menschen eingeprägt, die so bündig, und zugleich so zutiefst vom Konzil [dem Zweiten Vatikanischen Konzil: 1962-1965] ausgedrückt worden ist mit der Feststellung, dass Gott den ‘Menschen um seiner Selbst willen will’. Es ist nötig, dass sich in dieses Gottes Wollen – das menschliche Wollen der Eltern eingliedert; dass sie diesen neuen Menschen mögen, wie ihn der Schöpfer will.
– Das menschliche Wollen unterliegt immer dem Gesetz der Zeit, dem Gesetz der Vergänglichkeit. Das Göttliche – ist urewig: ‘Noch ehe Ich dich im Mutterleib bildete, habe Ich dich erkannt ... [Jer 1,5; Text: ESt]. Die Genealogie der Person ist zunächst mit der Ewigkeit Gottes verbunden und erst danach mit der menschlichen Elternschaft. Bereits in der Empfängnis selbst ist der Mensch zur Ewigkeit in Gott berufen” (BF 9).
I. UNUMGÄNGLICH ERFORDERTE |
1. Beglaubigung der Aufrichtigkeit |
Erst jetzt können wir die weitere Erwägungsstufe des hiesigen Teiles unserer WEB-Site von neuem aufgreifen: Wie ist es dazu gekommen, dass Gott sich als Barmherzigkeit offenbart hat? Wir verstehen schon, dass zum Erweis der ‘Barmherzigkeit’ von Gottes Seite allein schon das Herausrufen vom Nicht-Existieren zum Existieren geworden ist. Es ist für die mit Dasein beschenkten Geschöpfe ein Geschenk, für das sie sich niemals gehörig bedanken können. Das einzige unter den Geschöpfen, das überhaupt zu begreifen fähig ist, dass es in erster Reihe sich selber dargeschenkt wurde, ist der Mensch. Er ist nämlich lebendiges Ebenbild Gottes selbst, und folglich, daselbst ist er Person.
Gott verhält sich zu seinem lebendigen Ebenbild: Mann und Frau – die ganze Zeit nach dem Grundsatz der personalen Beziehungen. Dank des ihm geschenkten Selbst-Bewusstseins und des Vermögens der Selbst-Bestimmung, schlägt ihm Gott eine unerhörte personale Beförderung vor: die „Kommunion” zu Sich als dem Dreieinigen! Es handelt sich um eine Wirklichkeit, die – in Form der Analogie – Inhalt des ehelichen Bundes bildet, und zwar des Eins-in-Leben, Eins-in-Liebe.
Mit solchem Vorschlag konnte Gott keinem anderen der Geschöpfe entgegen gehen. Denn nur die „Person kann lieben und nur die Person kann geliebt werden” (MuD 29). Gottes Vorhaben: eines solchen Angebots, ist seinem Wesen nach etwas total unwahrscheinliches! Und doch ... wirkliches! Und dabei: für Gott selbst ... durchaus dramatisches: äußerst ‘riskantes’! Der Dreieinige konnte sich dessen unmöglich nicht ‘bewusst’ sein.
Des weiteren aber, Gott konnte unmöglich die ‘Liebe’ seines lebendigen Ebenbildes: Mann und Frau – nicht auf Probe aussetzen. Einerseits wäre die ‘Liebe’ überhaupt nicht ‘sie Selbst’, d.h. sie wäre überhaupt keine ‘Liebe’, falls sie mit Kraftaufwand aufgenötigt wäre. Ihr Tun müsste als Vergewaltigung qualifiziert werden, die ihrer Natur zugefügt wäre: ist doch ihre Natur unveräußerlich und unabtrittbar zur Selbst-Bestimmung über sich selbst befähigt. Wenn Gott – zweifelsohne mit ‘verhaltenem Atem’ und zugleich mit ‘Beängstigung’ erwartete, ob das von Ihm geliebte Geschöpf: Mensch-der-Mann, Mensch-die-Frau, das Er unter allen übrigen Geschöpfen so unwahrscheinlich bevorzugt hat, Ihm sein: ‘Ich liebe Dich, o Gott’ – sagt, kann Er doch solchen Akt der Liebe nicht mit Kraft aufnötigen, als ob es blindes ‘Fatum-Voherbestimmung’ wäre.
In weiterer Folge, Gott kann auch seinem lebendigen Ebenbild: Mann und Frau, die ihm geschenkte höchst riskante Befähigung nicht entziehen: die Selbst-Bestimmung (den freien Willen). Würde Er das tun, hörte der Mensch auf ... Mensch zu sein. Es würde keine Person geben, deren ontologische Eigenschaft, aber auch ethische Verpflichtung es ist – zu lieben, und geliebt zu werden. Gott würde daselbst sein eigenes Geschöpf zerstören: das erlaubt sich Gott außer jeden Zweifel nicht.
Vonseiten aber des ‘Kosmos’, der seinem Wesen nach mit der Fähigkeit des Selbst-Bewusstseins, Selbst-Bestimmung, Unternahme von Verantwortung – nicht begabt ist, kann Gott überhaupt keine irgendwelche Gegenseitigkeit erhoffen. Die gegenseitige Liebe kann erst auf dem Boden des freien Willens aufgehen.
Mit anderen Worten, würde Gott einen Akt der Liebe beim Menschen erzwingen, würde Er gegen sich selbst handeln: Er würde sich selbst widersprechen und widersetzte sich – sich selber. So was kommt bei Gott offenbar nicht zustande!
2. Beiderseitiges ‘Anrecht’ |
Die ‘Liebe’ ist ‘sie-Selbst’ erst, wenn sie Folge der inneren Entscheidung der eigenen Freiheit ist. Sie muss sich bewusst entscheiden, treu gegen sich selbst zu sein, dass sie nämlich lieben will. Das muss daselbst bedeuten: „... unlösliche Treue, die in Glück und Unglück Leib und Seele umfasst” (GS 49). Die Liebe, die der Natur der Person entspricht, kann nicht anders sein, als „Gabe der Person für die Person” (BR 11): „um ihrer Selbst willen” als Person, und nicht wegen nur dieses oder jenes ihres ‘Kennzeichens’.
Die Zeit des Daseins unter Bedingungen der Zeitlichkeit, d.h. ab dem Herausrufen vom Nichts zum Leben bis zum letzten Odem – ist dem Menschen geschenkt, dass er die ihm eingeprägten Befähigungen, die seine personale Würde bilden, entfalten kann und sie zur vollen Frucht bringt. Diese Zeit ist für den Menschen notwendigerweise Periode einer immerwährenden ‘Probe’, oder mehr präzise: einer Chance, dass er die empfangenen Talente ‘bewirtschaften’ kann und sie zur Blüte und Frucht bringt. An der Grundlage dieser Talente liegt die Fähigkeit, Gott und den Nächsten lieben zu können. Grundboden, auf dem sie ‘ausgesät’ werden kann, ist aber die Freiheit des Willens, also die Fähigkeit der Selbst-Bestimmung.
So bleiben wir im Moment angesichts des in zwei gegenüberstehenden Strömen fließenden ‘Anrechts’ auf Überprüfung der Liebe-Qualität, die bei dem Menschen – Mann und Frau erscheint:
An solches zwei-strömiges ‘Anrecht’ knüpft Johannes Paul II. in seinen vielfältigen Erwägungen gern an. Derartige Situationen erwähnt er ganz deutlich schon in seiner ersten Enzyklika – im Anschluss an das Sakrament der heiligen Beichte, als eines in zwei ‘Strömen’ fließenden ‘Anrechts’:
„Es ist das Recht zu einer höchst persönlichen Begegnung des Menschen mit dem Gekreuzigten und verzeihenden Christus ...
Es ist ... gleichzeitig das Recht Christi selbst auf jeden von diesen, die Er erlöst hat, das Recht zur Begegnung mit jedem von uns in diesem Schlüsselmoment des Lebens der Seele, wie es der Augenblick der Bekehrung und zugleich des Verzeihens darstellt ...” (RH 20; andere Situationen solcher zweifachen Gegenseitigkeit s. z.B.: NMI 33; EdE 22).
Findet gerade solche Wirklichkeit ihren Ausdruck nicht etwa auch an so mancher Stelle des Geschriebenen-Gottes-Wortes des Alten, wie Neuen Testamentes? Mögen davon z.B. die folgenden Worte des Göttlichen Lehrers zeugen:
„... Denn sie werden euch vor Gericht bringen und in ihren Synagogen auspeitschen.
Ihr werdet um Meinetwillen vor Statthalter und Könige geführt,
damit ihr vor ihnen und den Heiden Zeugnis ablegt ...
Brüder werden einander dem Tod ausliefern und Väter ihre Kinder ...
Und ihr werdet um Meines Namens willen von allen gehasst werden.
Wer aber bis zum Ende standhaft bleibt, der wird gerettet ...” (Mt 10,17f.21f.).
„Dann wird man euch in große Not bringen und euch töten
und ihr werdet von allen Völkern um Meines Namens willen gehasst.
Dann werden viele zu Fall kommen und einander hassen und verraten.
Viele falsche Propheten werden auftreten, und sie werden viele irreführen.
Und weil die Missachtung von Gottes Gesetz überhand nimmt, wird die Liebe bei vielen erkalten.
Wer jedoch bis zum Ende standhaft bleibt, der wird gerettet ...” (Mt 24,9-13).
Im letzten Buch des Geschriebenen-Gottes-Wortes spricht noch derselbe Erlöser des Menschen – durch seinen Geliebten Jünger Johannes, der auf der Insel Patmos um des Gottes Wortes willen gefangen gehalten war:
„... So spricht Er, der Erste und der Letzte, der tot war und wieder lebendig wurde:
Ich kenne deine Bedrängnis und deine Armut – und doch bist du reich ...
– Fürchte dich nicht vor dem, was du noch erleiden musst.
Der Teufel will einige von euch ins Gefängnis werfen, um euch auf die Probe zu stellen,
und ihr werdet in Bedrängnis sein, zehn Tage lang.
– Sei treu bis in den Tod, dann werde Ich dir den Kranz des Lebens geben...
Wer siegt, dem kann der zweite Tod nichts anhaben ...” (Offb 2,8-11).
Diese Worte spricht Jener, der der Erste treu „bis zum Ende” geblieben war (Joh 13,1) – dem einmal seinem lebendigen Ebenbild angebotenen Wort: „Ich liebe dich ...”:
„Es gibt keine größere Liebe,
als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt” (Joh 15,13).
Es ist Jener, von Dem sich das Geschriebene-Gottes-Wort äußert:
„Jesus Christus ist Derselbe
gestern, heute, und in Ewigkeit ...” (Hebr 13,8).
J. DIE ERSTE PROBE |
1. Die Gegenseitigkeit |
Wir wissen nur allzu gut, wie der Ablauf der ersten Probe auf die Qualität der Gabe-der-Gegenseitigkeit in Liebe gegen den Schöpfer geworden ist, der der erste Mensch auf Erden, oder eher: das erste Menschen-Paar unterzogen worden ist.
Der biblische Autor setzt diese Szene in seinen Bericht vom „Garten Eden” (Gen 2,15), den der erste Mensch, als ihr angestellter Verwalter, „bebauen und hüten” sollte (Gen 2,15).
Das vom biblischen Autor verwendete, mit Nachdruck hervorgehobene Detail, dass der erste, von Gott außerhalb des Gartens Eden geformte Mensch, erst nachher dorthin „versetzt-gebracht” wurde (Gen 2,8.15) – drückt die schwer zu beschreibende, und doch wahrhafte Tatsache aus der unverdienten, von ‘Natur’ aus kein ‘Erfordernis’ darstellenden Erhöhung des Menschen zum Zustand des übernatürlichen Lebens: Lebens in heiligmachender Gnade. Dieser ‘Garten’ ist doch Ort Gottes Friedensordnung und einer verwundernden Fruchtbarkeit, die strikt mit der Nähe zum Schöpfer selbst zusammengeht. Dieser Garten ist allein für den Herrn der Schöpfung zugänglich – und außerdem noch für sein gleichsam allernächstes ‘Gefolge’ freigestellt.
– Und doch, deutlich gerade hierhin hat Gott den Menschen „versetzt”, den Er von der Erde gemacht hat, die es ‘außerhalb’ jenes Gartens gegeben hat (s. Gen 2,8.15). Später wird man nur noch der Erwähnung von den „Kerubim” begegnen, die den Zugang zum „Baum des Lebens” im Garten im Eden hüten sollten (Gen 3,24).
Unter dem Anhauch des Heiligen Geistes stellt der biblische Verfasser die erste formulierte Gottes Weisung für den Menschen dar:
„Dann gebot Jahwéh-Elohim [der Herr, der Gott] dem Menschen:
‘Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen,
doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen.
Denn sobald du davon isst, wirst du sterben’ ...” (Gen 2,16n; s. dazu: VSp 35).
Wir bemerken, dass der biblische Autor deutlichst selbst die Einzelheiten des Dramas der ersten Sünde, das sich hier abspielen sollte, nicht gekannt hat. Gott musste ihm diese Details auch überhaupt nicht offenbaren. Das würde höchstens der Befriedigung der menschlichen Neugierigkeit dienen, wobei es nichts zum Wesen selbst dessen, was sich abspielen sollte, beitragen würde.
– Außerdem: Gott ist in seiner Offenbarung voller Diskretion! Er hütet der Erste das eigenartige ‘Beicht’-Geheimnis auch schon im Fall der Ur-Eltern, indem Er die Details ihres Sturzes selbst nicht verrät: sie bleiben Frage dieser daran Interessierten – und Seiner als des Schöpfers, für den sogleich die Rolle des ... Erlösers beginnt ...
Daher hat Gottes Offenbarung den biblischen Autor nur mit der Gewissheit des Glaubens beschert, was die Tatsache allein der begangenen ersten Sünde und ihrer vielfältigen Folgen betrifft, samt dem Siegel der Wahrheit der Offenbarung mit Bezug auf das Geheimnis der Vererbung von nun an der „Erb-Sünde” (s. dazu u.a. DeV 33-38; MuD 9; KKK 387ff.396-409; usw.). Wegen Mangels an Einzelheiten selbst betreffs dieser Sünde, stellt er den Bericht darüber, was sich hier ereignet hat, nur als einen eigenartigen Prototyp überhaupt jeder Sünde dar.
Wir können nur die Finesse bewundern, mit der er den ‘Gescheh-Vorgang’ jener ersten Sünde in der Menschenfamilie: des Menschen als Gottes Ebenbildes, darlegt. Es wäre schwer, hier nicht den Heiligen Geist zu ‘erblicken’, wie Er es bewirkt, dass das Gottes Wort, die Zweite Person der Heiligen Dreifaltigkeit, zum Gottes-Geschriebenen-Wort wird. Es wird fixiertes Göttlich-Menschliches Wort, indem der Heilige Geist den biblischen Autor, dessen Er sich bei dieser Schriftlegung bedient, beim Schreiben gleichsam dauernd führt. Es wird hier von der „Schlange, die schlauer war als alle Tiere des Feldes, die Jahwéh-Elohim [der Herr – Gott] gemacht hatte” (Gen 3,1), gesprochen.
Im letzten Buch der Heiligen Schrift greift ein anderer biblischer Autor das gerade jetzt besprochene Ereignis vom Paradies von neuem auf und entlarvt diese Schlange:
„Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange,
die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt.
Der Drache wurde auf die Erde gestürzt
und mit ihm seine Engel hinabgeworfen ...” (Offb 12,9).
Als der „perverse ‘Genius der Verdächtigungen’ ...” (DeV 37) und „Vater der Lüge” (J 8,44), scheut Satan vor keiner Mühe, um nur das lebendige Gottes Ebenbild von seinem Ur-Muster abzuschneiden. Hier ist er wirklich Gegen-Meister:
„... Satan benützt das Werk der Schöpfung von Anfang an gegen die Erlösung,
gegen den Bund und die Vereinigung des Menschen mit Gott ...” (DeV 27).
In seiner Arglist wendet er die gut durchgedachte Taktik an: er sucht zuerst danach, bei dem ersten Menschen das Vertrauen auf Gottes Liebe zu unterwühlen. Diese Liebe heißt Gott die erste Anempfehlung, bzw. das erste Gebot zu formulieren. Es betraf nur eine Restriktion: dass diese beiden nicht vom Baum essen, das Baum der Erkenntnis dessen ist, was das Gute bzw. das Böse sein soll.
Gott erließ diese Empfehlung in Form einer Promotion des Menschen, dem Er die Perspektive zeigt, „Partner des Absoluten und Subjekt des Bundes” zu werden (ML 76f). Indessen die ‘Alte Schlange’ stellt der Eva die Frage, die auf Erweckung eines Verdachts betreffs der Güte Gottes hingezielt ist:
„[Die Schlange] sagte zu der Frau:
‘Hat Elohim [= Gott] wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen?’
Die Frau entgegnete der Schlange:
‘Von den Früchten der Bäume im Garten dürfen wir essen.
Nur von den Früchten des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Elohim [= Gott] gesagt:
Davon dürft ihr nicht essen! Und daran dürft ihr nicht rühren, sonst werdet ihr sterben’ ...” (Gen 3,1b-3).
Gerade das hat Satan vollends ausgereicht. Die Frau antwortete zuerst ganz genau der Wahrheit gemäß, indem sie die Formulierung Satans korrigiert hat. Allerdings danach hat sie schon von allein eine nicht wahre Einzelheit hinzugefügt, als ob Gott nicht erlauben sollte, dass dieses Baum „berührt” werde. Gott spricht einzig vom „Essen” von dem „Baum der Erkenntnis dessen, was das Gute, und was das Böse ist ...” (Gen 2,17).
Satan, dem „Vater der Lüge” und „Verführer” ist es 100% gelungen das „Werk der Erschaffung” zu benützen gegen die Erlösung ... gegen den Bund und die Vereinigung mit Gott” (DeV 27)!
– Die Meister des inneren Lebens bemerken, dass es „genügt, Satan das Ende des Fingers zu reichen, und in Kürze zieht er und verschlingt die Hand, den Arm und den ganzen Menschen” !
– Schlussfolgerung: Mit Satan darf nicht gesprochen, noch mit ihm diskutiert werden! Sonst ... fällt der Mensch!
Der biblische Bericht zeigt unzweideutig, dass unabhängig davon, wie die Einzelheiten des Sünde-Vorgangs im Garten Eden waren, die Gott dem biblischen Autor offensichtlich nicht geoffenbart hat, ging der eigentliche Kampf zwischen dem Menschen, Gottes Ebenbild – und dem Schöpfer um die strikt Gottes Zuständigkeit: um die Bestimmung dessen, was das Gute, und was das Böse ist.
Satan hat seinen weiteren Anti-Dialog mit dem ersten Menschen vom ontischen und theologischen Gesichtspunkt aus ungemein gezielt formuliert. Dieses Mal stellt er dem Menschen ein ganz perverses Bild von Gott dar, um Gott, das „Gute selbst, das absolute Gute dann zu verlügen, wann es sich im Werk der Schöpfung als unsagbar Beschenkende, als ‘bonum diffusivum sui’ [= als das Gute das sein Selbst verströmen lässt = sich dahinschenkt], als erschaffende Liebe offenbart hat” (DeV 37). Er redet nämlich dem ersten Menschen ein:
„Gegen das gesamte Zeugnis der Schöpfung und die ... Erlösungs-Ökonomie, ist der ‘Geist der Finsternis’ fähig, Gott als Gegner seines Geschöpfes, und vor allem als Gegner des Menschen,
als Quelle von Gefahr und Bedrohung für den Menschen zu zeigen.
– Auf diese Weise wird von Satan in der Psyche des Menschen der Bazillus der Widersetzlichkeit gegen Diesen eingeimpft, der ‘von Anfang an’ [angeblich] Gegner des Menschen – nicht aber Vater sein soll. Der Mensch wurde herausgefordert, Gegner Gottes zu werden ...” (DeV 38).
Satan überredet die Ur-ELtern, Gott hätte kein Recht, indem Er solches Verbot erlassen hat. Dass sie demzufolge sie beiden ihr Anrecht zur Selbst-Bestimmung über das Gute und Böse abfordern müssen, indem sie sich von Festsetzungen dieses ‘Nicht’-Guten Schöpfers lostrennen, der sich ganz einsichtlich an menschlichen Bedürfnissen und seinem Ehrgeiz, das eigene ‘Selbst’ zu werden, ‘nicht zu auserkennen’ imstande ist:
„Nein, ihr werdet nicht sterben!
Elohim [Gott] weiß vielmehr:
Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf,
ihr werdet wie Elohim [Gott] und erkennt Gut und Böse!” (Gen 3,4f).
Die von Satan meisterhaft geschleuderte ‘Harpune’, gezielt darauf, Gottes Güte und Liebe infrage zu stellen, hat ihr Ziel 100% erreicht. Gottes Ebenbild hat aufgehört, an „die Liebende Allmacht des Schöpfers” (DeV 33) zu glauben.
– Die Sünde dieses Un-Glaubens betrifft unmittelbar das Nicht-Glauben, oder genauer gesagt: das Nicht-Anvertrauen auf Gottes Wort, d.h. auf die Zweite Person der Allerheiligsten Trinität. Es ging um das Wort, „das Gott war” (Joh 1,1) und „die Welt wurde durch dieses Wort” (Joh 1,1.10). Auch dieses erste Menschen-Paar ‘ist geworden’, d.h. wurde erschaffen – gerade durch dieses Gottes Wort.
Und weiter: Dieses Wort hat in diesem erwähnten ersten Gottes Gebot (Gen 2,16f) das liebende Vorhaben Gottes offenbart:
„Diese Wahrheit [= der Mensch als Gottes Ebenbild] zeigt die Erschaffung des Menschen als besondere Beschenkung vonseiten des Schöpfers, in der nicht nur die Grundlage und Quelle der wesenhaften Würde des Menschen – von Mann und Frau – in der geschaffenen Welt, enthalten ist, sondern auch der ‘Anfang’ der Berufung der beiden zur Teilhabe am inneren Leben Gottes selbst. Im Lichte der Offenbarung bedeutet Schöpfung zugleich Anfang der Heilsgeschichte ...” ...” (MuD 9).
Der Mensch hat letztlich ... aufgehört zu vertrauen, d.h. zu glauben-anvertrauen der Liebe Gottes. Dagegen ohne zu bedenken und schwanken hat er sein bisheriges Anvertrauen auf das Wort Dessen, der der Einzig Gute ist (vgl. Mt 19,17) – auf diesen übergetragen, „der nicht in der Wahrheit steht, denn es ist keine Wahrheit in ihm. ... Denn er ist ein Lügner und ist der Vater der Lüge” (Joh 8,44; s. DeV 37).
2. Was wird’s demnach weiter? |
Der Bericht des Geschriebenen-Gottes-Wortes, zweifellos ein wenig tiefer verstanden im Licht der ihn tragenden lebendigen Überlieferung der Kirche, besiegelt mit der Lehre des Magisteriums, lässt die Tiefe der Katastrophe des Geschöpfes Gottes Vorliebe begreifen, die sich hier abgespielt hat. Der erste Mensch, Gottes Ebenbild, erschaffen als das einzige Wesen in der Welt, das Gott der Schöpfer „um seiner Selbst willen” beabsichtigt hat, hat die erste Probe, auf die seine gegenseitige Liebe angesichts der unaussprechlichen „Liebenden Allmacht des Schöpfers” (DeV 33) ausgesetzt wurde, nicht bestanden. Gott-die-Liebe wurde in der Sünde vom Gottes Ebenbild zurückgewiesen. Der Mensch hat sich in der Sünde entschlossen, ein von seinem Schöpfer unabhängig gewordenes Geschöpf zu sein.
Die entstandene Situation wurde offensichtlich Verleugnung der Tatsachen. Kein einziges Geschöpf kann nicht einmal ein Sekundenteilchen in Unabhängigkeit vom Schöpfer existieren. Im Fall des Menschen, also der Person, hat sich die Tragödie vor allem auf der Ebene seines freien Willens abgespielt: seiner Befähigung zur Selbst-Bestimmung über sich.
Der ganze Kosmos, der fortbestehend solidarisch Anteil daran hat, was die Erhöhung bzw. Erniedrigung des lebendigen Ebenbildes Gottes angeht, ist entsetzt wie abgestorben – angesichts und infolge dessen, was da geschehen ist. Gottes Ebenbild hat die Wahl für das Nicht-Leben, für die Nicht-Liebe getroffen ... ! Daselbst wurde es – die Wahl für die ... ewige – Verdammnis.
Soll das damit ... das ... letztliche Ende für den Menschen: Gottes lebendiges Ebenbild: Mann und Frau – bedeuten?
Damit beenden wir die Erwägung des ersten Kapitels des hiesigen fünften Teiles unserer WEB-Site. Das Ziel, das uns vorleuchtet, ist die Suche nach Antwort auf die Frage: Wie ist es dazu gekommen, dass Gott sich als Barmherzigkeit zu offenbaren begonnen hat?
RE-Lektüre: V.Teil, Kapit.1d:
Stadniki, 15.XI.2013.
Tarnów, 13.V.2022.