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VERMERK: Abkürzungen zur angeführten Literatur s. Literatur

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F.   DIE GRÖSSTE TAT
GOTTES OFFENBARUNG

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1. Die Heiligkeit und Gerechtigkeit
angesichts der Sünde

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Der Heilige Vater betont in der angeführten Enzyklika über die Barmherzigkeit Gottes, dass die Erfüllung jenes: ‘Gott hat ... so sehr geliebt, ... dass Er seinen Eingeborenen Sohn hingab, damit ...(Joh 3,16), in Verbundenheit mit den weiteren, schwierigen Aussagen der Heiligen Schrift: Er hat „ ... ... seinen eigenen Sohn nicht verschont(Röm 8,32) und „ ... Er hat Den ... für uns zur Sünde gemacht ...” – folgendes besagt:

DiM 7k: „In diesem Ausmaß ist die Erlösung die letztliche und endgültige Offenbarung der Heiligkeit Gottes, der die unveräußerliche Fülle von Vollkommenheit ist, Fülle von Gerechtigkeit und Liebe – dadurch, dass die Gerechtigkeit in der Liebe ihren Grund hat, aus ihr gleichsam herauswächst und ihr hinzustrebt” (DiM 7k).

Dieser Satz, wie üblich bei Johannes Paul II., ist Kondensat theologischer Aussagen. Dass ihr Inhalt in unser Bewusstsein besser ‘einsickert’, müssen sie schrittweise verdaut werden.

Der Heilige Vater hebt vor allem hervor, dass die Wirklichkeit der Passion des Gottes Sohnes, samt seiner faktischen „Preisgabe”, so dass man sich an Ihm beliebig ‘ausleben’ konnte – die „letztliche und endgültige Offenbarung der Heiligkeit Gottes ist”.

Der Heilige Vater weist hier zum ersten Mal auf Gott als Heiligkeit hin. Der hier erwähnte Bezug auf Gott als ‘Heiligkeit’ betrifft außer Zweifel die ethische Bedeutung dieses Wortes.
– Die Sünde ist Wirklichkeit, die mit Gottes Wesen als Heiligkeit auf keinen Fall vereinbart werden kann. Gott kann jede und alle Sünde unmöglich nicht verabscheuen. Der mit Sünde befleckte Mensch kann sich vor Gottes Heiligkeit im Zustand der Sünde nicht stellen. Nicht als ob Gott den Menschen in Sünde erst ‘wegstoßen’ müsste. Denn selbst der Mensch trennt sich in der Sünde von Gottes Liebe und Heiligkeit – im Prinzip auf definitive Weise.

Nichtsdestoweniger, die Bezeichnung „Gottes Heiligkeit” bezieht sich gemäß der biblischen Bedeutung dieses Wortes (zumal im Alten Testament) vor allem auf Gottes Transzendenz. Gott überragt alles, was erschaffen ist. Er ist größer als alle irgendwelche Materie. Die Materie wird von Gott erst erschaffen. Gott ist wahrhaft mit der Materie in ihrer irgendwelcher Form nicht vermischt. Deswegen kann auch die Religion der Offenbarung unmöglich mit irgendeiner Abänderung von ‘Pantheismus’ [= alles ist Gott] vereinbart werden. Gott ist von der Materie deutlich abgesperrt. Er handelt von außerhalb der Materie, und außerhalb von Zeit und über die ‘Zeit’. Gerade deswegen ist sein Tun so wirksam und allmächtig.

In gerade dieser Bedeutung stellt die Sünde eine Herausforderung Gottes als Heiligkeit dar. Gott ist allzu erhoben und allzu unerreichbar, dass irgendwelche Sünde in seiner Nähe gefunden werden könnte. Ist es aber zur Sünde faktisch gekommen, ‘muss’ Gott selbst in seinem Eingeborenen Sohn eingreifen, um Sühne zu werden wegen der Befleckung seiner Heiligkeit mit ihr und daselbst Befleckung des Gottes Namens.

Die Sicht des Gottes Sohnes, der dem Unmaß des Erlösungs-Leidens unterzogen wird, also Gottes Sohnes, auf dem sich gleichsam das ganze Böse des Antlitzes des Menschen kondensiert hat, d.i. des Gottes Ebenbildes, das in seiner Sünde völlig verschmutzt wird — wird zum Akt der Offenbarung Gottes als Heiligkeit, die von einem Geschöpf allein – unmöglich entsühnt werden kann.

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2. Neue Stufe der Offenbarung Gottes

Johannes Paul II. hebt im besprochenen Satz hervor, dass das alles, was sich als Bürde der Sünde auf den Sohn Gottes in seiner Passion ‘heruntergeladen’ hat, die „... letztliche und endgültige Offenbarung der Heiligkeit Gottes [darstellt], der die unveräußerliche Fülle von Vollkommenheit ist, Fülle von Gerechtigkeit ...” (DiM 7k). Wir möchten kurz die hier vorkommenden Wörter tiefer betrachten:

„... letztliche und endgültige Offenbarung ...” (DiM 7k).

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„Lasst die Kinder zu Mir kommen, hindert sie nicht daran! Denn Menschen wie ihnen gehört das Himmelreich” (Mt 19,14). - Jesu, laß in Deiner großen Barmherzigkeit nicht zu, dass Kinder in aller Welt irgendeiner Depravation unterzogen werden sollte. Dass sie zu Dir und Deiner Mutter geführt werden, und dass sie das Haus des Vaters erreichen können, wo Du auf uns wartest, um uns Deinem Vater zu übermitteln.

Diese Wörter sind weitragend. Der Papst proklamiert hier mit seiner Autorität als Christi Stellvertreters, dass das Unmaß der Qualen und Foltern des Gottes Sohnes in Augen sowohl der Teilnehmer dieser Qualen, die der Sohn Gottes erduldet hat, wie auch der Menschen-Familie aller Epochen und Orte – „auf eine sozusagen unüberbietbar erfahrungsgemäße und ‘geschichtliche’ Weise” (DiM 7d) die weitere Stufe der sich gerade ereignenden – konstitutiven neuen, öffentlichen Gottes Offenbarung darstellt [s. dazu auch: ks. Pawel Leks, Dein Wort ist Wahrheit [poln.], a.a.O., bes. Teil I, 1. Kap., S. 27-45 und S. 198-206].

Die Offenbarung Gottes erfolgt urewig über gleichsam zwei ‘Kanäle’, über die Gott dem Menschen sich Selber und sein Vorhaben ihm gegenüber aufschließt:

(0,38 kB)  über die Gabe des Gottes Wortes, oder anderseits über:
(0,37 kB)  Gottes Eingreifen (Einschreiten), das synonym auch als Gottes Taten in der Geschichte der Menschenfamilie genannt wird
.

Gott ‘sorgt’ immer darum, dass der Sinn der erwähnten Einschreitungen-Taten Gottes keinen Schatten von Zweifel, noch einer deutungsgemäßen Zweideutigkeit hinterlässt. Aus diesem Grund geht mit Gottes Taten (Eingriffen-Einschreitungen) immer das Wort Gottes einher, über das Gott selbst die Bedeutung und den Sinn dieser Gottes Eingriffe authentisch und autoritativ erklärt. Gott bedient sich dazu eines der von Ihm erwählten Gottes Männer, wie z.B. eines Propheten (im Alten Testament), oder eines Apostels (im Neuen Testament).

Im Fall der Passion Christi bleiben wir vor der in der Geschichte des Weltalls größten Ingerenz Gottes stehen. Gott selbst stirbt im Mensch-Sein Jesu Christi, des Gottes Sohnes, mit einem entsetzlich furchtbaren Tod am Kreuz, weil Er den Menschen geliebt hat – menschlich gesagt – über sein eigenes Leben hinaus.
– Es ist wahr, das ganze Leben Jesu Christi, d.h. alle seine Worte und seine Taten – stellen eine großen Reihenfolge Gottes Offenbarung dar, als Gott selbst Mensch wurde und Gott offenbart, indem Er persönlich Gott ist. Er offenbart sich selbst, aber Er offenbart auch ‘bis zum letzten’, wie das Vorhaben des Dreieinigen mit Bezug auf den Menschen ist, den Er nach dem Bild des Gottes Sohnes erschaffen hat.

Dennoch, wenn wir die wesentlich neue Intensität in Bedacht ziehen, oder mehr präzise gesagt: wenn wir ihre Qualität berücksichtigen, müssen wir feststellen, dass derselbe Gott eine ganz neue Stufe seiner Offenbarung inauguriert hat – angefangen von der schon besprochenen scharfen ‘Zäsur’, die das Leben des Menschgewordenen Gottes in zwei sich klar unterscheidende Phasen teilt. Und zwar jetzt ist die „Seine Stunde” gekommen, die Stunde der Erhöhung des Gottes Sohnes in Herrlichkeit ... durch das Kreuz.

Zur selben Stunde hat ein ganz neuer Abschnitt der Geschichte der Göttlichen Offenbarung begonnen. Er betrifft die Ereignisse des letzten ganzen irdischen Tages des Gottes Sohnes. Es ist der Zeitabschnitt ab dem Abendmahl – über das Gebet des Sohnes Gottes im Ölgarten, seine Gefangennahme, die Tatsachen und grausamen Experimente, denen Er in der Finsteren Nacht im Gefängnis unterworfen wurde, über die aufeinanderfolgenden Verhörungen, die schauderhafte Geißelung, Krönung mit der Dornenkrone, den Kreuzweg und die Kreuzigung – bis zu seinem Tod auf dem Kreuz hin.
– Es ist klar, dieselbe neue Stufe in der Geschichte der Gottes Offenbarung umfängt darüber hinaus die weiteren Ereignisse, die darauf folgten: die Auferstehung Jesu von den Toten, seine Himmelfahrt und die Herabsendung des Heiligen Geistes.


ANMERKUNG – Aufgrund mystischer Erlebnisse mancher Heiligen erfahren wir u.a. von den ‘Geheimen Leiden’, die Jesus in der Nacht seiner Gefangennahme bis zum Morgen zugefügt worden sind. Es handelt sich hier um ‘Privat-Offenbarungen’, aber es gibt keinen Grund dafür, ihren Inhalt zu verwerfen. Die Andacht, die infolge dieser von Jesus selbst enthüllten Qualen entstanden ist, wurde von der Kongregation für die Evangelisierung der Völker und vom Papst Clemens XII. (1730-1740) gutgeheißen und anempfohlen. Hier zeigen wir die Kopie davon nach der WEB-Site: Fünfzehn Geheime Leiden und Schmerzen Jesu in der Nacht zu Karfreitag.
– Jesus erfüllte so den Wunsch der Schw. Maria Magdalena vom Orden der hl. Klara in Rom. Sie hat Jesus gebeten, einiges von seinen heimlichen Martern zu enthüllen. Der Herr erschien ihr und offenbarte ihr seine Fünfzehn Leiden, die Ihm in der Nacht nach der Verhaftung im Ölgarten zugefügt wurden.

– Nach jedem der Jesu zugefügten Leiden wird das Stoßgebet anempfohlen:
Herr, verzeihe uns und der ganzen Menschheit, was wir Dir Böses zugefügt haben! "
Jesus sagte der genannten Schwester, Maria Magdalena:
1. Die Juden hielten mich für den schlimmsten Menschen, den es je auf Erden gegeben hat. Darum banden sie Mir mit einem Seil meine Füße und rissen Mich über die Stiege hinab in einen unsauberen, stinkenden Keller.
2. Sie entblößten Mich meiner Kleider und zerstachen meinen Leib mit eisernen Spitzen.
3. Sie banden Mir ein Seil um den Leib und schleiften Mich im Keller auf dem Boden hin und her.
4. Sie hefteten Mich an ein Stück Holz und ließen Mich hängen, bis Ich ausschlüpfte und herabfiel. Über diesen Schmerz weinte ich blutige Tränen.
5. Sie banden Mich an einen Pfahl und durchstachen Meinen Leib mit verschiedenen Waffen, bewarfen Mich mit Steinen und brannten Mich mit Glut und Fackeln.
6. Sie durchstachen Mich mit Ahlen und Spießen und rissen Mir Haut und Fleisch von meinem Leibe und von meinen Adern.
7. Sie banden Mich an eine Säule und stellten Mich auf ein glühendes Blech.
8. Sie krönten Mich mit einer eisernen Krone und verbanden Mir die Augen mit den unreinsten Tüchern.
9. Sie setzten Mich auf einen Stuhl, der voll von spitzen Nägeln war, die tiefe Löcher in Meinem Leib bohrten.
10. Sie begossen Mir die Wunden mit fließendem Blei und Pech und stießen Mich von dem Stuhl hinab.
11. Sie steckten Mir zur Schmach und Pein Nadeln und Nägel in die Löcher Meines ausgerissenen Bartes.
12. Sie warfen Mich auf ein Kreuz, an das sie Mich so stark und hart banden, dass ich kaum mehr Atem holen konnte.
13. Sie traten Mir auf das Haupt, einer stand mit dem Fuß auf Meiner Brust und stach Mir einen Dorn von meiner Krone durch die Zunge.
14. Sie gossen Mir den abscheulichsten Unflat in Meinen Mund.
15. Sie gebrauchten die schändlichsten Worte und Ausdrücke über Mich, banden Mir die Hände auf den Rücken, führten Mich mit vielen Schlägen und Streichen aus dem Gefängnis und schlugen Mich sehr oft mit Ruten.

– Jesus sagte danach: „Meine Liebe Tochter! Ich wünsche, dass du diese Fünfzehn Geheimen Leiden und Schmerzen anderen übermittelst, damit sie betrachtet und verehrt werden. Wer Mir täglich eines von diesen unbekannten Leiden aus Liebe aufopfert und das nachfolgende Gebet andächtig verrichtet, den will ich am Tage des Gerichtes mit der ewigen Seligkeit belohnen”.

Das Gebet. Mein Herr und mein Gott, es ist mein beharrlicher Wille, Dich durch die Fünfzehn Geheimen Leiden und Blutvergießungen zu verehren, zu loben und anzubeten.
– So viel Sandkörner am Meere, so viel Körner in den Äckern, so viel Gräser auf Erden, so viel Früchte auf den Bäumen, so viel Blätter an den Zweigen, so viel Blumen in den Wiesen, so viel Sterne am Firmament, so viel Engel im Himmel und so viel Geschöpfe auf Erden sind – so viel tausendmal sei angebetet, gelobt und gepriesen unser Herr Jesus Christus, sein heiligstes Herz, sein kostbares Blut, das Göttliche Opfer der hl. Messe, das Hochwürdigste Sakrament des Altars: durch die Allerseligste Jungfrau Maria, die Glorwürdigen Chöre der hl. Engel und die Gebenedeite Schar der Heiligen – von mir und allen Menschen, von nun an bis in Ewigkeit.
– Ebenso vielmal habe ich vor Dir, mein Liebster Jesus, zu danken, zu dienen und genug zu tun, Dir alle Schmach zu vergelten und mit Leib und Seele Dir zu angehören. Ich bereue meine Sünden von Herzen und bitte Dich, meinen Herrn und Gott, Du mögest mir sie vergeben. Ich opfere dem Himmlischen Vater alle Deine Verdienste für meine Sünden, Schulden und Strafen auf. Ich fasse einen festen Vorsatz, mein Leben zu bessern und bitte Dich um eine glückselige Sterbestunde. Ich bitte Dich auch um die Erlösung für die Armen Seelen.
– Diese Andacht will ich jeden Tag erneuern und in ihr bis zu meinem Tode verharren. Ich bitte Dich, o Guter und Liebenswürdiger Jesus, dass Du diesen innigen meinen Wunsch stärkst und nicht gestattest, dass er von irgendjemandem der Menschen, und umso mehr vom bösen Feind, je könnte vernichtet werden. Amen!

Jesu Christe, Du König der Barmherzigkeit, ich vertraue auf Dich !
Durch Deine göttliche Sanftmut, o gefesselter Jesus, bewahre die Welt vor der ihr drohenden Verirrung !
Herr Jesus, um Deines Elends willen, befreie uns vom Elend der Sünde !

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Die so begriffene neue Stufe in der Geschichte Gottes Offenbarung an sich erfolgte diesmal über das ‘Kanal’ des Einschritts, d.h. der Tat Gottes, bzw. Gottes Eingriffs in die Geschichte des Menschen und des gesamten Weltalls. Diesen ganzen letzten Tag seines Lebens schweigt der Sohn Gottes größtenteils ... Nur seine ‘Brüder und Schwestern’ im selben Mensch-Sein unternehmen ... am Gottes Sohn immer andere ‘Experimente’, indem sie Ihn entsetzend geißeln, mit Dornen krönen, bespucken, schänden, sein Haupt mit Stöcken schlagen, als Er schon mit der Dornenkrone gekrönt war (s. Mt 27,30).
– Wir sind uns bewusst, dass dieser ‘Letztliche’ und Eigentliche, der auf diese Art und Weise seine ‘Rache’ am Schöpfer und Erlöser ... des Menschen (Nicht Erlöser Satans!) genommen hat, SATAN war. Er bediente sich nur seiner eifrigen Knechte: dieser Menschen, die doch nach dem Ebenbild gerade dieses mit Schmach und Hohn zugerichteten Gottes Sohnes erschaffen worden sind.

Sooft der Mensch Zeuge Gottes Einschreitens wird, kann es in seinem Bewusstsein leicht zur Zweideutigkeit bei der Auslegung der genannten Tatsache kommen. In diesem Fall könnte jemand freilich folgendes mit Bedauern sagen: ‘Schade, dass ein solcher Prophet, ein so guter Mensch – ungerecht verurteilt und zu Tode gemartert wurde’.
– Man braucht sich daher nicht wundern, dass Gott selbst gut dafür gesorgt hat, dass es mit Bezug auf diese Stufe der Offenbarung Gottes, die sich in Form der Tat Gottes kundgegeben hat: der Erlösungs-Passion Jesu Christi und seines Erlösungs-Todes am Kreuz – zu keiner irgendwelchen interpretativen Zweideutigkeit käme, was seinen Sinn betrifft.

Daher hat vor allem Jesus Christus selbst, das Mensch-gewordene Gottes Wort, mit seinen des Öfteren wiederholten Ankündigungen den Erlösungs-Sinn all dessen erklärt, dessen Zeugen seine Jünger sein sollten, selbstverständlich angefangen vor allem von den Aposteln. Es war für den Fall notwendig, dass später jemand nicht etwa die Erlösungs-Bedeutung dieser größten Gottes Ingerenz in die Geschichte des Menschen und des Weltalls zu entstellen suchte.

Unabhängig davon, äußert auch dieser gemarterte Gott-Mensch parallel zu jenem Gottes Eingriff: der Erlösungs-Passion des Gott-Menschen – eine Reihe seiner eigenen ‘Worte’. So ist der Sinn u.a. der „Sieben Worte”, die Jesus von der Höhe des Kreuzes aussagt.

Derselbe Sinn gebührt ebenfalls anderen Worten und Erklärungen vonseiten des Leidenden Knechtes Jahwes, Jesus Christus. Ein Teil von ihnen wurde unter dem Anhauch des Heiligen Geistes schriftlich niedergelegt – sei es in den Vier Evangelien, sei es in den übrigen Schriften des Neuen Testaments. Es handelt sich hier in erster Reihe um den ganzen Schauprozess, der gegen Jesus Christus vorgebracht wurde. Dieser Prozess war ein einziges Bündel von Ungerechtigkeit und Widerrechtlichkeit bei behaltenem Anschein von ‘Gesetzlichkeit’ (s. dazu u.a. das berühmte Werk des jüdischen Verfassers: Klausner J., Prozess Jesu von Nazareth, 1960. Und noch, u.a.: Ks. Eugeniusz Dabrowski, Proces Chrystusa (poln.), Poznan 1965; J. Blinzler, Der Prozess Jesu, Regensburg, 3. Aufl. – 1960).

Jede Einzelheit dieses Abschnitts im Erlösungs-Leben Jesu, d.h. dieser „Stunde des Menschen-Sohnes”, wurde daselbst zum höchst intensiven Akt der Offenbarung Gottes, die zurzeit vor allem als Tat-Ingerenz erfolgte, allerdings fortwährend mit dem sie begleitenden Wort Gottes unterstützt war, das den letztlichen Sinn gerade dieser Ingerenz Gottes deutete.

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3. Offenbarung der
Heiligkeit-Vollkommenheit-Gerechtigkeit

Johannes Paul II. fügt bemerkenswert hinzu, dass die Passion des Menschen-Sohnes die „letztliche und endgültige” Stufe der Offenbarung Gottes darstellt (DiM 7k). Gegenstand dieser Offenbarung ist nach dem Heiligen Vater die „Heiligkeit Gottes(DiM 7k). Der Stellvertreter Christi präzisiert aber, dass es im Rahmen der sich hier offenbarenden Gottes Heiligkeit auf besondere Weise um drei grundlegende, bei Namen aufgezählte Eigenschaften Gottes geht. Es handelt sich nämlich um:

butt  Gott als unveräußerliche Vollkommenheit,
butt  Gott als Fülle von Gerechtigkeit,
butt  Gott als Fülle von Liebe.

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Diese zwei Schwesterchen blättern tief betroffen das Buch für Kinder. - Kinder sind für Gut, aber auch das Böse offen. Mögen Mutter und Vater nicht die Meinung teilen, dem Kind solle über Gott erst gesprochen werden, wenn es im jugendlichen Alter selbst reifgeworden ist, um völlig unabhängige Entscheidungen fällen imstande zu sein. Es könnte dem Kind in solchem Fall kein schlimmerer Dienst erwiesen werden. Das Kind übernimmt die Sicht der Wirklichkeit von Welt und Gott schon im Schoß der Mutter, wenn nicht noch früher: wenn sich der Charakter und die Persönlichkeit sowohl der Mutter, wie seines Vaters gestaltet. - [Kader aus der Sammlung von FREE-Fotos: 11155649.jpg

Diese letzte erklärt Johannes Paul II. unmittelbar genauer, indem er auf ihre Verbindungen mit Gottes Gerechtigkeit hinweist. Auf diese Frage kehren wir noch bald in weiterer Folge unserer Erwägungen gesondert zurück.

Sollen wir an die erwähnten, wichtigen Päpstlichen Aufzählungen anknüpfen, gehört es sich die folgenden Worte in Bedacht zu nehmen: In der Passion Jesu Christi, des Gottes Sohnes, offenbart sich – im „letztlichem und endgültigem” Sinn selbstverständlich die Heiligkeit. Aber parallel dazu ebenfalls die „unveräußerliche Fülle von Vollkommenheit ...” (DiM 7k).
– Wir beginnen zu verstehen: Gott ist nur allzu Heilig, und ontologisch gesehen [Grundlagen selbst seines ‘Seins’] allzu „unveräußerliche Fülle von Vollkommenheit”, dass Er angesichts irgendwelchen moralischen Übels tolerant sein könnte. Die Sünde besteht darin, dass der Mensch – ungeachtet seines Status als nur Geschöpfes, die strikt Gottes Zuständigkeit an sich reißt. Indessen die Aneignung der Macht, darüber entscheiden befugt zu sein, was das Gute bzw. Böse ist und sein soll, ist allzu seriöse Auflehnung gegen die Wahrheit des Seins in Weltalls-Skala, dass Gott darauf nicht ‘reagieren’ könnte.

Die Antwort Gottes, wie es sich zeigt: voller Liebe zu diesem von Satan verführten Menschen, wird zum Zeugnis seiner Heiligkeit und „unveräußerlichen Fülle von Vollkommenheit”. Diese beruht aber auf ... „Liebe, die das Band der Vollkommenheit ist” (Kol 3,14 – BJ). Angesichts der Sünde des Menschen enthüllt der Dreieinige letztlich „die Tiefe dieser Liebe, die vor dem erschütterndem Opfer des Sohnes nicht zurückweicht, um der Treue des Schöpfers und Vaters angesichts der Menschen gerecht zu werden, die nach seinem Bild erschaffen und von ‘Anfang an’ in diesem Sohn zur Gnade und Herrlichkeit berufen worden sind” (DiM 7d).

Es bleibt aber die Hinsicht der Gerechtigkeit Gottes. Und zwar die Erlösungs-Passion, die der Gottes Sohn erfahren wird, ist „die letztliche und endgültige Offenbarung ... Gottes, der die ... Fülle von Gerechtigkeit ist” (DiM 7k). Auf diese Hinsicht kommen wir im Besonderen – wie schon gesagt – noch in weiterer Folge der hiesigen Erwägung zurück.

In den angeführten Worten denkt der Heilige Vater an Gottes ‘Fülle von Gerechtigkeit’ wohl vor allem im Sinn der ‘Gerechtigkeit’, die das Gute belohnt, und das Böse bestraft.
– Die Menschenfamilie zweifelte niemals darüber, dass Gott eben gerechter Richter ist. In der Situation einer offen erfahrenen Ungerechtigkeit blieb im menschlichen Bewusstsein immer noch diese eine Überzeugung des Glaubens über: dass man sich auf Gottes Gerechtigkeit beruft. Diese Überzeugung war seit immer Folge und Ausdruck des allgemeinmenschlichen ‘Glaubens-Sinnes’. Er findet auch seinen eigenartigen Ausdruck in den bekannten Worten des Hebräerbriefes:

„Denn wer zu Gott kommen will, muss glauben, dass Er [= Gott] ist
– und dass Er denen, die Ihn suchen, ihren Lohn geben wird ...” (Hebr 11,6).

Es muss allerdings hinzugefügt werden, dass sich der strikt biblische Begriff Gottes ‘Gerechtigkeit’ gewöhnlich ziemlich stark davon unterscheidet, was wir unter dem Dingwort ‘Gerechtigkeit’ verstehen. Wird in der Heiligen Schrift von Gott als dem ‘Gerechten’ gesprochen, geht es in der Regel um die Tatsache, dass Gott ‘gegen sich Selbst gerecht’ ist. Und zwar Gott verpflichtet sich – angesichts seiner Selbst, dass Er zum Menschen, seinem lebendigen Ebenbild im Weltall, Liebe bleibt.
– In diesem Sinn können die päpstlichen Worte, dass die Passion Jesu Christi die „letztliche und endgültige Offenbarung” wird – diesmal ebenfalls Gottes als „Fülle von Gerechtigkeit”, ihrer Bedeutung nach sehr nahe an die Bezeichnung Gottes als seiner „Treue-in-Liebe” kommen, die Gott dem Menschen einmal angeboten hat und sie in der vielmalig wiederholten Bundesschließung jedes Mal nur bestätigte.

Zuletzt betont Johannes Paul II. in dieser theologisch kondensierten Fassung beinahe auf schrille Art und Weise, dass die Erlösungs-Passion Jesu Christi die „letztliche und endgültige Offenbarung ... Gottes [wird], der die ... Fülle von Liebe ist ...” (DiM 7k). Aber auch auf diese Hinsicht kehren wir in Kürze gesondert zurück.

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G.   FORDERUNG
DER GERECHTIGKEIT GOTTES

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1. Absolute Gottes Gerechtigkeit

Wir treten über zur Erwägung der schwierigen, und doch besonders wichtigen weiteren Worte Johannes Paul II. aus seiner Enzyklika über die Barmherzigkeit Gottes. Im besprochenen Fragment greift Johannes Paul II. die Frage auf, die gerade eigentlicher Gegenstand des hiesigen Kapitels ist. Es handelt sich um die Frage, was in Gott ‘größer-wichtiger’ ist: die Gerechtigkeit Gottes – oder seine Barmherzigkeit? Der Heilige Vater sagt:

DiM 7l: „Im Leiden und Tod Christi – in der Tatsache, dass der Vater seinen Sohn nicht verschont, sondern Ihn ‘für uns zur Sünde gemacht hat’ – kommt die absolute Gerechtigkeit zum Ausdruck, insofern Christus die Passion und das Kreuz wegen der Sünden der Menschheit erduldet (DiM 7l).
DiM 7m: Es ist geradezu irgendein ‘Übermaß’ von Gerechtigkeit, denn die Sünden des Menschen – werden mit dem Opfer des Gott-Menschen ‘beglichen’ ...” (DiM 7m).

Die Entsühnung des Dreieinigen für die Sünde des Menschen konnte erfolgreich nur von Jemandem unternommen werden, der selbst ... Gott ist. Diese Aufgabe hat der Menschgewordene Sohn Gottes auf sich genommen. Das ‘musste’ im Klima der vorher schon besprochenen biblischen Bezeichnung erfolgen: „Seinen eigenen Sohn hat Er nicht verschont” (Röm 8,32) und „... Den, der keine Sünde kannte, hat Er für uns zur Sünde gemacht... ” (2 Kor 5,21). Das wurde vor allem wegen der ‘Entscheidung’ Gottes ‘notwendig’, dass das Vorhaben der Erlösung des Menschen unter Leiden vollbracht werden soll, die allerdings in ihrem Erlösungs-Ausmaß angenommen sein werden.


Im Rahmen der „letztlichen und endgültigen Offenbarung” in der Passion Christi, bei der u.a. die „unveräußerliche Fülle von Vollkommenheit ...” geoffenbart worden ist, ist selbstverständlich auch schon die „Fülle von Gerechtigkeit” enthalten, und offenbar auch die „Fülle von Liebe”.
– In diesem Moment ziemt es sich aber, dass wir eingehender bei der Frage der Gottes ‘Gerechtigkeit’ anhalten. Johannes Paul II. betont mit Recht, dass:

DiM 7l: „... im Leiden und Tod Christi ... kommt die absolute Gerechtigkeit zum Ausdruck, insofern Christus die Passion und das Kreuz wegen der Sünden der Menschheit erduldet” (DiM 7l).

Der Papst gebraucht hier ungemein starke Worte, die üblich in Dokumenten des Lehramtes nicht vorkommen. Er sagt nämlich, dass in all dem, was Jesus erduldet hat, „die absolute Gerechtigkeit zum Ausdruck kommt”. Was heißt dieses „absolute Gerechtigkeit” (Dim 7l)?

Selbstverständlich, es geht um eine unter noch anderen Eigenschaften Gottes als des Dreieinigen. Die Wirklichkeit der Sünde, über die wir uns bei dem Versuch besonnen haben, in das Wesen des „Geheimnisses der Gesetzwidrigkeit” einzudringen (2 Thess 2,7), ist eine allzu anmaßende Verhaltensweise zu Gott im trotzigen „Dir werde ich nicht dienen!(Jer 2,20) und seiner Zurückweisung vom Herzen, als dass Gott darauf nicht ‘reagieren’ sollte.
– Vor allem aber, Gott kann ‘unmöglich vortäuschen’, als ob es ‘keine Sünde’ gegeben hat, wenn sie faktisch doch zustande gekommen ist und systematisch immer weitere Kreise zieht – gemäß ihrer Dynamik, die sich in ‘Metastasen’ auf immer anderen Bereichen ethischer Beziehungen enthüllt.

Es gibt Kreise, gewöhnlich unter religiös gleichgültigen Leuten, die Gott auf die Rolle eines ‘gutherzigen Opa’ herabführen möchten, der so sehr ‘gütig’ ist, dass Er selbst auf die groben Sünden und Verbrechen der Menschen stets ‘durch die Blume’ schaut, indem Er gleichsam eine ‘Brille’ aufsetzt, mit der Er keine Sünde mehr ... erblickt. Gott sollte in seiner Langmütigkeit – ihrer Meinung nach – vortäuschen, Er könne eine Sünde niemals bemerken. Dieser ‘gütiger’ Gott ist – nach ihnen – offenbar auch so sehr ‘gütig’, dass Er unmöglich irgendjemanden auf ‘ewige Verdammnis’ verurteilen sollte, die es demnach schlechterdings ‘nicht’ gibt.

Indessen Gott wird in der Sünde direkt an den empfindsamsten ‘Saiten’ seiner Gottheit getroffen. In der schweren Sünde zerreißt der Mensch alle seine Bande mit Gott und redet sich selber – wie auch Gott ein, einen ‘Gott’ solle es ‘nicht geben’ – wenigstens in diesem Augenblick – und für ihn. Oder auch der Mensch in Sünde möchte sich selber überzeugen, er wäre von Gott so sehr ‘unabhängig’ geworden, dass Gott ihm nichts mehr zu ‘diktieren’ hat, besonders aber nichts mit seinen Zehn Geboten.

In Wirklichkeit aber kann Gott die Sünde unmöglich als etwas ansehen, das nur ‘um des Scherzes willen’ begangen worden ist, noch als etwas Belanglosiges, worüber man sich keine Sorge zu machen braucht. Gott ist „Fülle von Heiligkeit”. Es handelt sich dauernd um die Wahrheit des Seins [in ontologischem Sinn: Existenz als Existenz]. Gott kann unmöglich leugnen, dass Er Gott – ist. Und dass der Mensch – nicht Gott ist: dass er erschaffen wurde. Die Sünde strebt die totale Umwendung der Ordnung der Wirklichkeit an. Daher kann die Sünde schließlich mit Gott als der „Heiligkeit” unmöglich vereinbart werden. Ebenfalls kann die Sünde mit Gott, der „Fülle von Vollkommenheit” ist, unmöglich in Einklang gezogen werden.

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2. Für die Sünde des Menschen
– erduldet die Pein der Sohn Gottes

Wir kehren noch einmal auf die Frage Gottes Gerechtigkeit im Werk der Erlösung zurück. Die Tat gewordene Sünde des Menschen verlangt, dass Gott wegen seiner Verschmähung, die in der Sünde des Menschen ins Unendliche reicht, wahrhaft um Verzeihung gebeten wird. Unendlich ist die Würde Gottes. Indessen die Sünde sucht danach, Gott zu beseitigen, oder mehr präzise, Ihn am besten zu töten. Gottes Gerechtigkeit kann sich nicht in Nachsichtigkeit umwandeln, die der Verlogenheit gleichkommen sollte. Gottes Würde kann unmöglich keinen Standpunkt angesichts der Sünde annehmen.

Die Sünde bleibt weiter „Geheimnis der Gesetzlosigkeit” (2 Thess 2,7), das der Mensch niemals ‘bis zum Ende’ durchschaut. Nur Gott kann das Übel abmessen, das die Sünde an sich darstellt, wie auch wie das Übel ist, das die Folgen jeder Sünde nach sich zieht: sowohl diese individuellen, wie die gesellschaftlichen, und diese, die seinen Ausklang auf den ganzen Kosmos ausüben.
– Und doch, auf mittelbare Art und Weise – aufgrund des Unmaßes der vielfältigen Pein, die der Sohn Gottes erduldet hat, indem Er sich gewürdigt hat, die Last aller Sünden des Menschen auf sich aufzubürden und sie mit Erlösungs-Liebe zum Vater und zu seinen menschlichen Brüder und Schwestern ertrug – können wir mit Recht folgern, wie das unendliche Übel jeder Sünde sein muss, zumal jeder Tod-Sünde.

Die so begriffenen Leiden des Sohnes Gottes, die Er geduldig aus Liebe zum Willen des Vaters und zu seinen menschlichen Brüdern und Schwestern erträgt, lassen irgendwie die Wirklichkeit der Sünde unserem Bewusstsein näher bringen. Folglich, wenn wir das „Leidende Antlitz”  des Erlösers betrachten (s. NMI 25-27), wird uns ein ‘Einblick’ in das Geheimnis dessen aufgeschlossen, was das heißt, wenn der Stellvertreter Christi sagt: „... Im Leiden und Tod Christi ... kommt die absolute Gerechtigkeit [Gottes] zum Ausdruck(DIM 7l).

Johannes Paul II. betont eben diese Hinsicht im erwogenen Fragment der Enzyklika über Gottes Barmherzigkeit. Es ziemt sich, dass wir uns seine diesbezüglichen Worte noch einmal zum Bewusstsein bringen:

DiM 7l: „Im Leiden und Tod Christi – in der Tatsache,
dass der Vater seinen Sohn nicht verschont, sondern Ihn ‘für uns zur Sünde gemacht hat’
– kommt die absolute Gerechtigkeit zum Ausdruck,
insofern Christus die Passion und das Kreuz
wegen der Sünden der Menschheit erduldet” (DiM 7l).

Es gehört sich, die Aufmerksamkeit eben auf diesen Worten der Päpstlichen Lehre zu sammeln, dass die Passion und der Tod des Gottes Sohnes Ausdruck und Zeugnis der „absoluten Gerechtigkeit” Gottes wird. Der Heilige Vater bezieht sie unmittelbar auf die Tatsache, dass wegen der Sünden des Menschen – die Marter von Jesus Christus, dem Gott-Menschen erduldet werden. Wird man sich um diese Tatsache bewusst, dass Gott selbst den Entschluss unternimmt, sich ... wegen der Sünde des Menschen mit der Gerechtigkeit des Dreieinigen zu messen, müsste jedes Nachdenken des Menschen darüber Schwindel überkommen. Das bedeutet nämlich, dass falls der Mensch nicht gesündigt hätte, Gott selbst ‘nicht’ leiden müsste! Gott müsste vor allem überhaupt nicht Mensch-gewordener Gott werden!

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Wie aufmerksam diese Katze schaut, ohne mit den Wimmern zu zucken! - „Ich erhebe meine Augen zu Dir, der Du hoch im Himmel thronst. Wie die Augen der Knechte auf die Hand ihres Herrn, wie die Augen der Magd auf die Hand ihrer Herrin, so schauen unsre Augen auf den Herrn, unsern Gott, bis Er uns gnädig ist ...” ! (Ps 123 [122], 1n).

Wie sehr in die Unendlichkeit greifendes Übel in Gottes Angesicht muss die Sünde sein, wenn es erst die Gottes Person geben musste, um für die Sünde des Geschöpfes: des Knechts und Sklaven – Sühne leisten imstande zu sein! Wie schwer ist es dem Menschen, wenn er sich selbst gelassen bleibt, zu begreifen, was das in der Sünde heißt: die unendliche Schuld – und folglich: was das in der Sünde bedeutet: die ihretwegen gehörige, ebenfalls unendliche Strafe! Das aber ist unmittelbare Folge einer jeden Sünde.

Erst der Unendliche – in diesem Fall der Sohn Gottes, der die ein und selbe Natur Gottes mit dem Vater und dem Heiligen Geist teilt, wird imstande sein, das Übel jeder Sünde und aller Sünden insgesamt zu ‘überwiegen’. Erst so kann von ‘Genugtuung’ Gottes „absoluter Gerechtigkeit” gesprochen werden.

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3. Gerechtigkeit
die im ‘Übermaß’ beglichen wird

Das ist aber keinesfalls noch alles. Wir sind zusammen mit Johannes Paul II. dahin gekommen, was er als „Geheimnis im Geheimnis” (NMI 25) des Kreuzes nennt. Und zwar, aufgrund der Tatsache selbst, dass für die Sünden des Menschen – mit Qualen der Folter die Gottes Person selbst gepeinigt wird, folgert der weitere verwundernde Schluss.
– Wir bemerken, dass dadurch, was der Menschen-Sohn Jesus Christus vollbracht hat, wesentlich mehr geworden ist als es ‘Anspruch’ strikt der Gerechtigkeit Gottes an sich gewesen ist. Dem Opfer Jesu Christi am Kreuz, das bewusst für die Sünden seiner menschlichen Brüder und Schwestern, bzw. genauer gesagt: „zur Vergebung der Sünden” (Mt 26,28; Apg 10,43) dargebracht worden ist, steht seinem Wesen nach unendlicher Wert zu. Die Würde der Tat wird nämlich an der Würde der Person gemessen. In diesem Fall wird die Passion erduldet und das Opfer auf dem Kreuz vollbracht vonseiten Jesu Christi, dessen Person – die Zweite Person der Heiligsten Trinität ist. Dieser steht aber ihrem Wesen nach der Wert der Unendlichkeit Gottes zu.

Die Handlungen der Person kommen – gleichsam aus einer Quelle – von der Natur der betreffenden Person her. Im Fall des Menschen-Sohnes Jesus Christus, betätigt sich seine Person – diese seine Gottes Person – ununterbrochen in Kraft zwei völlig anderer Naturen: der Gottes-Natur – und der Menschen-Natur. Demzufolge gebührt einem jeden, selbst diesem geringsten ‘Akt’ des Menschen-Sohnes, selbst diesem, der Ihn beinahe nichts ‘gekostet’ hat, seinem Wesen nach ein unendlicher Wert zu. Sowohl wegen seiner Gottes Natur, wie auch seiner Person, die doch Gottes Person ist.

Die Schlüsse, die sich aus dieser Feststellung ergeben, versetzen in Staunen, und wirken in gleicher Zeit hinreißend. Wir müssen uns nämlich zum Bewusstsein bringen, dass das Opfer des eigenen Lebens am Kreuz offensichtlich völlig ausreichende Entsühnung Gottes als Gottes geworden ist, und – sollte es etwa nötig sein: daselbst Gottes Gerechtigkeit gegenüber – für die Sünden aller Menschen und aller möglichen ‘Welte’, falls es solche woanders geben sollte !

Parallel zur vollbrachten Entsühnung Gottes ist Jesu Opfer am Kreuz Erlösung des Menschen von der Knechtschaft Satans, des „Beherrschers dieser Welt”, geworden. Der Mensch an sich war unfähig sowohl zu dem einen, wie diesem anderen – als nur ‘Geschöpf’: wegen Mangel an irgendwelcher Proportion im Angesicht Gottes, dessen Würde unendlich ist. Dieses Werk hat aber anstelle des Menschen’ – eben der Sohn Gottes vollbracht.

Indem aber dem Sohn Gottes die unendliche Würde gebührt, die infolge seiner „Erniedrigung bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz(Phil 2,8) keineswegs eine Verschmälerung erfahren hat, kommt diesem seinen Kreuzes-Opfer ein seinem Wesen nach zusätzlicher Wert zu – es müsste offen gesagt werden: ein Wert, der überhaupt ‘nicht nötig’ war.

Das bedeutet also, dass das Opfer des Menschen-Sohnes am Kreuz seinem Wesen nach einen ‘riesigen Überschuss’ – als Sühne- und Erlösungs-Werk geschaffen hat, dessen Wert unendlich ist. Er überragt alle ‘Ansprüche’ Gottes in seiner Eigenschaft als Gerechtigkeit.

Es geht also zurzeit um einen reinen ‘Zuschlag’ von Verdiensten des Sohnes Gottes, dessen jede Tat, die Er in seinem Menschsein verrichtet hat, ihrem Wesen nach unendlichen Wert besitzt: sowohl den Sühne-Wert, wie den Wert als Tat der Erlösung des Menschen.
– Was müsste da erst gesagt werden, wenn diese ‘Tat’ des Menschen-Sohnes die Hingabe des eigenen Lebens geworden ist „für das Leben der Welt” (Joh 6,51)!

Gott überrascht fortdauernd mit unwahrscheinlicher „Verschwendung” seiner Gaben. Angesichts Christi Kreuzes, dieses „Geheimnisses im Geheimnis” (NMI 25), können wir wirklich nur niederknien und Gott anbeten, der:

„... die Welt so sehr geliebt hat, ... dass Er seinen Eingeborenen Sohn – hingab,
damit jeder, der an Ihn glaubt [= Ihm anvertraut-auf Ihn hofft],
nicht verloren geht,
sondern das ewige – Leben – hat” (Joh 3,16).

Dem erwähnten „verschwenderischen” Umgang mit seinen Gnaden gebührt noch ein anderer Name: es ist die Barmherzige Liebe Gottes:

„Gott aber, der reich ist an Erbarmen,
hat um seiner großen Liebe willen, mit der Er uns liebte,
auch uns, die wir tot waren durch Übertretungen,
mit Christus zusammen lebendig gemacht –
aus Gnade also seit ihr gerettet ...” (Eph 2,4f – JB).

Wir sehen, wie wörtlich sich, und sei es auch nur dieses Gottes-Geschriebene-Wort erfüllt:

„Denn bei Jahwéh ist Erbarmen
(hebr.: = Gottes chésed = Gott der zum Menschen mit dem Antlitz seiner Liebe zugewendet ist),
bei Ihm ist reiche Erlösung” (Ps 130 [129],7).

In diesem Sinn sollten noch einmal – langsam, in Gebetssinnung, die erwogenen Worte aus der Enzyklika Johannes Paul II. über die Barmherzigkeit Gottes ‘aufgezogen-resorbiert’  werden:

DiM 7l: „Im Leiden und Tod Christi – in der Tatsache, dass der Vater seinen Sohn nicht verschont, sondern Ihn ‘für uns zur Sünde gemacht hat’ – kommt die absolute Gerechtigkeit zum Ausdruck,
insofern Christus die Passion und das Kreuz wegen der Sünden der Menschheit erduldet (DiM 7l).
DiM 7m: Es ist geradezu irgendein ‘Übermaß’ von Gerechtigkeit,
denn die Sünden des Menschen werden mit dem Opfer des Gott-Menschen ‘beglichen’” (DiM 7m).

Verzierung

H.   GERECHTIGKEIT NACH GOTTES MASS:
DER LIEBE

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1. Warum bist Du, Jesu, am Kreuz?

Unmöglich, dass bei betend erfolgender Lektüre der gerade erwogenen Päpstlichen Texte über die Barmherzigkeit Gottes und das Opfer Jesu Christi am Kreuz, das zur völlig genügenden, oder eher: im ‘Übermaß’ genügenden ‘Begleichung’ aller Gottes Gerechtigkeit zugefügten Beleidigung und Verschmähung geworden ist (DiM 7l) – nicht spontan eine Frage direkt an den Sohn Gottes aufkommen sollte:

(0,36 kB) „Warum hast Du Dich, Du Sohn Gottes, Du Gottes Wort, nicht nur auf das Geheimnis der Menschwerdung entschieden, um Gott für die Sünden deiner menschlichen Brüder und Schwestern Sühne zu leisten und sie daselbst zu erlösen? Es genügte doch vollends, dass Du als Gott-Mensch, als Gott der in der Menschen-Natur Fleischgeworden ist, ein Sekundenteilchen gegenüber Deinem Vater gerade als Gott-Mensch auftreten würdest und Ihm sagtest – solidarisch mit der Menschen-Familie verbunden: ‘Ich Liebe Dich, Vater– Abbá’ ! Du könntest sofort wieder zum Vater zurückkehren, ohne sich irgendjemandem der Menschen gezeigt zu haben. Die Tatsache allein würde über-reichlich zur Erlösung der Menschen unserer Welt genügen – sowie aller anderen möglichen Menschen, falls es solche irgendwo außerhalb unserer Galaxie geben sollte.
– Du hast Dich aber mit solchem ‘Minimum’, das zur Erlösung des Menschen unentbehrlich wäre, nicht befriedigen lassen. Als ‘König der Könige und Herr der Herren’ (1 Tim 6,15) ... ‘kannst Du’ nicht wenig geben! Du bietest immer viel ... zu viel’ ... an!”

(0,35 kB)  Trotz allem, bitten wir Dich, Du mögest doch, Du Sohn des Ewigen Vaters, aber auch Sohn Mariens – verraten: Was hat Dich bewogen, dass Du die Entscheidung gefällt hast, ‘für uns Menschen und zu unserer Erlösung’ Dich der Passion zu unterziehen und Sühne-Opfer für unsere Sünden zu werden? War es doch – falls die Erlösung durch Dich überhaupt vollbracht werden sollte – letztlich kein Anspruch: weder Gottes Heiligkeit, noch Gottes Gerechtigkeit? Warum hast Du diese schrecklichen Qualen unternommen, um Sühne-Opfer um unserer Sünden willen – im Blut der Erlösung – zu werden?

Es zeigt sich, der Menschen-Sohn hat seine Antwort auf diese Frage ... bereits doch längst gegeben! Er sprach darüber zurzeit seines irdischen Lebens des Öfteren. Angefangen von diesem bemerkenswerten Nachtgespräch mit Nikodemus (Joh 3,16). – Übrigens diese Frage hat auch der Himmlische Vater beantwortet (vgl. die Taufe Christi, die Verklärung auf Tabor, die Proklamationen vonseiten des Vaters), wie auch der Heilige Geist (z.B. Hebr 9,14; Joh 16,7-15; usw.): jede der Personen der Trinität auf ihr eigene Art und Weise.
– Und doch, wir möchten jetzt ein wenig Aufmerksamkeit der Erwägung gerade dieser, der Reihe nach, unserer weiteren Frage widmen. Wir glauben, dem Erlöser selbst fügen wir damit nicht nur keine Beleidigung, sondern umgekehrt, es wird geradeaus zu seiner Freude und Ehre, wenn uns die tiefere Einsicht in seine Liebe Ihn mit größerem Dank zu lieben hinbringt.

Verzierung

2. Text des erwogenen Fragments
der Enzyklika (DiM 7i-r)

Text DiM 7 (i-r)

Johannes Paul II. erwähnt in den oben besprochenen Abschnitten der angeführten Enzyklika (DiM 7), dass die Passion, die der Sohn Gottes erduldet [zweifelsohne ‘anstelle’ des Menschen: die Kreuzigung gehörte sich doch ... dem Menschen, nicht aber dem Sohn Gottes!], „auf der Liebe gründet, aus ihr gleichsam herauswächst und ihr hinzustrebt” (DiM 7k).

Den Inhalt dieser ungewöhnlichen Ausdrücke gehört es sich langsam, im Gebetsklima, zu resorbieren. Da sie aber in einem theologisch großen Kondensat von Sätzen enthalten sind, in dem man schwer irgendwelches der Worte übergehen kann, wird es am besten sein, dieses ganze Fragment zuerst in seiner Gesamtheit anzuschauen, um sich nachher über seine einzelnen Wendungen niederzubeugen.

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Das Kind freut sich, dass es ihm gelungen ist heraufzuklettern und zu schauen, was dort auf der Tischtafel ... liegt ...! Neugieriger Beobachter Observateur !

Hier dieses Fragment der „Dives in Misericordia” – aus seinem schon vorgeschrittenen Abschnitt DIM 7i-r. Um der Bequemlichkeit halber teilen wir diesen Text in Sätze ‘i-r’:

DiM 7i: „Wie ein Mensch, der wahrhaft und furchtbar leidet, wendet sich Christus im Ölgarten und am Kalvarienberg an den Vater – an jenen Vater, dessen Liebe Er den Menschen verkündete, von dessen Barmherzigkeit Er mit seinem ganzen Vorkommen zeugte.
DiM 7j: Indessen es bleibt Ihm – gerade Ihm – diese furchtbare Pein nicht erspart: Gott hat ‘seinen eigenen Sohn nicht verschont’, sondern ‘den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht’ [2 Kor 5,21], wird der heilige Paulus schreiben, indem er in diesen wenigen Worten die ganze Tiefe des Geheimnisses des Kreuzes, und zugleich das Göttliche Ausmaß der Wirklichkeit der Erlösung zusammenfasst.
DiM 7k: In diesem Ausmaß ist die Erlösung die letztliche und endgültige Offenbarung der Heiligkeit Gottes, der die unveräußerliche Fülle von Vollkommenheit ist, Fülle von Gerechtigkeit und Liebe – dadurch, dass die Gerechtigkeit in der Liebe ihren Grund hat, aus ihr gleichsam herauswächst und ihr hinzustrebt.
DiM 7l: Im Leiden und Tod Christi – in der Tatsache, dass der Vater seinen Sohn nicht verschont, sondern Ihn ‘für uns zur Sünde gemacht hat’ – kommt die absolute Gerechtigkeit zum Ausdruck, weil Christus die Passion und das Kreuz wegen der Sünden der Menschheit erduldet.
DiM 7m: Es ist geradezu irgendein ‘Übermaß’ von Gerechtigkeit, denn die Sünden des Menschen werden mit dem Opfer des Gott-Menschen ‘beglichen’.
DiM 7n: Jedoch diese Gerechtigkeit, die wahrhaft Gerechtigkeit nach Gottes ‘Maß’ darstellt, wächst ganz aus der Liebe hervor: aus der Liebe des Vaters und des Sohnes, und bringt Früchte vollends in der Liebe.
DiM 7o: Eben daher ist jene Göttliche, im Kreuz Christi offenbarte Gerechtigkeit, ‘nach Gottes Maß’, weil sie aus der Liebe hervorwächst und sich in der Liebe erfüllt, indem sie Früchte der Erlösung hervorbringt.
DiM 7p: Das Göttliche Ausmaß der Erlösung erfährt seine Verwirklichung nicht allein darin, dass Gerechtigkeit der Sünde widerfahren wird, sondern darin, dass die Liebe wiederhergestellt wird, diese schöpferische Macht im Menschen, dank der er von neuem Zutritt zu jener Fülle von Leben und Heiligkeit hat, die von Gott ist.
DiM 7r: So bringt die Erlösung die Offenbarung der Barmherzigkeit in ihrer ganze Fülle in sich”.

Anschluss an Satz ‘DiM 7i’ und ‘DiM 7k-l’

Die Anfangssätze des angeführten Fragmentes haben wir schon zuvor insofern ausführlich besprochen, dass wir gleich zum Satz ‘m’ überspringen könnten.
– Es sollten aber tief in unserem Herzen besonders die letzten Worte des Satzes ‘j’ einkodiert bleiben. Der Heilige Vater führt zuerst die zwei Aussagen des Hl. Paulus an. Sie können von uns schwer verstanden werden, aber umso mehr wurden sie zur schwierigen Wirklichkeit für den Sohn Gottes:

„... Seinen eigenen Sohn [hat Er]
nicht verschont” (Röm 8,32).

„... Den, der keine Sünde kannte,
[hat Er] für uns zur Sünde gemacht” (2 Kor 5,21).

Danach lässt uns der Heilige Vater noch einmal bewusst werden, dass in dieser Charakteristik des Gottes-Geschriebenen-Wortes – folgendes ihre Zusammenfassung findet:

„ ... die ganze Tiefe des Geheimnisses des Kreuzes”,

und umso mehr das, worum es uns in diesem Moment geht:

„... das Göttliche Ausmaß der Wirklichkeit der Erlösung” (DiM 7j).

Johannes Paul II. wechselt dauernd zwischen dem ‘Göttlichen’ Ausmaß der Erlösung und seinem ‘menschlichen’ Ausmaß, und umgekehrt.

butt  Das menschliche Ausmaß der Erlösung betrifft die Würde der menschlichen Person, der der Schöpfer selbst die Ehre huldet.

butt  Dagegen das Göttliche Ausmaß der Erlösung gilt für den Preis, den für den Menschen – Gott selbst zu zahlen vor hat.

So heißt es Gott gleichsam seine (hebr.) ‘hémet’, d.i. seine Treue-Wahrheit angesichts dieser Liebe, mit der Gott den Menschen als das einzige Geschöpf in der Welt erschaffen hat, das Er „um seiner Selbst willen gewollt hat” (GS 24). Gott zieht sich von seiner Treue-in-Liebe zum Menschen niemals zurück. Er schuf ihn doch als das Ebenbild seines Eingeborenen Sohnes.
– Unabhängig davon, besteht auch weiter unabänderlich vonseiten der „liebenden Allmacht des Schöpfers” (DeV 33) – die Berufung des Menschen: Mann und Frau zur „Gnade und Herrlichkeit” (DiM 7d).

Im Namen eben dieser Liebe, die Gott außer jeden Zweifel niemals zurückzieht, „weicht der Vater vor dem erschütterndem Opfer des Sohnes nicht zurück” (DiM 7d). Er lässt sich einzig damit bewegen, um durch die von sich selbst so ‘gelebte’ folgerichtige ‘Haltung’, wie es der Heilige Vater sagt, „der Treue des Schöpfers und Vaters angesichts der Menschen gerecht zu werden, die nach seinem [= des Sohnes] Bild erschaffen und ... in diesem Sohn zur Gnade und Herrlichkeit berufen worden sind” (DiM 7d).

Anknüpfung und Endworte von Satz ‘DiM 7k’

Im Satz ‘k’, dessen Inhalt wir schon vorher erwogen haben, sollte jetzt auf seinen Endakzent aufmerksam gemacht werden. Bisher sind wir über sein Endwort absichtlich hinweggegangen. Der Heilige Vater betont hier mit starkem Nachdruck, dass das erfahrene Unmaß von Pein und Qual offensichtlich die „letztliche und endgültige Offenbarung der Heiligkeit” [dieses] Gottes ist, der „... Fülle von Gerechtigkeit”  ist.
– Er fügt aber sofort hinzu, dass die Passion Christi daselbst „endgültige Offenbarung der Heiligkeit Gottes, der die ... Liebe [ist]dadurch ist, dass die Gerechtigkeit in der Liebe ihren Grund hat, aus ihr gleichsam herauswächst und ihr hinzustrebt”.

In diesen Worten ist eigentlich schon die vollständige Antwort auf die Frage enthalten, die wir uns gerade aufstellen. Trotzdem überspringen wir jetzt auf die weiteren Sätze des erörterten Fragments der Enzyklika, um erst danach auf sie noch einmal zurückzukommen, bereichert um die volle Sicht des dargestellten Panoramas.
– Und zwar, diese Worte bringen die Frage des Beweggrundes zum Ausdruck, mit dem sich der Erlöser bei seiner Entscheidung auf diese so schwierige ‘Version’ des Vorhabens des Dreieinigen dem Menschen zugute bewegen ließ.

Satz ‘DiM 7l’

Der Inhalt dieser päpstlichen Worte: ‘l’ – ist ebenfalls schon Gegenstand unserer Erwägung gewesen. Wir sind uns dauernd bewusst, dass wenn der Himmlische Vater seinen eigenen Sohn „nicht verschonte”, und Ihn sogar „zur Sünde für uns gemacht hat”, ist hier die „absolute Gerechtigkeit” Gottes auf dem Spiel. Die Sünde ist eine allzu tiefgehende, aus dem ‘Sein’ selbst [ontologisch] herauswachsende schmachvolle Beleidigung Gottes, die vom ... Geschöpf begangen wird, das ganz auf Gottes Güte ‘hängen’ bleibt. Gott kann unmöglich verleugnen, dass Er wahrhaft Schöpfer dieses ‘Geschöpfes’ ist: des Menschen, den Er allerdings über das eigene Leben – geliebt hat.

Mit anderen Worten: Bevor irgendjemand über die Möglichkeit der ‘Sühneleistung’ Gott gegenüber für den Menschen, und umso mehr über seine Erlösung ‘nachzudenken’ beginnt, muss zuerst für die Frage Gottes Gerechtigkeit eine gehörige Lösung gefunden werden. Sie kann schlechterdings nicht übergegangen werden. Gerade diese Feststellung ist im eben besprochenen Satz enthalten, dass Jesus die Passion und das Kreuz einzig „wegen der Sünden der Menschheit erduldet”. Würde der Mensch die Sünde nicht begangen haben, würde auch der Sohn Gottes ganz gewiss keine Leiden, noch die ‘entsetzliche Qual des Todes durch Kreuzigung’ [lat.: horrendum supplicium = schauderhafte Qual] – wie sie von den Römern selbst bezeichnet wurde – erfahren haben.

Satz ‘DiM 7m’

Der Satz ‘m’ war auch schon Gegenstand unserer Erwägungen. Hier weist Johannes Paul II. auf den ‘Überschuss’ hin, wie es vom Gesichtspunkt aus der Gerechtigkeit Gottes das Opfer des eigenen Lebens geworden ist, das der Menschen-Sohn auf dem Kreuz vollbracht hat. Was für eine Tiefe der Gott-Menschlichen Wirklichkeit steckt hinter den Päpstlichen Worten: „‘Es ist geradezu irgendein Übermaß’ von Gerechtigkeit, denn die Sünden des Menschen – werden mit dem Opfer des Gott-Menschen ‘beglichen’ ...”. Die Würde der Person, die diese Schmach und Qualen erleidet, ist unendlich. Es ist die Zweite Person der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Sie teilt dieselbe Gottes Natur, die die Eine ist: des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Deswegen steht jeder Handlung, und umso mehr jedem Leiden des Sohnes Gottes in seinem Mensch-Sein, das Er von Maria der Jungfrau erhalten hat, ein unendlicher Wert zu.
– Der ‘Glaubens-Sinn’ hat seit immer die Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass jeder Tropfen des Kostbaren Blutes Jesu Christi einen unendlichen Erlösungs-Wert hat. So äußert diese Glaubensüberzeugung z.B. das bekannte Gebet des Hl. Thomas von Aquino: „Adoro Te devote – In Demut bete ich Dich, verborgne Gottheit an”:

Pie pellicane, Jesu Domine – Me immundum munda tuo Sanguine,
Cuius una stilla salvum facere – Totum mundum quit ab omni scelere

emptO guter Pelikan, o Jesus, höchstes Gut! – Wasch rein mein unrein Herz mit Deinem teuren Blut
emptEin einziger Tropfen schafft die ganze Erde neu, – Wäscht alle Sünder rein, macht alle schulden frei”
empt(6. Strophe).

Ähnlich drückt ihren Glauben betreffs der Erlösungs-Macht auch nur eines Tropfens Jesu Blutes z.B. die Hl. Schw. Faustyna Kowalska aus:

„O Jesus, wenn ich den großen Preis Deines Blutes bedenke, freue ich mich wegen seiner Größe, denn ein Tropfen hätte für alle Sünder gereicht.
– Obgleich die Sünde ein Abgrund der Boshaftigkeit und Undankbarkeit darstellt, ist der für uns entrichtete Preis unvergleichlich – deshalb möge jede Seele im Leiden des Herrn Vertrauen finden und Hoffnung in seiner Barmherzigkeit. Gott verweigert niemandem seine Barmherzigkeit ...” (TgF 72).

Wenn der Menschen-Sohn, der Fleischgewordene Gott nicht nur ‘einen’ Tropfen seines Blutes vergossen hat, sondern solche grausamen Martern erlitten hat und dabei beständig liebte und vergab, ist aus seinem Opfer am Kreuz ein unvorstellbares ‘Übermaß’ entstanden.

Vom Gesichtspunkt aus Gottes Gerechtigkeit war es vollends unnötig. Und doch, dieser unendlichen Wertes, unendlich großer ‘Überschuss’ seiner Verdienste existiert tatsächlich. Er steht zur Verfügung da als Gabe nach dem Maß der Unendlichkeit seines Täters: Jesu Christi des Priesters und Opfers in seiner Einen, Gottes Person.

Es ist Gabe, die von Jesus, dem solidarisch mit jedem Menschen „irgendwie Vereinten” (GS 24), vor allem dem Vater dargebracht worden ist: als Gabe der Entsühnung des Dreifaltigen für die Sünden des Menschen.
– Anderseits ist es aber Gabe Dessen, der „reich ist an Erbarmen” (Eph 2,4). Der ‘unmöglich’ – ‘wenig’ schenken kann! Er bietet immer viel ‘zu viel’ an.
– So ist aber die Dynamik der wahren Liebe, angefangen von dieser, die – Gott ist. Ihre zentri-fugale Dynamik strebt mit ihrem ganzen Selbst danach, diese Geliebten mit Gutem zu beschenken, das für das ewige – Leben – zählen wird.

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Im Dienst bei schwer Kranken im Hospiz. Kostbarer Dienst der Ordensschwestern, die solchen Dient mit Glauben verbinden.

Johannes Paul II. beendet den Satz ‘m’ mit der Feststellung, dass das erwähnte „Übermaß”, wie es das Opfer Jesu am Kreuz angesichts Gottes Gerechtigkeit geworden ist, daher entstanden ist, weil die Sünden der Menschen auf solche Weise mit dem Opfer des Gott-Menschen, des Fleischgewordenen Gottes Sohnes – „beglichen”  worden sind.

Es muss jedoch hervorgehoben werden, dass wenn wir hier angesichts jenes mächtigen, unendlichen Wertes ‘Übermaßes’ an Sühne für die menschlichen Sünden stehen bleiben, können wir es nicht mehr mit der Gerechtigkeit Gottes verknüpfen. Dieser wurde schon längst ‘gerecht’ geworden mit einem sekundenartigen Akt der Liebe vonseiten des Gottes Sohnes im ersten Augenblick seines zur Gottheit angenommenen Mensch-Seins.

Dagegen all das, was hier vorgeht, ist ein einziger – angesichts Gottes als Gerechtigkeit und Heiligkeit – ‘nicht mehr nötiger’ Zuschuss. Wir bleiben immer wieder voller Staunen vor unbegreiflichen Fragen stehen, deren Zeugen wir sind, wenn wir nur betend über die Wunder der Gnade nachdenken, wie sie für das gefallene Gottes Ebenbild die um so großen Preis vollbrachte Erlösung geworden ist ...

Gerechtigkeit nach ‘Gottes Maß’: Satz ‘DiM 7n’

Im Satz ‘n’, besonders aber in seinem zweiten Teil, geht der Heilige Vater direkt zum tiefsten ‘Beweggrund’ des Erlösungs-Leidens Jesu Christi über. Allerdings er geht noch einmal von der deutlich erwähnten ‘Gerechtigkeit’ aus. Er betont, dass in dieser Situation – angesichts der so großen, vom Gesichtspunkt der Erfordernisse der ‘Gerechtigkeit’ wahrhaft nicht nötigen Verschwendung vonseiten des Gottes Sohnes, muss festgestellt werden, dass wir hier angesichts der „Gerechtigkeit wahrhaft ... nach Gottes ‘Maß’...” stehen bleiben.

Der Unendliche – kann sich nicht anders betätigen, darin auch in dem von sich angenommenen Mensch-Sein, das aber über seine Person mit der Gottes Natur verkoppelt ist – als einzig gerade der ... Unendliche. Bei Gott sind alle Eigenschaften ihrem Wesen nach ‘unendlich’. Gott kann schlechterdings anders ... nicht vorkommen, als nur in der Beschaffenheit des Unendlichen.

Aber gerade in diesem Augenblick geht der Heilige Vater deutlich auf den Beweggrund über, nach dem sich Gott selbst in diesem Tun richtet. Er erwähnt in diesem Augenblick sowohl den Vater, wie auch den Sohn Gottes.
– Vom Heiligen Geist, der hier gerade nicht gesondert erwähnt wird, haben wir schon früher gesprochen. Im Herzen bewahren wir beständig die dort einkodierten Worte Johannes Paul II.:

„In Gott bildet der Geist-die-Liebe die Sache der menschlichen Sünde
in neue Beschenkung mit Erlösungs-Liebe um.
– Aus Ihm [= dem Heiligen Geist, der Person-der-Liebe],
in Einheit mit dem Vater und dem Sohn,
wächst die Erlösungs-Ökonomie hervor [= das Vorhaben der Erlösung des Menschen],
die die Geschichte des Menschen mit Gaben der Erlösung erfüllt ...” (DeV 39).

Der Heilige Vater hebt in diesem Teil des besprochenen Satzes aus der Enzyklika über Gottes Barmherzigkeit hervor, dass die so begriffene Gottes Gerechtigkeit, die in der Tat Gottes Unendlichkeit geradeaus entspricht:

„... ganz aus der Liebe hervorwächst:
aus der Liebe des Vaters und des Sohnes,
und bringt Früchte vollends in der Liebe” (DiM 7n).

Johannes Paul II. gebraucht hier einmal mehr das gern von ihm herangezogene Zeitwort ‘geboren werden’, das in diesem Zusammenhang schwer ins Deutsche übersetzt werden kann. Und zwar: die Gerechtigkeit Gottes, die sich in den Qualen, die der Sohn Gottes erduldet, äußert, „...wird aus der Liebe geboren” (so wörtlich nach dem poln. Originaltext; unsere Übersetzung: ‘wächst ganz aus der Liebe hervor’). Es geht um die Liebe Gottes selbst, d.h. die Liebe des Dreieinigen in den gegenseitigen Beziehungen zueinander der Drei Gottes Personen.

Wir haben schon ein paarmal darüber nachgedacht, wie unaussprechlich die Glut der Liebe sein muss, die vom Vater zum Sohn strömt – und sofort umgekehrt: vom Sohn zum Vater, die sich auf diese Weise daselbst gegenseitig zueinander den Heiligen Geist aushauchen: die Dritte Gottes Person, die Person-die-Liebe ist. Indem aber Gott gleichsam ‘unmöglich aushalten kann’, das Übermaß seines Glücks nur für sich allein zu behalten, führt die Dynamik der Liebe des Dreieinigen spontan zum ‘Herauswachsen’ außerhalb von sich: außerhalb der Gottheit.

Hier liegt der Anfang und Ausgangspunkt des Erschaffungswerkes. Nur dass das einzig wirklich „gewollte-beabsichtigte” Geschöpf – „um seiner Selbst willen”, der Mensch ist: Mann und Frau. Der Mensch, geschaffen als Gottes Ebenbild nach dem Muster des Gottes Sohnes, ist dieser von der ganzen Trinität unabänderlich Geliebte „um seiner Selbst willen” – ungeachtet aller Enttäuschungen, die infolge der Tat gewordenen Sünde entstanden sind.

Gott ist seiner einmal dem Menschen angebotenen Liebe unveräußerlich treu (hebr.: hémet = Treue-Wahrheit). Diese Gottes Treue verfügt über die Allmacht Gottes. Darüber hinaus hat sie sich selbst gebunden: mit dem geschlossenen – und immer wieder erneuerten Bund mit dem Volk der Erwählung Gottes, angefangen von den Ur-Eltern – über Noah, Abraham, Mose usw.

Wir sehen aber, dass der Mensch die ‘Probe’ nicht bestanden hat, was die Qualität seiner gegenseitigen Liebe zu Gott angeht: er hat gesündigt. Er hat sich in seiner Sünde zum Schöpfer verachtungsvoll benommen und wünscht nicht mehr, dass Gott ihn weiter liebt. Er hat dem „Vater der Lüge und Mörder von Anfang an anvertraut” (Joh 8,44)!
– Die infolgedessen entstandene schmachvolle Zurückweisung und Beleidigung Gottes ist unendlich, wie unendlich Gott selbst ist.

Aber Gott tötet den Sünder nicht sofort! Gott wartet üblich sehr geduldig auf eine ‘bessere’ Stunde ... Vielleicht wird es dem Menschen ‘schlecht’, wie es einmal dem verlorenen Sohn schlecht geworden ist (vgl. DiM 5), als er nichts ... zu essen gehabt hat. Man erlaubte ihm nicht einmal die „Futterschoten, die die Schweine fraßen”, zum Stillen des Hungers nehmen (vgl. Lk 15,16). Die Armut, das materielle Elend und das unstete Leben außerhalb des ‘Hauses des Vaters’ wurden zu Umständen, die es ihm erleichterten, dass er sich von neuem an den ... Vater erinnert hat, den er so schlimm beleidigte. Er entscheidet sich, nach Hause zurückzukehren:

„Ich will aufbrechen und zu meinem Vatergehen und ihm sagen:
Vater, ich habe mich – gegen Gott und gegen dich versündigt.
Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein.
Mach mich zu einem deiner Tagelöhner’ ...” (Lk 15,18f.).

Früher haben wir schon besser verstehen können: der Mensch allein an sich hat keine Chance, Gott für seine Sünde zu entsühnen. Er hat die ewige Schuld begangen und folglich die – ebenfalls ewige Strafe auf sich herabgezogen. In der Lage einer totalen Unmöglichkeit [= aufgrund der Grundlagen selbst des Seins als nur ‘Geschöpfes’], die entstandene Situation ändern zu können, kommt ihm Gott selbst zu Hilfe. Aus Gottes Schöpfer-Liebe zum Gottes Ebenbild „erwächst” [= wird geboren !] ... das Gottes Vorhaben: Gott wird durch Gott entsühnt – anstelle des Menschen. Daselbst wird auch die Erlösung des Menschen vollbracht.
– Die Erlösung wird darüber hinaus zur Beschenkung des Menschen ganz von neuem mit der Chance, zur Liebe Gottes und Gottes Leben zurückzukehren.

Das Vorhaben der Erlösung des Menschen setzt aber ihrem Wesen nach voraus, dass die Entsühnung Gottes von einer der Drei Gottes Personen unternommen wird. Dieses Werk nimmt der-Sohn-das-Wort auf sich: der ‘Gleiche’ – wird sich mit dem ‘Gleichen’ messen.
– Aber auch das ... kann nicht ausreichen. Die Genugtuung muss trotz allem vom ... Menschen selbst vorgenommen werden, hat doch der Mensch, nicht aber Gott, die Sünde begangen. Das Vorhaben Gottes: der Erlösung des Menschen, wird letztlich auch diese Voraussetzung berücksichtigen: Die Zweite Person Gottes wird Mensch werden – von Maria der Jungfrau.

Wir wissen auch schon Bescheid, dass das Werk der Erlösung des Menschen eigentlich ‘leicht’ und ‘sekundenartig’ vollbracht werden konnte. Der Dreieinige entscheidet sich aber im Rahmen des Maximalismus einer wahren Liebe auf ihre schwierigste unter den möglichen Versionen. Der Sohn Gottes nimmt den Willen des Vaters an, der auf die Vollbringung der Erlösung des Menschen über das äußerste Leiden der Gottes Person im Mensch-Sein ausgerichtet ist.

Dies wird aber nicht mehr ‘Anspruch’ der Gerechtigkeit Gottes sein! Dieser würde mit Überschuss ‘ausreichend’ gerecht getan, wenn der Sohn Gottes und zugleich Menschen-Sohn auch nur über einen milliardsten Sekundenteil einen Akt der Liebe zum Vater geweckt hätte und sofort wieder zum Vater zurückkäme. Schon das wäre Ausdruck und Zeugnis der unendlichen Liebe – der „ewigen” (vgl. Jer 31,3) und überreichlichen Liebe vonseiten des Gottes Sohnes – als zugleich Menschen-Sohnes !

Allerdings das würde der Gott eigenen Liebe-Dynamik nicht entsprechen: ihrer Totalität – ‘auf Leben und auf Tod’! Der Sohn Gottes entscheidet sich in seiner unverfälschten Liebe sowohl zum Vater, wie zu seinen menschlichen Brüdern und Schwestern, dass Er im wörtlichsten Sinn zum zu Tode niedergetretenen „Weizenkorn”  werden wird (Joh 12,24), ehe es Frucht bringt. Diejenigen, die Er geliebt hat, werden ihn mit steigernder Feindseligkeit – bis zum tödlichen Hass umzingeln. Nur dafür, dass Er Liebe ist, und dass Er zur wahren Liebe aufgerufen hat. Sie werden Ihn zum höchst schändlichen und grausamsten Tod verurteilen: durch die Kreuzigung.

Er wird diese Passion in seiner Gottes ... Demut, aber umso mehr: in seiner Liebe – annehmen. Er vollbringt die Erlösung des Menschen unter Unmaß von qualvollem Leiden. Er gibt aber diesem Leiden den Sinn der dadurch zu vollbringenden Erlösung. Dieser Sinn wird die Ansprüche der Gerechtigkeit allein weit überragen. Die wesentliche Eigenschaft des Ausmaßes des Erlösungs-Leidens wird darin bestehen, dass die größtmöglichen Leiden unabänderlich mit größter Liebe erduldet werden: sowohl zum Vater, wie zum Menschen.

Es kommt immerwährend die grundlegende Frage auf: Warum hat der Sohn Gottes all diese Leiden ertragen? Wer hat Ihm das befohlen? Die Antwort ist stets diese eine: damit der Mensch, in dieser Stunde so schrecklich unwürdig und von Satan besessen, „nicht verloren geht”. Er geht aber unter dieser einen Voraussetzung ‘nicht verloren’, wenn er Ihm, diesem Gekreuzigten, anvertraut (Joh 3,16). Sollte es auch erst jetzt erfolgen. Und damit der Mensch auf diese Weise das Leben – dieses ewige Leben – erlangt !

In seinen erst ablaufenden Betätigungen als Erlösers blickt der Menschgewordene Sohn Gottes ununterbrochen mit zärtevoller Liebe als Sohnes auf das Antlitz des Vaters. Dieser aber – wie es zu folgern ist, wünscht ganz deutlich, dass die Erlösung um den höchsten unter allem möglichen – Preis vollbracht werde, den Gott ... zu geben imstande ist! Der Sohn Gottes als Menschen-Sohn wird sich selbstverständlich sträuben, wenn diese „Seine Stunde” ankommt. In seinem Dialog als Sohnes wird Er wie ein Mensch bitten, dass – wenn es möglich sein sollte, dieser Kelch Ihm verschont werde:

„Er hat in den Tagen seines Fleisches Bitten und Flehrufe
mit lautem Geschrei und unter Tränen an Den gerichtet,
der Ihn vom Tode erretten konnte ...” (Hebr 5,7; JB).

Er betete mit Worten – nach dem Evangelist Markus, also so wie es wohl Petrus gehört und im Gedächtnis behalten hat:

„Er sprach: ‘Abbá’, Vater! Alles ist Dir möglich! Nimm diesen Kelch von Mir!
Aber nicht was Ich will, sondern was Du willst, soll geschehen” (Mk 14,36).

Das heißt also: Jesus nimmt letztlich von vornherein das an, was das Gefallen des Willens des Vaters sein wird. Dieser aber, im Rahmen derselben Gottheit, ist derselbe beim Vater, wie beim Sohn und dem Heiligen Geist.

Die Gerechtigkeit die aus Liebe hervorwächst: Satz ‘DiM 7n-o’

Sowohl beim Vater, wie beim Sohn – im Heiligen Geist, überwiegt unabänderlich der Wille, der auf Gabe der Ganzheitlichkeit ‘für’ den Menschen hinausgerichtet ist. Der Erlöser strebt danach, dass dieses in der Sünde entstellte Gottes Ebenbild trotz allem das ewige Leben erlangen kann. Gott ‘hofft’ – auf seine Gottes Art, dass der Anblick auf den Gottes Bräutigam-vom-Kreuz den Menschen vielleicht zum Aufwachen und Entscheidung bringt, zum Vater zurückzukehren.
– Konnte Johannes Paul II. diese Liebe etwa anders verfassen – sowohl des Vaters, wie des Sohnes – als in Worten, die wir jetzt gerade erwägen:

DiM 7n: „Jedoch diese Gerechtigkeit, die wahrhaft Gerechtigkeit nach Gottes ‘Maß’ darstellt,
wächst ganz aus der Liebe hervor: aus der Liebe des Vaters und des Sohnes,
und bringt Früchte vollends in der Liebe.
DiM 7o: Eben daher ist jene Göttliche, im Kreuz Christi offenbarte Gerechtigkeit, ‘nach Gottes Maß’,
weil sie aus der Liebe hervorwächst und sich in der Liebe erfüllt,
indem sie Früchte der Erlösung hervorbringt”.

Die Betrachtung des „Geheimnisses im Geheimnis” (NMI 25), wie sie der Gekreuzigte Erlöser des Menschen darstellt, bringt den beständig tiefer werdenden Schluss hervor:

(0,2 kB) nicht der Gottes Sohn sollte den Tod am Kreuz für die Sünde des Menschen erleiden! Es sollte derjenige zu Tode gequält und gekreuzigt werden, der die Sünde begangen hat: d.h. der Mensch.

(0,2 kB) Gottes Gerechtigkeit musste Genugtuung widerfahren werden! Gott konnte ihre Ansprüche nicht übergehen
.

Das hindert aber nicht, dass die Tatsache des Opfers vonseiten des Sohnes Gottes selbst am Kreuz weiter die grundsätzliche Frage auslöst:

(0,17 kB)  Warum bist Du, Gottes Sohn, und zugleich Menschen-Sohn, auf’s Kreuz gestiegen? Du – und nicht der sündige Mensch?

(0,2 kB)  Zum verbindlichen Ausgangspunkt müssen für uns unabänderlich die Erfordernisse der Gerechtigkeit Gottes bleiben. Ihr musste Genugtuung geleistet werden.
– Johannes Paul II. wird sagen, dass die Sünde „nach entsprechender Sühne in diesem oder im künftigen Leben verlangt” (APR 8)
.

(10 kB)
Nicht nur der Mensch pflegt neugierig zu sein: neugierig sind alle Geschöpfe Gottes. Dazu hat sie Gott mit Sinnen ausgestattet - und diese wunderbaren Instrumente erschaffen: die Augen, Ohren und andere Sinne, mit denen die Umgebung kennen gelernt werden kann.

Unser weiteres ‘Nachsinnen’ gestaltet sich ungefähr folgender:

(0,2 kB) Der Mensch ist seinem Wesen nach unfähig dazu, sich irgendwie an Gottes Gerechtigkeit zu messen. Keinem einzigen Akt der Sühne vonseiten des Menschen steht in Gottes Augen irgendwelcher Wert zu, d.h. er zählt vor Gott schlechterdings überhaupt nicht. Das ergibt sich aus der grundsätzlichen Ursache: es gibt hier keine Ebene der ‘Gleichheit in Natur’.

(0,13 kB) Indessen ohne gleich am Anfang – die Sache der Gerechtigkeit gelöst zu haben, kann es keine Rede geben, um irgendwelche weitere Schritte vorzunehmen, die darauf abzielten, z.B. die Hand zum Menschen zu strecken, um ihn von der ihm drohenden ewigen Verdammnis zu retten.

(0,13 kB) In dieser Lage will die Genugtuung Gottes Gerechtigkeit anstelle des Menschen – der Sohn Gottes auf sich nehmen. Mit anderen Worten: Gott unternimmt es anstelle des Menschen – des Sünders, dass Er die beleidigende Schmach der Sünde angesichts Gottes Gerechtigkeit ‘begleichen’ wird. Und Er hat es auch tatsächlich vollbracht
.

Wir fragen aber weiter: Ob das der Sohn Gottes tun ... MUSSTE ?
– Offenbar: Nein !
– Was hat Ihn also bewogen, „Sühne-Opfer für unsere Sünden, aber nicht nur für unsere Sünden, sondern auch für die der ganzen Welt” (1 Joh 2,2) zu werden?

Erst hier beginnen wir zu begreifen, was da eigentlich geworden ist: zuerst im Geheimnis der Menschwerdung, aber umso mehr in seiner Ergänzung und Erfüllung: im Geheimnis der Erlösung.
– Wir sind uns die ganze Zeit bewusst, dass diese ‘Ergänzung’ der Erlösung durch das blutige Opfer des Gottes Sohnes am Kreuz – kein Erfordernis mehr der Gerechtigkeit Gottes gewesen war.

Dagegen der Dreieinige hat ‘gesehen’, dass der Mensch auf keinen Fall sich selbst ‘helfen’ kann. Aber anderseits: Wie könnte doch der Dreieinige gleichgültig bleiben angesichts des ‘Geschicks’ des Daseins des Menschen in Ewigkeit in Lostrennung von Gott-der-Liebe, von Gott-dem-Leben, das er sich in seiner Sünde selbst zugerichtet hat?
– Zwar wurde er vom „Vater der Lüge und Mörder von Anfang an” – ‘verführt’ (vgl. Joh 8,44). Dennoch, die Entscheidung selbst auf Sünde hat nicht Satan gefällt, sondern der Mensch – angefangen von diesen Zweien im Paradies.

Jetzt können wir Gott als den Vater ein wenig besser verstehen ... Einst hat David in Verzweiflung geschrien, als er erfahren hat, dass sein geliebter Sohn Absalom getötet wurde, obwohl er mit seinem Aufruhr gegen den Vater– für ihn als den Vater zu großem Dorn geworden ist:

„Da zuckte der König [= David] zusammen, stieg in den oberen Raum des Tores hinauf und weinte.
Während er hinaufging, rief er immer wieder:
Mein Sohn Absalom, mein Sohn, mein Sohn Absalom!
Wäre ich doch an deiner Stelle gestorben, Absalom, mein Sohn, mein Sohn!’
...
Der König aber hatte sein Gesicht verhüllt und rief laut:
Mein Sohn Absalom! Absalom, mein Sohn, mein Sohn!’ ...” (2 Sam 19,1.5).

Davids General, der die Militär kommandierte, konnte nicht aushalten und machte dem König Vorwürfe:

„Du hast heute alle deine Diener offen beschimpft,
die dir, deinen Söhnen und Töchtern ... das Leben gerettet haben ...
Du zeigst ja denen deine Liebe, die dich hassen, und deinen Hass denen, die dich Lieben ...
Jetzt weiß ich, dass es in deinen Augen ganz richtig wäre, wenn Absalom noch am Leben wäre,
wir alle aber heute gestorben wären ...” (2 Sam 19,6f.).

Verzierung

RE-Lektüre: V.Teil, Kapit.4d:
Stadniki, 15.XI.2013.
Tarnów, 16.V.2022.

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F. DIE GRÖSSTE TAT GOTTES Offenbarung
1. Die Heiligkeit und Gerechtigkeit angesichts der Sünde
2. Neue Stufe der Offenbarung Gottes
Anmerkung. Fünfzehn Geheime Leiden Jesu in der Nacht zu Karfreitag
3. Offenbarung der Heiligkeit-Vollkommenheit-Gerechtigkeit

G. FORDERUNG DER GERECHTIGKEIT GOTTES
1. Absolute Gottes Gerechtigkeit
2. Für die Sünde des Menschen – erduldet die Pein der Sohn Gottes
3. Gerechtigkeit die im ‘Übermaß’ beglichen wird

H. GERECHTIGKEIT NACH GOTTES MASS: DER LIEBE
1. Warum bist Du, Jesu, am Kreuz ?
2. Text des erwogenen Fragments der Enzyklika (DiM 7i-r)
Text DiM 7(i-r)
Anschluss an Satz ‘DiM 7i’ und ‘DiM 7k-l’
Anknüpfung und Endworte von Satz ‘DiM 7k’
Satz ‘DiM 7l’
Satz ‘DiM 7m’
Gerechtigkeit nach ‘Gottes Maß’: Satz ‘DiM 7n’
Die Gerechtigkeit die aus der Liebe hervorwächst: Satz ‘DiM 7n-o’


Bilder-Fotos

Abb.1. Schön lachendes Gesicht des Kleinmädchens
Abb.2. Zwei Schwesterchen beim Blättern des Buches für Kinder
Abb.3. Katze die ohne Wimmern zu zucken schaut
Abb.4. Dieses Kind sucht bis zur Tischtafel heraufzukommen
Abb.5. Dienst der Ordensschwester bei schwer Kranken
Abb.6. Eidechse – ist auch neugierig der Gottes Welt