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VERMERK: Abkürzungen zur angeführten Literatur s. Literatur


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b. Jesus im Gespräch mit der Samariterin (Joh 4,1-42)

Die Evangelien teilen des Öfteren Begegnungen Jesu mit Frauen mit (s. dazu: MuD 13). Im Zusammenhang damit hebt der Heilige Vater Johannes Paul II. hervor:

„In der gesamten Lehre Jesu, wie auch in seiner Haltung stoßt man auf nichts, was Ausdruck der für seine Zeiten üblichen Diskriminierung der Frau wäre. Ganz im Gegenteil, seine Worte und Taten bringen stets die der Frau gebührende Achtung und Ehrfurcht zum Ausdruck ...” (MuD 13).

Eine der sehr bemerkenswerten solcher Begegnungen ist das lange Gespräch Jesu bei dem „Brunnen von Jakob” (Joh 4,6) mit einer Frau aus der Stadt Sychar, die zum Brunnen gekommen ist, um Wasser zu schöpfen. Jesus verhielt sich zu ihr mit voller Ehre und erwies ihr gegenüber keine Spur von Verachtung, obwohl sie bald selbst gestanden hat, dass sie schon „fünf Männer gehabt hat, und dieser, den sie [jetzt hat], nicht [ihr] Mann ist” (vgl. Joh 4,18).

Johannes Paul II. knüpft an diese Aussage an:

„Als sie aber hörte, dass [Jesus] um das Verborgenste ihres Lebens weiß –
erkennt sie in Ihm den Messias
und beeilt sich, es ihren Landsleuten zu verkünden” (MuD 13).

Die Tatsache an sich, dass Jesus das Gespräch mit Frauen nicht vermied, sündige Frauen nicht ausgenommen, zeugt von der Verhaltensweise, die die Würde jedes Menschen annimmt. Dies konnte im Milieu der damaligen Kultur: der Verachtung der Frau, nur Staunen erregen. Johannes Paul II. betont:

„Die Handlungsweise Christi, das Evangelium seiner Taten und seiner Worte, ist ein durchgehender Widerspruch gegen alles, was die Würde der Frau schmälert. Deshalb finden diese Frauen, die in die Nähe Christi gekommen sind, sich wieder in der Wahrheit, die Er ‘lehrt’ und die Er ‘tut’ auch wenn es Wahrheit um ihre eigene ‘Sündhaftigkeit’ ist. Sie fühlen sich durch diese Wahrheit ‘befreit’, sich selbst zurückgegeben, sie fühlen sich geliebt mit ‘ewiger Liebe’, mit der Liebe, die ihren unmittelbaren Ausdruck in Christus selbst findet. Im Wirkungskreis Christi verändert sich ihre soziale Stellung. Sie nehmen wahr, dass Jesus mit ihnen über Fragen spricht, die man in der damaligen Zeit nicht mit einer Frau erörterte.
– Das gleichsam am meisten namentliche Beispiel ist wohl die Samariterin am Brunnen in Sychar. Jesus, der weiß, dass sie eine Sünderin ist, und ihr das sagt, spricht mit ihr über die tiefsten Geheimnisse Gottes. Er sagt ihr von der unendlichen Gabe der Liebe Gottes, die der ‘Quell von Wasser ist, der zum ewigen Leben sprudelt’ [Joh 4,14]. Er spricht zu ihr von Gott, der Geist ist, und von der wahren Ehre, die der Vater im Geist und Wahrheit empfangen wird [Joh 4,24]. Zuletzt enthüllt Er ihr, dass Er der an Israel verheißene Messias ist [Joh 4,26] ...” (MuD 15).

Die angeführten Bemerkungen Johannes Paul II. wirken sich direkt auf das Verständnis der Ehe im damaligen Israel aus, oder eher praktisch in der ganzen damaligen Welt. Allem Anschein zuwider wird die Frau des Öfteren ähnlich bis heutzutage behandelt: als Gegenstand, attraktiv für die Werbung und zu allerlei Sex-Dienst. Übrigens gar nicht selten tragen die Frauen selbst zu solcher Behandlung ihrer Selbst bei.

Das Nutznießungs-Verhalten der Männer zu Frauen äußert sich selbstverständlich unmittelbar auf dem Begreifen der gegenseitigen Beziehungen zwischen Mann und Frau.
– Es gab zweifelsohne auch in tiefem Altertum, darunter auch in Israel, glückliche Ausnahmen, wenn der Ehemann sich zu seiner Ehefrau mit höchster Ehre als zu ihrer Person verhielt, mit der er sich lebenslang im Ehe-Bund verbunden hat (s. z.B.: Spr 31,10-31): sie galt für ihn als Segen, und er für sie. Dennoch beinahe als Regel galt eine fast sklavische Behandlung der Frau und ihre nutznießerische Betrachtung, zumal im geschlechtlichen Ausmaß.

Wenn die Evangelien sehr oft von Frauen berichten, die sich im Bereich der Tätigkeit Jesu befunden haben, in vielen Fällen Ihn nachher begleiteten, sowohl Ihm geholfen haben, wie auch den Ihn begleitenden Aposteln, und selbst „Ihn [= Jesus + der Kreis von Jüngern] mit dem, was sie besaßen” (vgl. Lk 8,2f.), unterstützten, zeugt das nur unrüttelich davon, dass sie sich in seiner Nähe instinktivmäßig in ihrer Würde als Frau wieder gefunden haben, sie fanden sich als Frauen gewertet und mit ewiger Liebe, die direkt von Gott herkam, geliebt.
– Eine so gewertete Frau findet in sich unerschöpfliche Vorräte von Kraft, die sie anregt und sie bis zu Gipfeln von Heroismus motiviert.

Da aber Christus die Menschenwürde selbst einer Sünderin-Frau zu ehren verstanden hat, braucht man sich nicht wundern, dass die so von Innen her, vom Herzen, gerufene Frau spontan treue Jüngerin Christi wird. Johannes Paul II. spricht weiter:

„... Jene Frau, dazu eine ‘Sünderin-Frau’ – wird ‘Jüngerin’ Christi. Noch mehr, einmal belehrt, verkündet sie Christus den Bewohnern von Samarien, so dass auch diese Ihn mit Glauben annehmen [Joh 4,39-42].
Es ist Ereignis ohne Präzedenz, wenn man die allgemeine Behandlung der Frauen vonseiten derer betrachtet, die in Israel Lehrer waren. Dagegen in der Handlungsweise Jesus von Nazaret ist ein solches Verhalten normal” (MuD 15).

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c. In Begegnung mit Jesus ihre Würde wieder gewinnende Sünderinnen
(Lk 7,47; usw.)

Es dürfte eine weitere Begegnung Jesus mit einer Sünderin erwähnt werden. Diesmal geschah es bei einem Empfang, den ein Pharisäer für Jesus bereitet hat (Lk 7,36-50). Wir führen wiederholt die warmen Worte Johannes Paul II. an:

„Siehe, wieder eine bekannte Sünderin, die – trotz der sie verurteilenden öffentlichen Meinung – in das Haus des Pharisäers eintritt, um die Füße Jesu mit wohlriechendem Öl zu salben. Jesus sagt von ihr zu dem mit dieser Tatsache entrüsteten Gastgeber: ‘Ihr sind ihre vielen Sünden vergeben, weil sie viel Liebe erwiesen hat’  [Lk 7,37-47](MuD 13).

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Benedikt XVI. im Vernichtungslager in Brzezinka (Auschwitz-Birkenau): Sonntag, nachmittags am 28.V.2006.Der Papst geht beim Denkmahl - mit Inschriften, von einer Sprache zur anderen. Sie erinnern die Nationalitäten der Personen, die im Lager zu Tode gebracht worden sind. Das Wetter hat sich bedeutend verdunkelt, es regnete. Auf einmal hat aber der Regen aufgehört, und am Himmel erschien ein verwundernder Regenbogen. Niemand konnte zweifeln: es war augenscheinliches Zeichen vom Himmel - das Zeichen der Versöhnung, die Gott selbst den Menschen und Nationen anzubieten wünscht. Dieser Regenbogen wurde mehrere Kilometer ringsum Oswiecim-Auschwitz beobachtet.

In dieser Situation gewährt Jesus deutlich seinen Schutz der Würde und dem Mut dieser Frau, wobei Er ihre Treue im Lieben hervorhebt. So war es im Fall der gerade erwähnten Frau, die die Füße Jesu gesalbt hat (Lk 7,44-50), wie auch dieser anderen Frau, die bei Simon dem Aussätzigen in Betanien (Mk 14,3) ein sehr teures Nardenöl über das Haar Jesu goss (Mk 14,3; Mt 26,7-13; Joh 12,1-8).

Unmöglich, dass sich die Haltung Jesu auf die soziale Stellung der Frau im Licht des Evangeliums nicht auswirken sollte. Unabhängig davon, ob sie heiratet, oder Braut Christi wird, der sie zu seiner Nachfolge im jungfräulichen Stand berufen wird.

Die so wertgeschätzten Frauen haben es verstanden, ihren Dank Jesu mit ihrer Treue bis zu seinem Opfer am Kreuz zu erweisen. Das hebt auch Johannes Paul II. hervor:

„... Die Evangelien ... heben auch hervor, dass in der Weile der endgültigen Prüfung, die für die ganze messianische Sendung Jesu von Nazaret entscheidend war, unter dem Kreuz sich vor allem Frauen eingefunden haben. Von den Aposteln hat Johannes die Treue bewahrt. Die Frauen hingegen waren es viele. Nicht nur die Mutter Christi und die ‘Schwester seiner Mutter, Maria die Ehefrau des Klopas, und Maria von Magdala’ [Joh 19,25] – sondern auch ‘viele Frauen waren dort und sahen von weitem zu. Sie waren Jesus von Galiläa nachgefolgt und hatten Ihm gedient’ [Mt 27,55].
– Wie man sehen kann, in dieser härtesten Bewährungsprobe des Glaubens und der Treue haben sich die Frauen als stärker erwiesen als die Apostel. In diesen Augenblicken der Gefahr haben es diese, die ‘viel Liebe erwiesen haben’, verstanden, die Furcht zu besiegen ...” (MuD 15).

Jedes der charakteristischen Merkmale, die sich bei Frauen spontan auslösten, als sie sich im Bereich der Strahlung Christi gefunden haben, wurde von der Apostolischen Praxis offen angenommen. Diese aber stammt vom Kreis Jesu unmittelbarer, besonders gewählter Jünger: der Apostel.

Die so begriffene Sicht der Würde und Berufung der Frau begann allmählich, aber systematisch, das Gesamte der sowohl Sozial- und Stamm-Beziehungen, wie auch dieser nationalen und internationalen Verhältnisse überall dort zu durchtränken, wo nur das Evangelium gelangen ist. So wurde allmählich der Geist der Kultur der Länder umgeformt, in denen die Inspiration vom Evangelium geschöpft zu werden begann: aus Worten und Taten Jesu Christi.

Das konnte unmöglich keinen unmittelbaren Einfluss auf die Sicht der Ehe ausüben, die man mit der ablaufenden Geschichte der Kirche immer mehr bewusst zu erleben begann als eines der durchaus grundsätzlichen Sakramente der Kirche Christi.
– Man begann sich immer deutlicher zum Bewusstsein zu bringen, dass die Frau keineswegs nutznießerisch behandelt werden darf. Sie ist Person, in ihrer Würde völlig gleich wie die Würde des Mannes. Sie kennzeichnet sich dagegen mit ihrer „sonderbaren Andersartigkeit und personalen ‘Originalität’ ...” (MuD 10) im Verhältnis zum Mann.

Dagegen vollgültig bleibt die ursprüngliche „Einheit-der-Zweien”, deren besonderer Ausdruck der Aufbau der Kommunion von Liebe und Leben in der Ehe und Familie darstellt.
– In das Geheimnis jener Kommunion prägt sich ab der Erschaffung des Menschen als Mann und Frau das Geheimnis der Liebe und des Lebens Gottes selbst, der sich beständig – nach Bräutlicher Art – seinem lebendigen Ebenbild im Weltall: Mann und Frau, mitteilt.

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4. Aussage Jesu
über das lüsterne Anblicken

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a. Reines und lüsternes Blicken auf die Frau nach der Bergpredigt

Wir müssen wiederholt die wichtigen Aussagen Jesu aufgreifen, die direkt die Ehe und ihre grundlegenden Eigenschaften, vor allem ihre Unauflösbarkeit, betreffen. Die diesbezüglichen Aussagen des Evangeliums haben wir schon ein paarmal auf verschiedenen Stellen unserer WEB-Site besprochen, u.a. auch schon im hiesigen, VI. Teil (s. ob.: Wer eine Frau lüstern ansieht ... – bezüglich Mt 5,28).

Wir haben auch schon an verschiedenen Stellen unserer bisherigen Erwägungen versucht, in das tiefere Verständnis der scheinbar strengen, und doch berechtigten Worte Jesu von seiner Bergpredigt betreffs des reinen – und lüsternen Blickens auf die Frau einzudringen. Jesus hat damals an ein immer weiteres Gebot Gottes angeknüpft. Er hatte das eine vor: Er wollte ihr ursprüngliches, nicht verunstaltetes Verständnis zeigen, gemäß der Gottes Friedensordnung der Erschaffung des Menschen als Mann und Frau, die zum Gründen der Kommunion von Leben und Liebe berufen sind.
– So ist Er jetzt zum VI. und IX.Gebot gekommen. Hier noch einmal seine Worte:

„Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen.
Ich aber sage euch:
Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht,
hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen
.
Wenn dich dein rechtes Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg. Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verloren geht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird ...” (Mt 5,27ff.).

Wir sind Zeugen der Radikalität des Evangeliums, oder eher: der Radikalität des urewigen Vorhabens des Dreieinigen. Gott hat seinen Sohn gesandt, um „alles zusammenzufassen in Christus, das, was in den Himmeln, und das, was auf Erden ist” (Eph 1,10).

Wir haben schon gesehen, wie verkehrt sowohl das VI., wie das IX. Gebot in jenen Zeiten gedeutet wurde.
– Die Frau unterlag wegen des Ehebruchs einem grausamen Tod durch die Steinigung.
– Hat dagegen eine selbe Tat ein Mann begangen, schien alles ‘in Norm’ und gemäß den ‘männlichen Erfordernissen’ und seinen ‘Anrechten’ zu sein.

Man könnte den Eindruck bekommen, in der damaligen Lehre wurde auf das moralische Übel des lüsternen Blickens auf das Geschlecht nicht allzu großer Nachdruck gelegt. Es kann sein, dass man in die Sündhaftigkeit des Anblicks selbst schlechterdings nicht eindrang.
– Dennoch das Alte Testament brandmarkt des Öfteren die Begehrlichkeit und warnt vor begehrlicher Benutzung des Anblicks.

Die Qualität aber der Art und Weise, wie man den menschlichen Leib ansieht, d.h. ob in ihm nur ‘Rohstoff’ erfasst werden will zur Sättigung der sexuellen Begehrlichkeit mit Gedanken oder Blick, erfährt seinen unmittelbaren Ausklang sowohl auf Beziehungen zwischen Jungen Leuten auf der Stufe der Brautzeit, wie auf die gegenseitige Verhaltensweise im Rahmen des Lebens in Ehe.
– Wenn aber im Altertum die Philosophie der menschlichen Person noch nicht entwickelt war, gibt es keinen Zweifel, dass auch in diesem Ausmaß das Gewissen unmöglich nicht empfindsamer Melder betreffs des moralischen Guten oder Übels gewesen ist mit Bezug auf das lüsterne Anblicken des Geschlechts – sei es des eigenen, sei es dieses des anderen Menschen.

Man muss zugeben, dass deutliches Brandmarken der Begehrlichkeit beim Anblicken im Bereich der Geschlechtlichkeit erst in der Weisheitsliteratur des Alten Testaments zugegen ist. Diese aber ist im Grund genommen Frucht schon einer weit beförderten Entwicklung im Verstehen der Wahrheit der Offenbarung.

Man könnte beispielsweise nach Stichproben einige Aussagen dieser Art aus dem Alten Testament anführen. So wird es sich zeigen, dass die eindeutigen Worte Jesu von der Bergpredigt in keinem Fall etwas bisher nicht Bekanntes war. Denn auch schon das Alte Testament hat besten Bescheid gewusst, was das heißt lüsternes Anblicken, das der Würde des Menschen: Mann und Frau als dem Ebenbild Gottes widerspricht.

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b. Begehrlichkeit des Anblicks nach dem Buch Sirach

Auswahl von Aussagen über das lüsterne Anblicken bei Sirach

Hier ein paar ausgewählte Fragmente vom Buch Sirach über das erörterte Thema. In diesem Buch kommt verhältnismäßig oft das Motiv des Ehebruchs und der verführerischen Schönheit der Frau wieder. Der Weise heißt sich nach der Weisheit und dem Gesetz zu richten.
– Wir führen einige seine Aussagen an:

„Auf eine Jungfrau richte nicht deinen Blick, – damit du nicht ihretwegen der Strafe verfällst ...
Verhüll dein Auge vor einer reizvollen Frau, blick nicht auf eine Schönheit, die dir nicht gehört.
Wegen einer Frau kamen schon viele ins Verderben,
sie versengt ihre Liebhaber wie Feuer ...” (Sir 9,5.8).

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Andere Ansicht des gerade erst erwähnten Regenbogens: Oswiecim-Auschwitz - Sonntag, den 28.V.2006. - Der Himmel war um diese Zeit ganz dunkel, es war fast ganz schwarz geworden. Es regnete. Auf einmal erschien am Himmel ein unerwarteter Regenbogen: biblisches Zeichen des Bundes. Verwunderndes Zusammentreffen jenes Regenbogens mit dem, was sich hier abgespielt hat. Hier hat doch vor Jahren (1940-1945) der Mensch dem Menschen den Tod in raffinierten Foltern bereitet. In dieser Stunde hat sich der Himmel über dem allen gebeugt, was die Menschen hier durchgelitten haben - und bietet die Versöhnung zwischen Menschen und Nationen an, zwischen Mensch und Gott der Barmherzigkeit und Verzeihung.

Andere, ähnliche Räte des Weisen:

„Folge nicht deinem Herzen und deinen Augen,
um nach dem Begehren deiner Seele zu leben ...
Sag nicht:
Ich habe gesündigt – doch was ist mir geschehen?’
Denn der Herr hat viel Geduld ...” (Sir 5,2.4).

„Fall nicht herein durch die Schönheit einer Frau,
begehre nicht, was sie besitzt” (Sir 25,21; s. auch: Sir 20,4).

Kein Wunder, der Autor des Sirach-Buches warnt:

„Folg nicht deinen Begierden,
– von deinen Gelüsten halte dich fern!
Wenn du erfüllst, was deine Seele begehrt,
erfüllst du das Begehren deines Feindes” (Sir 18,30).

Psychologie und Finale der Sünde der Begehrlichkeit

Lehrreich ist die längere Auseinandersetzung über die Begehrlichkeit, die auf der nächsten Stufe in Taten gegen die Keuschheit übergeht. Dieses Fragment vom Buch Sirach wird von Johannes Paul II. in seinen Erwägungen über die Keuschheit und Begehrlichkeit angeführt (s. z.B. ML 261f.). Hier ein paar Verse dieses Fragmentes:

„Zwei Gruppen von Menschen häufen die Sünden, drei ziehen den Zorn herbei:
Leidenschaftliche Begierde, sie brennt wie Feuer, – und erlischt nicht, bis sie sich verzehrt hat;
der Mensch, der am eigenen Leib Unzucht treibt, – und nicht aufhört, bis das Feuer verglüht;
der Wollüstige, dem jedes Brot süß schmeckt – der nicht aufhört, bis er tot ist.
– Der Mensch, der Ehebruch treibt auf seinem Lager – der bei sich denkt: ‘Wer sieht mich? ...
... Er bedenkt nicht, dass die Augen des Herrn – zehntausendmal heller sind als die Sonne,
dass sie alle Wege des Menschen sehen – und die geheimsten Winkel durchdringen.
Schon ehe es geschieht, ist Ihm alles bekannt, ebenso, wenn es vollbracht ist ...” (Sir 23,16ff.19f.).

Der Biblische Autor stellt hier nicht nur die Psychologie der Sünde dar, sondern auch eine gut entwickelte Theologie, die zum Bewusstwerden um die Fülle von Verantwortung für eigene und fremde Taten führt.

Gebet des Sirach um Bewahrung der Reinheit des Herzens

Der Verfasser des Sirach-Buches weiß guten Bescheid darüber, wie leicht es ist, der Begehrlichkeit zu erliegen und vom rechtmäßigen Weg der Befolgung der Gebote Gottes abzubiegen. In dieser Situation ermutigt er zum Gebet um Reinheit in Worten, Gedanken und Taten.
– Es ist eines der besonders schönen Gebete des Alten Testamentes. Es ist mit echter Demut, aber auch Anvertrauen an Gottes Obhut durchdrungen:

„Herr, Vater und Gebieter meines Lebens,
bring mich durch sie nicht zu Fall [= Sünden der Zunge; bzw.: der Feinde],
Wer hält eine Peitsche bereit für mein Denken, und eine Zuchtrute für mein Herz ...
um ihre Vergehen nicht zu schonen, und ihnen keine Sünden zu gestatten ...
damit meine Fehler sich nicht mehren, meine Sünden sich nicht häufen,
und ich nicht zu Fall komme vor meinen Feinden,
so dass mein Gegner sich über mich freuen könnte?
Herr, Vater und Gott meines Lebens, ... übermütige Augen gib mir nicht,
halte fern von mir die Begierde.
Unzucht und Sinnenlust sollen mich nicht ergreifen,
schamloser Gier gib mich nicht preis” (Sir 23,1-6).

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c. Ratschläge der übrigen Weisheitsbücher

Auch das Buch der Sprichwörter, deren letzte Kompilation vielleicht im 5.Jh. vor Chr. erfolgt ist, enthält Ermahnungen im Zusammenhang mit Begehrlichkeit und Ermutigungen, um nach dem VI. und IX. Gebot zu handeln. Die genanten Ermahnungen sind üblich im Stil von guten Räten verfasst, die an den Sohn gerichtet werden, dem der Vater oder ein Weiser empfiehlt, auf dem Weg der Anordnungen des Gesetzes zu schreiten (vgl. Dtn 5,28; 7,11; 8,1; 19,9; 30,11):

„Sie bewahren dich vor der Frau des Nächsten, vor der glatten Zunge der Fremden;
Begehre nicht in deinem Herzen ihre Schönheit, lass dich nicht fangen durch ihre Wimpern.
Einer Dirne zahlt man bis zu einem Laib Brot,
die Frau eines andern jagt dir das kostbare Leben ab” (Spr 6,24ff.).

Zerstreute Warnungen vor Begehrlichkeit und Ehebruch gibt es noch an vielen anderen Stellen des Sprichwörter-Buches.
– Bemerkenswert, diese Ratschläge werden im Zusammenhang mit dem Bund dargestellt, den Gott mit Israel geschlossen hat. Das kann u.a. von der folgenden Anempfehlung gelesen werden:

[Die Weisheit: Gottes Gabe, aber auch Mitarbeit mit der Gnade. Sie wird dir gegeben]
Sie bewahrt dich vor der Frau des anderen, vor der Fremden, die verführerisch redet,
die den Gefährten ihrer Jugend verlässt, und den Bund ihres Gottes vergisst.
Ihr Haus sinkt hinunter zur Totenwelt, ihre Straße führt zu den Totengeistern [Scheól] hinab:
Wer zu ihr geht, kehrt nie zurück, findet nie wieder die Pfade des Lebens ...” (Spr 2,16-19).

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Erschütternd war das Gebet des Heiligen Vaters in Brzezinka-Birkenau dieses Nachmittags, am 28.Mai 2006. Worte Benedikt XVI.: An diesem Ort des Grauens, einer Anhäufung von Verbrechen gegen Gott und den Menschen ohne Parallele in der Geschichte, zu sprechen, ist fast unmöglich - ist besonders schwer und bedrückend für einen Christen, einen Papst, der aus Deutschland kommt. -- Der Papst hat die von Denkern wiederholt gestellte Frage in Erinnerung gerufen: Wo war Gott in diesen Tagen? Warum hast Du geschwiegen? -- Gleich nachher erinnerte er an Worte des Psalm 44, der die Klage Israels enthält. Die Worte des Psalm: Um deinetwillen werden wir getreten Tag für Tag, behandelt wie Schafe, die man zum Schlachten bestimmt hat - erfüllten sich auf grausame Art. Im tiefsten wollten jene Gewalttäter mit dem Austilgen dieses Volkes den Gott töten. -- Der Heilige Vater betete zu Ende mit Worten des Psalm 23: des Gebetes sowohl Israels, wie der Christen.

Ähnliche Ratschläge und Warnungen findet man noch an ein paar anderen, längeren Fragmenten des Buches (Spr 5,1-20; 6,24-35; 7,10-23) und an anderen Stellen in Form einer bündigen Erwähnung.

Solche guten Ratschläge fehlen auch in übrigen Weisheitsbüchern nicht, bis zum letzten Buch des Alten Testamentes, d.i. dem Buch der Weisheit einschließlich (z.B.: Weish 14,22-28).

Bekannt ist das Bekenntnis von Ijob bezüglich der ethischen Gefahr, die vom schlechten Gebrauch des Sehvermögens herkommen kann. Ijob bekennt an gewisser Stelle, als er die Unschuld seiner Verhaltensweise begründet, die jedenfalls die Missgeschicke nicht verdient hat, die ihn heimgesucht hatten:

„Einen Bund schloss ich mit meinen Augen, nie eine Jungfrau lüstern anzusehen.
Was wäre sonst mein Teil von Gott dort oben, mein Erbe vom Allmächtigen in der Höhe?
Ist nicht Verderben dem Frevler bestimmt und Missgeschick den Übeltätern?
Sieht Er denn meine Wege nicht, zählt Er nicht alle meine Schritte?” (Ijob 31,1-4).

Ein wenig weiter bekennt Ijob entschieden:

„Wenn sich mein Herz von einer Frau betören ließ und ich an der Tür meines Nachbarn lauerte:
dann mahle meine Frau einem andern, und andere sollen sich beugen über sie!
Denn das wäre eine Schandtat, und ein Verbrechen, von Richtern zu strafen.
Denn das wäre Feuer, das zum Abgrund frisst, und meine ganze Habe entwurzelt” (Ijob 31,9-12).

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d. Bei Ansicht der Batseba entstande Begehrlichkeit
(2 Sam 11f.)

Eines der besonders gut bekannten, im Gottes-Geschriebenen-Wort nicht verheimlichten Beispiele der todesbringenden Folgen, zu denen das lüsterne Anblicken einer Frau führen kann, ist der ausführliche Bericht des biblischen Verfassers von der Sünde des Königs David mit Batseba, der Frau des Urija. Würde dieses Bericht seine Entstehung nicht dem Anhauch des Heiligen Geistes zu verdanken haben, würde er auch nie in einem offiziellen Buch Platz gefunden haben, das u.a. das Buch von Samuel ist. Das Hineinsetzen in der Chronik des so genierenden Verhaltens des Monarchen, samt der Reihe von weiteren Sünden und Verbrechen, die sich in Kettenfolge aufeinander abgespielt haben nach der Anfangssünde, die allein durch das Begehren begangen wurde, das bei David mit seinem lüsternen Anblick entstanden ist, muss vom Gesichtspunkt der Geschichtsschreiberei als Erweis des höchsten Zivilmutes des Verfassers dieser Tatsachen anerkannt werden.

Wichtig für uns ist momentan das Nachdenken über die Begehrlichkeit an sich, die infolge des sündhaften Nutzens des Sehvermögens entstanden ist. Das geschah in der Zeit, als es gerade einen Krieg – mit Ammonitern, gegeben hat, wobei aber David selbst – dieses Mal „in Jerusalem geblieben ist” (2 Sam 11,1).
– In solcher Zeit: des Krieges, sollte umso mehr gewacht werden – auch über sich selbst, dass man der Versuchung nicht erliegt. Diesmalig wurden die Kämpfe vom General des David geführt – Joab. Der biblische Autor schreibt erstaunend aufrichtig:

„Als David einmal zur Abendzeit von seinem Lager aufstand und auf dem Flachdach des Königspalastes hin und herging, sah er von dort aus eine Frau, die badete. Die Frau war sehr schön anzusehen. David schickte jemand hin und erkundigte sich nach ihr. Man sagte ihm: ‘Das ist Batseba, die Tochter Ammiels, die Frau des Hetiters Urija’.
Darauf schickte David Boten zu ihr und ließ sie holen. Sie kam zu ihm, und er schlief mit ihr – sie hatte sich gerade von ihrer Unreinheit gereinigt. Dann kehrte sie in ihr Haus zurück. Die Frau war aber schwanger geworden und schickte deshalb zu David und ließ ihm mitteilen:
Ich bin schwanger’ ...” (2 Sam 11,2-5).

Wir kennen die weitere Folge der Tatsachen. David hieß Joab den Urija, den Mann von Batseba, von der Frontlinie heimholen. Dem König ist es nicht gelungen, Urija zu bewegen, er möge für die Tage des ‘Passierscheins’ von der Front zu Hause verbringen. Von der tatgewordenen Geschichte hat man offenbar schon allgemein geflüstert.
– Urija wusste nur allzu gut, was sich hier mittlerweile abgespielt hatte. David wollte die stattgewordene Empfängnis mit der Person Urija als Mannes der Batseba verschleiern. Doch Urija ließ sich von seiner ehrlichen Haltung nicht abbiegen. Als David keinen anderen ‘Ausweg’ in dieser äußerst ungeschickten Lage gesehen hat, schickte er an Joab durch Urija selbst den Todesurteil auf ihn selbst, indem er Joab hieß, den Urija an einer Position an der Front zu setzen, die besonders auf Ausfälle der Feinde ausgesetzt war. Tatsächlich, bald nachher ist Urija im Kampf gefallen.

Das vom rein ‘menschlichen’ (nicht aber Gottes!) Gesichtspunkt gesehen, scheinbar nicht allzu bedrohlich sich ansagende lüsterne Anblicken, das zum ‘unschuldigen Romans und Liebes-Abenteuer’ geführt hat, hat ein schauderhaftes Finale gefunden.
– Einmal mehr kann gesehen werden, wie sehr begründet es ist, dass die zwei Gebote Gottes in nächster Nachbarschaft verbunden sind: „Du sollst nicht töten” (das V.Gebot) und dieses nächste: „Du sollst nicht die Ehe brechen” (das VI.Gebot) – s. Ex 20,13f.).

Es hat sich einmal mehr in wörtlichstem Sinn bewahrheitet, was Jesus einmal sagt:

„Deshalb wird man alles, was ihr im Dunkeln redet, am hellen Tag hören,
und was ihr einander hinter verschlossenen Türen ins Ohr flüstert,
das wird man auf den Dächern verkünden” (Lk 12,3).

Nach der Zeitphase der ‘angeblichen’ – ‘Trauer’ nach dem Tod des eigentlichen Ehemanns, nahm sich David Batseba zur Frau:

„... Sobald die Trauerzeit vorüber war, ließ David sie zu sich in sein Haus holen.
Sie wurde seine [des David] Frau und gebar ihm einen Sohn.
Jahwéh aber missfiel, was David getan hat ...” (2 Sam 11,27).

Gott sendet zu David den Propheten Natan. Dieser hat den Stil der Erzählung von einem Reichen angewandt, der seine eigene Herde sparend, einem Armen sein einziges Schäflein genommen hat, um für seinen Gast einen Empfang zu bereiten (2 Sam 12,1-4). David geriet bei dem Bericht über dieses Ereignis in Entrüstung und erließ auf den Reichen Mann das Todesurteil. Natan bringt aber dem König zum Bewusstsein, dass gerade ER – David, dieser unbarmherzige ‘Reiche’ ist:

„Du selbst bist der Mann [V.5: Worte David: ‘So wahr Jahwéh lebt: der Mann, der das getan hat, verdient den Tod’!]. ...
Warum hast du das Wort Jahwéh verachtet, indem du tatest, was Böse ist in seinen Augen?
Du hast den Hetiter Urija mit dem Schwert erschlagen,
und hast dir seine Frau zur Frau genommen.
Durch das Schwert der Ammoniter hast du ihn umgebracht.
Darum soll jetzt das Schwert auf ewig nicht mehr von deinem Haus weichen. Denn du hast Mich verachtet und dir die Frau des Hetiters genommen, damit sie deine Frau werde ...
Ja, du hast es heimlich getan, Ich aber werde es vor ganz Israel und am hellen Tag tun ...” (2 Sam 12,7-12).

Der angeführte biblische Bericht zeigt eine Vielheit von psychologischen, aber umso mehr theologischen Elementen – des sich allmählich ereignenden ‘Vorganges’ der Sünde. Am Ausgangspunkt des Sündenfalls steht nur das alleinige, scheinbar – an sich unschuldige Blicken mit dem Auge.

Es zeigt sich, dass es ungeordnete Assoziationen gegen das Gebot Gottes wecken kann, das die Würde der menschlichen Person schützt.

Es erscheint weiter das Begehren in Gedanken. Dieses entartet in Einwilligung auf eroberungssüchtige und nutznießerische Behandlung des menschlichen Leibes in seiner Männlichkeit und Fraulichkeit.

Mit der Anschaulichkeit der dargestellten Erzählung gleicht dieses Ereignis dem Bericht eines anderen biblischen Autors: über die Sünde der Ur-Eltern im Paradies (Gen 3,1-13), und noch einer anderen Mitteilung vom Ur-Anfang: der allmählich erfolgenden Sünde und des Verbrechens der ersten Tötung, wann Kain seinen Bruder Abel ermordet hat (Gen 4,5-10).

David hat es an der Stufe der sich entfaltenden Sünde auf dem Niveau allein des Begehrens nicht belassen. Er ist bald auf die Tat übergegangen. Er hat Leute verschafft, die ihm Auskunft betreffs dieser Frau eingezogen haben. Diese haben sie zu David gebracht und wurden zu stummen Zeugen der Lawine weiterer Tatsachen: des Ehebruchs vonseiten des Königs. Weitere Folge des unternommenen Verkehrs war das Zutagekommen des Kindes.

Zu einem Vergehen: des offenen Ehebruchs – hat sich eine ganze Reihe weiterer, an Brutalität zunehmender Verbrechen angeschlossen. David ordnet den unschuldigen Soldaten Urija, den Hetiten, herbei. Dieser bewahrt seine Würde angesichts der Bemühungen vonseiten David, der seinen Ehebruch mit der Umkehrung der Empfängnis auf den Verkehr Batseba mit eigenem Mann – Urija, vertuschen möchte.
– Indem David jetzt keinen anderen ‘menschlichen’ Ausweg sieht, vermittelt er den Todesurteil auf seinen treuen Soldaten Urija ... durch ihn selber.

An den offenen Ehebruch schließt sich also eine in menschlicher Wertung besonders abscheuliche weitere Sünde: Urija händigt Joab im Brief den Todesurteil auf sich selber, trotzdem er absolut unschuldig ist. David nutzt den Umstand aus, dass Urija weder lesen, noch schreiben kann. Er fällt tatsächlich im ersten Kampfgefecht mit den Ammoniten tot.
– Allerdings David hat der Umstand, dass er sich bei der Vollstreckung des politisch-sittlichen Todesurteils des „Schwertes der Ammoniter”  bedient hat, ‘nichts geholfen’ ... (2 Sam 12,9).

Die ganze Zurechnungsfähigkeit für das Verbrechen belastet David als Monarchen. Gott hat ihn zum Vorgänger des Erlösers prädisponiert.
– Allen Sünden zuwider, Verbrechen und äußerst demütigenden Taten, kommt einst das Gottes-Fleischgewordene-Wort, Jesus Christus, in die Welt von diesem Stamm. Er kommt in die Welt in Betlehem, in der „Stadt Davids” – vom Stamm David (vgl. Mt 1,20; Lk 1,27.33; 2,3-7). Gott bleibt unabtrittbar treu [Gott-die-Wahrheit: unbedingte, unbeugsame Treue-Beständigkeit zum einmal gegebenen Wort] zu allen Verheißungen, die Er David und seiner Nachkommenschaft gegeben hat (vgl. 2 Sam 7,11f.). Unabhängig von der Sündhaftigkeit des betreffenden Menschen.

Im Prolog des Johannes-Evangelium gibt es die beachtenswerten Worte, geschrieben unter dem Anhauch des Heiligen Geistes:

„Und das Wort ist Fleisch geworden [sarx egéneto = das Wort wurde ‘Fleisch’. Das griech.: sarx = Fleisch. Johannes wendet hier nicht das sublimierte, synonymische Wort gr.: sóma = Leib, an],
und hat unter uns gewohnt ...” (Joh 1,14).

Der Stammbuch der Vorgänger Jesu zeugt bei näherem Anblick von einer Reihe aller möglichen Sünden und Verbrechen. Die Zweite Person der Trinität, d.h. der-Sohn-das-Wort, ist tatsächlich in das ‘sarx = Fleisch’ eingegangen. Der Evangelist wendet hier also nicht das erhabene, vergeistigte Dingwort an: ‘sóma = Leib’ an.
– Es genügt auch nur ein paar Namen dieses Stammbuches Jesu Vorfahren zu betrachten, wie es bei Matthäus dargestellt ist (Mt 1-17; vgl. auch: Lk 3,23-38), um sich zu überzeugen, dass der Sohn Gottes im wörtlichsten Sinn nicht so sehr in menschlichen ‘Leib’, sondern direkt in die menschliche Natur als ... ‘Fleisch’ eingegangen ist, d.h. in die menschliche Natur als schon sehr der Sünde verfallene und unwürdige ihrer Würde – des Gottes Ebenbildes:

(0,3 kB)  „Juda war Vater von Perez und Serach; ihre Mutter war Tamar” (Mt 1,3).

Tamar war Schwiegertochter von Juda. Juda beging mit ihr eine Blutschande (s. Gen 38,16-30). Aus dieser seinen Sünde wurden diese zwei geboren: Perez und Serach. Aus dieser genealogischen Linie wird einmal der Erlöser des Menschen geboren.

(0,2 kB)  „Salmon war der Vater von Boas, dessen Mutter war Rahab” (Mt 1,5).

Rahab war ‘berufsmäßige’ Dirne in Jericho, es kann sein: eine ‘Sakral-Prostituierte’. Das geschah in der Zeit, wann die Hebräer unter Führung von Josua den Jordan überschritten haben und das Land Kanaan zu erobern bereit waren (s. Jos 2,1.3; 6,17.23.25). Rahab wurde Frau des Boas, des Großvaters von Isai, der Vater des David war (Rut 4,21f.).

(0,2 kB)  „David war der Vater von Salomo, dessen Mutter die Frau des Urija war” (Mt 1,6).

Diese Tatsache wurde gerade erst oben besprochen.

(0,2 kB)  Wir übergehen Sünden und Verbrechen, die von anderen Gliedern der Genealogie der Vorfahren des Sohnes Gottes als Sohnes Mariens begangen wurden.

Jedenfalls wir sehen, wie ein lüsternes Anblicken der Frau, das an sich als etwas ‘unschuldiges’ und rein ‘inneres’ angesehen werden könnte, sich in eine Reihenkette eines Verbrechens nach dem anderen umgestalten kann. Das Überschreiten eines einen Gebotes Gottes wird aufgrund der ‘Metastasen’ – in Analogie von Krebskrankheit – Auslösung eines Zündfunkens zur Initiierung einer Kette von Vergehen gegen immer andere Gebote Gottes.
– Der Böse weiß nur allzu gut, wie und wo der schwache Punkt beim Menschen liegt, um ihn von der Vereinigung mit Gott – und den Menschen, abzuschneiden.

Wenn Gott durch das Geheimnis der Menschwerdung in die Menschen-Familie allen Sünden zuwider eines jeden seiner menschlichen Vorfahren eintritt, bestätigt Er nur seinen Willen und sein Vorhaben: Er will tatsächlich in ganzer Skala dieser Bedeutung – Erlöser des Menschen: Mann und Frau – als des menschlichen ‘Leibes-Fleisches’ werden.

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e. Begehrlichkeit der Augen bei den zwei Ältesten vom Daniel-Buch
(Dan 13)

Im ersten ‘Appendix’ des Daniel-Buches wird das Gerichtverfahren dargestellt, das Daniel über die zwei Ältesten geführt hat. Sie waren nach dem Daniel-Buch „in langer Bosheit altgeworden” (Dan 13,52). Der Autor stellt eine Einzelheit nach der anderen Einzelheit vor, wie diese zwei, anderswo angesehenen Ältesten, ausgewählt zu Richtern des Volkes, dem leidenschaftlichen Begehren verfallen sind hinsichtlich der Susanna, der schönen, gottesfürchtigen Frau von Jojakim, Besitzers u.a. eines Gartens mit Wasser, wo Susanna zu baden pflegte:

„Die beiden Ältesten sahen sie täglich kommen und umhergehen [die Susanna]. Da regte sich in ihnen die Begierde nach ihr. Ihre Gedanken gerieten auf Abwege, und ihre Augen gingen in die Irre, sie sahen weder zum Himmel auf, noch dachten sie an die gerechten Strafen Gottes. Beide waren ihretwegen liebeswund, doch keiner sagte dem anderen etwas von seinem Schmerz. Denn sie schämten sich darüber, dass sie so begierig waren, mit ihr zusammen zu sein ...” (Dan 13,8-11).

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Wie schön und artig sind diese zwei Miss-der-Schönheit! -- Vom Brief Johannes, des Geliebten Jüngers Christi: „Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir geschaut und was unsere Hände angefasst haben, das verkünden wir: das Wort des Lebens. Denn das Leben wurde offenbart. Wir haben gesehen und bezeugen und verkünden euch das ewige Leben, das beim Vater war und uns offenbart wurde” (1 Joh 1,1f.).

Das Finale ihrer Begierde ist bekannt, d.h. der Sünde, die zuerst im ‘Herzen’ begangen worden ist, wie das Jesus sagen wird (Mt 5,28). Als Susanna, nachdem sie ihre Mädchen entlassen hat, allein geblieben ist, erhaschten sie diese beiden und wollten zur Sünde verleiten. Sie ist ihnen aber nicht erlegen. Wie es in solchen Fällen zu sein pflegt, haben die Leute, die auf ihren Schrei angelaufen sind und jene zwei ‘Ältesten-Richter’ gesehen haben, nicht ihr Glauben geschenkt, sondern diesen zwei Ältesten. Diese aber haben Susanna verkehrt angeklagt, sie hätte sich mit einem Mann eingelassen, der jedoch geflohen ist.

Gott hat aber das Gebet voller Zuversicht von Susanna erhört. Daniel hat allen die Falschheit der Zeugnisse der beiden Ältesten nachgewiesen. Daniel wandte sich an den zweiten von ihnen, nachdem er den ersten schon verhört hatte:

„Du Sohn Kanaans, nicht Judas! Dich hat die Schönheit verführt, die Leidenschaft hat dein Herz verdorben. So konntet ihr an den Töchtern Israels, sie fürchteten sich und jene haben aus Angst mit euch gebuhlt. Aber die Tochter Judas hat eure Bosheit nicht geduldet ...” (Dan 13,56).

Beim erörterten Fall: der falsch angeklagten Susanna vonseiten jener Zweien ‘in langer Bosheit altgewordenen’ gibt es keinen Zweifel darüber, was das heißt: Sünde des ‘Ehebruchs’ schon von vornherein im Herzen zu begehen – ganz unabhängig davon, ob die geweckte Begierde und das Erliegen ihrem überwältigendem Nachdruck zur Übertretung des VI. bzw. IX. Gebotes mit der Tat auch führen wird oder nicht.
– Gott befiehlt im X. Gebot ohne Verschweigungen bezüglich der Sünde des innerlichen – Begehrens:

„Du sollst nicht begehren das Haus deines Nächsten.
Du sollst nicht begehren die Frau deines Nächsten, noch seinen Sklaven, noch seine Sklavin, noch sein Rind, noch seinen Esel, noch irgendetwas, was deinem Nächsten gehört” (Ex 20,17).

Man könnte zwar die Schwierigkeit erheben, das Verbot des „Begehrens” beträfe im Lautwort des Gebotes Gottes die Frau des Nächsten, die als Teil seines Besitztum behandelt wäre, also als ‘Sache’, nicht aber als Person: ein Mensch. Allerdings man muss es zur Kenntnis nehmen, dass die damaligen Zeiten eben so waren.

Haupt des Hauses war der Mann. Ihm auch, nicht seiner Ehefrau, hat die Bezeichnung gebührt: Herr des Hauses – hebr.: Bá‘al-Bet. Die philosophische und biblische Anthropologie war noch nicht so entwickelt, wie es heute ist, wann es im Lauf der Jahrhunderte, zumal in Entwicklung der auf dem Grundboden des Evangeliums hervorwachsenden Kultur, die philosophische und theologische Terminologie entstanden ist, die diesen Faktor beim Menschen betrifft, dank dem er das ist, was er ist, mit deutlicher Trennung von allen Sachen, die außerhalb von ihm bestehen.

Dieser Faktor wurde mit der Bezeichnung ‘Person’ benannt. Die Person ist ihrem Wesen nach unverletzbar und unabdingbar. Sie kann auf das Niveau einer Sache nicht herabgeführt werden, sie kann nicht Gegenstand von Kauf-Verkauf gemacht werden. Sie bringt es, dass der Mensch ein ‘Jemand’ ist, nicht aber ein ‘Etwas’: Sache, über die man beliebig verfügen kann.

Gerade dieser Faktor beim Menschen: er als Person – bewirkt es, dass u.a. die Frau nicht als fremdes ‘Besitztum’ im Sinn einer ‘Sache’ behandelt werden kann.
– Jedenfalls, das Lautwort des X. Gebotes Gottes entscheidet in keinem geringsten Maß darüber, als ob die ‘Frau’ des Nächsten nur deswegen nicht ‘begehrt’ werden dürfte, weil sie auf gleicher Ebene behandelt wird, wie alle anderen seinen ‘Sachen’, d.h. nur als Teil seines Eigentums, nicht aber als Person. Der Lautwort des Gebotes Gottes ist in diesem Fall schlechterdings nur an die Mentalität der betreffenden Kultur und den Geist jener Zeiten angepasst, denen es weit war zur heutigen Präzision im Denken und in Ausdrucksweise.

Wichtig, dass schon damals, als Gott im X. Gebot verboten hat, u.a. die Frau des Nächsten zu ‘begehren’, wurde die an sich nur innere Sünde: das Erliegen der Begehrlichkeit – mit Gottes Verbot, und folgerichtig: mit Gottes Sanktion umfangen. Denn die Befolgung der Gebote Gottes sollte über Leben und Tod entscheiden, über Segen oder Fluch des Menschen: sowohl dieses individuellen, wie des ganzen Volkes.

Alle, die unter Sinai den Bund geschlossen haben, also diesen, den Gott den Hebräern angeboten hat, waren sich vortrefflich bewusst, dass das von Gott hier versprochene ‘Leben-Tod’, wie auch ‘Segen-Verfluchung’ nicht die nur irdische, d.h. nicht nur die zeitliche Wirklichkeit betreffen kann. Trotzdem der Glaube an das ewige, jenseitige Leben, noch weit nicht so entwickelt war, wie das erst gegen das Ende der Zeiten des Alten Testamentes geschehen ist.

Dieser Glaube entwickelte sich unter dem Wirken des Heiligen Geistes, der auch schon in der vor-Christlichen Zeitepoche das Volk Gottes in immer tieferes Verständnis der Wahrheit der Offenbarung eingeführt hat, vor allem in der Zeit der religiösen Verfolgung in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts vor Christus. Es war die Zeit der Israel aufgedrungenen griechischen Kultur und Religion unter den Seleukiden, unter der Herrschaft von Antiochus IV. Epiphanes (175-164).
– Der Märtyrertod vieler Judäer wurde im Vorhaben Gottes zum Faktor, der den Schleier der Offenbarung Gottes in Frage des außerirdischen Lebens und der Auferstehung der Toten beschleunigt hat. Ausdruck aber des Widerstandes gegen die staatlich aufgezwungene ‘Neu-Religion’ wurde der bewaffnete Kampf der Juden, bekannt unter dem Namen ‘Aufstand der Makkabäer’ (bes. Jahre 167-164).

Später, schon im Neuen Testament, drückt das Dilemma von Leben-Tod und Segen-Fluch im Anschluss an Sünden des Begehrens der Hl. Jakobus der Apostel aus. Er wird sagen:

„Gott ... kann nicht in die Versuchung kommen, Böses zu tun,
und Er führt auch selbst niemand in Versuchung.
Jeder wird von seiner eigenen Begierde, die ihn lockt und fängt, in Versuchung geführt.
Wenn die Begierde dann schwanger geworden ist, bringt sie die Sünde zur Welt.
Ist die Sünde reif geworden, bringt sie den Tod hervor ...” (Jak 1,14n).

Niemand zweifelt, dass diese Worte nicht den ‘Tod’  im irdischen Sinn betreffen. Der Apostel bringt hier genau dieselbe Wirklichkeit zum Ausdruck, von der immer wieder Jesus, der Meister von Nazaret, der Erlöser des Menschen gesprochen hat:

„... Es kommt die Stunde, in der alle in den Gräbern seine Stimme hören werden
[des Menschen-Sohnes, Jesus Christus]
und herauskommen werden die, die das Gute getan haben, zur Auferstehung zum Leben,
und die das Böse verübt haben, zur Auferstehung zum Gericht ...” (Joh 5,29).

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5. Ehebruch und Scheidung
in Aussagen Jesu

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a. Lüsternes
Blicken und Ehebruch ‘im Herzen’

Lüsternes Blicken und die ursprüngliche Gottes Sicht der Schöpfung

Wir suchen weiter nach Stellen in den Evangelien, wo sich Christus über Themen geäußert hat, die unmittelbar, oder auch nur mittelbar mit dem ehelichen Bund zusammenhängen würden. Wir möchten auf Anspielungen empfindsam machen, und umso mehr auf deutliche Empfehlungen, die in Betätigungen und Äußerungen Jesu enthalten wären, die Ausgangspunkt zur Entwicklung der Theologie der Ehe als eines der Sakramente der Kirche Christi werden könnten.

Wir haben gerade erst in Worten Jesu der Bergpredigt Gedankenfäden getroffen, die die Ehe direkt angehen, und anderseits dem Radikalismus des Evangeliums betreffs mancher insbesonderer ethischer Anforderungen begegnet. Dieses Mal ging es um die Gebrauchsqualität des Auges zum moralischen Gut – oder Böse.

Jesus warnt entschieden vor lüsternem Blicken auf die Frau – und offenbar ebenfalls auf den Mann. Auch in diesem Bereich stellt Er die ursprüngliche, Gottes Sicht der Schöpfung und der Erschaffung des Menschen als Mann und Frau wieder her. Was nur Gott erschaffen hat, war „gut” (Gen 1,31).
– Es darf nicht zugelassen werden, dass das Anblicken des Menschen in seinem Leib, das mit geschlechtlicher Andersartigkeit gekennzeichnet ist, mit Versklavung der Begehrlichkeit infiziert werden sollte.

Jesus qualifiziert das lüsterne Anblicken der Frau, also solches, in das sich sowohl das Bewusstsein, wie der freie Wille eingeschaltet hat, als schon begangenen „Ehebruch”, auch wenn er nur auf dem Niveau des ‘Herzens’ begangen wird.
– Nachdem wir in den vorangegangenen Erwägungen einige Schriftstellen angeführt haben, die das Übel des begehrlichen Blickens an sich auf das Geschlecht dargestellt haben, möchten wir zurzeit die Aufmerksamkeit auf diesen ‘Ehebruch, der im Herzen begangen wird”, sammeln.

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Ob es sich lohnt, dem Gott und den Menschen gegebenem WORT treu zu bleiben: Ich gelobe dir Liebe-Treue-eheliche Ehrlichkeit und dass ich dich nicht verlasse bis der Tod uns trennt? Hier sehen wir diese zweien – schon mit lange anhaltendem Zeugnis des ehelich-familiärem Lebens. Sie sehen keinesfalls als wegeneinander mühegeworden, im Gegenteil: diese lieben sich weiter. Dessen Symbol sind diese zwei Blumen, die sie in der Hand hält, aber auch seine, zart- und würdevoll gelegene Hand auf ihrer Schulter. Und noch; der heitere Anblick der durch ihre Augen blickenden lauteren Seele.

Die Begehrlichkeit taucht als völliger Gegensatz zur ‘Liebe’ auf. Sie macht es dem Menschen unmöglich, die grundlegende Lebensaufgabe zu erfüllen: „uneigennützige Gabe-zu-Werden-für” den anderen Menschen.
– Unabhängig davon, sie widerspricht total der Einheit der Ehe, die niemand und nichts auflösen kann. Der Ehebruch, darunter auch dieser, der nur ‘im Herzen’ begangen wird, wird jedesmalig zum Einbruch in fremden Ehebund, indem er so auf grundsätzlich Weise den Autor selbst solches begehrlichen Anblickes zerstört und demütigt. Die Begehrlichkeit führt nämlich den Menschen jedesmalig auf das Niveau der Sache-zur-Nutznießung herab, wodurch sie seine Wahrnehmung als Person in ihrer Unantastbarkeit als Gottes lebendiges Ebenbildes und Ähnlichkeit unmöglich macht.

Man kann in dieser Hinsicht nie zu viel die tiefen Erwägungen Johannes Paul II. wiederholt ablesen, und sei es auch nur die folgenden Sätze:

„Mann und Frau sehen sich – nach Gen 2,25 – gleichsam mit dem Auge des Geheimnisses selbst der Schöpfung.
So sehen sie sich, noch bevor ‘sie erkennen, dass sie nackt sind’. Ihr gegenseitiges Sich-Sehen ist nicht nur Teilnahme an der ‘äußeren’ Sichtbarkeit der Welt, sondern erfährt sein inneres Ausmaß der Teilhabe am Schauen des Schöpfers selbst, am Schauen, von dem der Priester-Text ein paarmal spricht: ‘Gott sah, dass alles, was Er gemacht hatte, gut war, ... dass es sehr gut war’.
– Die Nacktheit bedeutet dieses ursprüngliche Gut des Schauens Gottes. Nacktheit bedeutet die ganze Schlichtheit und Fülle dieses Sehens, durch das sich der ‘reine’ Wert des Menschen als Mann und Frau offenbart, der ‘reine’ Wert von Leib und Geschlecht” (ML 114).

Bei solchem gegenseitigen Anschauen sich einander in seiner ganzen Nacktheit gibt es keinen Platz für die Sünde. Im Herzen kommen dann keine Reagenzien einer Begehrlichkeit auf. Der Mensch sieht dann nämlich diesen anderen als „Leib, der die Person zum Ausdruck bringt” (ML 122). Das geschieht vor allem im Rahmen des ehelichen Bundes. In jenem ursprünglichen Sich-Sehen offenbart sich:

„... der ‘reine’ Wert von Leib und Geschlecht.
Diese Situation ... kennt keinen inneren Riss noch Gegensätzlichkeit zwischen dem, was es geistiges gibt, und dem, was es sinnliches gibt, ebenso wie sie keinen Riss und Gegensätzlichkeit erweist zwischen dem, was menschlich gesehen personales ist, und was menschlich gesehen das Geschlecht darstellt: was es männliches und frauliches ist” (ML 114).

„Indem sie sich gegenseitig gleichsam mit dem Auge des Geheimnisses der Schöpfung selbst sehen, erblickt Mann und Frau sich einander umso vollständiger und deutlicher mit dem Sehvermögen selbst: mit Augen des Leibes. Sie sehen sich nämlich und umfangen sich mit dem ganzen Frieden des inneren Blickes, der eben die Fülle der personalen Intimität hervorbringt ...” (ML 114f.).

‘Un-Ähnlichkeit zu Gott’ eingeführt durch die Sünde

Nach dem Sündenfall der Ur-Eltern im Paradies kam es zu grundsätzlichem Schwanken in der ursprünglichen Friedensordnung der gegenseitigen Beziehungen zwischen Mann und Frau. Infolge der Sünde im Paradies, ist in die bisherige „Ähnlichkeit” des Menschen zu Gott (Gen 1,26f.), der „der einzige Gute ist” (Mt 19,17), das Böse in die Geschichte der Welt und des Menschen (s. MuD 9) eingeschlichen. Kennzeichen jenes Übels ist Ausdruck der durch die Sünde eingeführten „Un-Ähnlichkeit” zu Gott. Dieses Übel kommt entschieden nicht von Gott, sondern „von der Welt”, wie das der Hl. Johannes der Evangelist ausdrückt:

„Denn alles, was in der Welt ist:
die Begierde des Fleisches, und die Begierde der Augen und der Hochmut des Lebens,
ist nicht vom Vater, sondern ist von der Welt ...” (1 Joh 2,16).

Die Tatsache selbst des ‘Ebenbildes und Ähnlichkeit’ zu Gott entscheidet von vornherein darüber, dass der Mensch: Mann und Frau, nicht imstande ist anders ‘er-Selbst-zu-sein’, als nur indem er bewusst und freiwillig seine tiefste Vereinigung zu Gott, dessen er ‘Ebenbild’ ist, unterhält. Zu gleicher Zeit findet er sich seinem Wesen nach erst dann auf ‘seinem’ Platz, wenn er die ihm angebotene Berufung zur angenommenen Sohnschaft Gottes in Christus annimmt. Voraussetzung dazu ist die bewusste Beseitigung aus eigenem Leben des Übels der Begehrlichkeit des Fleisches, der Augen und der Hoffart des Lebens, die nicht vom Himmlischen Vater kommen, sondern dem Menschen vom Bösen aufgenötigt werden: von Satan. Das wird treffend von Johannes Paul II. dargestellt:

„Wenn der Mensch schon aufgrund seiner personalen Natur Ebenbild und Ähnlichkeit Gottes ist, dann verwirklichen sich seine Größe und seine Würde im Bund mit Gott, in der Vereinigung mit Ihm, im Streben nach dieser grundlegenden Einheit, die zu innerer ‘Logik’ des Geheimnisses der Schöpfung gehört.
– Diese Einheit entspricht der tiefen Wahrhaftigkeit aller mit Verstand beschenkter Geschöpfe, und insbesondere des Menschen, der unter den Geschöpfen der sichtbaren Welt von ‘Anfang’ an durch die urewige Erwählung vonseiten Gottes in Christus erhoben worden ist:
‘In Christus hat Er uns erwählt vor der Erschaffung der Welt ... Er hat uns aus Liebe im voraus dazu bestimmt, seine angenommenen Söhne zu werden durch Jesus Christus, nach seinem gnädigen Willen’ [Eph 1,3ff.] ...” (MuD 9).

Das lüsterne Anblicken einander von Mann und Frau ist Folge des Merkmales der Un-Ähnlichkeit zu Gott, mit dem Satan die gegenseitigen Beziehungen der ursprünglichen ‘Einheit-der-Zweien’ vergiftet hat, als die Ur-Eltern – Gott zum Trotz, ihm Gehör gegeben haben. Die personale Würde von Mann und Frau setzte eine harmonische Einheit und Gleichheit zwischen ihnen beiden voraus. Sie ebnete ihnen beiden den Weg, für sich gegenseitig uneigennützige „Gabe der Person für die Person”  (BF 11) zu werden.

Der Ungehorsam Gott gegenüber, dessen Ausdruck die Ablehnung Gottes in seinem Gabe-sein-für-den-Menschen gewesen war, hat daselbst die Annahme der bisherigen gleichen Würde ihrer beiden in Schwanken gezogen. Anstelle der Einheit und Gleichheit ist in die Welt die Unterordnung des anderen Menschen unter sich gekommen, die sich der Berufung zum Werden der „uneigennützigen-Gabe-der-Person-für-die-Person’  widersetzt.

Johannes Paul II. sagt:

„Wenn wir daher in der biblischen Darstellung die an die Frau gerichteten Worte lesen: ‘Dennoch verlangt dich nach dem Mann, doch er wird über dich herrschen[Gen 3,16], entdecken wir darin einen Bruch und eine ständige Bedrohung eben dieser ‘Einheit der beiden’, die der Würde des Ebenbildes und Ähnlichkeit Gottes in beiden entspricht.
– Solche Bedrohung betrifft aber mehr die Frau. Denn an das ‘uneigennützige Gabe-Sein’, das das Leben ‘für’  den anderen bedeutet, kommt das ‘Herrschen’ hinzu: ‘Er wird über dich herrschen.
– Dieses Herrschen zeigt die Störung an und Straucheln dieser grundlegenden Gleichheit, die Mann und Frau in der ‘Einheit-der-Zweien’ haben – und das vor allem zum Nachteil der Frau. Indessen nur die Gleichheit, die von der personalen Würde der beiden herkommt, ist imstande, den gegenseitigen Beziehungen die Beschaffenheit einer echten communio personarum [Kommunion-der-Einheit-der-Personen]” zu verleihen (MuD 10).

Es ist klar, dass die durch die Sünde eingeführte Ungleichheit nicht nur die Frau demütigt, sondern umso mehr den Mann selbst, u.a. im Fall des lüsternen Blickens auf die Frau. In diesem Sinn spricht Johannes Paul II. weiter:

„Wenn die Verletzung dieser Gleichheit, die zugleich eine von Gott selbst dem Schöpfer herkommende Gabe und Anrecht darstellt, mit sich die Benachteiligung der Frau bringt, mindert sie zu gleicher Zeit die wahre Würde des Mannes” (MuD 10).

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RE-Lektüre: VI.Teil, 8.Kapitel, ad ‘e’.
Stadniki, 9.VIII.2015.
Tarnów, 4.VI.2022.


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b. Jesus im Gespräch mit der Samariterin (Joh 4,1-42)
c. In Begegnung mit Jesus ihre Würde wieder gewinnende Sünderinnen (Lk 7,47; usw.)

4. Aussage Jesu über das lüsterne Anblicken

a. Reines und lüsternes Blicken auf die Frau nach der Bergpredigt
b. Begehrlichkeit des Anblicks nach dem Buch Sirach
Auswahl von Aussagen über das lüsterne Anblicken bei Sirach
Psychologie und Finale der Sünde der Begehrlichkeit
Gebet des Sirach um Bewahrung der Reinheit des Herzens
c. Ratschläge der übrigen Weisheitsbücher
d. Bei Ansicht der Batseba entstande Begehrlichkeit (2 Sam 11f.)
e. Begehrlichkeit der Augen bei den zwei Ältesten vom Daniel-Buch (Dan 13)

5. Ehebruch und Scheidung in Aussagen Jesu
a. Lüsternes Blicken und Ehebruch ‘im Herzen’
Lüsternes Blicken und die ursprüngliche Gottes Sicht der Schöpfung
‘Un-Ähnlichkeit zu Gott’ eingeführt durch die Sünde


Bilder-Fotos

Abb.1. Benedikt XVI.: Polen 2006, Oswiecim: ein Regenbogen erschienen
Abb.2. Polen, 2006. Oswiecim-Auschwitz - 3. Unerwarteter Regenbogen
Abb.3. Pilgerreise Benedikt XVI. nach Polen 2006, Oswiecim-Auschwitz-Birkenau - 4.
Rechte Seite des verwundernden Regenbogens

Abb.4. Was für zwei Miss der Schönheit!
Abb.5. Ehepaar mit langem Ehe- Familienleben