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VERMERK: Abkürzungen zur angeführten Literatur s. Literatur

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2. Das zeitliche ÜBEL

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Die Erlösungs-Sendung und das zeitliche Übel: Leiden und Tod

Mit Dank machen wir weiteren Gebrauch von der Lehre Johannes Paul II. Der Heilige Vater präzisiert, dass die Sendung des Erlösers darauf beruht, dass Er in erster Reihe das Übel und Leiden in seinem letztlichen Sinn ‘berührt’. Zum Ausdruck dieses letztlichen Leidens würde die definitiv besiegelte Abwendung von Gott – in ewiger Verdammnis.

Dennoch, der Sohn Gottes wird in seiner messianischen Sendung das Übel immer wieder auch noch in seinen allerlei anderen Abwandlungen ‘berühren’, d.h. das Übel auch in seinem irdischen Ausmaß. Es geht hier vor allem um das Übel in seinem vielförmigen Leiden, mit dem das Leben jedes Menschen in seinem „irdischen und geschichtlichen Ausmaß” gekennzeichnet ist (SD 15). Denn auch dieses Übel ist – wenn auch nur mittelbar, geheimnisvoll mit der Wirklichkeit verbunden, die Johannes der Evangelist als „die Sünde der Welt” bezeichnet (Joh 1,29). Dieses Leiden enthüllt sein Antlitz im „sündhaften Hintergrund der personalen Handlungen und sozialen Vorgängen der Geschichte des Menschen”, und anderseits in den „mannigfaltigen Verwicklungen in Sünde, die den Grundboden der menschlichen Leiden bilden” (SD 15).

Der Erlöser ist aber auch dazu gekommen, jetzt noch das zweite Ausmaß allen Übels zu ‘berühren’, und zwar den Tod, mit dem Er sich selbst messen wird. Zwar hängt der „Tod” mit mannigfachem Leiden zusammen, das zum Tod führen kann. Man muss sich dabei aber auch noch um das folgende klar werden:

„... Der Tod ist nicht Leiden im zeitlichen Sinne des Wortes,
weil er gewissermaßen außerhalb der Grenzen aller Leiden liegt ...” (SD 15).

Es gibt Menschen, die den Tod geradeaus erwarten: als Erlösung von Leiden, die sie nicht mehr ertragen können. In diesem Sinn muss vom Tod gesagt werden:

„... Zugleich kann man nicht übersehen, dass [der Tod] gleichsam eine endgültige Synthese des zerstörerischen Wirkens der Leiden sowohl im menschlichen Organismus, wie in der Psyche darstellt.
Vor allem aber bringt der Tod die Auflösung der ganzen psycho-physischen Persönlichkeit des Menschen mit sich.
– Die Seele wird vom Leib abgerissen und lebt außerhalb von ihm,
– dagegen der Leib wird der allmählichen Zersetzung unterzogen ...” (SD 15).

Die Erlösungssendung Jesu Christi wird darauf beruhen, dass Er die Herrschaft sowohl der Sünde, wie des Todes besiegt.

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Was für Zeiten da gekommen sind! In diesen alten Lebensjahren müssen wir noch lernen, wie man mit solchem Gerät: einem Laptop - umgehen soll: zu schreiben und sogar ... Briefe an jemanden per Kosmos ... zu schicken! Na ja: da haben wir die Neue Zeit! - Die Technik wandelt sich in immer neuere um, die Wissenschaft unterliegt Veränderungen, das was zu unlängst Hochpunkt der technischen Errungenschaften gegolten hat, wird bald zum Erweis des Hintergebliebenen. - Jesus spricht aber: „Himmel und Erde werden vergehen, aber Meine Worte werden nicht vergehen ...” ! (Mt 24,35).

(0,18 kB)  Die Überwindung der Sünde wird darin bestehen, dass Jesus Christus durch die Erfüllung des Erlösungs-Werkes dem Menschen „... die Möglichkeit schenkt, in heiligmachender Gnade zu leben” (SD 15).

(0,17 kB)  Der Sieg über den Tod beruht darin, dass Jesus Christus mit seiner Auferstehung „den Anfang der künftigen Auferstehung der Leiber festsetzt” (SD 15).

Allein diese Menschen, die sowohl an einem, wie an dem anderen Sieg Christi Anteil haben, d.h. an seinem Sieg sowohl über die Sünde, wie über den Tod, erlangen:

„... das ewige Leben, das heißt, die endgültige Glückseligkeit des Menschen in Vereinigung mit Gott;
was für die Erlösten die vollständige Beseitigung der Leiden in eschatologischer Sicht bedeutet” (SD 15).

Anders gesagt, das Werk an sich der Erlösung, das der Menschen-Sohn vollbracht hat, hat die irdischen Leiden nicht beseitigt. Und doch hat sich dank Seiner – irgendetwas Wesentliches mit dem Leiden geändert: selbst auch in seinem zeitlichen Sinn. Und zwar die Erlösung wirft auf das Leiden in seinen vielseitigen Erscheinungsformen das „Licht der Erlösung” (SD 15).
– Der Heilige Vater sagt es in Worten:

„Und wenn auch die Überwindung der Sünde und des Todes, die Christus mit seinem Kreuz und der Auferstehung vollbracht hat, die irdischen Leiden aus dem menschlichen Leben nicht wegnimmt, das ganze geschichtliche Ausmaß des menschlichen Seins vom Leiden nicht befreit, so wirft sie doch auf dieses ganze Ausmaß und auf jedes Leiden ein neues Licht, das das Licht der Erlösung ist.
– Es ist das Licht des Evangeliums, d.h. der Frohen Botschaft.
Im Mittelpunkt dieses Lichtes steht die im Gespräch mit Nikodemus ausgesprochene Wahrheit:
Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass Er seinen Eingeborenen Sohn hingab, dass jeder, der an Ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige – Leben hat’ [Joh 3,16] ...” (SD 15).

Gottes Liebe die unabänderlich treu ist

An dieser Stelle hebt Johannes Paul II. von neuem ganz stark die unwandelbare Liebe Gottes zum Menschen hervor. Gott zieht sich von der Liebe zu seinem lebendigen Ebenbild nicht zurück, obwohl der Mensch sich zu ihr schmachvoll verhält und in seiner Sünde Gott zu kennen lernen gibt, er wünsche sich seine weitere Anwesenheit im Herzen nicht:

„Trotz der Sünde, die sich in dieser Geschichte [= des Menschen] eingewurzelt hat – sowohl als ursprüngliche Erbschaft, wie als ‘Sünde der Welt’ und als Summe der persönlichen Sünden – hat Gott, Vater des Eingeborenen Sohnes, [die Welt] geliebt, das heißt Er liebt fortdauernd.
– In der Zeit aber, aufgrund eben dieser alles übersteigenden Liebe, ‘gibt’ Er diesen Sohn hin, damit Er die Wurzeln selbst des menschlichen Übels berühre und so auf Erlösungs-bringende Weise dieser ganzen Welt des Leidens nahe komme, das Anteil des Menschen ist” (SD 15).

Diese Feststellung ist imstande, den gefallenen Menschen, der in der Regel in mannigfaltigem Leiden versunken ist, mit erquickender Hoffnung zu erfüllen. Übrigens wächst diese Zuversicht schon aus dem so stark hervorgehobenen Spruch des Erlösers selbst bei seinem Nachtgespräch mit Nikodemus hervor: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass Er seinen Eingeborenen Sohn hingab ... ” (Joh 3,16).


Der Heilige Vater knüpft dann aber, der Reihe nach, auf mehrere Tatsachen aus dem Leben Jesu Christi an, aus denen sich die nicht verhehlte Empfindsamkeit des Menschen-Sohnes angesichts der mannigfaltigen Erscheinungsformen des menschlichen – physischen und sittlichen Elends ergibt. Daselbst hat Jesus das Problem des Leidens selbst auf verschiedene Arten und Weisen schon in seinem irdischen Ausmaß ‘berührt’. Johannes Paul II. bemerkt daher:

„ ...‘Er zog umher und tat Gutes’. Diese seine Taten betrafen vor allem die Leidenden und solche, die auf Hilfe warteten. Er heilte die Kranken, tröstete die Trauernden, sättigte die Hungernden, befreite die Menschen von Taubheit, Blindheit, vom Aussatz, von Besessenheit und verschiedenen Gebrechen, dreimal gab er Toten das Leben zurück.
– Er war für jedes menschliche Leiden empfindsam, für das des Leibes ebenso wie für das der Seele” (SD 16).

Damit sind wir aber noch nicht am Ende. Jesus Christus leitet eine besondere Seligpreisung an jene ein, die vielfältige Beschränkungen erleben, Verfolgungen und Elend. Daher sagt der Heilige Vater:

„... im Mittelpunkt seiner Lehre hat Er [Jesus] die Acht Seligpreisungen gestellt, die an die Menschen gerichtet sind, welche im irdischen Leben vielfältige Leiden erfahren.
Das sind die, ‘die arm sind vor Gott’, und ‘die Trauernden’, jene, ‘die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit’, und die, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden’, wenn sie für Christus beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werden ...
– So bei Matthäus. Lukas nennt gesondert noch diejenigen, ‘die jetzt hungern’ ...” (SD 16).

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3. Christus nimmt das Leiden auf sich
von allein

Mühen-Leiden des Lebens Jesu Christi

Die Empfindsamkeit allein auf Leiden anderer Menschen ist durchaus der höchsten Anerkennung würdig. Dennoch anderes heißt es irgendjemanden zu ‘belehren’, dass die Leiden erduldet werden müssen, sie zu trösten, eventuell ihnen zu Hilfe stehen, und ganz anderes bedeutet es, selbst zu leiden und mit eigener Haltung Zeugnis all dem zu geben, was bisher Gegenstand nur der Belehrung anderer gewesen ist.

Wir sehen aber, dass Gott-der-Vater seinen Sohn diesen Menschen „dahingab”, deren Leidenschaften seine Lehre auf keinen Fall entsprach. Sie werden mit immer größerer Verbissenheit auf eine Gelegenheit lauern, um Ihn anzuklagen und auf Ihm ihren Hass auszuüben, weil Er sie zur Bekehrung der Herzen aufrief. Erst jetzt, wenn also Er selbst, der Sohn Gottes und zugleich der Menschen-Sohn, verfolgt werden wird, verhaftet, mit Qualen misshandelt, und schließlich zu Tode gefoltert werden wird, erscheint von seiner Seite her die wesentlich neue Gelegenheit, dass Er an das Unmaß des Leidens und der Pein persönlich herannaht, die Er sowohl als Gott, wie als Mensch ertragen werden wird.

Wenn wir uns in die Lektüre der Evangelien mit größerer Aufmerksamkeit vertiefen, erfahren wir, dass das persönliche Leben Jesu, und noch früher: das Leben seiner Familie in der Zeit des sog. ‘verborgenen Lebens Jesu’  bis zum Anfang seines öffentlichen Auftretens, in großer Armut verlief, in anhaltender Not, Gefahr um das Leben, in Flucht in fremdes Land. Wie geradeaus unmenschlich waren die Gegebenheiten, unter denen Er in die Welt gekommen ist – in einer Felsenhöhle, „weil in der Herberge kein Platz für sie war ...” (Lk 2,7). Maria und Josef waren immer wieder auf harte Glaubensprobe ausgesetzt, als sie die Ankündigung des Engels über die Größe dieses Empfangen bekommt haben, der geboren werden sollte, „als Sohn Gottes”, der den „Thron seines Vaters David”  betreten wird:

„Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären,
dem sollst du den Namen Jesus geben.
Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt.
Gott, der Herr, wird Ihm den Thron seines Vaters David geben ...
– und seine Herrschaft wird kein Ende haben” (Lk 1,31ff.).

Die Realien der harten Wirklichkeit wurden zur totalen Verneinung dieser Ankündigungen. Und doch, gerade auf diese Weise begann der Sohn Gottes die eingefleischten Wurzeln des Übels in seinen zwei Gegen-Früchten: Sünde und Tod, in eigenem Leibe ‘persönlich zu berühren’.

Diese Situation wird in erster Reihe für Ihn selbst eine immer schwieriger werdende ‘Probe’, in der seine Liebe sowohl zum Vater, wie zu seinen menschlichen Brüdern und Schwestern, einer harten Beglaubigung untergeben werden wird. Man kann schwer billigen, dass Jesus nicht empfindsam sein sollte und dass es Ihn ‘menschlich’ gesagt nicht ‘wehtun’ sollte, dass Er nicht einmal ein eigenes Haus hatte und dass Ihm so oft eigentlich mit ‘Steckbriefen’ nachgejagt wurde, dass Er genötigt wurde sich zu ‘verbergen’. Es genügt hier dieses Wort anzuführen, das Jesus an jemanden gerichtet hat, der sich Ihm anschließen wollte:

„Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester;
der Menschen-Sohn aber hat keinen Ort,
wo Er sein Haupt hinlegen kann” (Lk 9,58; Mt 8,20).

Seine Lebenslage hat sich entschieden geändert, seitdem Er öffentlich aufzutreten begonnen hat. Viele Menschen, zu denen Er vom Himmel mit so großer Liebe gekommen ist (vgl. Eph 2,4), haben seine Lehre nicht nur nicht angenommen, sondern im Gegenteil, haben Ihm gegenüber eine zunehmende Feindseligkeit erwiesen allein deswegen, weil Er sie zum ewigen Leben hinführen wollte.
– Johannes Paul II. sagt:

„Vor allem aber ist Christus der Welt des menschlichen Leidens dadurch nahe geworden, dass Er selbst dieses Leiden auf sich genommen hat.
– In der Zeit seines öffentlichen Wirkens hat Er nicht nur Mühe erfahren, Obdachlosigkeit, Unverständnis sogar vonseiten der Allernächsten, sondern vor allem Er wurde immer unausweichlicher vom Kreis der Feindseligkeit umgeben, und immer deutlicher wurden die Vorbereitungen, um Ihn aus den Lebenden zu räumen.
– Christus ist sich dessen bewusst, und oftmals spricht Er zu seinen Jüngern von den Leiden und dem Tod, die Ihn erwarten ...” (SD 16).

Oben haben wir schon mehrmals gezeigt, wie Jesus den Aposteln zum Bewusstsein gebracht hat, dass Er Gegenstand von Pein werden wird: „... sie werden Ihn verspotten, anspeien, geißeln und töten. Aber nach drei Tagen wird Er auferstehen” (SD 16).
– Für seine Jünger war es unfassbar und es hatte den Anschein, dass sie die klaren Worte Ihres Meisters nicht verstehen konnten. Petrus empfand sich sogar verpflichtet Jesus zu mahnen, Er solle solche Sachen nicht reden. Wir erinnern uns, wie scharf damals die Reaktion Jesu war:

„Da nahm Ihn Petrus beiseite und machte Ihm Vorwürfe; er sagte:
‘Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit Dir geschehen!’
Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus:
Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen,
denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen’ ...” (Mt 16,22f.).

Das Vorhaben des Dreieinigen hat das alles in Bedacht genommen. Der Sohn Gottes sollte dadurch, dass Er das Leiden, und selbst das Kreuz und den Tod auf sich genommen hat, das Übel, das sich als Sünde und Tod enthüllt, an seinen Wurzeln selbst als Gott-Mensch immer tiefer ‘berühren’ und es überwinden.
– Der Heilige Vater spricht weiter:

„Christus geht seinem Leiden und Tod entgegen im vollen Bewusstsein der Sendung,
die Er gerade auf diese Weise erfüllen soll
.
Gerade durch Sein Leiden soll Er bewirken,
dass der Mensch nicht verloren geht, sondern das Ewige – Leben hat’:
Gerade durch sein Kreuz soll Er die Wurzeln des Übels berühren,
die in der Geschichte und in den Seelen der Menschen stecken.
Gerade durch das Kreuz soll Er das Werk der Erlösung vollbringen.
Dieses Werk hat im Plan der ewigen Liebe den Erlösungs-Charakter ...” (SD 16).

In all dem betrachtet Jesus, der Sohn Gottes, beständig das Antlitz seines Vaters. Dieser aber „liebt den Sohn und zeigt Ihm das alles, was Er tut ...” (Joh 5,20). Wunderlich ist diese „Liebe” des Vaters!
– Jesus ist sich stets dessen bewusst, dass der Vater Ihn ... liebt. Er liebt Ihn geradeaus dafür, dass Er bereit ist, das eigene Leben: sein Gott-Menschliches Leben – „dahinzugeben”, damit die „Schafe das Leben haben und es in Fülle haben” (Joh 10,10). Jesus selbst bekennt das selbst:

„Deshalb liebt Mich der Vater, weil ich Mein Leben hingebe,
um es wieder zu nehmen ...
Diesen Auftrag habe Ich von Meinem Vater empfangen” (Joh 10,17f.).

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Die Mütter wissen Bescheid, wie es gilt, mit ihrem Baby in Dialog zu kommen. Dies geschieht dauernd auf der Welle der Liebe. Die Liebe aber - diese wahrhaft menschliche, wird ins Menschenherz vom Heiligen Geist eingeprägt. Jede andere Liebe – ist keine Liebe, sollte man sie auch als Liebe bezeichnen.

Wir stehen unaufhörlich vor dem Geheimnis der Liebe im inneren Leben selbst des Dreieinigen. Es ist uns schwer sie zu begreifen. Dennoch sie ist dauerndes Dahin-Gabe seiner Selbst-‘für’ diese – im wörtlichsten Sinn über das eigene Leben Geliebten.
– Jesus bestätigt doch systematisch, dass der Vater Ihn geradeaus deshalb liebt, dass Er, sein Sohn, der einmal ‘gelobenen’ Liebe treu bleibt: selbst unter Bedingungen, wenn Er gerade deswegen Folterqualen preisgegeben werden wird! Menschlich gesagt, würden wir davor zurückschrecken. Dennoch: eben darin kommt die unverbrüchliche: Treue des Dreieinigen zu dieser Liebe zum Ausdruck, die Er dem Menschen gleichsam ‘geloben’ hat.

Gott hat den Menschen nicht zum Spaß geliebt und trachtet ihn als diese Seine, Geliebte – Mystische Braut – nicht zum Spiel. Der Sohn Gottes wird doch für Sie – Speise des Lebens und Hochzeits-Mitgift geradeaus über die Hingabe des eigenen Lebens. Diese Gabe wird dann zum lebendigen Preis für Ihr Leben – zur bräutlichen Vereinigung mit dem Lamm Gottes in ewiger Hochzeit im Haus des Vaters.

Leiden-Passion als Wille des Vaters der den Menschen geliebt hat

Jesus, der in seiner ununterbrochenen Betrachtung des Antlitzes des Vaters mit dem Bewusstsein lebt, dass Ihn der Vater geradeaus um dieser Bereitwilligkeit willen liebt, sein Selbst als Liebe-Gabe für jene dahinzugeben, die nach seinem Bild erschaffen worden sind, sieht seine Sendung: des Erlösers des Menschen als Erfüllung dieses Willens des Vaters, der ganz Liebe ist. Jesus drückt das noch einmal offen aus bei seiner Festnahme im Ölgarten, als Er bemerkte, dass Petrus Ihn mit dem Schwert zu verteidigen versucht:

„ ...‘Steck dein Schwert in die Scheide ...
Oder glaubst du nicht, Mein Vater würde Mir sofort mehr als zwölf Legionen Engel schicken,
wenn ich Ihn darum bitte?
Wie würde dann aber die Schrift erfüllt, nach der es so geschehen muss?’ ...” (Mt 26,52ff.).

Johannes Paul II. bemerkt im Anschluss an die Haltung, die der Menschen-Sohn in diesen Worten bezeugt:

„Diese Antwort zeugt, ... wie grundsätzlich, wie zutiefst Christus von dem Gedanken durchdrungen war, den Er im Gespräch mit Nikodemus zum Ausdruck gebracht hatte:
‘Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass Er seinen Eingeborenen Sohn hingab, damit jeder, der an Ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das Ewige Leben hat’.
– Christus geht dem eigenen Leiden entgegen, bewusst um seine Erlösungs-Macht. Er geht im Gehorsam gegenüber dem Vater; aber vor allem ist Er mit dem Vater in der Liebe vereint, mit der Er die Welt und den Menschen in der Welt geliebt hat.
– Darum wird der Hl. Paulus von Christus schreiben: ‘Der Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat’ ...” (SD 16).


An dieser Stelle geht Johannes Paul II. zur insbesonderen Analyse des sog. Vierten Liedes vom Jahwés Knecht über. Dort wird die „Passion Christi beinahe noch ausdrucksstärker und ergreifender, als in den Beschreibungen der Evangelisten selbst” (SD 17) dargestellt. Übergehen wir schon die verwundernden Einzelheiten bei der Beschreibung des Leidens des Erlösers in der Ankündigung dieses Propheten, steigt der Heilige Vater zum Bewusstwerden des tieferen Ausmaßes der dort dargestellten Folter-Leiden herunter:

„Stärker noch als diese Beschreibung des Leidens
berührt uns in den Worten des Propheten [Jes 53,2-6] die Tiefe des Opfers Christi.
– Siehe da, obwohl selbst unschuldig, nimmt Er in gewissem Sinn die Leiden aller Menschen deswegen auf sich, weil Er die Sünden aller auf sich nimmt‘Der Herr lud auf Ihn die Schuld von uns allen’ : die ganze Sünde des Menschen in ihrer Breite und Tiefe wird zur eigentlichen Quelle des Leidens des Erlösers.
– Soll das Leiden am erlittenen Übel ‘gemessen werden’, dann lassen uns die Worte des Propheten das Maß des Übels und dieses Leidens umgreifen, das Christus auf sich genommen hat.
– Man kann sagen, dass dies das stellvertretende’ Leiden ist, doch vor allem ist es Erlösungs’-Leiden.
Der Mann des Schmerzes dieser Prophezei ist wahrhaftig jenes ‘Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt’  [vgl. Joh 1,29] ...” (SD 17).

An dieser Stelle geht der Heilige Vater schon deutlich auf die Tatsache über, dass das Leiden des Gottes Sohnes nicht nur als „stellvertrendes” Leiden gekennzeichnet wird – anstelle des Menschen, der die Folgen seiner Abwendung von Gott in der Sünde tragen soll. Im Gegenteil, dem Leiden Jesu Christi steht das Ausmaß des Erlösung-Leidens zu. Es beginnt die Umsetzung in die Tat des Vorhabens des Dreieinigen in seiner ganzen Schärfe: Gott selbst – entsühnt Gott in Kraft seiner Gottes Natur, die aber mit der Menschen-Natur über die Gottes Person des Eingeborenen Gottes Sohnes vereinigt ist:

„In seinem [= Jesu] Leiden werden die Sünden gerade darum getilgt,
weil allein Er, als der Eingeborene Sohn, sie unternehmen konnte,
sie auf sich nehmen konnte mit jener Liebe zum Vater,
die das Übel aller Sünde überragt, dieses Übel gewissermaßen im geistigen Raum
der Beziehungen zwischen Gott und der Menschheit zunichte macht
und diesen Raum mit Gutem füllt” (SD 17).

Das Erlösungs-Ausmaß des Christi Leidens

Wir berühren das Geheimnis des Erlösers, der zugleich sowohl in Gottes Natur da ist – derselben wie die des Vaters und des Heiligen Geistes, und anderseits in Menschen-Natur, die Er in Kraft des Heiligen Geistes von Maria, seiner Jungfräulichen Mutter, angenommen hat. Diese beiden Naturen sind mit seiner einzigen Person vereint: des Eingeborenen Sohnes Gottes. Darin besteht der unendliche Wert aller Betätigungen des Menschen-Sohnes, des Erlösers des Menschen. Johannes Paul II. erklärt:

„Derjenige, der durch sein Leiden und den Tod am Kreuz die Erlösung vollbringt,
ist der Eingeborene Sohn, den Gott ‘preisgegeben hat’.
– Zugleich aber leidet dieser Sohn, der wesensgleich ist mit dem Vater, als Mensch. Sein Leiden hat menschliche Ausmaßen, es ist ihm auch eine einmalige in der Geschichte der Menschheit Tiefe und Intensität inne, die – indem sie menschlich ist, eine solche unvergleichliche Tiefe und Intensität deswegen darstellt, weil der Mensch, der leidet – als Subjekt Gottes Eingeborener Sohn ist: ‘Gott von Gott’.
– Daher ist nur Er allein – der Eingeborene Sohn – fähig, das Ausmaß des Übels zu umfassen, das in der Sünde des Menschen enthalten ist: in jeder Sünde, und in der ‘ganzen’ Sünde, je nach den Ausmaßen des geschichtlichen Seins der Menschheit auf Erden” (SD 17).


In weiterer Folge seiner tiefgehenden Erwägungen über den Sinn des Leidens knüpft der Heilige Vater an die Tatsache an, dass Jesus aus freiem Willen, und darüber hinaus unschuldig leidet. Auf diesem Hintergrund erscheint mit erneuerter Schärfe die grundsätzliche Frage nach dem Sinn des Leidens. Johannes Paul II. erklärt:

„Die Antwort auf die Frage nach dem Leiden, nach dem Sinn des Leidens, gibt Christus nicht mit seiner Lehre allein: der Frohen Botschaft, sondern vor allem mit seinem eigenen Leiden, das mit dieser Lehre, mit der Frohen Botschaft, organisch und untrennbar zusammengelegt ist. Dies ist gleichsam das letzte, synthetische Wort dieser Lehre: ‘die Lehre: diese des Kreuzes’ [griech. ho lógos ... ho tou stauroú], wie der Hl. Paulus einmal sagen wird” [1 Kor 1,18] ...” (SD 18).

Die erwähnte „Lehre des Kreuzes” stimmt völlig damit überein, was Jesus von Anfang an gelehrt hat. Jesus hat die Leiden, denen Er sich in seiner Passion und im Kreuz unterziehen wird, als Erfüllung des Willens des Vaters betrachtet, der in seiner Liebe die Erlösung des Menschen anstrebt. Zwischen dem Willen aber des Vaters – und diesem des Sohnes und des Heiligen Geistes gibt es keine geringste Diskrepanz.
– Hat der Vater die Welt der Menschen so sehr geliebt, hat die Menschen mit nicht minderer Liebe auch der Sohn – und der Heilige Geist geliebt. Das Unmaß der Erlösungs-Leiden steigt im Bewusstsein des Menschen-Sohnes auf den Rang des eigenartigen ‘sekundären’ Hintergrundes herab, der Ihm erlaubt die Liebe der Gegenseitigkeit zum Vater – und selbstverständlich zu den Menschen, die offensichtlich auch Er, der Sohn Gottes, „bis zum Letzten” – zum Letztlichen geliebt hat, zum Ausdruck zu bringen.


Der Zeitpunkt der ‘Wende’ mit Bezug auf die Erfüllung des Willens des Vaters wird gleichsam vom ‘letzten’ Ringen Jesu mit sich selber bestimmt. Es geschah in der Stunde des Gebetes Jesu im Ölgarten, kurz vor der Passion selbst des Kreuzes:

„Viele Orte, viele Reden während der öffentlichen Lehrtätigkeit Christi bezeugen, dass Er von Anfang an dieses Leiden annimmt, das Wille des Vaters ist – für die Erlösung der Welt.
– Zur definitiven Wende wird hier jedoch das Gebet im Ölgarten. Die Worte: ‘Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an Mir vorüber! Aber nicht wie Ich will, sondern wie Du willst[Mt 26,39] – und dann: ‘Mein Vater, wenn dieser Kelch an Mir nicht vorübergehen kann, ohne dass ich ihn trinke, geschehe Dein Wille[Mt 26,42] – haben eine mannigfaltige Bedeutung. Sie zeugen von der Wahrheit jener Liebe, die der Eingeborene Sohn in seinem Gehorsam dem Vater entgegenbringt.
– Zugleich zeugen sie von der Wahrheit seines Leidens. Die Worte des Gebetes Christi im Ölgarten zeugen von der Wahrheit der Liebe vermittels der Wahrheit des Leidens.
– Diese menschliche, durchaus menschliche Wahrheit des Leidens bestätigen die Worte Christi mit aller Schlichtheit: Das Leiden bedeutet das Übel zu erfahren, davor der Mensch erschaudert. Er sagt: ‘... gehe dieser Kelch an Mir vorüber’, ‘... wenn dieser Kelch an Mir nicht vorübergehen kann’ – eben so, wie Christus im Ölgarten spricht” (SD 18).

Enthüllt hier Jesus so sehr ‘menschlich’ die Furcht, und selbst das Entsetzen angesichts der Ihn erwartenden Foltern, und Er ‘schämt sich’ gleichsam nicht deswegen, dass Er doch zugleich Gott ist, wirft Er daselbst sein Gottes Licht auf jedes menschliche Leiden, das Er zugleich auf das bisher nicht erreichte Niveau emporhebt: Er versenkt es im Ausmaß des Erlösungs-Leidens.

Hier die weiteren Worte des Papstes:

„Seine Worte [= Jesu] zeugen zugleich von dieser einzigartigen und unvergleichlichen Tiefe und Intensität des Leidens, wie sie nur jener Mensch erfahren konnte, der der Eingeborene Sohn ist – von dieser Tiefe und Intensität, die die früher angeführten prophetischen Worte auf ihre Weise zu begreifen helfen.
– Nein: bis ins letzte zu begreifen, dazu müsste man das Gott-Menschliche Geheimnis dieses Subjektes durchdringen, um zumindest den Unterschied (und zugleich die Ähnlichkeit), zu fassen, den es zwischen jedem möglichen Leiden des Menschen gibt – und dem Leiden des Gott-Menschen.
– Der Ölgarten ist der Ort, wo eben dieses Leiden, in ganzer vom Propheten ausgedrückten Wahrheit des darin erfahrenen Übels, sich gleichsam endgültig vor den Augen der Seele Christi enthüllt hat” (SD 18).

Hier geht der Heilige Vater noch an die Worte über, die Jesus der schon Gekreuzigte kurz vor seinem Tod geäußert hat. Es kann schwer sein, diese Worte zu verstehen, wenn wir die Einheit in selber Gottes Natur des hier sterbenden Gottes Sohnes – und des Himmlischen Vaters berücksichtigen. Es sind erschütternde Worte. An ihr Geheimnis kann man allein auf Knien herannahen – im Geist der tiefsten Reumut des Herzens, des Dankes und der Liebe.
– Papst Wojtyła schreibt im Anschluss an die Worte Jesu vom Kreuze:

„Anschließend an die Worte des Ölgartens gehen die Worte, die auf Golgotha ausgesagt worden sind, die von der in der Weltgeschichte einzigen Tiefe des im Leiden erfahrenen Übels zeugen.
Wenn Christus ruft: ‘Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen? – sind seine Worte nicht nur Ausdruck jener Verlassenheit, die des Öfteren im Alten Testament erschallte, besonders in den Psalmen, insbesondere aber in diesem Psalm, aus dem die obigen Worte stammen [Ps 22 (21), 2]. Man kann sagen, diese Worte über die Verlassenheit erwachsen auf dem Boden der unversehrten Vereinigung des Sohnes mit dem Vater – sie erwachsen aber deswegen, dass der Vater ‘die Sünden von uns allen auf Ihn lud’ [Jes 53,6], infolgedessen der Hl. Paulus sagen wird: ‘Er hat Den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht’ [2 Kor 5,21] ..." (SD 18).

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Tenny L. im Winter zusammen mit Freunden aus Indonesien, in der Zeit der Nach-Diplom-Studien in Groningen, Niederland: 2002-2003. Erfahrung von Schnee und WInter, was es in der Heimtat ... nicht gibt.

Wer von den Menschen und Engeln kann verstehen, was in diesem Augenblick im Herzen des Erlösers vorging? Die Theologen und Mystiker können darüber nur Vermutungen anstellen. Johannes Paul II. sagt im hier angeführten Apostolischen Schreiben folgendes vom Sinn des Leidens:

„Zusammen mit dieser schauderhaften Bürde, im Ringen mit dem ‘ganzen’ Übel der Abwendung von Gott, die in der Sünde enthalten ist, erfährt Christus vermittels der Göttlichen Tiefe der Vereinigung als Sohnes mit dem Vater auf menschlich unaussagbare Weise dieses Leiden, wie es die Loslösung, die Zurückstoßung vom Vater, der Abbruch mit Gott bildet.
– Aber gerade durch solches Leiden vollbringt Er die Erlösung – und kann beim Sterben sagen: ‘Es ist vollbracht’ ...” (SD 18).

Schwierige Worte, doch umso schwieriger die Wirklichkeit selbst. Hat Jesus in der Stunde seines Sterbens am Kreuz tatsächlich die Empfindung der „Lostrennung, der Zurückweisung vom Vater, des Abbruchs mit Gott” erlebt? Das bleibt Geheimnis der gegenseitigen Beziehungen von Vater und Sohn – im Heiligen Geist, der die „Tiefen Gottes” durchdringt.
– Johannes Paul fügt noch im Anschluss an die Worte Christi vom Kreuz her – ‘Es ist vollbracht’, hinzu:

„Man könnte auch sagen, dass sich die Schrift erfüllt hat, dass die Worte des Liedes vom Leidenden Knecht in definitiver Wirklichkeit erfüllt worden sind: ‘Jahwéh gefiel es, Ihn durch Leiden zu zermalmen’ [Jes 53.10 – JB]’.
Das menschliche Leiden hat in der Passion Christi seinen Höhepunkt erreicht. Zugleich ist es aber in ein völlig neues Ausmaß und in eine neue Ordnung eingetreten: es wurde mit Liebe verbunden – mit jener Liebe, von der Christus zu Nikodemus sprach, mit jener Liebe, die Gutes schafft, indem sie es auch aus dem Übel herausführt, sie führt es vermittels des Leidens heraus – so, wie das höchste Gut der Erlösung der Welt aus dem Kreuz Christi herausgeführt worden ist, und ständig von ihm seinen Anfang nimmt ...
– Das Kreuz Christi ist zu einer Quelle geworden, aus der Ströme lebendigen Wassers fließen [vgl. Joh 7,37f.]. In ihm müssen wir auch die Frage nach dem Sinn des Leidens neu stellen und aus ihm die Antwort auf diese Frage bis zur letzten Tiefe ablesen” (SD 18).

Koexistenz von Glückseligkeit und Leid

Gerade erst mussten wir an das Geheimnis der Erlebnisse des am Kreuz aufgespannten Gottes Sohnes, „im inbrünstigen Gebet seines Leidens” (DeV 40), anknüpfen. An der Schwelle des Dritten Jahrtausends seit der Geburt des Erlösers hat Johannes Paul II. ein hervorragendes Apostolisches Schreiben veröffentlicht: „Novo Millennio Ineunte” (‘Zu Beginn des Neuen Jahrtausends’). In diesem Schreiben, in dem er die Worte aufgreift, die Jesus zu Petrus und der ganzen Kirche gerichtet hat: „Duc in altum – Fahre zum Fischen hinaus auf den See ...” (NMI 1.15.38.58; vgl. Lk 5,4), ermutigt der Heilige Vater mit ungemeinem Nachdruck zur „Betrachtung-Kontemplation des Antlitzes Christi” (NMI 1.15.16.17.20.23. 25.28.32n.49.54.59). Wir müssen nämlich – nach den Festlichkeiten des Jubeljahres 2000, „neu anfangen – von Christus an” (NMI 29). Es braucht kein ausgesuchtes, neues ‘Programm’ der Seelsorgstätigkeit erfunden werden. Dieses Programm ist eben Jesus Christus – als das Lebendige Evangelium. Daher die Worte des Heiligen Vaters:

„Das Programm liegt schon vor: dasselbe wie immer, enthalten im Evangelium und in der lebendigen Tradition. Es sammelt sich letztlich um Christus selbst. Ihn gilt es kennen zu lernen, zu lieben und nachzuahmen, um in Ihm das Leben des Dreifaltigen Gottes zu leben und mit Ihm die Geschichte zu umwandeln, bis sie ihre Fülle im himmlischen Jerusalem erreicht” (NMI 29).

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Rehe - wie immer: sehr wachsam für jede Gefährdung, oder selbst nur eines verdächtigen Geräusches-Stimme. Alles um so zu sehen, wann es gilt zu fliehen, oder ohne Furcht auf der Wiese zu bleiben und ihre Früchte zu essen.

In diesem Apostolischen Schreiben stellt Johannes Paul II. auch längere Erwägungen dar, die der Betrachtung des Antlitzes Christi gewidmet sind: als Antlitzes des Sohnes, Antlitzes des Leidenden Sohnes, Antlitzes Jesu des Auferstandenen. Bei dieser Gelegenheit scheut er nicht davor, das schwer zu verstehende Problem zu berühren: die Erlebnisse Jesu am Kreuz in seinem Gebet zum Vater mit Worten: ‘Mein Gott, mein Gott, warum hast Du Mich verlassen’ ?

Im hiesigen Kapitel, in dem wir die gegenseitige Beziehung Gottes Gerechtigkeit – und Gottes Barmherzigkeit betrachten, und zugleich die Frage stellen möchten: Ob der Sohn Gottes wirklich so schauderhaft leiden ‘musste’, lohnt es sich das anzuführen, was der Heilige Vater im erwähnten Apostolischen Schreiben an der Schwelle des Neuen Millenniums darüber sagt. Als der Heilige Vater gerade an die Ereignisse der letzten Tage Jesu anzuknüpfen vor hat, sagt er u.a.:

„In Getsemani [= im Ölgarten, kurz vor der Verhaftung] und auf Golgotha wird das menschliche Bewusstsein Jesu der schwierigsten Probe unterworfen werden. Doch nicht einmal das Drama der Passion und des Todes ist imstande, seine unerschütterliche Gewissheit infrage zu stellen, Sohn des Himmlischen Vaters zu sein(NMI 24).

Der Heilige Vater setzt seine Erwägungen fort und weist auf den Erlöser des Menschen hin, den Sohn Gottes und Menschen-Sohn zugleich – sowohl in seinem Todeskampf im Ölgarten, wie dann auf Golgotha:

„Die Betrachtung des Antlitzes Jesu lässt uns also der paradoxesten Hinsicht seines Geheimnisses näher werden, die sich in der letzten Stunde, der Stunde des Kreuzes, enthüllt. Dies ist das Geheimnis im Geheimnis, das der Mensch nur auf Knien anbeten kann.
– Vor unseren Augen steht die durchdringende Szene des Todeskampfes im Ölgarten. Jesus, von der Sicht der Ihn erwartenden Probe niedergedrückt, steht vor dem Antlitz Gottes einsam – und ruft Ihn wie immer mit dem Namen, der Zartheit und Vertrautheit zum Ausdruck bringt: ‘Abbá, Vater’. Er bittet Ihn, ‘wenn möglich’ den Kelch des Leidens zu entfernen [Mk 14,36]. Wie es aber scheint, der Vater will die Bitte des Sohnes nicht hören.
Um dem Menschen das Antlitz des Vaters von neuem zu zeigen, musste Jesus nicht nur das Gesicht des Menschen annehmen, sondern sich sogar mit dem ‘Gesicht’ der Sünde überbürden:Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in Ihm Gerechtigkeit Gottes würden’ [2 Kor 5,21](NMI 25).

Gerade jetzt greift der Heilige Vater das Bekenntnis und die Klage des Sohnes Gottes von der Höhe des Kreuzes auf:

„Nie hören wir auf, die unergründliche Tiefe dieses Geheimnisses zu erforschen. Dieses Paradoxon offenbart sich in ganzer Schärfe im Schrei des Schmerzes, den Jesus am Kreuz ausstößt: ‘Eloí, Eloí, lemá sabachtáni, das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?’ [Mk 15, 34]. Kann man sich eine größere Pein und eine düsterere Finsternis vorstellen?
– In Wirklichkeit wird jenes schmerzvolle ‘Warum?’, das mit den Anfangsworten des 22. Psalms an den Vater gerichtet ist, wenn es auch in Fülle die Wirklichkeit des unbeschreibbaren Schmerzes widerspiegelt, durch den Sinn dieses ganzen Gebetes erhellt. Der Psalmist drückt in ihm in durchdringender Verflechtung von Gefühlen in gleicher Zeit das Wehleid und die Zuversicht aus. Im weiteren Teil des Psalmes lesen wir nämlich: ‘Dir haben unsere Väter vertraut, sie haben vertraut, und Du hast sie gerettet (...) Sei mir nicht fern, denn die Not ist nahe, und niemand ist da, der hilft’ [Ps 22 (21),5.12] ...” (NMI 25).

In diesem Moment beugt sich Johannes Paul II. über die schauderhafte Tiefe Jesu, des – dem Anschein nach – vom Vater ‘Verlassenen’, und der Ihn doch liebt, wie auch Er selbst – gegenseitig den Vater liebt. Wir vernehmen weiter die Worte Johannes Paul II.:

„... Der Schrei Jesu am Kreuz ist nicht Ausdruck von Angst und Verzweiflung, sondern Gebet des Gottes Sohnes, der dem Vater aus Liebe sein Leben zur Erlösung aller darbringt. In der Weile, da Er sich mit unserer Sünde identifiziert, ‘verlassen’ vom Vater, ‘verlässt’ Jesus sich Selber, indem Er sich in die Hände des Vaters übergibt.
– Seine Augen bleiben auf den Vater gerichtet. Eben wegen der nur Ihm zugänglichen Erkenntnis und Erfahrung Gottes, sogar in diesem Augenblick der Finsternis, sieht Jesus deutlich die ganze Schwere der Sünde und leidet um deren willen. Nur Er, der den Vater sieht und sich an Ihm in Fülle freut, versteht bis zum Letzten, was das heißt, sich durch die Sünde seiner Liebe zu widersetzen. Seine Passion ist vor allem schauderhafte geistige Pein, die sogar schmerzhafter ist, als sein körperliches Leiden(NMI 26).

Der Heilige Vater sucht in der Überlieferung der Mystik nach Situationen, die imstande wären, ein Licht zu werfen auf die Ko-Existenz von Freude wegen der Anschauung Gottes in lauterster Kontemplation, die sich mit Tiefe von Gottes Frieden des Herzens kennzeichnet, und des Schmerzensschreies in Erfahrung einer völligen Verlassenheit vonseiten dieses Geliebten Gottes.
– Im Fall des Gottes Sohnes, der am Kreuz stirbt, gesellt sich selbstverständlich die grundlegende Frage hinzu: Das alles, was Er erlebt, spielt sich ab im Geheimnis der personhaften Vereinigung seiner zwei unterschiedlichen Naturen: der Gottes Natur und der Menschen-Natur. In diesem Sinn schreibt der Papst weiter:

„Die theologische Tradition ist der Frage nicht ausgewichen, wie Jesus zugleich die tiefe Vereinigung mit dem Vater erleben konnte, der seiner Natur nach Quelle von Freude und Glückseligkeit ist, und die Pein des Todeskampfes, bis zum letztlichen Schrei der Verlassenheit. Die gleichzeitige Anwesenheit dieser zwei, scheinbar unmöglich zu vereinbarenden Ausmaßen, ist in Wirklichkeit in der unergründlichen Tiefe der hypostatischen Union verwurzelt” [= in der Person-Vereinigung: Die Gottes Person vereinigt die Gottes-Natur und die Menschen-Natur] (NMI 26).

Hier greift der Heilige Vater eben auf das Leben der Mystiker, denen es gegeben war einige ähnliche geistige Zustände zu erleben, die scheinbar unmöglich vereinbart werden können:

„Angesichts dieses Geheimnisses kann uns als wertvolle Hilfe ... das große Erbe dienen, die die ‘Theologie des Lebens’ der Heiligen darstellt. Die Heiligen bieten uns wertvolle Hinweise, dank derer wir die Intuitionen des Glaubens leichter assimilieren können, und zwar kraft des besonderen Lichtes, das einige von ihnen vom Heiligen Geist empfangen haben, bisweilen selbst aufgrund des persönlichen Erlebens jener schrecklichen Erfahrung der Probe, die die mystische Tradition als ‘finstere Nacht’ beschreibt.
– Nicht selten haben die Heiligen etwas ähnliches erlebt wie die Erfahrung Jesu am Kreuz, die auf der paradoxalen Verbindung von Glückseligkeit und Leiden beruht. Im Dialog über die Göttliche Vorsehung zeigt Gott der Vater der Katharina von Siena, dass in den heiligen Seelen gleichzeitig Freude zugegen sein kann und Leiden. Die Seele bleibt also selig und schmerzend: es tut sie weh wegen der Sünden des Nächsten, sie ist glückselig dank der Vereinigung und der herzensvollen Liebe, die sie selbst empfangen hat. Die Heiligen ahmen das Unbefleckte Lamm nach, Meinen Eingeborenen Sohn, der – als Er am Kreuz hing – selig war und Schmerz litt[Nr. 78].
– In gleicher Weise erlebt Theresia von Lisieux ihren Todeskampf in Vereinigung mit dem Todeskampf Jesu, indem sie in sich selbst gerade dieses Paradoxon Jesu des gleichzeitig seligen und gepeinigten erfahren hat: ‘Unser Herr im Ölgarten erfreute sich aller Freuden der Dreifaltigkeit, doch sein Todeskampf war dadurch nicht weniger grausam. Es ist Geheimnis, doch ich versichere, dass ich es aufgrund dessen, was ich selbst erlebe, einigermaßen begreife[Letzte Gespräche, 6.VII.1897].
– Dieses Zeugnis kann vieles erklären! Übrigens, der Bericht selbst der Evangelisten bildet die Grundlage für das so begriffene Bewusstsein Christi vonseiten der Kirche, wenn er daran erinnert, dass obwohl Jesus im Abgrund des Leidens versunken starb, betete Er noch um Vergebung für seine Peiniger [Lk 23,34] und wandte sich in letzter Weile an den Vater mit Worten des Anvertrauens als Sohnes: ‘Vater, in Deine Hände lege Ich meinen Geist[Lk 23, 46] ...” (NMI 27).

Verzierung

D.   „DA ER WUSSTE, DASS
SEINE STUNDE GEKOMMEN WAR ...”

Verzierung

1. Das Pascha – Stunde
des Umbruchs

„Meine Stunde ist gekommen ...”

Wir knüpfen an die Aufgabe an, die uns vorleuchtet: im hiesigen Kapitel möchten wir noch einmal die gegenseitige Beziehung zwischen Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit anblicken. Wir haben auch schon die Frage des Leidens in Bedacht gezogen. Das Leiden erfüllt, besonders in der Passion, Kreuzigung und im Erlösungs-Tod eine besondere Rolle. Johannes Paul II. selektioniert in diesem Fall ein neues Ausmaß des Leidens, das er als „Erlösungs-Ausmaß” des Leidens Christi bezeichnet. Dessen grundlegendes Merkmal besteht darin, dass die Leiden und Qualen als Ausdruck der Liebe zum Vater, aber auch zu den Menschen erduldet werden.

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Jesus Christus: nur Gottes Person, aber in zwei Naturen: dieser Gottes - und dieser des Menschen.

ANMERKUNG. Jesus Christus: Wahrer Gott – Wahrer Mensch.
Die besonders in diesem, 4.Kapitel dieses Teiles erörterte schwierige Frage: Gerechtigkeit-Barmherzigkeit, knüpft dauernd an die tiefste Theologie der Wirklichkeit Gottes an: des Einzigen – aber in seinen Drei Personen.
Zugleich geht es fortdauernd, umso mehr – um Jesus Christus, den Erlöser des Menschen, der Gott-Mensch ist: in seiner einzigen, Gottes Person, die aber zwei wesentlich verschiedene Naturen umfängt: die Gottes Natur, und die Menschen-Natur.
Wiederholt kann uns zum besseren Verständnis dieses Geheimnisses vielleicht die noch einmal angeführte Graphik ein wenig helfen.


Zur Enträtselung der Frage der gegenseitigen Beziehung zwischen Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit trägt uns bedeutend die schon erwähnte Enzyklika Johannes Paul II. ‘Dives in Misericordia’  bei, die der Barmherzigkeit Gottes gewidmet ist (DiM – 1980).

Zusammen mit dem Heiligen Vater möchten wir uns in diesem Augenblick vor allem auf dem letzten Tag des irdischen Lebens Jesu Christi sammeln. Alles, was Jesus im bisherigen Leben gelehrt und getan hat (Worte und Taten), war selbstverständlich wichtig und unersetzlich. All dem war aber der Charakter der Vorbereitung zur Erfüllung der eigentlichen Aufgabe inne, die zugleich den Sinn seines Herabkommens vom Himmel dargestellt hat.
  – Der Sohn Gottes ist gekommen, den Willen des Dreieinigen zu erfüllen – zum Wohl des Menschen: Mann und Frau. Gott hat sie „so sehr geliebt, dass Er seinen Eingeborenen Sohn dahingab, dass jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern das Ewige – Leben hat” (Joh 3,16).

Vertiefen wir uns in die Lektüre des Evangeliums, können wir ohne größere Mühe bemerken, dass Jesus seine Sendung in zwei scharf sich abtrennende Abschnitte einteilt. Diese sich scharf abzeichnende Zäsur bezeichnet Er mit dem ausgeprägtem Ausdruck: „Meine Stunde”. Beispielsweise könnten ein paar Ereignisse angeführt werden, in deren Bericht gerade dieser Ausdruck beinahe schockiert.

So war es auch schon damals, als Jesus sein erstes ‘Zeichen’ bei der Hochzeit zu Kana – vollbracht hat:

„Jesus spricht zu Ihr [= Maria, seiner Mutter]: ‘Was habe Ich mit Dir zu schaffen, Frau?
Meine Stunde ist noch nicht gekommen’ ...” (Joh 2,4; ESt).

Wir können hier die Frage beiseite lassen, ob Jesus von dieser ‘Seinen Stunde’ in Frageform, oder eines indikativen Satzes spricht. Wichtig, dass Er hier an die schon, bzw. noch nicht angekommene „Seine Stunde” anknüpft.

Als es bei dem Laubhüttenfest heftige Auseinandersetzungen über die Lehre Jesu gab, und die geistigen Führer des Volkes Jesus verhaften und töten wollten, hat diesmal niemand der dazu gesandten Knechte dieses Befehl erfüllt. Der Evangelist fügt hier hinzu:

„Da wollten sie Ihn festnehmen, aber keiner wagte Ihn anzufassen,
denn Seine Stunde war noch nicht gekommen ...” (Joh 7,30).

Schließlich ist aber diese ‘Seine Stunde’ angekommen. Zum Wendepunkt wurde das Letzte Abendmahl. Der Apostel Johannes schreibt:

„Vor dem Passahfest aber, da Jesus wusste,
dass Seine Stunde gekommen war, aus dieser Welt zu dem Vater hinzugehen –
da Er die Seinen, die in der Welt waren, geliebt hat,
liebte Er sie bis ans Ende” (Joh 13,1: ESt + JB).

Jesus selbst bestätigt das Ankommen dieser ‘Seinen Stunde’ am Anfang des Hoherpriesterlichen Gebetes:

„Vater, die Stunde ist da. Verherrliche Deinen Sohn, damit der Sohn Dich verherrlicht.
Denn Du hast Ihm Macht über alle Menschen gegeben,
damit Er allen, die Du Ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt ...” (Joh 17,1f).

Hier präzisiert Jesus, dass diese ‘Seine Stunde’ Seine Erhöhung in Verherrlichkeit betrifft, allerdings über die Erfüllung des Willens des Vaters bis zum Ende, d.h. durch das vollbrachte Werk der Erlösung des Menschen. So ist die Voraussetzung, dass diese, die dem Sohn Gottes „anvertrauen” (vgl. Joh 3,16; 17,3; 16,33), das ewige Leben erlangen können.

Diese ‘Seine Stunde’ lief mit den gerade beginnenden Vorbereitungen zusammen – zum einmal mehr begangenen Hochfest des Pascha (Joh 13,1): der Vergegenwärtigung des Erlösungs-Eingriffs Gottes beim Auszug der Hebräer aus Ägypten (Mitte des 13 Jh. vor Chr.). Das hebr. Dingwort pesách, das gewöhnlich in der modifizierten griechischen Aussprache als ‘Pascha’, bzw. ‘Passah’ geschrieben wird, verknüpft den Exodus der Hebräer aus Ägypten mit dem ‘Vorbeigang Jahwes’ bei den Häusern der Hebräer, die mit Blut des österlichen Lammopfers bestrichen waren. ‘Pascha’ bedeutete in diesem Zusammenhang den Tod der Erstgeborenen in Ägypten, während die Hebräer verschont und befreit wurden, und in Kürze Volk des Bundes geworden sind (s. Ex 12,13.23.27; Jes 31,5; usw.). Es war zugleich die Stunde, da Jahwéh – nach seiner Ankündigung – die Götter Ägyptens seinem Gericht unterziehen wird:

„In dieser Nacht gehe Ich durch Ägypten und erschlage in Ägypten jeden Erstgeborenen bei Mensch und Vieh.
Über alle Götter Ägyptens halte Ich Gericht – Ich, der Herr.
Das Blut an den Häusern, in denen ihr wohnt, soll ein Zeichen zu eurem Schutz sein.
Wenn Ich das Blut sehe, werde Ich an euch vorübergehen, und das vernichtende Unheil wird euch nicht treffen,
wenn Ich in Ägypten dreinschlage ...” (Ex 12,12f).

„Jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden”

In tiefer Analogie mit den Ereignissen vom Exodus aus Ägypten – hören wir, wie jetzt auch Jesus vom ‘Gericht’ über Satan spricht. Es geschah in der Zeit unmittelbar nachdem zu Jesus eine Gruppe von Heiden – es waren Griechen, gekommen war, die über den Apostel Philippus baten, er möge ihnen ein Gespräch mit Jesus bestellen: „Herr, wir möchten Jesus sehen(Joh 12,21). Jesus knüpft in diesem Augenblick wiederholt an die ‘Seine Stunde’ an, aber darüber hinaus auch noch an das gerade erwähnte ‘Gericht’ :

„Jesus aber antwortete ihnen: ‘Die Stunde ist gekommen,
dass der Menschen-Sohn verherrlicht wird.
Amen, amen, Ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein.
Wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht’ ...” (Joh 12,23f).

Gleich darauf, als die Stimme vom Himmel ertönte, die einmal mehr Proklamation der Sendung Jesu gewesen war, hat Jesus von allein hinzugefügt:

„... ‘Nicht Mir galt diese Stimme, sondern euch.
Jetzt wird Gericht gehalten über diese Welt.
Jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden.
Und Ich, wenn Ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu Mir ziehen’.
Das sagte Er, um anzudeuten, auf welche Weise Er sterben werde ...” (Joh 12,30-33).

Der hier von Jesus erwähnte „Herrscher dieser Welt”  ist derselbe, der aus Gottes Zulassung den Menschen-Sohn an der Schwelle seiner öffentlichen Tätigkeit versucht hatte, wonach „... der Teufel ... für eine gewisse Zeit von Ihm abließ” (vgl. Lk 4,13):

„Da führte Ihn der Teufel auf einen Berg hinauf
und zeigte Ihm in einem einzigen Augenblick alle Reiche der Erde. Und er sagte zu Ihm:
All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich Dir geben, denn sie sind Mir überlassen,
und ich gebe sie, wem ich will.
Wenn Du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest
,
wird Dir alles gehören ...” (Lk 4,5ff.).

Von jenem „Herrscher dieser Welt” spricht Jesus mehrmals noch bei anderen Gelegenheiten, z.B.:

„Ich werde nicht mehr vieles mit euch reden,
denn der Fürst der Welt kommt
und in Mir hat er gar nichts ...” (Joh 14,30 – ESt).

„Und wenn Er kommt [= der Geist der Tröster],
wird Er die Welt überzeugen über die Sünde, über die Gerechtigkeit und über Gericht ...
Über das Gericht aber, weil der Fürst dieser Welt gerichtet ist ...” (Joh 16,8.11 – JB).

Fleischwerdung – oder Fleischwerdung samt Erlösung

Die Apostel mussten es gespürt haben, dass für ihren Meister die entscheidenden Stunden beginnen. Sie waren sich dessen bewusst, dass Jesus von den für Ihn feindseligen, vielen geistigen religiösen Führern immer mehr eingekesselt wird. Jesus hat nämlich ihre Praktiken und ihre Entstellung des Gottes Wortes unerschrocken gebrandmarkt.
– Die Apostel sind sich auch bewusst geworden, dass auch sie selbst gefährdet sind, wenn sie bei diesem wunderbaren Rabbí von Nazaret, der sie bei Namen zu seiner Nähe gerufen hat, noch weiter bleiben.
– Anfangs waren sie sich vielleicht nicht allzu vollbewusst, was dieses von Jesus so stark betonte Wort bedeutet: „Die Stunde ist gekommen ...”. Der Meister ist ihrem schwerfälligen Denken stets weit vorangegangen.

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Schwester unter diesen Buben wohl vorsehentlich Bindegewebe und Einheit unter diesen beiden Brüdern, die bisweilen sich einander zusetzen, um sich nachher wieder zu lieben: dank den professionellen Eingriffen ihrer mittelbaren Schwester, die sie - o Wunder - einmal pro wie viel - selbst zu hören verstehen!

Indessen jetzt beginnt dramatisch der letzte Abschnitt des Erlösungswerkes. Seine Erfüllung ist das einzige Ziel, um dessen willen der Sohn Gottes vom Himmel herabgestiegen ist und zu dessen Vollbringung der Vater, der die Welt so sehr geliebt hat, seinen Eingeborenen Sohn „dahingab” (Joh 3,16), bzw. genauer: ausgeliefert hat – beinahe zum Schindluder. Diese, die „auf Ihn glauben-Ihm-anvertrauen”, erlangen das „ewige Leben” (Joh 3,16).

Aufgabe des Menschen-Sohnes ist es: Die Entsühnung des Dreieinigen für die Sünden der Menschen zu leisten, und so zugleich die Erlösung des lebendigen Ebenbildes Gottes – Mann und Frau, von der Knechtschaft der Sünde zu vollbringen. Erst so wird der Mensch von neuem Teilnehmer an Gottes Leben und Gottes Liebe werden.


Aufgrund der vorigen Erwägungen hat es sich uns im Bewusstsein schon gut einkodiert, wie die absoluten Voraussetzungen sind, die die zwei Hinsichten dieses Werkes in die Wirklichkeit umzusetzen ermöglichen:

(0,36 kB)  Es muss eine Gottes Person geben.

(0,37 kB)  Diese Person muss mit ihrem ‘Selbst’ zwei vollkommen unterschiedliche Naturen umfangen: die Gottes Natur – und die Menschen-Natur.

Diese Voraussetzungen werden bei Jesus Christus erfüllt. Seine Person ist die Zweite Person der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Diese Person betätigt sich durch seine zwei Naturen:
– die Gottes Natur: diese ist ein und dieselbe des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Und:
– die Menschen-Natur. Diese wurde in Kraft des Heiligen Geistes von Maria genommen, der Jungfräulichen Mutter des Gottes Sohnes, der Fleischgeworden ist.

Mit der Herabsteigung des Gottes-Sohnes-Gottes-Wortes auf die Erde wurde das Geheimnis der Fleischwerdung der Zweiten Person der Trinität in das Menschsein Jesu Christi inauguriert.

Wir wissen schon: theoretisch genommen genügte es zur Entsühnung des Dreieinigen für die menschliche Sünde über-reichlich, wenn der Sohn Gottes – schon als Fleischgewordener Gott – irgendeinen Akt der Liebe zu Gott weckte. Seine Würde: der Zweiten Person Gottes, die mit sich sowohl die Gottes Natur, wie die Natur des Menschen umfängt, bewirkte es, dass dieser Akt einen unendlichen Wert hätte. Folglich würde der Sohn Gottes die Erlösung des Menschen daselbst nicht nur für unsere Erde vollbringen, sondern auch für irgendwo anderswo im Weltall bestehende andere Personen-Wesen.

Der Sohn Gottes könnte damit ruhig sofort wieder in den Himmel zurückkehren. Das Ziel seiner Herabkunft vom Himmel auf die Erde würde 100% erreicht geworden sein. Vor allem aber wäre es in keinem Fall nötig, noch umso mehr unbedingt, dass der Sohn Gottes darüber hinaus leiden müsste, oder gar gekreuzigt würde, sterbe und nachher von den Toten auferstehe.

Zugleich haben wir aber auch schon begriffen, dass solche Lösung der Frage der Entsühnung Gottes und Erlösung des Menschen nicht zum Stil der Liebe Gottes ‘passte’. Ihr grundlegendes Merkmal ist Ganzheitlichkeit und Maximalismus in Hingabe seiner-Selbst: zum ewigen – Guten dieses Geliebten.

Gott stellt sich allein mit Ganzheitlichkeit der Gabe zufrieden: mit der Gabe des eigenen Lebens im wörtlichsten Sinn dieses Wortes. Jetzt beginnt es offenbar um eine – objektiv genommen – nicht mehr notwendige Gabe für Gottes ‘Gerechtigkeit’ zu gehen.
– Zugleich ist es aber Gabe, die die authentische Liebe dieses Gottes nach ‘Gottes Maß’ bezeugt. Und zwar Gott wäre nicht ‘Er Selbst’, sollte es Ihm nicht gegeben werden, im wahrhaftesten Sinn das in die Tat umzusetzen, was Er von sich selbst gesagt hatte:

„Denn auch der Menschen-Sohn ist nicht gekommen,
um Sich dienen
zu lassen,
sondern um zu dienen und Sein Leben hinzugeben
als Lösegeld
für viele” (Mt 20,28).

Daher entscheidet sich der Sohn Gottes im Rahmen der Ganzheitlichkeit der Hingabe seiner Selbst als Gott-Menschen auf äußerste „Entäußerung” seiner Selbst (vgl. Phil 2,7) (in griech.: ‘kénosis’ - von da die theologische Wendung: Jesu ‘Kenosis’. Sieh das griech.: kenóo = leermachen, zunichte machen, sich selbst entblößen von allem was mir gehört; s. u.a. ESt, NT zu 2733).

Als Menschen-Sohn verzichtet Jesus in seinem irdischen Leben, und vor allem in der Stunde seiner Erlösungs-Passion, freiwillig auf die Ihm gehörige Gottes Ehre (vgl. Joh 17,1.5), die Er beim Vater gehabt hat „bevor die Welt war” (Joh 17,5).

Noch mehr, Jesus ‘legt gleichsam beiseite’ die Empfindung der allergewöhnlichsten ‘Beschämung’ in Augen der Menschen, die sich bei seiner Passion, bei der Geißelung, Dornenkrönung, Entblößung in Augen der Gaffenden über seine Gottes und des Menschen Würde lustig machen werden. Der Völkerapostel drückt das einmal folgender aus:

„... indem wir hinschauen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens,
der um der vor Ihm liegenden Freude willen die Schande nicht achtete
[wörtl. nach dem griech.: aischúnes kataphronésas – d.h.: kataphronéo = verachten, wegen was nicht fürchten; unbeugsam sich untergebend; aischúne = Schande-Schamgefühl, öffentliche Brandmarkung des auf Kreuzigung verurteilteten],
und das Kreuz erduldete
und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes.
– Denn betrachtet den, der so großen Widerspruch von den Sündern gegen Sich erduldet hat,
damit ihr nicht ermüdet und in euren Seelen ermattet ...” (Hebr 12,2f. – ESt).

Der Sohn Gottes entscheidet sich all diese schwierigen Erlebnisse anzunehmen, weil Er – so wie der Vater, „geliebt hat” (Joh 3,16) – seine menschlichen Brüder und Schwestern, die sich selber voreilig auf Verlust des ewigen Lebens verurteilt haben. Er hat vor, den ursprünglichen Zustand – diesen vor dem ersten Fall im Paradies, dadurch wieder herzustellen, indem Er mit höchster Liebe des Sohnes den schwierigen Erlösungs-Willen seines Vaters annimmt, dessen Antlitz Er keinen Augenblick mit höchster Liebe anzuschauen aufhört:

„Er, der in Gottesgestalt war,
erachtete das Gott-Gleichsein nicht als Beutestück,
sondern Er entäußerte sich selbst,
nahm Knecht-Gestalt an
und ward den Menschen gleich.
In seiner äußeren Erscheinung als ein Mensch erfunden,
erniedrigte Er sich selbst
und wurde gehorsam bis zum Tode –
bis zum Tod am Kreuz ...” (Phil 2,6f.; JB).

In seiner tiefsten Erniedrigung in den Augen der Menschen vertraut Er sich unbeugsam weiter an die Liebe des Vaters sogar dann an, wenn Er am Kreuz aufgehängt, die Empfindung vielleicht gleichsam der ‘Zurückstoßung’ von Gott erleben wird, der doch sein wahrhafter Vater ist. Den schwierigsten äußeren und inneren Erlebnissen zum Trotz bestätigt Er nur in diesem letztlichen Augenblick seines Lebens mit „lauter Stimme” seine Hingabe als Sohnes:

Vater, in Deine Hände
übergebe Ich Meinen Geist
...” (Lk 23,46).

Verzierung

RE-Lektüre: V.Teil, Kapit.4b:
Stadniki, 15.XI.2013.
Tarnów, 15.V.2022.

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2. Das zeitliche Übel
Die Erlösungs-Sendung und das zeitliche Übel: Leiden und Tod
Gottes Liebe die unabänderlich treu ist
3. Christus nimmt das Leiden auf sich von allein
Mühen-Leiden des Lebens Jesu Christi
Leiden-Passion als Wille des Vaters der den Menschen geliebt hat
Das Erlösungs-Ausmaß des Christi Leidens
Koexistenz von Glückseligkeit und Leid

D. „DA ER WUSSTE, DASS SEINE STUNDE GEKOMMEN WAR ...”
1. Das Pascha – Stunde des Umbruchs
„Meine Stunde ist gekommen ...”
Anmerkung. Jesus Christus: Wahrer Gott, Wahrer Mensch
„Jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden”
Fleischwerdung – oder Fleischwerdung samt Erlösung


Bilder-Fotos

Abb.1. Große Debatte der Großmütter über diesem ... Laptop
Abb.2. Die Mutter versteht mit ihrem Neugeborenen und schon heranwachsenden zu dialogieren
Abb.3. Rehe – immer lauschend und in jedes Geräusch wachsam hinhörend
Abb.4. Jesus Christus: Gottes Person in zwei Naturen
Abb.5. Geschwister die (zufällig) ihre mittlere Schwester hören