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VERMERK: Abkürzungen zur angeführten Literatur s. Literatur


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3. Engagiertes Erleben des Glaubens

Wir sind uns wohl bewusst, dass Ehepaare, die ihr Haus und seine Räume für die sich in der betreffenden Umgebung entwickelnde Kirche aufschließen, diesen Schritt niemals tun würden, wenn sie nicht selbst ein lebendiges Band zu Christus dem Lebendigen entwickelten und nicht ein tiefes inneres Leben führten, samt der für die Ehe als Sakraments typischen Geistigkeit. Das gilt besonders für die Lage, als – wie es die ersten Jahrhunderte des von der Macht des Römischen Kaiserreiches verfolgten Christentums war, solches Haus und seine Besitzer auf dauernde Beobachtung ausgesetzt waren. Folgegemäß konnte man jederzeit eine staatliche Kontrolle erwarten – samt allen damit zusammenhängenden Folgen: Verlust der ganzen Habe, Gefangenschaft, und sehr wahrscheinlich Verurteilung zum Tod unter ausgesuchten Qualen.

Ähnliche Umstände wie diese aus der Apostelgeschichte und der Apostolischen Briefe des Neuen Testaments, die die weiteren ganze 300 Jahre des sich entfaltenden Christentums umfingen, werden sich alle nächsten Jahrhunderte hindurch der Geschichte der Kirche wiederholen. Sie werden auch auf allen Kontinenten vorkommen. So wird es wohl bis zum ‘Ende der Welt’ sein, gemäß den Worten des Erlösers selbst Jesus Christus. Er hat doch seine Jünger vergewissert, dass Er mit ihnen „da sein wird alle Tage hindurch, bis zum Ende der Welt” (Mt 28,20).

Dennoch erscheinen in jedem Jahrhundert, zu jeder Zeit besonders engagierte Ehen und Familien, die mutig und in tiefstem Anvertrauen an den Gekreuzigten – Auferstandenen Christus, sich ganz zu seiner Verfügung stellen. Sie halten es für sich als Ruhm, wenn sie auf ihre ehelich-familiäre Art und Weise zur Entwicklung seiner Kirche: der Mystischen Braut – des Bräutigams-vom-Kreuz, beitragen können.

In der Apostelgeschichte von Lukas und den Paulus-Briefen, ragen unter solchen Ehen-Familien, die alles auf eine Schale gelegt haben: ihrer restlosen Hingabe an Christus als den Sohn Gottes, besonders die Namen, die wir schon mehrmals genannt haben hervor (s. ob.: Erwähnungen von Haus-Kirchen in Schriften der Apostel).

Wiederholt werden vor allem die Eheleute Aquila und Priszilla erwähnt. Sie waren mit ihrem Hausbetrieb beschäftigt: Herstellung von Zelten und Bedeckungen. Die Tatsache allein, dass sie Handwerker waren, zeugt davon, dass sie nicht geborene Römer waren: diese haben die Handwerkschaft verschmäht, indem sie sie den Sklaven gelassen haben.

Dagegen das erwähnte Ehepaar, ähnlich wie viele andere Jünger Christi, die in Schriften der Apostel nicht deutlich bei Namen genannt werden, haben die gewerbsmäßige Arbeit als Quelle zu eigener Unterhaltung gehalten, wie auch zum Unterhalt ihrer Familie, wobei sie zugleich sehr wahrscheinlich eine ganze Reihe noch anderer Leute ebenfalls zu dieser Arbeit angenommen haben. So hat bei ihnen eine Gewinnarbeit für die eigene Unterhaltung und die seiner Gefährten auch Paulus gefunden, als er nach seinem schwierigen Erlebnis in Athen (Apg 17,16-33), wo er von den sensationslüsternen Klugschnackern verspottet wurde, als er von der Auferstehung zu sprechen begonnen hat, nach Korinth gefunden hat (Apg 18,1ff.), und nachher neuerlich in Ephesus (Apg 18,18.26).

In einer Zeit darauf mussten Aquila und Priszilla nach Rom wohl zurückgekehrt sein. Dort haben sie sich ganz wahrscheinlich von neuem der Lokal-Kirche zugunsten hingewidmet. Das hing vielleicht mit der Zeit nach dem Tod Kaisers Klaudius (41-54 r.) zusammen, wann sein Dekret, in Kraft dessen die Juden Rom verlassen mussten, nicht mehr so rigoristisch angewandt wurde. Es kann sein, dass die Eheleute Aquila und Priszilla damals in Rom von neuem in ihr zuvor verlassenes Haus zurückgekehrt waren, um es von neuem der sich entwickelnden Lokal-Kirche zur Verfügung zu stellen. Im Endkapitel des Briefes an die Römer, den Paulus gegen das Ende seiner dritten Missionsreise aus Korinth geschrieben hat (Jahre 58-60), sendet er für sie besondere Grüße, die wir hier noch einmal anführen
(s. ob.:  Innerer Evangelisations-Drang bei Besitzern einer Haus-Kirche – Endsatz dieses Fragmentes):

„Grüßt Priska und Aquila, meine Mitarbeiter in Christus Jesus,
die für mich ihr eigenes Leben aufs Spiel gesetzt haben;
nicht allein ich, sondern alle Gemeinden [bekehrten] der Heiden sind ihnen dankbar ...” (Röm 1,3f.).

Das konnten keine leeren Worte sein, sondern sie mussten Ausdruck der gelebten schwierigen Tatsächlichkeit gewesen sein, wenn Paulus selbst erwähnt, dass sie ihr ‘Leben um seinetwegen aufs Spiel’ gesetzt haben – und alle mussten darüber besten Bescheid gewusst haben.
– Die Dankbarkeitserweise des Paulus hinsichtlich dieser beiden sind sehr markant. Paulus hat niemals ein Wort in die Leere geworfen. So fügt er noch hinzu, dass den Dank ihnen gegenüber „... auch alle Gemeinden der [bekehrten] Heiden schulden(Röm 16,4).

Diese beiden mussten offensichtlich alle Bekehrten mit ganz besonderer Warmherzigkeit in Christi Geist zu umgreifen verstehen. Ganz gewiss haben sie sich nicht dahin beschränkt, ihr Haus für liturgische Zwecke und Gebetsstunden, und umso mehr für die Verrichtung des Ritus des „Brot-Brechens”, d.h. der Heiligen Messe zugänglich zu machen. Ihre Augen waren bestimmt sehr offen für materielle Not ihrer Brüder und Schwestern in Christus – und überhaupt für jeden, der ganz unabhängig vom bekannten Glauben in Not geraten ist.

Dabei aber unterstützten sie zweifelsohne besonders die Neu-Bekehrten bei tieferem Kennenlernen der Wahrheit der Offenbarung Gottes und all dessen, was mit dem Evangelium Jesu Christi verbunden ist. Augenschauliches Beispiel dafür ist ihr Mut, den sie zum Ausdruck gebracht haben hinsichtlich des „Apollos, ... den redekundigen, der in der Schrift bewandert” war (vgl. Apg 18,24). Die erwähnten Eheleute haben ihn „... zu sich genommen und legten ihm den Weg Gottes noch genauer dar” (Apg 18,26). Diese Aufgabe haben sie wohl mit allem Feingefühl unternommen, indem sie sich der hierarchischen Verfassung der Kirche Christi völlig unterordnet haben.

Sie sind in diesem Fall nicht ‘anstelle’ des Sakramentes des Priestertums aufgetreten, sondern sie haben sich nur bei der Lehre – in diesem Fall vor allem des Paulus – behilflich erwiesen und sie genauer erklärt. Paulus wanderte nämlich von Ort zu Ort und war außer Stande allen Gemeinden so viel Zeit zur Auslegung des Evangeliums Christi z widmen, wie viel es das Herz gemocht hätte.
– Gerade in solchen Umständen haben sich – diese gleichsam ‘Katecheten-Laien’ vortrefflich bewahrheitet als unschätzbare Hilfe für die aufkommenden Fragen und Zweifel, beziehungsweise zur Vertiefung der ersten Saat des Glaubens, die sich notgedrungen auf die tatsächlich ganz grundlegenden Artikel des Glaubens beschränken musste.

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Johannes Paul II. küsst ein kleines Mädchen. Eines der entzückenden Fotos Johannes Paul II. im herzlichen Kuss mit einem Kleinmädchen. Wird sie einmal groß werden, wird sie sich voller Freude daran erinnern, dass Johanes Paul II., der mittlerweile heiliggesprochene - sie so herzlich umarmt und geküsst hat.

Voraussetzung für einen so engagierten Hilfedienst bei der Unterstützung und Fortwicklung des Glaubens war in jedem Fall ein intensiv unterhaltenes Band zu Christus. Diese Zweien mussten sich in der Tat mit so großer Unmittelbarkeit beim Erleben ihres Glaubens auszeichnen, und ihre Liebe zu Christus für den Alltag, gleichbedeutend mit der Treue mit Bezug auf jedes der Gebote Gottes, bereichert um das Gesetz des Evangeliums und die Bergpredigt, mussten auf die ganze Umgebung so überzeugend und anziehend wirken, dass sie die ganze Zeit hindurch die Rolle erfüllen konnten, die Saat des Wortes Gottes zu unterhalten und den Glauben sowohl bei befestigten Jüngern Christi, wie umso mehr dieser, die auf dem Weg der Nachfolge Christi erst die ersten Schritte gesetzt haben, zu stärken.

Gerade hier zeigt sich die Lebendigkeit der verrichteten und empfangenen Heiligen Sakramente und des tatsächlichen Erlebens des Wortes Gottes – sowohl dieses Geschriebenen, d.h. der Heiligen Schrift des Alten und der damals weiter erst entstehenden Heiligen Schrift des Neuen Testamentes, wie auch des Eucharistischen Wortes Gottes.

Im erörterten Fall der Eheleute Priszilla und Aquila – waren diese beiden am Gottes-Geschriebenen-Wort des Alten Testamentes erzogen. Daher war der Start ihres Lebens des Glaubens wesentlich leichter, als es für diese war, die sich erst vom Heidentum bekehrt haben. Indem dabei die beiden aus der Jüdischen Diaspora herkamen, in diesem Fall aus Rom, waren sie daselbst ab ihrer Kindheit vom sehr engen Begriff des Heils frei, der bei den Juden aus Palästina kennzeichnend war.

Zeugnis dieser Schwierigkeiten unter den Juden waren die nicht endenden Diskussionen über die Mosaistische Unterscheidung der Nahrungsmittel in rituell ‘reine’ und ‘unreine’ (s. Apg 10,10-16), und umso mehr die Frage des Ritus der Beschneidung. Trotz des Beschlusses des Jerusalemer Konzils und der Führung des Petrus und der anderen anwesenden Apostel (Apg 15,7-29), erschienen immer wieder selbsternannte, von Aposteln nicht berufene und nicht gesandte ‘Lehrer’, die nur Verwirrung gesät haben, indem sie verkündeten, Vorbedingung für die Annahme des Heils in Jesus Christus wäre die zuerst nötige Annahme des Gesetzes des Mose, samt der Beschneidung als Hauptvoraussetzung.

Wie viel Energie musste allein Paulus einsetzen, der doch Apostel in erster Reihe gerade der Heiden war, dass die Entscheidung des Jerusalemer Konzils in dieser Frage angenommen und ins Leben umgesetzt werde. In seinem Brief an die Galater in Klein-Asien, wo Paulus bei seiner zweiten (Jahre 50-53) und dritten (Jahre 53-58) Missionswanderung das Evangelium verkündete (s. Apg 16,6; 18,32) kann er keine Worte finden, um diesen Bekehrten vom Heidentum zum Bewusstsein zu bringen, dass die Rückkehr zum Ritus der Beschneidung dem Strich über die eigene Zugehörigkeit zu Christus gleichkommen würde. In seiner zutiefsten Entrüstung und Schmerz wegen des Bewusstseins, dass seine ganze Glaubenssaat von diesen nicht berufenen Pseudo-Aposteln zunichte gemacht wird, greift er nach ungemein kräftigen Worten:

„Ich bin erstaunt, dass ihr euch so schnell von dem abwendet,
der euch durch die Gnade Christi berufen hat,
und dass ihr euch einem anderen Evangelium zuwendet.
Doch es gibt kein anderes Evangelium!
Es gibt nur einige Leute, die euch verwirren
und die das Evangelium Christi verdrehen wollen.
Aber selbst wenn wir oder ein Engel vom Himmel
ein Evangelium verkündigte im Gegensatz zu dem,
das wir euch verkündigt haben – verflucht sei er !
Wie wir schon früher gesagt haben, so sage ich es auch jetzt wieder:
Wenn euch jemand ein Evangelium verkündet im Gegensatz zu dem,
das ihr empfangen habt – verflucht sei er(Gal 1,6-9).

Im Anschluss aber an weitere Erörterungen zum Thema der ‘Beschneidung’ fügt Paulus am Ende dieses seines Briefes an die Galater sarkastisch hinzu:

„Was jedoch mich betrifft, Brüder: Wenn ich angeblich noch die Beschneidung predige,
warum werde ich noch verfolgt? Damit wäre ja das Ärgernis des Kreuzes beseitigt!
Möchten sich doch die, die euch aufhetzen, gleich ganz verschneiden lassen”
(Gal 5,11f; gr.: óphelon kai apokópsontai hoi anastatoúntes hymás = mögen diese, die unter euch Verwirrung säen, sich selbst abschneiden-entmannen; von: apokópto: sich körperlich beschädigen).

Es besteht kein Zweifel, dass u.a. gerade unter solchen Umständen die seelsorgliche und katechetische Mitarbeit der engagierten Ehen und Familien, die sich der Lokal-Kirche in ihrer ‘Haus-Kirche’  sammeln ließen, unschätzbare Dienste erwiesen hat.

Diese Eheleute mussten selbstverständlich vortrefflichen Bescheid wissen, was das Gesamte des Glaubens und der moralischen Verpflichtungen angeht, die mit dem bekannten Glauben strikt verbunden sind. Sie mussten sich auch im Gehorsam des Glaubens nach der Lehre leiten lassen, die vom Apostolischen Charisma und der sich weiter erst bildenden Praxis und Tradition der Apostel herkam. Solche Eheleute waren sich gut bewusst, dass die Kraft der von ihnen übermittelten Katechese direkt vom engst unterhaltenen Band des Glaubens und der Sittenlehre der Apostel zusammenhängt. Denn diese wurden doch von Jesus selbst als die maßgebenden Lehrer des Reichs Gottes eingesetzt. Sie wurden von Ihm auch mit entsprechenden Bevollmächtigungen ausgestattet, indem Er sie dazu noch mit dem Charisma der Wahrheit der Offenbarung bescherte, die in Petrus konzentriert war.

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4. Die Rolle der Frau
in der ‘Haus-Kirche’

Am Hintergrund der Streiflichter eines engagierten Lebens der Ehepaare immer anderer ‘Haus-Kirchen’, die in Apostolischen Schriften des Neuen Testamentes erwähnt werden – und ähnliches geschieht dann in der Kirchengeschichte aller weiteren Jahrhunderte, gehört es sich das Auge auf die besondere Rolle der Frau, oder mehr allgemein: der Frauen – in jenen ‘Haus-Kirchen’ zu richten. Es wäre schwierig nicht bemerkt zu haben, dass die Apostel, und in diesem Fall besonders der Hl. Paulus, dessen Leben und Tätigkeit uns aufgrund der Schriften des Neuen Testamentes am besten bekannt ist, in Spuren des Herrn Jesus Christus die Frauen vom öffentlichen Leben in der Kirche nicht nur nicht beiseite schieben, sondern im Gegenteil: sie verstehen ihren unersetzlichen Einsatz in den Bau und die Stärkung der Kirche Christi zu schätzen.

Die Kirche führt nur die Haltung Jesu Christi hinsichtlich der Frau weiter. Gott hat der Frau nicht die Macht des Priestertums dargereicht. Zu diesem beruft Gott ausschließlich Männer. Dagegen der Frau vertraut Gott in besonderer Weise die menschliche Person an. Zu diesem Zweck hat Gott in das Wesen selbst der Frau – gleichsam mehr als in die Psyche des Mannes, einen Schatz der Liebe eingeprägt, die als „Liebe Gottes ausgegossen ist in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist”  (Röm 5,5).

Johannes Paul II. sagt in seinem Apostolischen Brief „Mulieris Dignitatem – Die Würde der Frau”  (1988) u.a.:

„... Es geht um das Verständnis der Gründe und Folgen der Entscheidung des Schöpfers, dass das menschliche Wesen immer nur als Frau oder als Mann existiere. Erst aufgrund dieser Voraussetzungen her, die die Tiefe der Würde und Berufung der Frau anzunehmen lassen, kann von der Rolle der Frau in der Kirche und Gesellschaft gesprochen werden” (MuD 1).

Es ist wirklich verwundernd, dass der Dreieinige dem Menschen sich selber ... durch die Frau offenbart. Wenn das Vatikanische Konzil nachdrucksvoll gesagt hat: „Christus ... offenbart ... dem Menschen den Menschen selbst voll und erschließt ihm seine höchste Berufung(GS 22), muss sofort dazu gesagt werden, dass gerade diesen Jesus Christus, den Sohn Gottes, folgerichtig zuerst die Frau offenbart: die Frau – Maria. Diese Feststellung ist in feierlicher Weise in das täglich im Christentum gebetete Glaubensbekenntnis eingeprägt: „... Ich glaube ... – und an Jesus Christus, seinen Eingeborenen Sohn, unseren Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria...” (Kurzes Glaubensbekenntnis).
– Der Hl. Paulus, der Völker-Apostel, fasst diese Tatsache bündig in Worte, deren Inhalt unausschöpflich ist:

„Als aber die Fülle der Zeit gekommen war, sandte Gott [= der Vater] seinen Sohn,
der von einer Frau geboren, dem Gesetz unterworfen war,
damit er die unter dem Gesetz Stehenden loskaufte
und wir die Annahme an Kindes Statt empfingen.
Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott [= der Vater] den Geist seines Sohnes
in unsere Herzen, der ruft: Abbá, Vater.
Also bist du nicht mehr Knecht, sondern Sohn;
wenn aber Sohn, dann auch Erbe durch Gott” (Gal 4,4-7).

Der Frage der Würde und Berufung der Frau hat nicht wenig Aufmerksamkeit und Platz in seinen Dokumenten – Papst Johannes Paul II. gewidmet. Unter ihnen zeichnet sich der vielerofts erwähnte Apostolische Brief Mulieris Dignitatem – Die Würde und Berufung der Frau aus.

Der Heilige Vater hebt die Haltung Christi hervor:

„Diese Bedeutung [der Würde und Berufung der Frau] wird uns noch stärker erhellt durch die Worte Christi und durch sein ganzes Verhalten zu den Frauen, das äußerst schlicht und gerade darum außergewöhnlich ist, wenn man es vor dem Hintergrund seiner Zeit sieht: ein Verhalten, das von großer Klarheit und Tiefe gekennzeichnet ist
... Christus ist seinen Zeitgenossen gegenüber zum Förderer der wahren Würde der Frau und der dieser Würde entsprechenden Berufung geworden. Das löste bisweilen Befremden, Bestürzung aus, was manchmal an die Grenze eines Skandals ging” (MuD 12).

„Die Frauen, denen Jesus begegnete und die von Ihm verschiedene Gnaden empfingen, begleiteten Ihn bisweilen, wenn Er mit den Aposteln durch Stadt und Land zog und das Evangelium vom Reich Gottes verkündete; und ‘sie unterstützten ihn mit dem, was sie besaßen’.
Das Evangelium nennt unter diesen Frauen Johanna, die Frau eines Beamten des Herodes, Susanna
und ‘viele andere’ [vgl. Lk 8,1ff] ...” (MuD 13).

„Christus hat sein Möglichstes getan, damit die Frauen ... in seiner Lehre und seinem Handeln die ihnen eigene Subjektivität und Würde wieder finden. Auf Grund der urewigen ‘Einheit der Zweien’ hängt diese Würde direkt von der Frau selbst ab als des für sich verantwortliches Subjektes und wird gleichzeitig dem Mann ‘aufgetragen’. Dementsprechend verweist Christus an die Verantwortung des Mannes hin ...” (MuD 14).

Es ist bemerkenswert, dass:

„... diese Frauen, die in die Nähe Christi gekommen sind, sich in der Wahrheit wieder finden, die Er ‘lehrt’ und die Er ‘tut’, auch wenn es Wahrheit um ihre eigene ‘Sündhaftigkeit’ ist. Sie fühlen sich durch diese Wahrheit ‘befreit’, sich selbst zurückgegeben, sie fühlen sich geliebt mit dieser ‘urewigen Liebe’, mit der Liebe, die ihren unmittelbaren Ausdruck in Christus selbst findet.
– Im Wirkungskreis Christi verändert sich ihre soziale Stellung. Sie hören, dass Jesus mit ihnen über solche Fragen spricht, die man in der damaligen Zeit nicht mit einer Frau erörterte. Das in diesem Zusammenhang bezeichnendste Beispiel ist wohl das Gespräch mit der Samariterin am Jakobsbrunnen bei Sychar ...
– Es ist ein Ereignis ohne Präzedenz: Jene Frau, und dazu eine ‘Frau-Sünderin’ wird ‘Jüngerin’ Christi; ja, nachdem sie einmal unterwiesen worden ist, verkündet sie den Bewohnern von Samarien Christus, so dass auch diese Ihn mit Glauben annehmen [Joh 4,39-42] ...” (MuD 15).

„... Die Evangelien ... heben auch hervor, dass in der Weile der endgültigen Prüfung, die für die ganze messianische Sendung Jesu von Nazaret entscheidend war, zu Füßen des Kreuzes sich vor allem Frauen eingefunden haben. Von den Aposteln hat nur Johannes die Treue bewahrt. Die Frauen hingegen waren es viele [Joh 19,25; Mt 27,55].
Wie man sieht, in dieser härtesten Bewährungsprobe des Glaubens und der Treue haben sich die Frauen als stärker erwiesen als die Apostel. In diesen Stunden der Gefahr waren diese, die ‘sehr geliebt’ haben, imstande, die Furcht zu überwinden ...” (MuD 15).

Braucht man sich da noch wundern, dass es nicht selten gerade Frauen waren, die wie es schien, die führende Rolle – im Christi Sinn dieses Wortes – auch in den sich entfaltenden ‘Haus-Kirchen’ gespielt haben?

Betrachten wir die Berichte des Lukas und Paulus genauer an, können wir unmöglich nicht bemerken, dass auf vier Erwähnungen des Ehepaars Aquila-Priszella [bzw. in Abkürzung: Prisca] nur in einem Fall an erster Stelle der Aquila erwähnt wird (Apg 18,2), wogegen dreimal zuerst von Priszilla geredet wird (Apg 18,18.26; Röm 16,3).

Es musste demnach eine recht unternehmerische Frau sein, und zugleich tief im Glauben verankert. Dennoch treten die Namen dieser beiden bei jedesmaliger Erwähnung zusammen. Es waren also echte Eheleute, die sich um ihre eheliche und familiäre Verantwortung vortrefflich bewusst waren.
– Beide erfüllten in der Lokal-Kirche – wo sie sich nur in ihren Wanderungen gefunden haben, die Rolle der Katecheten. Dennoch gerade die Priszilla zeichnete sich in dieser Hinsicht wohl mit größerem Talent und Gnade aus, wenn sowohl Lukas, wie auch Paulus, im Grund genommen sie an erster Stelle erwähnt.

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Große Eisenbahnkatastrophe in Polen, 2012. In diesem Jahr kam es immer wieder zu großen Eisenbahnkatastrophen. Ein paarmal liefen die Züge auf demselben Geleis in entgegengesetizen Richtungen. Selbstverständlich: es gibt dann immer auch Tote!.

Mit ähnlichen Kennzeichen, d.h. mit tiefem Glauben und Erleben der eigenen Ehe in ihrer ganzen Göttlich-menschlichen Bedeutung als Sakraments der Kirche, sollte auch damals die Definition als ‘Sakraments’ noch nicht bekannt sein, zeichneten sich andere, beispielsweise in Schriften des Neuen Testamentes erwähnte Ehepaare aus, die ebenfalls ihr Haus und seine Räume für den Bedarf der bei ihnen sich versammelnden ‘Haus-Kirche’ zur Verfügung gestellt haben.

In den Briefen an seinen geliebten Jünger Timotheus erwähnt Paulus bei Namen seine Mutter Eunike und Großmutter Lois. Diese haben nämlich dem kleinen Timotheus den Glauben an Jahwéh übermittelt und nährten ihn mit dem Gottes-Geschriebenen-Wort der Bücher des Alten Testaments (1 Tim 1,1f.; 2 Tim 1,1-4; 3,14). Es gibt keinen Zweifel, dass das Haus der Eltern von Timotheus, wahrscheinlich schon von Generation zu Generation, in wahrhaftesten Sinn des Wortes ‘Haus-Kirche’ war, schon auf der Stufe noch des Alten Testaments.

Ein ähnliches Klima kennzeichnete das Haus einer weiteren Frau in Philippi, namens Lydia aus Thyatira, die ein Purpurgeschäft geführt hat. Lukas zeichnet ihre Gestalt mit ungemeinen Worten ab:

„Am Sabbat gingen wir durch das Stadttor hinaus an den Fluss, wo ... wir eine Gebetsstätte vermuteten. Wir setzten uns und sprachen zu den Frauen, die sich eingefunden hatten.
Eine Frau namens Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, hörte zu. Sie war eine ‘Gottesfürchtige’. Der Herr öffnete ihr das Herz, so dass sie den Worten des Paulus aufmerksam lauschte.
– Als sie und alle, die zu ihrem Haus gehörten, getauft waren, bat sie:
Wenn ihr überzeugt seid, dass ich fest an den Herrn glaube, kommt in mein Haus und bleibt da’. Und sie drängte uns” (Apg 16,13ff.).

Wir bemerken, dass Lukas vom Empfangen des Sakraments der Heiligen Taufe nicht nur von ihr selbst, sondern „... allen, die zu ihrem Haus gehörten’ spricht. Zur unmittelbaren Folge wird die sofortige Gastfreundschaft  hinsichtlich des Paulus und der ihn begleitenden Personen, wie auch die Eröffnung ihres Hauses für den Bedarf des in selber Stunde entstehenden nächsten Teilchens der Kirche Christi.

Ähnlich hat sich das Ehepaar des Gefängniswächters in Philippi verhalten, wo Paulus ohne früheres Gericht ausgepeitscht wurde. Allerdings nach dem Erdbeben um Mitternacht wurde er vom selben Wächter des Gefängnisses an seinen Wunden betreut und begastet, wobei er zugleich seine ganze Familie und sein ganzes Haus zum Glauben an Jesus Christus geführt hatte (Apg 16,25-34).

Ähnliche Erwähnungen betreffen noch viele andere Ehepaare und ihre Familien: den Dionysius den Areopagit und die Frau Damaris und andere mit ihnen (Apg 17,34), den Gajus (Röm 16,23), das Haus des Stephanas (1 Kor 16,15), der Nympha und der sich bei ihr sammelnden Kirche (Kol 4,15), der Tryphäna i Tryphosa (Röm 16,12), der Volksangehörigen des Paulus Andronikus und Junias, die schon früher als Paulus die Gnade des Glaubens an Christus als Gott erlangt haben (Röm 16,7), oder endlich das Haus des geliebten Philemon, Pauli Mitarbeiters, der Aphia, einer Schwester-Christin, des Mitstreiters Pauli Archippus und der Kirche, die sich in seinem Haus sammelt (s. Phlm 1f.).

Das alles waren ‘Haus-Kirchen’, die allen gut bekannt waren. Auf ihre Wirten-Ehepaare und ihre Familien konnte man immer rechnen.

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E.   KOEXISTENZ DES SAKRAMENTS
DES PRIESTERTUMS UND DER EHE

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1. Gegenseitige Einwirkung
des Sakraments des Priestertums
und Sakraments der Ehe

Es gehört sich auf die sich nicht aufdrängende, und doch außer Zweifel seit den Anfängen der Kirche bestehende gegenseitige Einwirkung des Charismas der Apostel und Priester aufmerksam zu machen, und anderseits des Charismas der Eheleute, also der Laien.
– Die Tatsache allein, dass sowohl die eine Gruppe der Jünger Christi, wie die andere für den Alltag untereinander verkehrten, lässt bemerken, dass sich zwischen ihnen eine vielleicht nicht völlig bewusst gewordene gegenseitige Einwirkung abzeichnete. Diese Feststellung, die ja vom psychologischen Gesichtspunkt her völlig verständlich ist, kann sowohl positive – gesegnete Folgen vom Gesichtspunkt des Glaubens und des Lebens vom Glauben her für den Alltag nach sich ziehen, wie auch zweifelsohne negative.

Im positiven Sinn drückt sich die gegenseitige Einwirkung in beiden Richtungen aus vor allem als gegenseitige geistige Erbauung beim Anblick der nicht verlogenen Hingabe im Dienst Christi, die nicht auf eigenen Nutzen abzielt, sondern ins alltägliche Leben den Inhalt der erklärten Worte umzusetzen sucht.
– Wie sich einerseits Eheleute und Familien erbauen ließen, wenn sie die Haltung des Priesters sahen, den sie gemäß der Wahrheit als „Mannes Gottes” und „Mannes des Gebets”, wie auch der Liebe zu Jesus Christus in der Eucharistie einschätzen konnten,
so auch umgekehrt – wie viele Priester schöpfen die Kraft zum Ausharren in ihrer Berufung, wenn sie für den Alltag das Beispiel Christus bedingungslos treuer Eheleute zu sehen bekommen, die es aufgrund eigener Erfahrung wissen, wie viel Heroismus manchmal ihre Entscheidung voraussetzt, im Zustand der heiligmachenden Gnade für den Alltag zu verharren.

Selbst der Herr, Jesus Christus, der Gründer und das Haupt der Kirche, die Er sich gewählt und geliebt hat mit seiner Göttlich-Menschlichen Liebe, indem Er sie zu seiner Mystischen Braut erhoben hat und selbst zu ihrem Bräutigam-vom-Kreuz geworden ist, ist zugleich der einzige Herr seines gesamten Weinbergs. Jesus züchtet in ihm und baut immer andere, unterschiedliche ‘Beete’ an.
– Er ist es, der die einen auf das Beet beruft, dessen Name Berufung zum Priestertum heißt, beziehungsweise des Geweihten Lebens.
– Die anderen beruft Er aber auf das Beet, dessen Name Sakrament der Ehe und Gründung der Familie heißt. Diese, die in die Ehe eintreten, verpflichtet Er, dass sie die Güter des Erlösungswerkes „von Generation zu Generation”  weiter vermitteln.

Man muss von vornherein annehmen, dass es niemals einen Widerspruch zwischen der Berufung einerseits zum Zölibat des Priestertums und Geweihten Lebens gegeben hat noch es geben wird, und anderseits zum Leben in nicht minder heiliger Berufung zur Ehe und Familie.
(s. zu diesem Thema ausführlicher ob., III. Teil, 1.Kap.: Wahl des Lebens in Ehe; 2.Kap.: Vielleicht das Priestertum? Leben im Orden? – und ebd. der Abschnitt: Die Bräutlich-Elterliche Veranlagung im Geweihten Leben).
– Der ein und derselbe Herr des „seinen Weinbergs”  bewirkt es, dass sich die einzelnen Arten und Weisen der Berufungen gegenseitig unterstützen und ergänzen – jede auf die ihr eigene Weise und gemäß des ihr eigenen Charismas. Geber immer anderer Charismen, die mit der Erfüllung der unterschiedlichen Aufgaben im Volk Gottes verbunden sind, bleibt dauernd ein und derselbe Heilige Geist, der denen gegeben wird, die sich für Ihn aufschließen – sowohl vonseiten des Himmlischen Vaters, wie des Sohnes Gottes:

„... Er ist es auch, der die einen als Apostel gab, andere als Propheten, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer, um die Heiligen heranzubilden zur Ausführung eines Dienstes zum Aufbau des Leibes Christi, bis wir alle zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollkommenen Menschen, zum Vollmaß des Alters Christi, gelangen ...
– Von Ihm her wird der ganze Leib zusammengefügt und fest zusammengehalten durch jedes einzelne Gelenk, das einen Dienst zu verrichten hat, kräftig nach dem Maß eines jeden einzelnen Teils; so geht das Wachstum des Leibes vor sich, bis er sich selbst auferbaut hat in Liebe” (Eph 4,11ff.16).

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a. Berufung zum Apostel-Priester

Zum Führer des Volks Gottes wird in erster Reihe der Apostel berufen. Ihn wählt sich Christus aus und beruft ihn nach Namen zum Hirten seiner Herde. Allein auch Jesus Christus ist für den einzelnen Apostel – und daselbst Priester, das einzige maßgebende Muster. Der Ruf zur Erfüllung des Dienstes eines Hirten wird für den bestimmten Diener Berufung zur sakramentalen Vergegenwärtigung des einzigen Herrn und Besitzers des Weinbergs Gottes und der Gottes Weide. Er aber, Jesus Christus, hat der erste als der „Gute Hirt” sein Leben – für seine Schafe – hingegeben:

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Hochzeit bei Gebirglern, in Goralen-Tracht, Polen. Wenn Hochzeit, kann das Brautpaar und die Gäste unmöglich nicht die traditionelle Goralen-Tracht anziehen. Vielleicht in den USA, wo es ganz viele aus polnischen Gebirgen gibt, zumal in Chicago, umso mehr als in der Heimat. Das Junge Paar - in der Mitte.

„Der Gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe. Der bezahlte Knecht aber, der nicht Hirt ist und dem die Schafe nicht gehören, lässt die Schafe im Stich und flieht, wenn er den Wolf kommen sieht; ... er flieht, weil er nur ein bezahlter Knecht ist und ihm an den Schafen nichts liegt” (Joh 10,12f.).

Johannes Paul II. schreibt in seinem Brief an die Priester zum Gründonnerstag im Jahr 1979 von gerechten Erwartungen des Volks Gottes vonseiten seiner Führer, die ihrem Wesen nach für Christus selbst durchsichtig sein sollen, d.h. sie sollen das Volk Gottes nicht an sich binden, sondern durch ihre priesterliche Vermittlung fortwährend Christus mit seinen Schafen verbinden:

„Die priesterliche Persönlichkeit muss für die anderen ein deutliches und durchscheinendes Zeichen und Wegweiser sein ... Die Menschen ... möchten vor allem in uns solches Zeichen und eine solchen Wegweiser finden. Und sie haben ein Anrecht darauf.
– Manchmal kann es uns scheinen, als wollten sie es nicht. Als sie wünschten, dass wir in allem ‘wie sie’ wären. Manchmal scheint es, sie fordern dies von uns schlechterdings. Hier braucht es einen tiefen ‘Glaubens-Sinn’ und die ‘Gabe der Unterscheidung’.
Man kann nämlich sehr leicht dem Anschein erliegen und zum Opfer einer grundsätzlichen Täuschung werden. Jene, die eine Laisierung des priesterlichen Lebens fordern und deren verschiedene Ausdrucksformen Beifall zollen, werden uns ganz gewiss im Stich lassen, wenn wir der Versuchung schon erliegen ...
– Letztlich wird den Menschen immer nur ein Priester nötig sein, der sich um den vollen Sinn seines Priestertums bewusst ist: ein Priester, der tief glaubt, der mutig bekennt, der mit Glut betet, der mit voller Überzeugung lehrt, der dient, der das Programm der Acht Seligpreisungen in sein Leben umsetzt, der uneigennützig lieben kann ...
– Die Menschen ... erwarten von uns, dass wir ... Männer des Gebetes sind” (BP-1979,7).

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b. Berufung zur Ehe-Familie

Ist eine so hervorgehobene innere Silhouette eines Apostels-Priester und ihr Einfluss auf Menschen, die das Leben in Ehe und Familie führen, beziehungsweise in Einsamkeit in der Welt – völlig begründet, und wirkt die Haltung des Priester erbauend auf das Volk Gottes als seines Führers auf dem „Weg Gottes” (Apg 18,26), indem es seine Verhaltensweisen an das beobachtete ‘Lebenszeugnis’ jenes ‘Guten Hirten’ heranzuziehen sucht, ist es nicht minder wahr, dass jetzt, der Reihe nach, der Apostel: der Hirte und Priester – innerlich vielen Mut erfährt, sooft es ihm gegeben ist, die aufrichtige, nicht minder ganzheitliche Hingabe an die Sache Gottes vonseiten der Eheleute und Familien wahrzunehmen.
– Gerade solche Ehen und Familien bestimmen und bilden immer weitere ‘Haus-Kirchen’. Ihre Hausbewohner verwirklichen für den Alltag die von Christus herkommende Empfehlung: „Sucht vielmehr zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, dann wird euch all das dazugegeben(Mt 6,33).

Hat nicht eben an solche Ehen Johannes Paul II. gedacht, wenn er in seinem Brief an die Familien (1994) aufgrund seiner persönlichen Erfahrung als Priesters schrieb:

„Zum Ende [= Fragment das die Ethik der Ehen betraf, die die verantwortliche Elternschaft in die Tat umsetzen] ... möchte ich ein besonderes Wort der Ermutigung vor allem an Euch, Liebe, Eheleute, und an alle jene richten, die Euch zu helfen suchen, die Lehre der Kirche über die Ehe und über die ‘verantwortliche Elternschaft’ zu verstehen und in die Praxis umzusetzen.
– Ich denke insbesondere an die Seelsorger, und auch an die vielen Gelehrten, Theologen, Philosophen, Schriftsteller und Publizisten, die sich in dieser Problematik nicht dem herrschenden Zivilisations-Konformismus anpassen, sondern mutig bereit sind ‘gegen den Strom zu schwimmen’. Darüber hinaus betrifft diese Ermutigung eine ständig wachsende Gruppe von Experten – Ärzten und Erziehern, wahren Laienaposteln, für die die Förderung der Würde der Ehe und Familie zum Lebensziel geworden ist.
– Ich danke allen im Namen der Kirche! Was könnten ohne sie die Seelsorger, die Priester, die Bischöfe, ja selbst der Nachfolger des hl. Petrus?
– Davon überzeuge ich mich immer wieder, und der Anfang dieser Überzeugung reicht die ersten Jahre meines Priestertums, seitdem ich mich in den Beichtstuhl zu setzen begann, um die Sorgen und Befürchtungen so vieler Eheleute zu teilen.
Ich bin schwierigen Fällen von Auflehnung und Verweigerung begegnet, gleichzeitig aber so vielen Personen in großartiger Weise Verantwortlichen und Großzügigen ...” (BF 12).

Siehe dieses aufrichtige Bekenntnis über die grenzenlos Christus hingegebenen Eheleute und Familien, ausgedrückt mit dem Mund der höchsten Autorität: des Petrus der betreffenden Zeit. Johannes Paul II. wusste aus eigener Erfahrung, wie viel er seinen Geliebten Eltern zu bedanken hat: der Mutter Emilia und dem Vater Karol – nicht nur als Eltern, sondern geradeaus als dem Ehepaar. Sie beiden lebten eine authentische Geistlichkeit der ‘Haus-Kirche’, wiewohl sie diese theologisch-seelsorgliche Bezeichnung nicht gekannt haben.

Sein Leben verdankte Karol nach Gott in erster Reihe seiner Christus rücksichtslos treuen Mutter Emilia. In Monaten, da sie ihn unter ihrem Herzen getragen hat, fand sie sich in dramatischer Lage: gesundheitlich, wohnungsbedingt, finanziell. Sie wurde versucht, die Frucht ihrer ehelichen Liebe loszuwerden. Diese Frucht wird einmal ... der künftige Papst werden: Johannes, Paul II.

Nach dem frühen Tod der Mutter (+ 13. April 1929: kurz vor der Ersten Heiligen Kommunion des Karol) blickte der junge Karol für den Alltag – bis zu vorangeschrittenen Jugendjahren, auf den Lebensstil seines Vaters: des Offiziers, Beamten. Als der junge Karol Studien auf der Jagiellonischen Universität zu Kraków gewählt hat, siedelten beide aus Wadowice nach Kraków um.
– Hier ist das Leben des Vaters des damals jugendlichen Studenten Karol zu Ende gekommen (+ 18. Februar 1941). Der Vater des Karol war Mensch, der in dauerndes, tiefes Gebet versunken war. Wie oft hat es Karol erfahren, als er in der Nacht aufwachte, dass er seinen Vater in betender kniender Haltung zu sehen bekommen hat (s. dazu den Text bei dem Bild: Der Kleine Karol Józef Wojtyla mit seiner Mutter Emilia und: Karol Wojtyla mit seiner Mutter Emilia und dem Vater Karol). Konnte das nicht eine tiefe Spur auf dem künftigen Priester-Bischof-Papst hinterlassen?

Übrigens allein schon sein Kommen in die Welt, d.h. seine Geburt, es ging dabei um die ‘Haus-Geburt’, fiel gerade auf die in der Pfarrkirche, ein paar Meter vom Fenster der Wohnung der Wojtyłas in Wadowice, erfolgende Maiandacht zur Gottesmutter Maria. Es ertönten die Glocken, die die Gläubigen in die Kirche zusammenriefen. As war am 18. Mai 1920. Als Frau Emilia, die Mutter des Karol, die Glocken und die gerade gesungene Loretanische Litanai gehört hat, bat sie die Hebamme, dass sie das Fenster des Zimmers, wo sie gebären sollte, ganz öffne.

In solchem Klima ist der kleine Karol zur Welt gekommen. Kein Wunder, dass sein ganzes Leben mit kindlicher Liebe und völliger Hingabe an Maria, die Mutter des Erlösers, umflochten war. Sie wurde seine besondere, persönliche Mutter. Wie dürfte er seine gegenseitige, ganzheitliche Hingabe an die Unbefleckte Jungfrau-Mutter u.a. in Worten seines Päpstlichen Wappens nicht zum Ausdruck bringen: „Totus TUUS ego sum – Maria, ich bin ganz Dein” !

Das alles war aber nur der offensichtliche Ausdruck des Klimas der Ehe und zugleich Familie, in der Karol in die Welt gekommen ist und in der er erzogen wurde [Dokumentation: dieselbe wie ob., Bild. f6r6n150: http://sosw-tczew.neostrada.pl/jp201.htm]. Diese Familie war bei ihrem ganzen armen Lebensstil authentische ‘Haus-Kirche’, wiewohl sie diese Bezeichnung nicht gekannt hat. Hier war der Erste Geliebte immer Gott. Ihm unterordnete sich jeder der Familienmitglieder mit höchstmöglicher Liebe – und hat Ihn geliebt.

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2. Ehe – und Apostel-Priester
in der ursprünglichen Kirche

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a. Dynamik und Preis der sich ausweitenden Frohen Botschaft

Gestärkt mit der Stimme des Petrus unserer Zeiten, greifen wir von neuem die Berichte des Neuen Testaments auf – sei es von der Apostelgeschichte des Lukas, sei es von Anspielungen, die in anderen Briefen der Apostel zerstreut sind. Wir suchen in ihnen nach Erwähnungen hinsichtlich der sich gestaltenden gegenseitigen Beziehungen zwischen den Sakramenten: des Priestertums und der Ehe, vor allem aus der Anfangszeit selbst der Kirche Christi.

Es geht also um die Kirche Christi, die ungemein schnell in Jerusalem anwuchs, und die mit ihrer Strahlung immer weitere Kreise Palästinas umfing. Allerdings fast parallel dazu sprang der Funke der Frohen Botschaft in die Außer-Palästinische Welt über, angefangen vom Tag der Herabsendung des Heiligen Geistes (Apg 2,4-13). Das zuversichtsvoll und mit Liebe hinausgeworfene ‘Netz Petri’ begann sich im besten Sinn dieses Wortes mit reichem Fang in immer anderem Teil der damaligen Welt zu füllen. So geschieht es bis heutzutage – aus überaus großer Liebe des Himmlischen Vaters (vgl. Eph 2,4), der Gabe des Erlösers und Einwirkung des Heiligen Geistes.

Allerdings der Preis der sich ausweitenden Frohen Botschaft über Gott den Liebenden war auch vonseiten der Jünger Christi hoch. Diese Tatsächlichkeit hat in lapidaren Worten der Tertullian am Umbruch des 2.-3. Jahrhunderts (ca. 160-220) zum Ausdruck gebracht: „Semen est sanguis christianorum – Das Blut wird zur Saat der Christen(Apologetyk, c.50, n.176).

Jesus sprach nicht umsonst zu den Berufenen, einfachen Fischern vom See Genezareth, u.a. zu Simon-Petrus selbst: „Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen” (Lk 5,10; s. Mt 4,19f.; usw.). Der Glaube an Christus, der als Gott-Mensch Erlöser des Menschen wurde, entfaltete in verwunderndem Tempo eine anziehende, Hoffnung weckende Strahlung auf immer weitere Kreise der damaligen Welt, voller Verzweiflung infolge des bedrückenden Bewusstseins um die Schulden in Augen Gottes der Wahrheit.

Das Bewusstsein um die Sünde und die Notwendigkeit einer Sühnung konnten die politheistischen Religionen unmöglich entwirren. Sie zeigten die Gottheiten als Geschöpfe, die leider nur vom Menschen ersonnen und bestimmt waren. Sie zeichneten sich mit menschlichen Lastern und unwürdigen Leidenschaften aus – als getreue Kopie der Niederträchtigkeiten, die vom Menschen begangen wurden.

Eine schöpferische Lösung der grundsätzlichen Fragen um den Sinn des Existierens hat erst Jesus Christus, Sohn des Lebendigen Gottes, hergebracht. Er allein „wusste, was im Menschen ist” (Joh 2,25). Er wusste auch vortrefflich, woher Er herabgestiegen ist, wohin Er strebt – und was für eine Aufgabe Er zu erfüllen auf sich genommen hat. Er hat es in klaren Worten noch kurz vor seiner Gefangennahme im Ölgarten und seinem Erlösungs-Leiden zum Ausdruck gebracht:

„Vom Vater bin Ich ausgegangen und in die Welt gekommen.
Ich verlasse die Welt wieder – und gehe zum Vater” (Joh 16,28).

„Vater! ... Verherrliche Deinen Sohn, damit der Sohn Dich verherrlicht.
Denn Du hast Ihm Macht über alles Fleisch gegeben,
damit Er allen, die Du Ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt.
Das ist das ewige Leben: dass sie Dich, den wahren Gott, erkennen,
und Jesus Christus, den Du gesandt hast.
– Ich habe Dich auf der Erde verherrlicht, ich habe das Werk vollendet,
das zu vollbringen Du Mir aufgetragen hast.
Jetzt verherrliche Du Mich, Vater, bei Dir selbst mit der Herrlichkeit,
die Ich bei Dir hatte, bevor die Welt war” (Joh 17,1-5).

Wir sind uns bewusst, dass die „Herrlichkeit”, von der hier der Sohn des Urewigen Vaters und zugleich Sohn Mariens spricht, das Kreuz der Erlösung und seine Erhöhung auf ihm Kreuz sein wird. Von diesem Thron aus – der Passion, aber umso mehr der Herrlichkeit, Gnade und Bräutlichkeit-vom-Kreuz, zu diesem wir „mit Zuversicht hintreten” sollen, damit wir „Barmherzigkeit erlangen und Gnade finden” (vgl. Hebr 4,16), wird das in Erfüllung gehen, was Jesus von sich noch ein paar Tage vor seiner Passion vorausgesagt hatte:

„Und Ich, wenn Ich über die Erde erhöht bin,
werde alle an Mich ziehen” (Joh 12,32; vgl. ebd. 8,28; 3,14).

Jesus Christus ist in die Welt gekommen, weil Er von seinem Vater im Himmel „gegeben-ausgeliefert” wurde, gleichsam ‘zur Verfügung’ des Menschen, des lebendigen Ebenbildes Gottes: Mann und Frau – als Gabe-der-Liebe des Vaters zu seinen – bis zu höchsten möglichen Grenzen geliebten Menschen (s. Joh 3,16).

Der Sohn Gottes sollte „Sühneopfer um unserer Sünden willen werden: und nicht nur für unsere, sondern auch für die der ganzen Welt” (1 Joh 2,2), um seine menschlichen Brüder und Schwestern von der ihnen drohenden ewigen Verdammnis zu entreißen. Der Dreieinige wusste, dass es, praktisch genommen, keine andere Art und Weise gegeben hat, dem Hingefallenen Menschen mit Erlösungs-Hilfe entgegen zu kommen!

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b. Fruchtbarkeit der Liebe in Ehe
– und Fruchtbarkeit der Liebe
im Heiligen Geist

So haben wir vor uns also die Apostel, die Gesandten „bis an die Grenzen der Welt” (Apg 1,8). Sie wurden gesandt von gerade diesem Sohn Gottes, der selbst von seinem Vater im Himmel „gesandt” worden ist:

„Wie Du Mich in die Welt gesandt hast,
so habe auch Ich sie in die Welt gesandt.
Und Ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind” (Joh 17,18f.).

Auf dieser Stufe unserer Erwägungen suchen wir nach Spuren und Notizen über die gegenseitigen Einwirkungen zwischen ihnen als den Aposteln-Priestern, und diesen Personen, die die Lehre des Meisters von Nazaret in ihr Leben umzusetzen bemüht waren, dieses Mal im Rahmen ihrer Berufung zur Ehe und Familie, die ebenfalls eines der Heiligen Sakramente ist.

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Liebender Vater mit seinen großwerdenden Kindern. Schwer zu sehen, dass dieser Vater wegen der ihn liebenden Kinder böse wäre! Wie wesentlich heitlicher läuft die Phase des Erwachsenwerdens und der Reifung der Kinder aus, wenn nicht nur die Mutter, sondern umso mehr der Vater bei den Kindern da ist - so lange und so häufig es nur möglich ist, und sich mit ihnen viel unterhält!

Am meisten sind die insbesonderen Informationen im Aspekt u.a. der Beziehungen Priester-Ehe von der apostolisch-missionären Tätigkeit des Hl.Paulus, des ehemaligen Saulus, erhalten.
– Persönlich lebte Paulus im Zölibat. Er bekennt es aufrichtig, ohne Hemmungen, zumal er zu Aussagen über die Eheschließung – bzw. zum Bleiben in Gottgeweihter Jungfräulichkeit provoziert wird (s. 1 Kor 7,25-40). Er bekennt offen:

„... Was die Frage der Ehelosigkeit angeht, so habe ich kein Gebot vom Herrn. Ich gebe euch nur einen Rat als einer, den der Herr durch sein Erbarmen vertrauenswürdig gemacht hat” (1 Kor 7,25).
Seinen Standpunkt bestätigt er noch einmal am Ende seiner Erörterung, indem er sagt:
Glücklicher aber ist sie zu preisen, wenn sie so bleibt [eine Frau die nicht heiratet], nach meiner Meinung. Ich glaube doch auch, dass ich den Geist Gottes habe(1 Kor 7,40).

Nicht viel können wir über das eheliche-familiäre Leben der übrigen Apostel Jesu Christi berichten. Jesus hat zur Nachfolge Seiner Selbst:

„... diese, die Er wollte, berufen. Und sie kamen zu Ihm. Und Er setzte zwölf ein, die Er bei sich haben und die Er dann aussenden wollte zur Verkündigung und mit seiner Vollmacht Dämonen auszutreiben ...” (Mk 3,13ff.).

Die meisten von ihnen waren bei ihrer Berufung vonseiten Jesu Christi wahrscheinlich mit dem Band der Ehe verbunden. Die Jungfräulichkeit als freiwillige Institution war im Alten Testament ganz unbekannt, und dabei schlechterdings ... unbegreiflich. Sie kam in der Mentalität dieses Volks, das auf zahlreiche Nachkommenschaft eingestellt war, überhaupt nicht in Rechnung.

Dennoch scheint es keinen Zweifel gegeben zu haben, dass zumindest einige von den Berufenen zur unmittelbaren Nachfolge Jesu doch nicht verheiratet waren. Jungfräulich war und ist bestimmt Johannes geblieben, der künftige Evangelist, den Jesus „besonders liebte” (Joh 13,23; 19,26; 21,7.20), wie er selbst es von sich feststellt.
– Ganz gewiss verheiratet war Simon-Petrus. Daran knüpfen drei Evangelisten an, indem sie erwähnen, dass Jesus seine Schwiegermutter geheilt hat (Mk 1,30f; Mt 8,14f; Lk 4,38f.). Daraus folgt eindeutig, dass Simon-Petrus bei seiner Berufung verheiratet war.

Auf diesem Hintergrund klingen ganz charakteristisch die Worte der Apostel im Anschluss an die Aussage Jesu über die Ehelosigkeit „um des Himmlischen Reiches willen” – eines Themas, das im Alten Testament unbekannt war. Es geschah bei einer Diskussion, die von Pharisäern in Gang gebracht worden war (Mt 19,3), als sie Jesus um seine Stellungnahme hinsichtlich der „Scheidungsbriefe” fragten, die im Gesetz Mose toleriert wurden. Matthäus berichtet in diesem Zusammenhang über die Haltung der Apostel, in Zusammenfassung der erwähnten Diskussion:

„Da sagten die Jünger zu Ihm: ‘Wenn die Sache des Mannes gegenüber der Frau so steht, dann ist es nicht gut zu heiraten’.
Er sagte zu ihnen:
Nicht alle fassen dieses Wort, sondern nur die, denen es gegeben ist. ...
– ... Und es gibt Verschnittene, die sich selbst verschnitten haben um des Himmelreichs willen.
Wer es fassen kann, der fasse es’
...” (Mt 19,10-13).

Jesus ruft unverhehlt an das tiefere Verständnis der Worte über die Ehelosigkeit „um des Himmelreiches willen”, die Er gesagt hat. In einem der früheren Teile haben wir diese Aussage Jesu aufgrund der tiefgehenden, wie üblich, Erwägungen Johannes Paul II. erörtert (s. ob.: Das Zölibat – Neuheit des Neuen Testamentes – samt der ganzen weiteren Folge dieses Kapitels). Dieses tiefere Verständnis wird der Kirche allmählich von der Gabe des Heiligen Geistes verliehen. Er ist es, der nach der Ankündigung Jesu:

„... euch alles lehren und euch an alles erinnern wird,
was Ich euch gesagt habe” (Joh 14,26).

Im Laufe der Zeit zeigt es sich immer deutlicher, dass die Worte Christi hinsichtlich der Ehelosigkeitum des Himmelreiches willen” Synonimworte zur Wendung darstellen: „... um der Bräutlichen Liebe zu Christus als dem Bräutigam-vom-Kreuz willen”. Denn ER selbst, Jesus Christus, ist doch jenes ... „Reich Gottes”. Das „Reich Gottes” ist keinesfalls ein ‘irgend-ETWAS’, sondern es ist der Irgend-JEMAND, und zwar die Person des Menschen-Sohnes:

„Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an äußeren Zeichen erkennen könnte.
Man kann auch nicht sagen: ‘Seht, hier ist es!’, oder: ‘Dort ist es!’
Denn: Das Reich Gottes ist (schon) mitten unter euch” (Lk 17,20f.).

Das priesterliche Zölibat und das Leben in Konsekration wird nur zur andersartigen, und doch nicht minder wahren Verwirklichung dieser Fruchtbarkeit und dieser Elternschaft, zu welcher auch die Eheleute-Eltern berufen sind, und genauer: überhaupt jeder Mensch. Die Fruchtbarkeit der Liebe im Fall der Gott geweihten Jungfräulichkeit wird sich nur parallel, in anderer Art im Verhältnis zu dieser Fruchtbarkeit entwickeln, die vom Mann und Frau in ihrer Sakramentalen ehelich-familiären Liebe erlebt wird.
– Das eine setzt gegenseitig das andere voraus. Beide werden sich auch im Rahmen der eigenen Berufung gegenseitig ergänzen. Die eine, wie die andere Berufung kommt auch vom selben Dreieinigen her, der sein jedes lebendiges Ebenbild einzeln beruft.

Unter dem Einfluss des mächtig, und doch sanft wirkenden Heiligen Geistes weckt sich allmählich immer lebendiger das Bewusstsein um die existierende bräutlich-elterliche Liebe im Heiligen Geist. Zu ihrem unübertroffenem Urbild wird Maria werden: Mutter – und zugleich Jungfrau.
– Maria hat den Sohn Gottes empfangen und zur Welt gebracht „infolge der Einwirkung des Heiligen Geistes” (Mt 1,18.20; Lk 1,35), wobei sie im geringsten Maß ihr ewiges Vorrecht sowohl der Jungfräulichkeit, wie der Mutterschaft eingebüßt hatte.

So ist in Nazaret die Heilige Familie entstanden: Maria-Josef und ihr Kind Jesus Christus. Es ist der Sohn Gottes, aber zugleich auch der wahre Sohn Mariens, seiner Jungfräulichen Mutter.
– Auch die Bräutlichkeit im Heiligen Geist bringt Frucht in Elternschaft. Nur dass es Elternschaft im geistigen Maß sein wird: eben vom Heiligen Geist.

Das wurde eigenartig und bündig vom Geliebten Jünger Christi – Johannes, im Prolog seines Evangeliums zum Ausdruck gebracht:

„Es kam [das Wort Gottes: die Zweite Person der Trinität]
in sein Eigentum, und die ‘Seinigen’ nahmen Es nicht auf.
Allen aber, die Es aufnahmen, gab Es Macht, Kinder Gottes zu werden,
denen, die an Seinen Namen glauben –
die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind ...” (Joh 1,11ff.).


Ein wenig weiter im selben, gerade erst erörterten Fragment des Matthäus-Evangeliums über die Diskussion hinsichtlich der ‘Scheidungsurkunden’ (Mt 19) äußerst sich Petrus folgender, als das Gespräch auf die Chancen gewechselt hat, ob reiche Leute in das Himmelsreich eintreten können:

„Da antwortete Ihm Petrus:
Siehe, wir haben alles verlassen und sind Dir nachgefolgt.
Was wird uns also zuteil werden?’

– Jesus entgegnete ihnen: ...
– ... Und jeder, der Häuser, Brüder, Schwestern, Vater, Mutter, Kinder oder Äcker um Meines Namens willen verlassen hat, wird es hundertfach wieder empfangen und das ewige Leben gewinnen’ ...” (Mt 19,27nn).

Die Apostel waren sich gut dessen bewusst, was sie vollbracht haben, wenn sie im wörtlichen Sinn „alles verlassen” haben, um mit der Ganzheitlichkeit der Gabe ihrer Selbst die Stimme des sie rufenden Meisters von Nazaret zu beantworten. Diese Entscheidung haben sie nicht zwangsartig unternommen, sondern in völliger Freiheit ihres Willens. Es hat doch andere gegeben, die die Einladung Jesu zur Nachfolge Seiner nicht unternommen haben (z.B. Mt 19,22; vgl. Lk 9,57-61).

Dagegen diese, die die Berufung Jesu mutig angetreten sind, waren sich um den Preis bewusst, um den sie diese Entscheidung getroffen haben, was ihre bisherigen ehelichen, familiären und viele anderen Bände anging. Der Verzicht auf das alles – nicht um irgendwelcher Verachtung willen angesichts der Ehe oder Familie, sondern wegen der ungemein mächtig anziehenden Strahlung, die von Jesus ausging, diesem kompromisslosen Lehrer, der dabei allein mit seinem Wort heilte und immer wieder bewies, dass Er über die Natur herrschte, und ebenso über die tödlich starken Bösen Geister, wurde für sie selbst zur grundsätzlichen Voraussetzung, um die innere Freiheit bei der Nachfolge der Stimme Jesu zu bewahren. Erst so wurden sie dazu fähig, um sich zu jeder Stunde zur Verfügung für den Meister von Nazaret zu stellen und die ihnen aufgetragene Sendung zu erfüllen:

[Jesus] ... rief die zu Sich, die Er selbst wollte. Und sie kamen zu Ihm.
Und Er setzte zwölf ein, damit sie bei Ihm seien
und damit Er sie aussendezur Verkündigung
und damit sie Vollmacht haben, die Dämonen auszutreiben ...” (Mk 3,13ff.),
– ... und alle Krankheiten und Leiden zu heilen” (Mt 10,1).

Wenn Simon-Peter Jesus gleichsam in so nachdrücklichen Worten daran erinnert, dass wir, d.h. sowohl er selbst, wie seine Gefährten, die Mit-Apostel, „alles verlassen haben und Dir nachgefolgt sind”, musste das mit radikaler Aufgabe des bisherigen Lebens in Ehe und Familie gleichbedeutend sein. Die Evangelien und Apostolischen Schriften übermitteln zwar in dieser Frage keine insbesonderen Informationen, dennoch solcher Schluss scheint keinem Zweifel zu unterliegen.

Wegen mangelnder Dokumentation ist es schwierig irgendetwas Genaueres darüber zu sagen, wie demzufolge die bisher verheirateten Apostel den mit ihren Bräuten und den übrig gebliebenen Kindern geschlossenen Bund geregelt haben. Das alles musste sich aber sehr friedsam gelegt haben – selbstverständlich bei Zustimmung beider Seiten ihrer Ehen – und ihrer Kinder. Sowohl der betreffende ‘Er’, wie die betreffende ‘Sie’ – mussten den Mut auf schmerzhafte Schnitte aufbringen, die dennoch schöpferisch und friedsam vereinbart wurden – im Licht der Barmherzigkeit, die direkt vom Evangelium Jesu Christi herströmte: voller Radikalismus, und doch ebenso voller menschlicher und Gottes Wärme.

Wir greifen hier diese Frage in ihren insbesonderen Hinsichten nicht auf, da wir allein auf Vermutungen hingewiesen bleiben, auch wenn sie außer Zweifel gemäß dem „Glaubens-Sinn” und der „Analogie des Glaubens” gelöst werden mussten.

Es fehlen vor allem irgendwelche Notizen über die weitere Fortführung des Lebens in Ehe und Familie dieser unter diesen Aposteln, die in der Stunde ihrer Berufung vonseiten Christus ganz bestimmt mit dem Ehebund verbunden waren.

Petrus bekennt direkt: „... Siehe, wir haben alles verlassen und sind Dir nachgefolgt ...” (Mt 19,27). Markus, der Evangelist, dessen Evangelium eigentlich Evangelium des Simon-Petrus darstellt, bestätigt hiermit das wahrhafte Aufgeben sowohl vonseiten des Petrus, wie der übrigen Apostel – all dessen, was es bisher gegeben hat, um sich ganzheitlich zur Verfügung des sie berufenden Jesus hinzugeben.
– Ähnlich zeichnet Markus die Haltung des Jakob und Johannes, der Söhne des Zebedäus ab:

„Als Er am Ufer des Sees von Galiläa entlangging,
sah Er [Jesus] Simon und Andreas, den Bruder Simons,
das Netz im See auswerfen. ...
Da sagte Jesus zu ihnen:
Kommt, folgt Mir nach! Ich will euch zu Menschenfischern machen’.
Sofort verließen sie ihre Netze und folgten Ihm nach.
– Als Er ein wenig weiterging, sah Er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und dessen Bruder Johannes, auch sie im Boot, wie sie gerade ihre Netze ausbesserten. Sogleich rief Er sie. Da ließen sie ihren Vater Zebedäus mit den Taglöhnern im Boot und gingen weg, Ihm nach” (Mk 1,16ff.19f.).

Es kann schwierig gesagt werden, dass solches kompromissloses Aufgeben und Verlassen mit Bezug auf „alles ... und ihren Vater” eine leicht zu treffende Entscheidung gewesen war: sowohl für diese Jungen Leute, wie für ihre Eltern und Familien. Schwer, dass es bei all dem keinen Trauer geben konnte, keine Besorgtheit und Tränen des Schmerzes ...

In einigermaßen andere Umstände setzt die Berufung derselben Jünger in seinem Evangelium Johannes, den in diesem Fall dieses ganze Ereignis unmittelbar betrifft. Er schreibt von diesen Ereignissen von der Perspektive aus vieler Jahre, als er unter dem Anhauch des Heiligen Geistes zum Schreiben seines Evangeliums angetreten war. Er stellt nämlich die Umstände der Berufung vonseiten Jesu sowohl der leiblichen Brüder Andreas und Simon-Petrus, wie seiner selbst, wesentlich anders dar. Er erwähnt bei dieser Gelegenheit präzise auch noch die Stunde, in der es geschah.
(er schreibt vielleicht um das Jahr 70, oder selbst viel später; seine Berufung fiel auf etwa das 25. Jahr ‘unserer Ära’ oder unbedeutend später):

„... Die beiden Jünger
[von Johannes dem Täufer: Johannes der Evangelist und Andreas, der Bruder des Simon]
hörten, was er sagte
[Johannes der Täufer über Jesus: ‘Seht, das Lamm Gottes ...’],
und folgten Jesus.
Jesus wandte sich um, und als Er sie nachkommen sah,
fragte Er sie: ‘Was sucht ihr’?
Sie aber sagten zu Ihm: ‘Rabbí! ... Wo wohnst Du’?
Er antwortete ihnen: ‘Kommt und seht’!
Sie gingen also mit und sahen, wo Er wohnt, und blieben jenen Tag bei Ihm.
Es war ungefähr die zehnte Stunde [= nach unserer Zeit ca. 16.00 Uhr] ...” (Joh 1,37ff.).

Wir haben nicht vor, in die seriösen Unterschiedlichkeiten bei der Darstellung derselben Tatsachen in verschiedenen Evangelien einzudringen. Wir sind uns bewusst, dass solche Verschiedenheiten auf ihre Art die grundlegende Tatsache selbst nur bestätigen. Ihre Besonderheiten waren offenbar bedeutend mehr kompliziert, als es aufgrund der Lektüre der bündigen, vereinfachten Erzählung des Markus scheinen konnte.
– Es geht uns in diesem Moment um das ‘alles verlassen’, also samt dem Verlassen der bisher teuersten Personen: der Eltern, und selbst der Ehegattin und Kinder, um sich total zur Verfügung dieses Meisters von Nazaret stellen zu können, der sie mit seiner Haltung und seinem Radikalismus im besten Sinn dieses Wortes bezaubert hat.

Es ist aber weiter schwierig irgendwas zu sagen, wie sich demnach das Ehe- und Familien-Leben der zuvor verheirateten Apostelnach der Himmelfahrt Jesu und der Herabsendung des Heiligen Geistes, legte. Eben in dieser Stunde begann endgültig die „Zeit der Kirche” und der wirklichen Verkündung der Frohen Botschaft über Jesus als dem Gott-Menschen, diesem Gekreuzigten, Auferstandenen.

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Eichhörnchen im herrlichen Weitsprung. Wie schick es das macht! Wie sehr ihm der Schwanz dabei hilft, das Gleichtgewicht zu bewahren.

Wir müssen nur dazu sagen, dass es in Praxis unmöglich war, ein normales ehelich-familiäres Leben – mit der deutlichen Missionssendung zu vereinbaren, die Jesus Christus ungemein klar zur Stunde seiner Himmelfahrt formuliert hat:

„Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde.
Darum geht hin und lehrt alle Völker, und tauft sie auf den Namen
des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,
und lehrt sie alles zu befolgen, was Ich euch geboten habe.
Seht, Ich bin mit euch alle Tage hindurch – bis zum Ende der Welt”.
(Mt 28,18ff.; vgl. Apg 1,8).

Es war völlig unmöglich, um in immer andere Regionen des damaligen Römischen Imperiums zusammen mit den Ehegattinnen, und außerdem den sich ausweitenden Familien, den Kindern, umzulagern, um das Wort Gottes an immer anderem Ort zu verkündigen „... ob gelegen oder ungelegen(2 Tim 3,2).
– Außerdem, es geschah in der Regel mit ständigem Aussetzen des eigenen Lebens auf Gefahr „um des Namens Gottes willen”. In solchen Stunden wird sowohl der Apostel und Priester, ähnlich wie jeder andere Jünger Christi, mit seinem ganzen Selbst in wörtlichem Sinn nicht so sehr seinem eigenen Verstand anvertrauen müssen, als eher dem Menschen-Sohn und dem ihn führenden Heiligen Geist.

Das musste so manches Mal um den Preis geschehen, dass der radikale Ruf vonseiten Jesus Christus höher gesetzt wurde, als die Rücksicht, die von den weiter bestehenden Bänden sei es der Ehe, sei es der Familie herströmten.
Es wird dauernd um die Hierarchie der Werte und der Liebe gehen. So hat es auch zu seiner Lebenszeit der Menschen-Sohn selbst zum Ausdruck gebracht:

„Wer Vater oder Mutter mehr liebt als Mich,
ist Meiner nicht würdig.
Und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als Mich,
ist Meiner nicht würdig.
Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und Mir nachfolgt,
ist Meiner nicht würdig.
Wer sein Leben gefunden hat,
der wird es verlieren,
und wer sein Leben verliert um Meinetwillen,
der wird es finden” (Mt 10,37ff.).

Wir setzen voraus, dass der betreffende von Christus Berufene die Frage der bisherigen ehelichen und Familien-Bande im gegebenen Fall auf schöpferische Art und Weise gelöst hat – mit Berücksichtigung jeder der drei Seiten und der von jedem von ihnen ausgedrückten Zustimmung auf praktische Verabschiedung voneinander.

Sehen wir also im Augenblick von der Frage des weiteren Geschicks der bisherigen irdischen Familie ab, drängt sich bei dem Berufenen der Radikalismus des Anvertrauens in ganzheitlicher Hingabe zur Verfügung des Berufenden Meisters in den Vordergrund. Solches Anvertrauen muss sowohl in der Zuversicht an Gottes Führung zum Ausdruck kommen, wie auch im Mut angesichts der vorauszusehenden Verfolgungen „um des Namens Jesu willen”.

Damit hängt untrennbar ein Nicht-Besorgtsein um das, was und wie es im kritischen Augenblick zu sagen gilt, wenn es sich darum handeln wird, das Zeugnis um das eigene Verbundensein zum Sohn Gottes, Jesus Christus abzulegen:

„Wenn sie euch aber vor die Synagogen,
or die Behörden und Obrigkeiten führen,
so macht euch keine Sorgen,
wie oder womit ihr euch verteidigen oder was ihr sagen sollt.
Denn der Heilige Geist wird euch in derselben Stunde lehren,
was ihr sagen sollt” (Lk 12,11f.).

Die kompromisslose Nachfolge Christus wird jedesmalig zum Prüfstein der Stufe und Qualität im Anvertrauen an das Wort selbst des Menschen-Sohnes, der noch ganz kurz vor seiner Gefangennahme im Ölgarten seinen Jüngern Mut gegeben hat und ihnen das endgültige Ziel zeigte, indem Er es in meritorisch identische Worte gefasst hat, wie diese, die Er in 19 Jahrhunderten später durch die Hl. Faustyna Kowalska übermittelt: „Jesus, ich vertraue – auf Dich !” :

„Dies habe Ich zu euch gesagt, damit ihr in Mir Frieden habt.
In der Welt seid ihr in Bedrängnis, aber habt Mut:
Ich habe die Welt besiegt”  (Joh 16,33).

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3. Das Apostolische Wandern
mit einer ‘Frau’

Die unternommenen Erwägungen führen uns in diesem Moment zu einer der verwundernden Notizen des Hl. Paulus. Die Worte, die wir im Augenblick in Gedanken bewahren, berühren irgendwie direkt die gerade erörterte Frage: der gegenseitigen Beziehungen des Sakraments des Priestertums und des Sakraments der Ehe in der allerursprünglichsten Zeit der Kirche Christi.

Und zwar Paulus hat in seinem Ersten Brief an die Korinther im Zusammenhang einer mehrmals unternommenen Apologie seiner Sendung als Apostels, der zu diesem Posten von Jesus Christus selbst berufen worden ist [Gesicht unter Damaskus: Apg 9,1-6; und: Gal 1,12], eine verwundernde Aussage eingetragen. In einer jener Apologien, zu denen er immer wieder vonseiten „der Lügen-Apostel” genötigt wurde, die sich „tarnen als Apostel Christi” (2 Kor 11,13), drückt sich Paulus mit Schmerzen folgender in eigener Verteidigung aus.

Er schreibt hier nämlich an die Korinther, die er gerade zum Glauben an Jesus Christus gebracht hat. Mittlerweile sind aber auf dem von ihm durchzogenen Arbeitsfeld – dieses Mal in Korinth, jene „Lügen-Apostel”  erschienen, die die gerade erst Bekehrten systematisch gegen Paulus revoltiert haben. In dieser Lage schreibt Paulus an diese nicht leichten Korinther, unter denen so manche viel von sich gehalten haben:

„Seid ihr nicht mein Werk im Herrn? Wenn ich für andere kein ‘Apostel’ bin, so bin ich es doch für euch. Seid ihr doch das Siegel meines Apostelamtes im Herrn. Das ist meine Rechtfertigung denen gegenüber, die mich verurteilen.
– Haben wir keinen Anspruch auf Essen und Trinken?
Haben wir keinen Anspruch darauf, eine gläubige Frau mitzunehmen
[gr. adelphén gynaíka ...: gyné = Frau, Gattin; adelphé = Schwester, Verwandte; oder: Christin; periágein = herumführen; als die um alles Besorgte mitnehmen],
wie auch die übrigen Apostel und die Brüder des Herrn und Kephas?
Oder haben nur ich und Barnabas allein nicht die Befugnis,
das Handwerk aufzugeben?
Wer tut jemals Krieggsdienst gegen eigenen Sold ...? ...” (1 Kor 9,1b-7).

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a. Anklagung des Paulus
um ‘Vermögenerwerbung’
am verkündeten Evangelium

Wir bemerken, dass Paulus wahrhaft kein leichtes Leben in der Gemeinschaft so mancher Jünger Christi gehabt hat. Viele haben ihm seine Vergangenheit als Verfolgers Jesu Christi vorgehalten. Er wurde der Missachtung des Mosaischen Gesetzes betreffs der Beschneidung und Verzehrung von rituell ‘reiner’ oder ‘unreiner’ Speisen angeschuldigt.
– Besonders schmerzhaft musste ihn die Infragestellung seiner Berufung und Sendung als Apostels Jesu Christi gekränkt haben.

Im gerade angeführten Fragment seines Ersten Briefes an die Korinther erbringt Paulus in seiner längeren Beweisführung aufgrund sowohl des Alten Testamentes
(vgl. Dtn 25,4: ‘Du sollst dem Ochsen zum Dreschen keinen Maulkorb anlegen ...’; 1 Tim 5,18),
wie auch der Worte Jesu Christi selbst
(‘Denn wer arbeitet, hat ein Recht auf seinen Lohn’: Lk 10,7; 1 Tim 5,18; 1 Kor 9,9.13),
dass wenn er Apostel im Dienst Jesu Christi ist, ihm das Anrecht zusteht, dass ihn die Gläubigen erhalten:

„... So hat der Herr auch verordnet,
dass alle, die das Evangelium verkündigen,
vom Evangelium leben sollen” (1 Kor 9,14).

Allerdings ungeachtet dieses, indiskutabel ihm zustehenden Anrechts, hat Paulus davon bewusst keinen Nutzen gezogen. Er zeichnete sich mit stark entfalteter Empfindung ab um die eigene Würde als Apostels Jesu Christi und seiner eigenen Ehre, die er mit eventuellem Vorwurf nicht schänden möchte, und dem er augenscheinlich direkt oder mittelbar so manches Mal die Stirn bieten musste: dass er an der Erfüllung des Dienstes der Verkündigung des Wortes Gottes ein großes Vermögen erwerbe.
– Zu gleicher Zeit nahm er vortrefflich das Klima eines Misstrauens zu sich vonseiten zumindest einiger wahr, wohl besonders einflussreicher Personen der Lokalgemeinde, dieser ‘neunmalklugen’  Vertreter des Volks Gottes. Diese lauerten nur auf sein irgendwelches geringstes Straucheln, um den Grund zu seiner Anklage erwischen zu können.

Um den Gegnern jedes Argument hinsichtlich der vermeintlichen ‘Habe-Vorteile’, die er vermeintlich von der Verkündigung des Evangeliums erwerben sollte, von vornherein abzureißen, wählte er die Haltung, keine materielle Unterstützung vom Volk Gottes in Korinth anzunehmen. Trotzdem man schwer vermuten konnte, dass es diesen Leuten bei ihrer geografischen Lokalisation schlecht ergehen sollte. Im Gegenteil, sie lebten durchschnittlich wahrscheinlich auf hochangelegtem Lebensstandard.

Es ist aber bekannt, dass die Reichen gewöhnlich nicht auf die Idee kommen, man müsste u.a. auch einem Arbeiter am Weinberg Gottes zu Hilfe kommen, der doch vielleicht nichts zu essen und trinken haben kann, und der in seiner Bescheidenheit nicht den Mut hat diese seine persönlichen Bedürfnisse zu erwähnen. Kommt es aber bei solchen zu einer Spende, berechnen sie sie auf ein minimales Minimum.
– Wie üblich, erst diese, die selbst arm sind und durchaus nicht im Überfluss leben, teilen mit anderen Benötigenden was sie haben ‘nach dem Maß des Herzens’. Sie sind auch fähig die tatsächliche Not ihres Seelsorgers herauszuspüren.

Paulus sagt in diesem Zusammenhang bemerkenswürdig, indem er auch in dieser Hinsicht sein reines Gewissen offenbart:

„... Ich aber habe keinerlei Gebrauch
von diesen Rechtsansprüchen
gemacht ...
Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkündige! Wäre es mein freier Entschluss, so erhielte ich Lohn. Wenn es mir aber nicht freisteht, so ist es nur ein Verwalteramt, das mir übertragen wurde.
– Worin besteht demnach mein Lohn? Darin, dass ich als Verkünder des Evangeliums das Evangelium unentgeltlich darbiete, und so von meinem Recht, das mir aus dem Evangelium erwächst, keinen Gebrauch mache. Da ich also von niemand abhängig war, habe ich mich doch zum Sklaven aller gemacht, um möglichst viele zu gewinnen” (1 Kor 9,15.16-19).

In seinem Zweiten Brief an die Korinther greift Paulus an einer Stelle dasselbe Thema noch einmal auf, wobei er sich dieses Mal nur umso mehr ausgeprägt ausdrückt:

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Was für eine riesige Freudeerfahrung: das Auto hat aufgehört ... selbst zu kriechen! Die ganze Familie muss aussteigen und diesem kranken AUTO helfen, dass es weiter kann ... zur Reparatur. Die größte Hilfe schafft dieser Kleine von links ...

„Wir haben uns euch gegenüber und vor allen in jeder Weise offenbar gemacht.
Oder habe ich eine Sünde begangen, als ich mich, um euch zu erhöhen, selbst erniedrigte und euch das Evangelium Gottes unentgeltlich verkündete?
Andere Gemeinden habe ich beraubt, indem ich Unterstützung von ihnen annahm, um euch dienen zu können. Während meines Aufenthaltes bei euch bin ich, auch als ich in Not geriet, niemandem zur Last gefallen. Denn da haben mir die Brüder, die aus Mazedonien gekommen waren, aus der Not geholfen. In jeder Beziehung habe ich mich so eingerichtet, dass ich euch nicht lästig wurde und ich werde mich auch ferner so einrichten.
– So gewiss die Wahrheit Christi in mir ist, dieser Ruhm soll mir im Gebiet von Achaia [Achaia = Griechenland] nicht geschmälert werden. ...
Etwa weil ich euch nicht liebe? Gott weiß es! Was ich aber tue, werde ich auch in Zukunft tun, um denen die Gelegenheit zu nehmen, die nur die Gelegenheit suchen, sich Achtung zu verschaffen, um so dazustehen wie wir ...” (2 Kor 11,6-12).

Dieses Bekenntnis, das von der Tiefe des unbescholtenen Herzens des Paulus fließt, war in Wirklichkeit eine drastische Ohrfeige, die dem Volk Gottes von Korinth verabreicht wurde. Diese Leute waren offenkundig wohl bekannt wegen ihrer Knauserei und Verdächtigkeit, und hielten dabei sehr viel von sich. Sie empfanden sich als weise Nachkommen und Landsleute der großen griechischen Philosophen der vergangenen Jahrhunderte und der Moderne. Kein Wunder, dass Paulus in seinem Brief an die Korinther an diese ihre ‘Weisheit’ in eigenem Erachten mehrmals anknüpft (s. z.B.: 1 Kor 1,17-31; 2,1-16; 4,4-21; usw.).

Das beste Zeugnis aber für die Arbeitsamkeit des Paulus und die Tatsache, dass er um jeden Preis den eigenen Unterhalt und diesen der ihn begleitenden Personen persönlich zu gewinnen bemüht war – unabhängig von der Mühe und der Zeit, die die intensive, nicht selten sehr undankbare Verkündigung des Evangeliums benötigte (s. z.B.: Apg 17,16-34: der Auftritt des Paulus am Areopag, wo er demütigend ‘ausgepfiffen’ wurde), stellt der Bericht des Lukas über seine Gewinnarbeit beim Herrichten der Zelte. Dies geschah gerade in Korinth.
– Allerdings, es hat gerade dort solche gegeben, die ihn genau beobachteten und unberechtigte Verleumdungen hervorbrachten hinsichtlich des ‘Vermögens’, das er scheinbar gelegentlich der Verkündigung des Evangeliums angehäuft hatte.
(s. dazu ob.: Aquila mit Priszilla und Apollos: – die weitere Folge dieses Fragments).

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b. Opferwilliger Dienst der begleitenden
Frauen-Schwestern-Christinnen

In solchem Zusammenhang: der Apologie seiner Sendung als Apostels und daselbst des ihm zustehenden Anrechts, dass sich die entstehenden Gemeinden der Jünger Christi zu seinem Unterhalt verpflichtet finden, kehren wir auf die zuvor signalisierten, verwundernden Worte zurück, dass ihm, der Reihe nach, aus demselben Grund ebenfalls das Anrecht zusteht, irgendeine ihm dienende Frau-Schwester mitzunehmen – gr.: adelphén gynaíka (1 Kor 9,4ff. – s. Text ob.: Das Apostolische Wandern mit einer ‘Frau-Schwester-Christin’).

Von der Perspektive aus der Jahrhunderte ist es schwierig um eine eindeutige, korrekte Übersetzung der hier angewandten Wendung – gemäß der Wahrheit der damaligen Wirklichkeit.
– Das griechische ‘gyné’ [in unserem Text: im Akkusativ: gynaíka] bedeutet an sich sowohl die Genus-Bezeichnung ‘Frau’ (im Gegenteil zum Mann), wie auch ‘Ehefrau, Gattin’.
– Demzufolge stellt hier Paulus vielleicht fest, dass wenigstens einige der Apostel, zum Beispiel diese, die schon zuvor verheiratet waren, zusammen mit ihrer Ehefrau gereist haben.
Noch mehr, Paulus weist eindeutig hin auf gerade solchen Stil der unternommenen Apostolischen Tätigkeit der „übrigen Apostel und der Brüder des Herrn und Kephas” (1 Kor 9,5).
– Man muss sich allerdings bewusst bleiben, dass solche Bedeutung des hier angewandten: gyné im Sinn: ‘Ehefrau’ keinesfalls Gewissheit darstellt. Das würde über eine Wirklichkeit vorgreifen, die wir nicht als die einzig mögliche, noch als eindeutige anerkennen dürfen.

Eine ähnliche Bewertung betrifft die hier vorkommende, andere Wendung: „Brüder des Herrn”. Diese Bezeichnung bedeutet gemäß der damaligen Denk- und Ausdrucksweise in diesem Fall die Verwandten des Herrn Jesus. Der Wortschatz der hebräischen Sprache (daselbst auch ihrer aramäischen Abänderung, die von Jesus angewandt wurde) war bescheiden. Es hat u.a. keine gesonderte strikte Bezeichnung gegeben, um die Stufen der Verwandtschaft anzugeben, ohne die es uns weiterzukommen schwer ist: „Verwandter, Cousin, Onkel, Tante” usw.

Indessen gerade solchen Zustand der damaligen Ausdrucksweise müssen wir schlechterdings zur Kenntnis nehmen – nicht als dem Text aufgedrungenen, ihm fremden Sinn, sondern als Ausdruck der damaligen Mentalität und der gelebten Wirklichkeit in der semitisch-israelitischen Welt. Man darf die biblischen Bezeichnungen nicht unabhängig von ihrem philologischen, kulturellen, soziologischen und vielerorts anderem Zusammenhang bewerten. Die Menschen der damaligen Zeiten haben ihr Leben im Klima eines tief in ihrer Mentalität eingewurzelten Bewusstseins bezüglich ihrer Familien- und Stamm-Bande geführt. Sie wuchsen heran und entwickelten sich in der spontan sich kennen gebenden Empfindung, dass sie eine solidär miteinander verbundene große Familie bilden, in der jeder für den anderen verantwortlich ist und die Zurechnung füreinander trägt.

Daher haben die Menschen der damaligen Zeiten keine geringste Schwierigkeit empfunden, den Inhalt solcher Ausdruckswendungen, wie z.B.: ‘Brüder, Schwestern’ korrekt zu verstehen. Diese Ausdrücke bezeichneten schlechterdings die wahrhaft bestehenden Bande der gemeinsamen Stammesherkunft und der Verwandtschaft als einer großen Familie. Erst wir, gekennzeichnet mit statischer und abstrakter Mentalität, empfinden Schwierigkeiten beim gehörigen Verständnis der in der Heiligen Schrift angewandten Ausdrücke, die die Stufen der Verwandtschaft betreffen. Das ist aber Frage nicht der Leute der damaligen Zeiten, sondern Problem für uns.

In Form einer allgemeinen Konklusion gehört es sich den Schluss ziehen, dass die im erörterten Text 1 Kor 9,5 erwähnten: „übrigen Apostel” schlechterdings zusammen mit einer, oder auch mehreren Frauen wanderten. Es konnten zwar ihre Ehefrauen sein, aber ebenso gut konnten es gerade auch nicht ihre Ehegattinnen sein.

Für eben solche Bedeutung des hier angewandten: gyné-adelphé scheint entschieden die Berücksichtigung des weiteren Zusammenhangs der sich damals entwickelnden Kirche zu sprechen. Wie schon erwähnt, die Evangelisationstätigkeit bedeutete für den einzelnen ‘Apostel-Priester’ eine schwer strikt zuvor zu planende, systematische Verlagerung von Ort zu Ort, um der Anordnung Christi nachzukommen, dass das „Evangelium allen Geschöpfen verkündet wird”  (vgl. Mk 16,15). Das kam in der Praxis einer ständigen Aussetzung auf Lebensgefahr gleich – entweder vonseiten feindlicher Reaktionen sei es der Lokalbehörden, anderseits der gereizten Juden, oder endlich Bekenner der politheistischen Religionen.
– Es ist verständlich, dass solche Lebensweise praktisch völlig irreal wäre, wenn der betreffende Diener des Evangeliums außerdem noch mit Sorge um die Ehegattin und seine Familie belastet wäre.

Man kann dagegen verstehen, dass ein betreffender Apostel, oder auch irgendwelcher andere der Priester, eine Frau mitnahm – eine oder selbst ein paar Frauen. Man gewohnte sich schnell daran, solche Frau im Umkreis der Jünger Christi mit dem Namen ‘Schwester’ zu nennen. Solche Frau widmete sich, bewogen von ihrem fraulichen Herzen, das für natürliche Bedürfnisse des Menschen empfindsam war, ganz spontan zur Erfüllung der grundlegenden menschlichen Dienste, die mit dem Leben und dem Unterhalt eines betreffenden Dieners des Wortes verbunden waren.

Solchen Stil des Apostolischen Lebens hat übrigens auch Jesus Christus selbst entwickelt. Sowohl Jesus, wie dem bedeutenden Kreis seiner Apostel, und vielleicht noch vieler anderer seiner Jünger, die die Worte dieses Meisters von Nazaret gleichsam verschlangen, indem Er sie „lehrte wie einer, der die Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten” (Mk 1,22), begleiteten und dienten ganze Kreise von Frauen. Es waren opferwillige Frauen – ganz bestimmt nicht Ehefrauen irgendeines der Apostel. Sie gaben sich spontan, mit aller Opferbereitschaft ihres fraulichen Herzens, den Beschäftigungen hin, die zur Befriedigung der elementaren Lebensbedürfnisse vor allem Jesu selbst, und samt Ihm des Kreises seiner Apostel und der übrigen Jünger, unumgänglich waren.

Einen ähnlichen Lebensstil haben nach der Herabsendung des Heiligen Geistes andere weitere Frauen erfüllt, die mit ebenso gleichem Eifer um die Fragen, die mit den grundlegenden Bedürfnissen der Diener des Wortes Gottes zusammenhingen, besorgt waren. Indem sie ihr glühendes Engagement beobachteten – im Klima der ständigen Aussetzung ihres Lebens selbst auf den Märtyrertod, waren sie sich bewusst, dass es sowohl den Aposteln, wie ihren Nachfolgern, die das Wort Gottes in immer anderen Ländern verkündet haben, weder Zeit noch Kraft reicht, um um sich selber besorgt zu sein.

Wir können von vornherein die völlig mit der Wahrheit des Lebens für den Alltag übereinstimmende – brutale Aussagekraft wenn auch nur dieses autobiographischen Bekenntnisses des Hl. Paulus annehmen, wobei dieser doch außer Zweifel kein Wort ‘in den Wind’ geworfen hat:

„... Sie sind Diener Christi?
[Paulus setzt sein Apostolisches Leben mit dem der übrigen Apostel und anderer Verkünder des Evangeliums zusammen]?
Jetzt rede ich ganz unvernünftig: Ich noch mehr!
In Mühen viel mehr, in Gefangenschaften viel mehr, in Misshandlungen über die Maßen, oftmals in Todesnöten ...
– Mühsal und Beschwerde hatte ich zu ertragen, oftmals durchwachte Nächte, Hunger und Durst, häufiges Fasten, Kälte und Blöße, abgesehen von allem anderen noch der tägliche Andrang zu mir, die Sorge um alle Gemeinden ...” (2 Kor 11,23.27f.).

Anfangs haben die Apostel alle Beschäftigungen, die mit eigenem Unterhalt zusammenhingen, zweifelsohne selbst erfüllt. Aber in Kürze kam der zusätzliche, zeitraubende Dienst hinzu – sei es nur bei der gerechten Verteilung der Güter, die zu ihren Füßen die mehr wohlhabenden Neu-Bekehrten Jünger hinlegten.
– Ganz schnell hat es sich gezeigt, dass es praktisch gesehen immer schwieriger war die sich anhäufenden Beschäftigungen, die mit eigenem Unterhalt zusammenhingen, mit der Bedienung „der Tische” – und ihrem eigenen grundsätzlichen Ziel zu vereinbaren: dem vollen Engagement in die Verkündigung des Evangeliums.

So ist es zur ersten „Arbeits-Verteilung” gekommen – dank der Aussonderung des Diakonats als der Mit-Teilnahme am selben Sakrament des Priestertums. Die Einsetzung des ‘Diakonats’ ließ die Apostel sich „ausschließlich dem Gebet und dem Dienst am Wort” (Apg 6,4) abzugeben, wie es autoritativ Petrus bei der Wahl der Diakone festgestellt hat.
– Den Dienst „bei den Tischen” der Armen haben von nun an grundsätzlich die Diakone erfüllt. Das geschah aber wohl bei aktiver Mitarbeit mit noch anderer Personen, großenteils ‘Volontariärer’, und umso mehr von Frauen, die von Natur aus zu solchem Dienst bei den Bedürfenden prädisponiert sind.

Dennoch unabhängig von entstandenen ‘Diakonen’ haben sich ganz sicher weiter opferwillige ‘Frauen’ gemeldet, beziehungsweise irgendeine einzelne ‘Frau’, die bereit war um die einfachen, menschlichen Dienste zu sorgen, die zum Alltagsleben der Diener Gottes unumgänglich waren. Es geht vor allem um solche tägliche Dienste, wie Einkauf von Lebensmitteln, Kochen, Waschen, Sorge um die Bekleidung, u.dgl.

Solche Bedeutung der hier angewandten zwei griechischen Ausdrücke: gyné, adelphé (Frau-Schwester) – ist im Zusammenhang der Ereignisse, die sei es in der Apostelgeschichte, sei es in Apostel-Briefen dargestellt wird, völlig begründet und verständlich.
Auch heute wird in bestimmten Milieus die Ansprache z.B. einer Krankenschwester mit dem Namen ‘Schwester’ als Selbstverständlichkeit angenommen. Aus ähnlichem Beweggrund wird in bestimmten Menschenkreisen die gegenseitige Ansprache, wenigstens eine bestimmte Zeit hindurch, z.B. bei gemeinsamer Pilgerwanderung u.dgl., mit der Wendung: ‘Bruder’, beziehungsweise ‘Schwester’ angenommen. Um wieviel mehr wurde das in der ursprünglichen Kirche angewandt, wo alle tatsächlich ihr beinahe ‘Familien-Band’ in der gemeinsamen Vereinigung in Christus gelebt haben.

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Hier braucht es viel Mut, Kühnheit und Akrobatikkunst: dass es sich im Kopf nichts dreht und dass man mit dem Leben weiter kann - auf diesem Seil so hoch über Abgründe. Dennoch es finden sich immer wieder solche Helden, die es schaffen können.

In eben solcher Bedeutung hat den opferwilligen Dienst vonseiten der Frauen zu seiner irdischen Lebenszeit – mit Dank und ohne Vorbehalt vor allem der Menschen-Sohn selbst, Jesus Christus, angenommen. Davon zeugen ohne irgendwas zu verheimlichen Berichte der Evangelisten. Es genügt auch nur die folgende Notiz des Lukas zu erwähnen, wobei gerade er fortwährend eine weit vorangeschobene Empfindsamkeit für die Würde der Frau und ihre Promotion vonseiten Jesus Christus erwies:

„Die Zwölf begleiteten Ihn, außerdem einige Frauen, die Er von bösen Geistern und von Krankheiten geheilt hatte: Maria Magdalene, aus der sieben Dämonen ausgefahren waren, Johanna, die Frau des Chuzas, eines Beamten des Herodes, Susanna und viele andere. Sie alle unterstützten Jesus und die Jünger mit dem, was sie besaßen” (Lk 8,1ff; s. auch: MuD 13; usw.).

Im besprochenen Text 1 Kor 9,5 (s. ob.: Das Apostolische Wandern mit einer Frau-Schwester-Christin) hat Paulus auch noch ein anderes Substantiv angewandt, das in diesem Satz die Rolle des Attributes zu jenem grundsätzlichen: ‘gyné’ (Frau) spielt, und zwar das griechische: ‘adelphén gynaíka’.

a. Das griechische ‘adelphé’ bedeutet: ‘leibliche Schwester’.
b. Dennoch in der griechischen Sprache des Neuen Testamentes (das sog. ‘koiné diálektos’ = Allgemeiner Dialekt) bedeutet es nicht selten, nach der semitischen Ausdrucksweise: ‘Schwester-als-Verwandte’ : sei es die Cousine, sei es eine Frau von weiterer Familie, oder schlechterdings von diesem Stamm.
c. Unabhängig davon wird der Ausdruck ‘adelphé’ in der neutestamentlichen griechischen Sprache in der Bedeutung gebraucht: Schwester-als-Christin, d.h. Jüngerin Christi, eine Frau die den Glauben an Christus-den-Gott angenommen hat; eine Frau, die Gläubige Person geworden ist.
d. Bemerkenswert ist in diesem Fall die Übersetzung des Neuen Testamentes von griechischer Sprache in die hebräische Sprache, die von Prof. Franz Delitzsch (Berlin 1923) unternommen wurde. Sie lautet an dieser Stelle:

„... leholík
[für das Umhergehen]
‘immánu
[mit-uns]
’achot
[von Schwestern-Verwandten]
le-’ishsháh
[als Frauen; in der Beschaffenheit einer Frau]:

also:
zum Umhergehen samt uns der Schwestern-Frauen
(eventuell: der Ehegattinnen) ...”
(1 Kor 9,5; S. 308).

Das hier angewandte hebräische Dingwort ’achot ist Pluralform vom weiblichen: ’acháh = Schwester; Verwandte; Cousine. Es ist also das weibliche Gegenstück des männlichen Substantivs: ’ách, das bedeutet: Bruder, Verwandte, Cousin.
Dieses Substantiv spiegelt aber inhaltsgemäß die Mentalität jener Zeiten ab, und zugleich die nicht allzu sehr entwickelte Stufe sei es der hebräischen Sprache, sei es der anderen Abzweigungen der semitischen Sprachen.
– Angesichts der fehlenden anderen Substantive zur Bezeichnung der präzisen Verwandtschafts-Stufen, die unsere moderne Kultur und Mentalität nicht entbehren könnte, gebrauchte man in jenen Zeiten sei es die männliche Form, sei es die weibliche jenes ’ach – ’acháh [Bruder; Schwester = Verwandte; Mitglied der Familie, des Stammes] zur Bezeichnung zugleich aller Abänderungen, die unseren unterschiedlichen Ausdrücken entsprechen: ‘Verwandter, Verwandte; Cousin-Cousine; Onkel, Tante’, usw.

Mit anderen Worten, das hebräisch-aramäische ’ach [= Bruder] betrifft sowohl die Geschwister, wie auch die näheren, und selbst die sehr entfernten Verwandten, das heißt schlechterdings ‘die Familie, den Stamm’ in sehr weitem Sinn dieses Wortes.
Das entsprach der zutiefst in der damaligen Mentalität eingewurzelten Stamm-Verfassung, in der man sich im Grund genommen nicht nach dem staatlichen Gesetz richtete, das es übrigens des Öfteren noch nicht gegeben hat, beziehungsweise das sich erst sehr langsam und unter nicht geringem Widerstand vonseiten der einzelnen Stämme, Generationen und Sippen entwickelte.

Gerade in solchem Sinn soll die hier vorkommende, vom Völker-Apostel angewandte – noch weitere Ergänzung verstanden werden:
„... eine gläubige Frau mitzunehmen, wie auch die übrigen Apostel – und die Brüder des Herrn und Kephas(1 Kor 9,5).

Wir haben nicht vor hier in die Wirklichkeit jener Zeiten einzudringen, da wir in diesem Fall sowieso keine Gewissheit gewinnen. Dabei ist uns aber auch eine strikt genaue Antwort zu dieser Frage selbst nicht nötig. Man muss die Möglichkeit sein lassen, diesen Text in jeder von jenen ein paar bestehenden Bedeutungen zu übersetzen, beziehungsweise zu verstehen.

Die Übersetzung soll Übersetzung sein, nicht aber Kommentar. Uns aber stört in geringstem Grad die Annahme in dieser Stelle selbst der Bedeutung: Frau-als-Ehegattin. Der Heilige Geist hat die Kirche Christi in ein immer tieferes Verständnis des Sinnes um die Jungfräulichkeit und das Zölibat um des Gottes-Reiches willen erst allmählich eingeführt – gemäß der Aussage Christi selbst: „Nicht alle fassen dieses Wort, sondern nur die, denen es gegeben ist”  (Mt 19,11).

Möchten wir aber schon nicht nur die abstrakten, rein philologischen Erwägungen hinsichtlich der hier erörterten Ausdrücke des Hl. Paulus berücksichtigen, gehört es sich festzustellen, dass der gesamte Zusammenhang des Evangeliums und der sich dynamisch entwickelnden Kirche entschieden dafür zu sprechen scheint, dass der Sinn jenes Pauli Ausdrucks: ‘gyné-adelphé’ [Frau-Schwester] eine Frau betrifft (eine einzige oder mehrere) als nicht mit dem Eheband mit dem betreffenden Apostel-Priester Verbundene. Diese Frau – beziehungsweise diese Frauen, umfingen die Apostel-Priester schlechterdings mit ihrer fraulichen Fürsorge von materieller Seite ihres Lebens her, indem sie ihnen wie sie konnten gedient haben bei ihrer Ernährung und ihrem Unterhalt für den Alltag.

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RE-Lektüre: VII.Teil, Kapitel 2, ad ‘d’.
Stadniki, 30.VIII.2015.
Tarnów, 5.VI.2022.


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3. Engagiertes Erleben des Glaubens
4. Die Rolle der Frau in der ‘Haus-Kirche’

E. KOEXISTENZ DES SAKRAMENTS DES
PRIESTERTUMS UND DER EHE


1. Gegenseitige Einwirkung des Sakraments des
Priestertums und der Ehe

a. Berufung zum Apostel-Priester
b. Berufung zur Ehe-Familie
2. Ehe – und Apostel-Priester in der ursprünglichen Kirche
a. Dynamik und Preis der sich ausweitenden Frohen
Botschaft

b. Fruchtbarkeit der Liebe in Ehe – und Fruchtbarkeit der
Liebe im Heiligen Geist

„Wer Vater oder Mutter mehr liebt als Mich, ist Meiner
nicht würdig” (Mt 10,37ff.). Text

3. Das Apostolische Wandern mit einer ‘Frau’
Die Mitnahme einer Frau-Schwester-Christin (1 Kor 9,4)
a. Anklagung des Paulus um ‘Vermögenerwerbung’ am
verkündeten Evangelium

b. Opferwilliger Dienst der begleitenden Frauen
-Schwestern-Christinnen

Der Ausdruck ‘gyné’
Der Ausdruck ‘Brüder’
Der Ausdruck ‘gyné-adelphé’


Bilder-Fotos

Abb.1. Johannes Paul II. küsst ein kleines Mädchen
Abb.2. Große Eisenbahnkatastrophe in Polen, 2012
Abb.3. Hochzeit bei Gebirglern, in Goralen-Tracht, Polen
Abb.4. Liebender Vater mit seinen großwerdenden Kindern
Abb.5. Eichhörnchen im herrlichen Weitsprung
Abb.6. Auch so was kommt vor: das Auto kann nicht mehr von
allein gehen

Abb.7. Erstaunliche Akrobaten über Gebirgsabgründe auf dem
Seil