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Gleichheit in ‘Einheit-der-Zweien’ und Ehe-Bund im Straucheln

Das hier besprochene Straucheln der Gleichheit in ‘Einheit-der-Zweien’, sollte es auch mit der Begehrlichkeit der Augen allein begangen werden, wirkt sich direkt auf die Beziehungen zwischen Mann und Frau auch schon in der Ehe selbst aus, d.h. auf dem Ethos, das Jesus Christus zu erneuern gekommen ist. So lesen wir beim Heiligen Vater, der die durch die Sünde gewordene Un-Gleichheit zwischen Mann und Frau weiter erörtert:

[Das in Gen 3,16 erwähnte ‘Herrschen’ des Mannes über die Frau] weist auf die ... gegenseitige Beziehung zwischen Mann und Frau in der Ehe hin. Es handelt sich hier um das Verlangen, das im Klima der bräutlichen Liebe zutage kommt, die es bewirkt, dass die ‘uneigennützige Gabe seiner Selbst’ vonseiten der Frau eine Antwort und Ergänzung in ähnlicher ‘Gabe’ vonseiten des Mannes finden soll. Nur aufgrund dieses Prinzips sind diese beiden, doch besonders die Frau, imstande, ‘sich zu wieder finden’ als wahre ‘Einheit-der-Zweien’ je nach der Würde der Person.
– Die eheliche Vereinigung fordert Achtung und Vervollkommnung der wahren personalen Subjektivität der beiden. Die Frau kann nicht zum ‘Objekt’ des männlichen ‘Herrschens’ und ‘Besitztums’ werden...” (MuD 10).

Und noch in enger Anknüpfung an die eheliche Vereinigung von Mann und Frau, dieses Mal parallel zum hervorgehobenen Merkmal der Nicht-Ähnlichkeit bei der Frau, des traurigen Erbguts der Sünde des Ur-Anfangs:

„Das biblische ‘Erkennen’ verwirklicht sich in ganzer Wahrheit der Person nur dann, wenn:
– die gegenseitige Gabe-seiner-Selbst keiner Entstellung durch das Verlangen vonseiten des Mannes erliegt ‘Herr’ über seine Geliebte zu werden [s. die Worte: ‘er aber wird über dich herrschen’]
– noch dadurch, dass sich die Frau in eigenen Instinkten verschließt [‘nach deinem Mann wird dein Verlangen sein’: Gen 3,16] ...” (MuD 18).

Das alles lässt uns sich klarer zum Bewusstsein bringen, was das bedeutet, wenn ‘das lüsterne Anblicken der Frau’ – Sünde des ‘Ehebruchs im Herzen’ durch die Tatsache allein wird, der Begehrlichkeit des Sehvermögens erlegen geworden zu sein.
– Oben wurden schon Aussagen und dramatische Beispiele angeführt, die es veranschaulichen, wie äußerst leicht ein lüsternes Anblicken zum Ehebruch nicht nur in Gedanken, sondern auch mit der Tat führen kann. In so manchen Fällen zieht diese Sünde dann eine ganze Lawinenkette weiterer Sünden, und selbst blutiger Verbrechen nach sich.

Das lässt uns sich die Stichhaltigkeit der Deutung des Gebotes Gottes, die Jesus in der Bergpredigt dargestellt hat, zum Bewusstsein zu bringen. Schon auf dem Niveau des Gedankens und des ‘Herzens’ drückt sich die Begehrlichkeit mit allen Eigenschaften des Übels und der Un-Ähnlichkeit des Menschen zu Gott aus, die dann ihren tatsächlichen, äußeren Ausdruck finden können, falls sich die lüsternen Gedanken in die Tat umkleiden würden in Form eines tatsächlich begangenen Ehebruchs. Jesus sagt nicht umsonst – in Antwort auf den Anstoß, den bei den Pharisäern seine folgenden Worte geweckt haben: „Nicht das, was durch den Mund in den Menschen hineinkommt, macht ihn unrein, sondern was aus dem Mund des Menschen herauskommt, das macht ihn unrein ...” (Mt 15,11):

„Er [Jesus] antwortete ihnen [den Aposteln, die nach Erklärung fragten]:
‘Seid auch ihr noch immer ohne Einsicht? Begreift ihr nicht, dass alles, was durch den Mund in den Menschen hineinkommt, in den Magen gelangt und dann wieder ausgeschieden wird?
Was aber aus dem Mund herauskommt, das kommt aus dem Herzen, und das macht den Menschen unrein.
Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsche Zeugenaussagen und Verleumdungen. Das ist es, was den Menschen unrein macht ...” (Mt 15,16-20).

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b. Ehe und Ehebruch

Ursprüngliche Monogamie und Entwicklung der Polygamie

Jesus knüpft in der Bergpredigt nicht nur an das besprochene lüsterne Anblicken auf die Frau an, sondern greift daselbst die grundsätzliche Frage auf bezüglich des Ehebruchs an sich und seiner Verbindung mit der Treue zum geschlossenen ehelichen Bund. Vom Nachdruck selbst der Aussage Jesu muss offenbar gefolgert werden, dass das von Ihm so eindeutig gebrandmarkte lüsterne Anblicken nicht nur die Eheleute betrifft, sondern einen Grundsatz darstellt, der ganz unabhängig davon besteht, ob jemand mit dem Ehebund verbunden ist, oder nicht.

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Die letzte Stelle, die der Heilige Vater bei seiner Pilgerreise nach Polen (25.-28.V.2006) besucht hat, war das Vernichtungslager Oswiecim-Brzezinka (Auschwitz-Birkenau). Dieser Besuch verlief vor allem in Schweigen und Gebet. Der Papst betete u.a. unter der Todeswand und in der Zelle des Hl. Maximilian M.Kolbe. Unter der hier dargestellten Todesmauer wurde eine unzählbare Menge von Leuten erschossen. Sie mussten sich zuerst ganz ausziehen. Viele sind im Stillschweigen gefallen, oder sie sagten höchstens Worte des Glaubens und Liebe zu Gott und der Heimat. - Symbolreich war das Schweigen des Papstes an diesen Stellen. Es ist Muster für die Verhaltensweise angesichts des überwältigenden menschlichen Leidens.

Auf der zeitweiligen Stufe unserer Nachsuche versuchen wir genauer die Stellungnahme Jesu in Frage selbst des Ehebruchs an sich betrachten. Das aber betrifft schon unmittelbar die Ehe als Sakrament des Neuen Bundes.
– Hier noch einmal die Worte Jesu von der Bergpredigt:

„Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen.
Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht,
hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen” (Mt 5,28).

Wir schöpfen weiter voller Dank in den tiefen Analysen Johannes Paul II. aus seinen Mittwochs-Erwägungen (ML 237-253) betreffs dieser Hinsicht der Frage.

Aufgrund der Einführung selbst u.a. zur Frage des ‘Ehebruchs’, die Jesus angewandt hat, muss man bemerken, dass Er sich der Deutung der „Schriftgelehrten und Pharisäer” entschieden widersetzen will (Mk 5,20). Sie haben nämlich mit ihrer Kasuistik das Gesetz Gottes betreffs der Ehe und Gebote Gottes hinsichtlich des geschlechtlichen Ausmaßes des Menschen wesentlich entstellt.

Diese kasuistische Deutung war deutlich mit dem Druck der dreifachen Begehrlichkeit gekennzeichnet. Ganz besonders stand sie unter dem Druck der „Begehrlichkeit des Fleisches”, die „nicht vom Vater herkommt, sondern von der Welt” (1 Joh 2,16f.). Jesus aber will nicht „das Gesetz und die Propheten aufheben, ... sondern es zu erfüllen” (Mt 5,17), d.h. es zur Fülle und Vollkommenheit führen.

Wenn wir die Geschichte des Alten Testaments anschauen, kann schwer nicht bemerkt werden, dass man dort von monogamischer Ehe nicht sprechen kann: eines Mannes mit einer Frau. Das Werk Gottes Erschaffung war in dieser Hinsicht eindeutig. Gott hat zweifelsohne die Ehe als Institution erschaffen, die nicht aus menschlicher Gründung, sondern aus Gottes Bestimmung – sich mit monogamer Beschaffenheit kennzeichnen sollte.
– Daran knüpft deutlich Jesus Christus an in der bekannten Auseinandersetzung, in die Ihn die Pharisäer einzuziehen suchten, als sie Ihm die Frage betreffs der ‘Scheidungsurkunde’ vorgelegt haben (Mt 19,3). Jesus bestätigte damals ohne jedes Zögern, dass die Ehe keine andere sein kann, als nur monogamisch:

„Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer sie von Anbeginn an
als Mann und Frau geschaffen hat und gesagt hat:
Deshalb wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden,
und die beiden werden ein Fleisch sein
.
Also sind sie nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch.
Was nun Gott verbunden hat, das soll der Mensch nicht trennen ...” (Mt 19,4ff.).

Die menschliche Schwäche hat aber bald die Polygamie eingelassen. Nach der Bibel wurde der erste, der zwei Frauen als Ehefrauen für sich genommen hat, der Nachkomme der Kainiten – Lamech. Beide seine Frauen haben Namen, die auf ihre provozierende Verhaltensweise im Bereich des ‘Sexus’ gewiesen haben: Ada – und Zilla.
– Der Name ‘Adáh bedeutet: sich mit etwas schmücken, mit Schmuck bedeckt sein.
– Der Name Zilláh bedeutet dagegen: Klirrschmuck, Klingelzeuge, Rasselschmuck.
Lamech selbst, der der Umgebung mit seiner ‘Rachegier-um-der-Rache-willen’ drohte, prahlte zugleich deutlich angesichts seiner zwei Frauen, die Nebenfrauen waren wegen seiner männlichen Kraft. Die Heilige Schrift hat sein verrufenes ‘Rache-Lied’ bewahrt (Gen 4,23f.).

Nach dieser ‘Bresche’ im Gottes Erschaffungswerk, das seinen tiefen Eintrag im menschlichen Herzen hat (s. Röm 2,15f.), beobachten wir besonders im Laufe der Entwicklung der Stadt-Zivilisation tiefen Sittenverfall im Bereich der Sexualität. Das wurde einer der Gründe, warum die Sintflut die Welt betroffen hat. Der biblische Verfasser erklärt seine Gründe u.a. folgender:

„Und es geschah, als die Menschen begannen, sich zu vermehren auf der Fläche des Erdbodens, und ihnen Töchter geboren wurden, da sahen die Söhne Gottes [wahrscheinlich Nachkommen des Set: des besseren Teiles der Menschheit]
die Töchter der Menschen, dass sie gut waren, und sie nahmen sich
von ihnen allen zu Frauen, welche sie wollten ...” (Gen 6,1f.).

Weiteres Beispiel der Sittentiefe und wilder Entartungen des Menschen im geschlechtlichen Ausmaß wurden – viele Jahrhunderte später, oder vielleicht nach langen weiteren Jahrtausenden der Menschheit auf der Welt, die dramatischen Ereignisse des Unterganges von Sodom und Gomorra (Gen 18,16-19,29).

Faktische Polygamie der Patriarchen und der Machthabenden in Israel

Gott hat das Werk der Offenbarung seines Selbst und seines Vorhabens gleichsam ganz von neuem ab Abraham an unternommen (Gen 12). Wir sind uns bewusst, dass wenn wir die Tatsache der Entwicklung im Verständnis der Wahrheit der Offenbarung im Bereich des Dogmas annehmen [sei es z.B. um das Geheimnis der Allerheiligsten Dreifaltigkeit], muss man parallel die Entwicklung des Verständnisses der Wahrheit der Offenbarung auch im Bereich der Ethik annehmen.

Daher wundern wir uns nicht allzu sehr, noch nehmen wir Anstoß aufgrund der Tatsache, dass die Patriarchen zwei, und bisweilen noch mehr Frauen-Ehefrauen gehabt haben, manchmal außerdem noch Nebenfrauen. Das geschah trotzdem das moralische natürliche Gesetz in jedem Menschenherzen auf gleiche Art eingeprägt ist – sowohl in Zeiten vor Christus, wie nach Christus.
– Wir sind Zeugen einer fortwährend beeinträchtigenden Behandlung der Frauen. Die Frau durfte keine ein paar Männer haben. Im Gegenteil, ein Mann konnte ein paar Frauen haben ...

Erst im Maß, wie es immer näher zur „Fülle der Zeit” (Gal 4,4) war, d.h. in den letzten Jahrhunderten vor Christus, ist es in Israel im Grund genommen zur allgemeinen Beseitigung der Polygamie gekommen. Es hat sich endgültig die monogame Ehe befestigt. Es ist zweifelsohne Ausdruck der Dynamik der Wahrheit der Offenbarung, die auf unbedingt treue Art und Weise, obwohl bisweilen durch eine Herablassung Gottes bis zu den menschlichen Gedanken- und Gewohnheits-Geleisen, zu immer besserem Verständnis Gottes in seinem Vorhaben: der Erlösung des Menschen – Mann und Frau, im erwarteten Sohn Gottes Jesus Christus geführt hat.

Ob man will oder nicht will müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass in der damaligen Sittlichkeit das Gewohnheitsrecht tief eingewurzelt war, zumindest eine ‘zusätzliche’ Frau als zweite Ehefrau zu haben, und nicht selten außerdem zumindest eine, oder mehrere Nebenfrauen dazu.

Andere Sache, dass der mütterliche Instinkt bei damaligen Frauen so übermächtig zutage kam, dass die Tatsache, keine Nachkommenschaft zu haben allgemein als Zeugnis Gottes Zornes und Strafe für die betreffende Frau angesehen wurde. Die Frau war beinahe ‘krank’, wenn sie kein Kind gehabt hat.
– Die Mutterschaft galt im gewissen Sinn als Abreagierung vonseiten der Frauen ihrer ungerechten und demütigenden Behandlung bei anderen Erscheinungen des Lebens zu Hause und in Öffentlichkeit.

Das vermag wohl die Tatsache erklären, dass selbst Frauen der bekannten Patriarchen, die von ihren Männern mit großer Achtung behandelt wurden und zweifellos auch Liebe erfahren haben, im Fall der Kinderlosigkeit ihrem Mann selbst vorgeschlagen haben, er möge eine Vereinigung mit ihrem Dienstmädchen unternehmen, um von ihr die Nachkommenschaft zu erwarten, die ihnen „auf ihren Knien” geboren werde [vgl. Gen 30,3 – Rahel, die Frau von Jakob, schlägt Jakob seine Sklavin Bilha vor; und: Gen 16,2 – Sarai, die Frau von Abram, empfiehlt ihm, dass er sich zu ihrer Sklavin Hagar nähert]. Das entsprach den damaligen Gesetzen von Hammurabi, die in ganz Mesopotamien verbreitet waren.

Die Hebräer haben mittlerweile, um die Hälfte des 13.Jh. vor Chr., die Zehn Gebote Gottes unter Sinai bekommen. Man müsste aber gestehen, dass die Gebote Gottes ihren eigenen Lebensweg geführt haben, dagegen die Wirklichkeit für den Alltag entwickelte sich auf eigener Bahn. Wir können es am Beispiel solcher Autoritäten sehen, wie sie dem König David und seinem Sohn Salomo eigen war (s. dazu: ML 238f.).

Schon David hat viele Frauen gehabt. Er vermählte sich mit ihnen zweifellos auch aus Begehrlichkeit. Parallel dazu gab es aber ‘politische’ Beweggründe dazu, zumal auf diesem Weg – durch die Ehe, Anhänger der weiteren Stämme oder selbst eines Geschlechts in Israel gewonnen werden konnten [z.B. die Ehe mit Abigajil von Karmel: 1 Sam 25,39-42; V. 43: Vermählung der Ahinoam aus Jesreel; s. auch 2 Sam 3,2ff.; 5,13ff.; usw.].

Umso mehrere Frauen und zahlreiche Nebenfrauen hat Salomo, der Sohn Davids, gehabt [s. 1 Kön 3,1: Tochter des Pharao wurde Frau von Salomo; 1 Kön 11,1-8]. Mit anderen Worten jemand, der die Macht einnahm, ‘konnte sich das erlauben’, mehrere Frauen und Nebenfrauen zu haben. Ihre Erhaltung hat doch ganz seriös den Haushalt belastet (s. z.B.: Ri 8,30: Gideon hatte viele Frauen und Nebenfrauen; usw.).

Legalistische Deutung des ‘Ehebruchs’

Kein Wunder, dass sich in dieser Lage vor allem die Machthabenden das Gesetz und Gebot Gottes an die bei ihnen zutage kommende ... Begehrlichkeit ‘angepasst’ haben. Dem eindeutig formulierten Gebot Gottes zuwider, hat man begonnen, als ‘Ehebruch’ auf konjunkturale Art und Weise nur den Kontakt mit einer fremden Ehefrau anzusehen, nicht aber z.B. mit einer Sklavin, oder einer freien Frau (s. z.B.: Dtn 21,10-14;15-17; 22,28f.).

Die Vorschriften des Gesetzes von Mose enthalten ungemein strenge Sanktionen, die es anzuwenden galt zur Bestrafung des Ehebruchs, also eines Kontaktes mit der Ehefrau jemandes anderen. Die Strafe hat in diesem Fall im Grund genommen auf Steinigung sowohl des Mannes, wie auch der Frau beruht (s. Lev 20,10-21; V.14: Strafe durch Verbrennen; Dtn 22,20-24).
– Das Gesetz, d.h. die geschaffene legalistische Gesetzgebung, hat es dagegen nicht verstanden, konsequent die Monogamie zu anerkennen, demzufolge in Praxis die Polygamie sanktioniert wurde: die Institution von ein paar Frauen-Ehefrauen, eventuell außerdem noch zusätzlicher ‘Nebenfrauen’.

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Ein weiteres Kleines Kind während der Pilgerreise Benedikt XVI. nach Polen (25.-28.V.2006) - mit einem Stander mit beiden Päpsten: Johannes Paul II. und Benedikt XVI.

Ein weiteres Kleines Kind während der Pilgerreise Benedikt XVI. nach Polen (25.-28.V.2006) - mit einem Stander mit beiden Päpsten: Johannes Paul II. und Benedikt XVI.

Beweggrund zur Abbüßung der erwähnten, unnachsichtigen Strafe wegen des ‘Ehebruches’ war aber – wie es scheint, nicht so sehr die Berufung auf das Gebot Gottes, noch eine tiefere religiös-ethische Motivation, sondern eher die Verletzung dadurch des ‘Rechts auf eigenen Besitz’ bezüglich des Nächsten (s. dazu: ML 239f.). So war damals die Mentalität, die wohl vom schriftlich im ‘Kodex Hammurabi’, allgemein in ganz Mesopotamien angewandten geprägten Gewohnheitsrecht, übernommen war. Sie hat ihr Echo in der Formulierung des X.Gebotes gefunden (s. ob.: Lauterkeit des Herzens: Voraussetzung um Person-Gabe zu werden).
– Das Gebot nennt die Frau, die Ehefrau, zwar an der ersten Stelle, aber doch als Verbot, materielle Sachen des Nächsten zu begehren, wie es schon früher erwähnt wurde (s. ob.: Begehrlichkeit der Augen bei den zwei Ältesten vom Daniel-Buch [Dan 13]).

Darin sehen wir einmal mehr die ‘Erniedrigung’ Gottes zu entstellten, schlechten Gedankengleisen der damaligen Zeiten – zu diesem Zweck, um vermittels solcher Herabniedrigung – es allmählich auf eigentliche Bahnen des Vorhabens Gottes hinzuführen. Die Dynamik der Wahrheit der Offenbarung Gottes erreicht im Laufe der Zeit eine wirksame Beseitigung der Behandlung der Frau Nicht-nach-Gottes-Art und die endgültige Annahme der monogamen Ehe.

Das Volk Gottes versteht durch den Heiligen Geist, der es allmählich in immer tieferes Verständnis der Wahrheit einführt, dass das natürliche moralische Gesetz auf gleiche Art und Weise den Machthaber und den Untertanen verpflichtet – unabhängig von der herrschenden Kultur und Religion. Dieses Prinzip äußert einmal Johannes Paul II. in seiner Umbruchs-Enzyklika Veritatis Splendor (1993) aus:

„Angesichts moralischer Normen, die Taten verbieten die innerlich schlecht sind, gibt es für niemanden Privilegien noch Ausnahmen. Hier ist es bedeutungslos, ob jemand Herr der Welt ist, oder der letzte ‘Elendste’ auf Erden: angesichts der moralischen Ansprüche sind wir alle absolut gleich” (VSp 96).

Legislative Kasuistik des VI. Gebotes und Zeugnis des Gewissens

Es muss aber dazugesagt werden, dass der legislativen Behandlung des Ehebruches als Verletzung vor allem des ‘fremden Besitztums’ [Habe-Sache] zuwider, alle sich nur allzu gut bewusst waren, wie die Bewertung des Gewissens-Herzens aller wollüstiger Taten lautet.
– Das Gewissen reagiert urewig sehr korrekt, sooft es um die Stimme Gottes geht, die im menschlichen Herzen ertönt und die ethische Qualität der unternommenen Taten bewertet. Diese Stimme gibt sich auf gleiche Weise bei jedem Menschen kennen, sowohl im Fall der Übertretung des moralischen natürlichen Gesetzes einzig in Gedanken-Begehren, wie in Tat. Das Gewissen ist bei jedem Menschen:

„... die verborgenste Mitte und das Sanktuar im Menschen, wo er allein ist mit Gott, dessen Stimme in diesem seinem Innersten zu hören ist und klar in den Ohren des Herzens tönt:
Tu dies, meide jenes” (DeV 43).

Das Zeugnis jener unfehlbar wirkenden ‘Stimme’ im menschlichen Gewissen muss nicht weit gesucht werden. Wir konnten das leicht beobachten, und sei es auch am Beispiel der oben besprochenen Fragmente ausgewählter Stellen des Alten Testamentes.

Wir haben gesehen, dass David sich über seine Verhaltensweise vortrefflich bewusst war, wenn er so viele Mechanismen in Gang setzte, um die fremde, verheiratete Frau – die Batseba, zu sich herbeizuführen. Auf dem Weg zur Verwirklichung dieses Vorhabens stand ein ‘Hindernis’ nach dem anderen auf: er musste sie alle ‘irgendwie’ bewältigen.
– Zusätzlicher Umstand, der ihn nur umso mehr belästigte, war die Tatsache, dass Urija – eine Hetiter, nicht Israelit, einer seiner treuesten Soldaten war. Gerade ihm hat David die Frau genommen, indem er sie zum Ehebruch verführt hat. Wonach, als diese Tatsache öffentliches Geheimnis geworden ist, als sie ein Kind mit David erhofft hatte, hat er auf Urija – diesen vollends Unschuldigen – den Todesurteil gefällt, wobei er dieses Urteil – dem General Joab ihm selbst einzuhändigen ließ.

Als ihm das alles der Prophet Natan in Form einer Erzählung, zum Bewusstsein gebracht hat, hat David unwillkürlich das Todesurteil auf sich selbst gefällt: solcher Mensch sollte nach dem Gesetz von Mose gesteinigt werden.
– David hat seine Verbrechen völlig anerkannt und bat Gott zerknirschten Herzens um Barmherzigkeit und Verzeihung. Gott hat ihm auch das alles vergeben. David wird aber die Folgen der Reihenkette der begangenen Sünden und Verbrechen tragen müssen. Diese Folgen haben sich gemäß den Ansagen Gottes auf sehr empfindsame Art auf der weiteren Geschichte seiner Familie und seiner Nachkommen geäußert.

Die Haltung Davids zeugt davon, dass er die ganze Zeit hindurch die Stimme Gottes sehr korrekt vernommen hat. Gott hat versucht, ihn von den bösen Absichten mit Vorwürfen des Gewissens abzuwenden. Zum selben Zweck hat der lange Weg gedient: von der Versuchung des Begehrens durch den Anblick, bis zu seiner Umgestaltung in die Tat.

Denn das Sündendrama, oder genauer: die Reihenkette von Sünden und Verbrechen, hat mit einer strikt inneren Sünde begonnen: Ehebruch, der durch das lüsterne Anblicken der Frau ‘im Herzen’ begangen worden war.
– Gott hat ihm immer wieder noch die Chance gegeben, die Versuchung zu überwinden. David war aber deutlich so sehr mit der verknechtenden Begehrlichkeit überkommen, dass er auf die Stimme Gottes zu hören aufgehört hat. Dennoch die Stimme des Gewissens hat bei ihm angesichts der Möglichkeit, das „Übel in Gottes Augen” zu begehen (vgl. 2 Sam 12,9), ganz korrekt reagiert. Diese Stimme betraf keinesfalls die Frage allein, dem Urija seine Ehefrau Batseba als ‘fremdes Besitztum’ zu nehmen, sondern warnte deutlich vor Ehebruch als gesondertes Gottes Gebotes. Jahwéh heißt Natan, den Propheten, David kundzutun:

„Warum hast du das Wort Jahwéh verachtet
[= technische Bezeichnung, die die Zehn Gebote Gottes bedeutet],
indem du getan hast, was böse ist in seinen Augen?
Urija, den Hetiter, hast du mit dem Schwert erschlagen,
und seine Frau hast du dir zur Frau genommen.
Ihn selbst hast du ja umgebracht durch das Schwert der Söhne Ammon ...
Dafür, dass du Mich verachtet, und die Frau Urias, des Hetiters, genommen hast,
damit sie deine Frau sei ...” (2 Sam 12,9f.).

Gott bringt David zum Bewusstsein, dass er das eine Gebot Gottes nach dem anderen übertreten hat. Eines dieser ‘Worte Gottes’ war das VI.Gebot: „Du sollst nicht die Ehe brechen” – unabhängig vom X.Gebot: „Du sollst nicht begehren ... die Frau deines Nächsten, noch seinen Sklaven ...(Ex 20,17).
– Noch ehe die Sünde Davids das Gut des Nächsten verletzt hat, war sie zuerst gegen Jahwéh selbst ausgerichtet: „Mich hast du verachtet, und die Frau Urijas, des Hetiters, genommen, damit sie deine Frau sei ...”.

David bekennt in Reue des Herzens: „Ich habe gegen Jahwéh gesündigt”. Er bekennt aufrichtig, dass er offenbar das unbedingte Gut des Nächsten verletzt hat: Urijas, des Hetiters. Doch umso mehr hat er gegen Gott selbst, Jahwéh, – gesündigt.
– David bekennt also nicht nur ein allgemeines Bewusstsein bezüglich dessen, dass es in der Welt das Übel und die Sünde gibt, sondern er bekennt seine Sünde als die strikt persönlich und völlig persönlich zurechnungsfähig begangene Tatsache: „Ich persönlich habe gegen Jahwéh gesündigt”.

Gemäß der Überlieferung schon der Zeiten des Alten Testaments, sind die Worte der Reumut Davids nach dieser Reihe schwerer Sünden und Verbrechen im bekannten, des Öfteren in Liturgie gebeteten Psalm Davids zum Ausdruck gebracht, wo er sich an Gottes Barmherzigkeit wendet:

„Sei mir gnädig, o Gott, nach Deiner Gnade;
tilge meine Vergehen nach der Größe Deiner Barmherzigkeit!
Wasche mich völlig von meiner Schuld
und reinige mich von meiner Sünde.
Denn ich erkenne meine Vergehen,
und meine Sünde ist stets vor mir.
Gegen Dich, gegen Dich allein habe ich gesündigt
und getan, was Böse ist in Deinen Augen ...
Verbirg Dein Angesicht vor meinen Sünden
und tilge alle meine Schuld.
Erschaffe mir, Gott, ein reines Herz,
und erneuere in mir einen festen Geist!
Verwirf mich nicht von Deinem Angesicht,
und den Geist Deiner Heiligkeit nimm nicht von mir! ...” (Ps 51 [50],3-6a.11ff.).

In dieser Situation bekommt David die Zusicherung Gottes, dass seine Sünde ihm vergeben wird. Voraussetzung dafür war hier also das Bekenntnis der persönlichen Zurechnungsfähigkeit um die begangenen Sünden, die Anerkennung der persönlichen Schuld, die in erster Reihe gegen Jahwéh selbst begangen worden ist.
– Die Haltung des zerknirschten Herzens wird Bedingung für die neuerliche Wiedergewinnung der Gnade der Vergebung Gottes und seiner Barmherzigkeit. David wird die Zusicherung Gottes durch Natan verliehen:

„So hat auch Jahwéh deine Sünde hinweggetan – du wirst nicht sterben.
Nur weil du den Feinden Jahwéh durch diese Sache Anlass zur Lästerung gegeben hast
[hebr.: ni‘ec ni‘acta ‘et-Jahwéh: Jahwéh verachtend verachtet hast],
muss auch der Sohn, der dir geboren ist, sterben ...” (2 Sam 12,13f.).

Es musste eine Genugtuung für die begangene Sünden vorgenommen werden. Die Vergebung der Sünde, wie es sich im Werk der Erlösung des erwarteten Nachkommens vom Davids Stamm zeigen wird, ist Tat von unendlichem Wert. Der Mensch ist an sich unfähig irgendwelche Sühne für seine Sünden darzubieten.

Die Genugtuung unternimmt der Fleischgewordene Sohn Gottes selbst. Da seine Person – Gottes Person ist, d.h. nicht ‘menschliche’, kennzeichnet sich jede seine Tat, vor allem aber das Opfer, das Er durch die Hingabe seines Leibes zur Kreuzigung und sein Blut zum Vergießen bis zur Eröffnung mit der Lanze seiner Seite am Kreuz darbringt – mit unendlichem Wert.
– Dass aber die Erlösung für jeden Erlösten wirksam wird, muss jeder zu den Verdiensten des Erlösers zumindest irgendeinen seinen minimalen ‘Groschen’ hinzufügen. So ist der Sinn u.a der Gegenwärtigkeiten, die dem Menschen infolge der begangenen eigenen Sünden, und des Öfteren der fremden Sünden, begegnen können.

Die Bücher Samuel und die Könige-Bücher berichten über eine Lawine von Niederlagen, Verdrießlichkeiten, Verfolgungen und verbissener Feindseligkeit, die David durchgehen musste. Inmitten dieser Widerwärtigkeiten, die des Öfteren äußerst demütigend waren (z.B. die öffentliche Blutschande in eigener Familie: Amnon-Tamar; Krieg mit eigenem Sohn Abschalom; Verwünschungen vonseiten Schimi, Anhängers des verstorbenen Saul: 2 Sam 16,5ff.; usw.), hat David eine verwundernde Demut und das Gleichgewicht des Geistes bewahrt, das seine ganze Umgebung in Staunen versetzte. Bei seiner ganzen Sündhaftigkeit hat er sich trotz allem für die Stimme Gottes aufgeschlossen erwiesen, indem er dauernd auf das Antlitz Jahwéh blickte.

Beispiel dafür ist wenn auch nur seine Haltung in den Stunden seiner Flucht – barfuß, aus Jerusalem, vor dem aufständischen Sohn Abschalom (s. 2 Sam 15,16), wann der gerade erst erwähnte Schimi ihn mit schlimmsten Schmähungen überhäuft hat. David hat diese schwierigen Worte mit Demut angenommen:

„... Lasst ihn doch fluchen [den Schimi – vom Haus Saul].
Wenn Jahwéh ihn geheißen hat: ‘Fluche David’, wer darf dann fragen: ‘Warum tust du so’?
Darauf sagte David zu Abischai und zu allen seinen Dienern: ‘Seht, wenn mein eigener Sohn, der meinen Lenden entsprossen ist, mir nach dem Leben trachtet, um wie viel mehr jetzt dieser Benjaminit da! Lasst ihn fluchen; denn Jahwéh hat ihn geheißen.
Vielleicht wird Jahwéh mein Elend ansehen und mir Jahwéh Glück schenken statt des Fluches, der mich heute trifft’
...” (2 Sam 16,10ff.).

Man muss gestehen, David hat mit seiner Haltung die Anschauungen der Leute der damaligen Zeiten weit überragt. Das galt u.a. für den gerade erst dargestellten Fall der furchtbaren Verfluchungen vonseiten des Schimi.
– Die Leute der damaligen Zeiten waren unerschütterlich überzeugt, das einmal ausgesagte ‘Wort’ – sei es eines Segens, sei es umso mehr der Verfluchung, strebe von nun an von selbst aus und selbständig aufgrund seiner eigenen Dynamik, als eine einmal ausgelöste Kraft – zur Verwirklichung ihres Inhalts. Dieser Inhalt sollte diesmalig als Verwünschung-Verfluchung David und seinen Stamm betreffen.

David hat es verstanden, sich über diese Anschauungen zu heben, und hat sich mit vollem Anvertrauen – an Jahwéh selbst ergeben – samt allen Folgen seines nicht leichten Lebens.
– David nahm diese Widerwärtigkeiten und Leiden zweifelsohne u.a. als teilweise Sühne Gott gegenüber für die begangenen eigenen Sünden und Verbrechen an: den Ehebruch und die Schuld des vergossenen unschuldigen Blutes.

Jesus und die ursprüngliche moralische Qualifikation der Sünde des Ehebruches

Wir müssten noch einmal an den Bericht von Johannes bezüglich der Frau, die am Ehebruch ertappt worden ist, zurückkehren. Dieser Vorfall wurde von uns schon oben besprochen (s. ob.: Die herbeigeführte, am Ehebruch ertappte Frau). Johannes Paul II. richtet die Aufmerksamkeit auf die charakteristische Haltung Jesu, als gerade diese auf der Tat ertappte Frau zu Ihm herbeigeschleppt wurde (s. ML 240f.). Jesus versucht offenbar keineswegs ihre Tat auszubleichen. Die Ankläger berufen sich auf die Anordnung, gemäß deren die Frau gesteinigt werden soll.

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Hier, in Altötting, diesem berühmten, viele Jahrhunderte hindurch anziehenden Deutschlands Sanktuar Mariens in Bayern, war Benedikt XVI. im Rahmen seiner Pilgerreise nach Bayern allein, woher er selbst kommt. Es geschah an Tagen 9.-15.IX.2006. Als Motto dieser Pilgerreise in die Gegenden der eigenen Heimat galt: Wer glaubt, ist niemals allein. -- Fragment des Gebetes bei der Marien-Säule in München, am 9.IX.2006: Dein Sohn hat seinen Jüngern kurz vor der Stunde des Abschieds gesagt: Wer unter euch groß sein will, der sei euer Bediener, und wer unter euch der erste sein möchte, der sei aller Knecht (Mk 10,43f.). Du hast in der entscheidenden Stunde deines Lebens gesagt: Siehe, ich bin die Magd des Herrn (Lk 1,38) und hast dein ganzes Leben als Dienst gelebt. Du tust es weiter die Jahrhunderte der Geschichte hindurch: Wie du einst für die Brautleute in Kana leise und diskret eingetreten bist, so tust du es immer: Alle Sorgen der Menschen nimmst Du auf dich und trägst sie vor den Herrn, vor deinen Sohn. Deine Macht ist die Güte. Deine Macht ist das Dienen.

Es muss aber bemerkt werden: einmal mehr kann bei der Forderung der Todesstrafe für diese Frau keine irgendwelche Erwähnung vom Mann gefunden werden, der Ursacher dieser Tat jener Frau gewesen war.
– Jesus, provoziert zur Äußerung seiner Meinung zu diesem Fall, erwähnt vor allem mit keinem Wort die Sache der Verletzung des Anrechts jemandes ‘Besitztums’ bezüglich dieser Frau als persönlicher ‘Habe’. Gerade aber solche Deutung pflegten die Schriftgelehrten und Pharisäer dem Gebot Gottes aufzudrängen, indem sie dem Wortlaut des Gebotes Gottes gleichsam eine eigenartige Doppelgleisigkeit aufzunötigen suchten.
Eine andere Sittlichkeit: eine wesentlich minder strenge, sollte in bestimmten Fällen die legalisierte Polygamie betreffen, und eine andere – viel schärfere, die Mehrheit der Leute, die sich nicht erlauben konnten, ein paar ‘legale’ Frauen-Ehefrauen zu unterhalten.

Jesus lässt sich einmal mehr in die rabbinische Kasuistik, in die man Ihn hineintreiben wollte, nicht einziehen. Er stellt dagegen jenen „Schriftgelehrten und Pharisäern” die Frage auf: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie(Joh 8,7).
Die Ankläger begannen in einer Weile lautlos zu verdunsten. Johannes der Evangelist fügt nur stichelnd hinzu: „... angefangen von den Ältesten ...” (Joh 8,9).

Es schiebt sich die Frage auf: Warum sind die Ankläger – einer nach dem anderen – weggegangen? Sie konnten offensichtlich selbst gegen dem Zeugnis des eigenen Gewissens und Jesu zum Trotz zur Steinigung dieser Frau übergehen, indem sie die Stimme Gottes in sich verstickten, auch wenn diese sagte, oder selbst laut schreien würde, dass jeder von ihnen ebenfalls Sünden am Gewissen trägt.
– Denn Jesus wendet sich direkt an das Gewissen jener Ankläger, d.h. an ihr Herz. Diese ‘Schriftgelehrten’ und religiöse Führer des damaligen Volks Gottes haben sich nicht zum ersten Mal ausgekannt, dass Jesus nicht gewöhnlicher Mensch ist: Er liest im Gewissen eines jeden wie in offenem Buch. Sie haben dafür schon des Öfteren Beweise gehabt.

Derselbe Johannes der Evangelist bemerkt im früheren Fragment seines Evangeliums von einem anderen Aufenthalt Jesu in Jerusalem, als dort gerade das Paschafest begangen wurde. Er schreibt:

„Während Er aber [Jesus] in Jerusalem beim Osterfest war, glaubten viele an seinen Namen, da sie die Zeichen sahen, die Er wirkte. Jesus selbst aber vertraute sich ihnen nicht an, weil Er alle kannte und nicht nötig hatte, dass jemand Ihm Zeugnis ablegte über den Menschen. Denn Er wusste selbst, was im Menschen war”  (Joh 2,23ff.).

Wenn es um jene herbeigeschleppte Frau geht, war die grundsätzliche Absicht ihrer Ankläger vielleicht nicht einmal so sehr ihre tatsächliche Steinigung, als eher – sie suchten nach einem Scheingrund, um Jesus an irgendeinem Wort zu ergreifen (s. Joh 8,5). So konnte es werden z.B. im Fall, wenn sich die Entscheidung Jesu zu der dem Gebot Gottes aufgeschichteten rabbinischen Deutung gegenteilig erweisen sollte.

Aber Jesus ist beständig Herr der Situation. Er lässt sich deutlichst auf keine kasuistischen Auseinandersetzungen, die von den damaligen ‘Schriftgelehrten’ entwickelt wurden, einbeziehen. Er beruft sich dagegen sehr deutlich auf den Eintrag des Gesetzes Gottes im Herzen jedes Menschen, und nicht auf die legalistischen und kasuistischen Vorschriften der Gremien der ‘Schriftgelehrten’ in Israel.

Für Jesus gilt als grundlegender Beziehungspunkt dauernd das Gottes Werk der Schöpfung des Menschen als Mann und Frau. Und zwar Gott hat die Ehe „von Anfang an” als unauflösliches Band eines Mannes mit einer Frau erschaffen (s. Mt 19,8).
– In diesem Zusammenhang war die Kasuistik der ‘Schriftgelehrten’ in Israel, verbunden mit faktischer Annahme der Polygamie, eine große Abweichung und bewusste Entstellung des Vorhabens Gottes. Jesus ist aber nicht gekommen, um das „Gesetz oder die Propheten aufzuheben, ... sondern zu erfüllen” (Mt 5,17).

Es zeigt sich letztlich, dass der Eintrag des moralischen natürlichen Gesetzes Gottes stärker und deutlicher zu sein pflegt, als die menschliche Kasuistik, die das moralische Gottes Gesetz zur eigenen moralischen Schwäche zuzuschneiden versuchte – nach der Begehrlichkeit sei es der Augen, sei es des Fleisches.

Johannes Paul II. sagt in seinen Erwägungen :

„Der Eintrag dessen, was das Gute und Böse im menschlichen Gewissen ist, kann sich als tiefer und richtiger erweisen, als das, was der Inhalt der Verordnung gewesen war.
– Wie wir gesehen haben, die Geschichte des Volks Gottes im Alten Bund ... verlief in bedeutendem Maß außerhalb dieses normativen Inhalts, den Gott im Gebot ‘Du sollt nicht die Ehe brechen’ eingeschlossen hat – sie führte gleichsam neben ihm. Christus sucht diese Wege gerade zu machen. Eben daher seine Worte in der Bergpredigt” (ML 241).

Der Heilige Vater hebt hervor, dass das Ehe-Gesetz Israels, einerseits so sehr streng bezüglich vieler insbesonderen rechtlichen ehelichen Bestimmungen, außerstande war das zu beseitigen, was die moderne Theologie mit dem Namen ‘Strukturen der Sünde’  bezeichnet, von denen so manches Mal Johannes Paul II. gesprochen hat (s. dazu: RP 16; EV 12.24.59; PS-1985,15; SD 27). Es geht um die gesellschaftlich angenommenen Mechanismen, die bestimmte Sünden erleichtern, oder schlechterdings sie fördern.

Hier Worte Johannes Paul II. im Anschluss an die Situation des Alten Testamentes betreffs des ehelichen Gesetzes:

„... Christus sieht diesen grundsätzlichen Widerspruch klar, den das Ehe-Recht des Alten Bundes in sich barg, das faktisch die Polygamie, die Institution der Nebenfrauen neben rechtlichen Ehefrauen, oder auch das Anrecht zum Verkehr mit einer Sklavin akzeptierte [s. ebd., Fußnote 58].
– Man könnte sagen, dass dieses Recht, das die Sünde bekämpfte, nicht imstande war das zu niederreißen, was wir von heutiger Perspektive aus als ‘Strukturen der Sünde’ nennen würden, die in den damaligen Gesellschaften überwogen haben. Indem das Gesetz des Alten Testamentes sie in seiner Kasuistik berücksichtigte, hat es also zu ihrer Legalisierung beigetragen. In diesen Umständen musste auch der wesentliche ethische Sinn des Gebotes: ‘Du sollst nicht die Ehe brechen’ – eine grundsätzlichen Umwertung untergehen.
– Christus enthüllt in der Bergpredigt diesen Sinn von neuem – d.h. Er überschreitet seine traditionell-legalen Einschränkungen” (ML 242f.).

Nach Johannes Paul II. gehört es sich noch zu bemerken, dass wenn die Deutung des VI. Gebotes Gottes, die vonseiten der ‘Schriftgelehrten’ in Israel dargestellt wurde, mit „Kompromiss mit der Begehrlichkeit des Fleisches gekennzeichnet war, ist dagegen die Stellungnahme angesichts der sexuellen Entartungen in ihm völlig eindeutig” (ML 243). Das betrifft sowohl die Homosexualität (s. Lev 18,22; 20,13), wie die Bestialität (Lev 18,23; 20,15).

Die entschiedene Verurteilung vonseiten Gottes betrifft aber auch alle Sünden, die die Empfängnis unmöglich zu machen abzielen. Das wird schon in der biblischen Erzählung des Genesis-Buches dargestellt mit Bezug auf die Sünde des Onan, des Sohnes von Juda, der gegen das Gewohnheitsrecht der sog. Leviratsehe nicht wollte, dass die Nachkommenschaft von der Witwe nach seinem verstorbenen [wegen der Sünde: Gen 38,7] Bruder unter dem Namen seines Bruders gelten sollte, und nicht seines Namens (Gen 38,9f.).
– Beide Brüder wurden von Gott selbst mit dem Tod bestraft (Gen 38,7.10). Das geschah in der Zeit ein paar Jahrhunderte vor dem Bund, den Jahwéh mit den Hebräern geschlossen hat. Trotzdem lässt der biblische Verfasser keinen Zweifel übrig, dass die Sünden dieser Art: elterlich-widrige Betätigungen im Rahmen der eigenen Ehe, in Gottes Augen Todsünde sind.

Götzendienst als Ehebruch angesichts Jahwéh nach den Propheten

Einen der wesentlichen Keime der Theologie der Ehe als Sakraments der Kirche, und früher als Ausdruck des Sakraments der Schöpfung, stellt die prophetische Deutung der in Israel fortwährend begangenen Sünden des Kultus dar, der ‘fremden Göttern’ gehuldigt wurde. Es handelte sich um die Ehre, die lokalen kananäischen, ammonitischen usw. Gottheiten geschuldigt wurde. Sowohl Bücher der Propheten, wie die übrigen Bücher des Alten Testamentes qualifizieren diese Sünden einstimmig als Sünden des „Ehebruches mit fremden Göttern”, die Jahwéh zuwider begangen wurden.
– Darüber haben wir schon in den obigen Erwägungen viel gesprochen (s. ob.: Gottes Bräutliche Liebe-Vertraulichkeiten in Büchern der Propheten – es geht um das ganze 6. Kapitel, d.h. Abschnitte A-B-C). Daher brauchen wir hier nicht noch einmal in die Analyse der zahlreichen solchen Aussagen des Alten Testamentes eindringen.

Dennoch es ist schwer sich dabei nicht noch einmal die wichtige Hinsicht dieser Frage zum Bewusstsein zu bringen, wenn wir im hiesigen Kapitel nach eventuellen Lichtchen in der Heiligen Schrift des Alten und Neuen Testamentes suchen, die Elemente zum Aufbau einer Theologie der Ehe als eines der Sakramente der Kirche zu liefern imstande wären.
– Wir schöpfen von neuem mit Dank von den Erwägungsfäden Johannes Paul II., die in seinen Mittwochs-Audienzen der ersten Jahre seines Pontifikates enthalten sind.

Der Papst bemerkt, dass wenn Jesus in seiner Bergpredigt den Wortlaut des Sechsten Gebotes Gottes anführt: „Du sollst nicht die Ehe brechen”, fügt Er sofort mit ungemeiner Kraft hinzu: „Ich aber sage euch ...” (Mt 5,28). Das bedeutet also, dass Jesus:

„... im Bewusstsein seiner Zuhörer den eigentlichen ethischen Sinn dieses Gebotes
wieder aufzubauen vor hat,
indem Er von der Deutung der ‘Lehrer’: der offiziellen Kenner des Gesetzes, Abstand nimmt” (ML 245f.).

Wer vom damaligen Volk Gottes, d.h. des zumindest schon über ein Tausend Jahre bestehendes Israels, sollte nicht verstehen, was das ‘Ehebruch’ bedeutet! Die Zeit des Jugendalters war im Milieu des Volkes der damaligen Zeiten auf ein Minimum beschränkt. Mädchen heirateten in sehr frühem Alter, so dass auf die Zeit der Kindheit beinahe sofort das Eingehen der Ehe folgte.

Gemäß der semitisch-israelitischen Mentalität, war es prioritäres Ziel der Ehe, eine möglichst zahlreiche Nachkommenschaft in die Welt zu bringen. Folgerichtig war sich jedermann um die Aussagekraft der vorkommenden Fälle eines ‘Ehebruches’ bewusst. Das frühe Alter der Heirat schuf keinen besonderen Bedarf, um die Psyche der Jugendlichen, die es in Praxis beinahe überhaupt nicht gegeben hat, vor eventuellen ungelegenen Assoziationen zu schützen, die der Wortlaut allein des Gebotes: „Du sollst nicht die Ehe brechen” wecken könnte.

In den Bildern der oben angeführten Propheten-Büchern, aber ebenfalls in Texten der Geschichtsschilderungen sowohl Nord- wie Süd-Israels, stellen die biblischen Autoren die fortdauernd begangenen Sünden der Apostasie von Jahwéh durch den Kultus der kananäischen Lokalgötter und Götter der Nachbarländer hemmungslos mit dem Namen ‘Ehebruch’ dar.

In nicht wenigen Fällen ging es wahrscheinlich nicht um ‘Apostasie’ von Jahwéh im strikt theologischen Sinn dieses Wortes, d.h. um bewusste, völlige Abschwörung Jahwéh. Meistens handelte es sich aus konjunkturbedingten Gründen um ‘synkretistischen Kultus’ : Huldigung der Göttlichen Ehre sowohl Jahwéh, wie Gottheiten, die von früherer einheimischer Bevölkerung und dieser der Nachbarländer verehrt wurden.

Das bedeutete offenbar Verrat Jahwéh’s, der der einzige Gott ist. Es widerspricht der Logik des Seins, dass es mehrere ‘Götter’ geben könnte. Gott der Wahrheit – schließt vollends die Möglichkeit aus, dass es irgendeinen noch anderen ‘Gott’ geben kann.

Daher ist die Herabführung Jahwéh’s im Alltagsleben auf das Niveau eines unter vielen noch anderen Göttern, sollte es selbst dieser höchstrangige sein, gleichbedeutend mit praktischem Strich durch sein Wesen. Insofern ist jeder synkretistische Kultus, der sowohl Jahwéh, wie auch noch anderen Göttern gehuldigt wird, trotz allem Apostasie von Jahwéh, sollte sie selbst nicht völlig formal begangen sein.

Viele Israeliten haben dennoch für den Alltag diese zwei diametral sich ausschließenden Kultusäußerungen zu vereinbaren gesucht: die Huldigung Jahwéh – und parallel dazu Kultusehre noch anderen Göttern. Das sollte als eigenartige ‘Hinneigung’ der Freundschaft mit der autochthonen Bevölkerung, und auch dieser der Nachbarländer gelten (s. z.B.: Dtn 12,29ff; 18,9-14).

Diese ‘Nachbar-Länder’ lebten aber ganz dicht daneben, beinahe direkt an der Flurgrenze. Die damaligen Reiche und Staaten waren geographisch sehr klein, und die Leute haben notgedrungen vielfältige Kontakte untereinander unterhalten: sowohl im Handel, wie in Kultur. Den Rest haben wohl die keinesfalls seltenen Fälle der ‘Mischehen’ erfüllt, die unter jungen Leuten geschlossen wurden, die von der Lokalbevölkerung stammten, die also ihre eigenen, ‘fremden Götter’ verehrt haben, was sich dann entsprechend auf das Familienleben ausgewirkt hat (s. dazu die Warnung: Ex 34,13-17. – Und auch schon ob.: Mischehen als Falle zur Apostasie).

Wir konnten uns auch schon überzeugen, dass die Huldigung jenen „fremden Göttern, die weder ihr, noch eure Eltern gekannt haben(Jer 44,3), die Verehrer Jahwéh urewig aus zwei Gründen fasziniert hat:

(0,13 kB)  Einerseits sehr verbreitet war der populäre Kultus der Göttin Aschtarte in ihren verschiedenen Abänderungen. Er hing mit der für die Begehrlichkeit des Fleisches attraktiven Form der Sakral-Prostitution zusammen. Er wurde sowohl von sog. ‘Geweihten Frauen’, wie auch ‘Geweihten Männern’ verrichtet (s. z.B.: Dtn 23,18).
– In früher schon erörterten Erwägungen haben wir viele Texte aus mehreren Büchern des Alten Testamentes hinsichtlich dieses Aspektes der Frage angeführt. Kein Wunder, dass der so betriebene Kultus – samt der Befriedigung der menschlichen Leidenschaften, urewig viele Anhänger gehabt hat. Es ist dazu gekommen, dass im Tempel selbst Jahwéh in Jerusalem besondere Räume gebaut wurden, wo die Sakral-Prostitution verrichtet werden konnte – sowohl für ‘Geweihte Frauen-Prostituierte’, wie für ‘Geweihte Männer-Prostituten’ (s. z.B.: Lev 18,22; Dtn 23,18; 1 Kön 14,24; 15,12; 22,47; 2 Kön 21,4; 23,4.6n; Hos 4,12-19).

(0,13 kB)  Anderseits hielt im Land ganze Jahrhunderte hindurch der grausame Kultus des Moabitischen Gottes Moloch an. Er bestand auf Hinopferung diesem Gott eines eigenen Kindes, das zu seiner Ehre verbrannt wurde. Diese schaudererregenden Opfer wurden besonders am dafür ‘beliebten’ Ort gefeiert: im Tal Ben-Hinnom, an der südlich-westlichen Seite von Jerusalem.

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Eine weitere schöne Landschaft – dieses Mal ein kleiner See umgeben mit Bergen und Natur ringsherum.

Es ist verwundernd, dass diese erschreckend grausamen Opfer von unschuldigen Kindern, die zu Ehren, bzw. zur Entsühnung des Moloch verbrannt wurden, bzw. zur Erflehung einer besonderen Gunst, den strengsten Vorschriften des Mosaischen Gesetzes zuwider, zu gleicher Zeit mit seiner gegen-menschlicher Geheimnistuerei immer wieder anziehend gewirkt haben.

Wie sehr es Satan, von dem Petrus, der erste Stellvertreter Christi auf Erden, schreiben wird: „Euer Widersacher, der Teufel, geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann” (1 Petr 5,8) – versteht, den Menschen einzureden, dass erst das die wahrhafte Anbetungsehre darstellt, die ‘Gott’ bereitet wird: das Opfer eines Menschen, der zu seiner Ehre verbrannt wird! In totalem Gegensatz zu Jahwéh, Gott der Wahrheit-Treue:

„Denn den Tod hat nicht Gott gemacht –
und Er hat keine Freude an dem Untergang der Lebenden.
Zum Dasein hat Er alles geschaffen ...” (Weish 1,13f.).

Hier eines der Worte Gottes bezüglich der Menschenopfer, die dem Moabitischen Götzen Moloch dargebracht wurden – vom Buch Jeremia. Es ist zugleich Wort, das die Preisgabe Jerusalem zur Vernichtung begründet [definitiver Untergang des Reichs Juda und Eroberung-Verbrennen des Tempels und Jerusalem durch das Heer Babyloniens im 586]:

„Ja, diese Stadt hat Mir Ärger und Zorn bereitet vom Tag ihrer Gründung an bis zu dem heutigen Tag, so dass Ich sie mir aus den Augen schaffen muss wegen all des Bösen, das die Kinder Israels und die Kinder Juda begangen haben, um Mich zu beleidigen, sie selbst samt ihren Königen und Führern und Priestern und Propheten, sowohl die Leute von Juda als auch die Bewohner Jerusalems.
– Sie haben Mir stets den Rücken zugekehrt und nicht das Angesicht, und wenn Ich auch noch so sehr mich bemühte, sie zu unterweisen, so hörten sie nicht und nahmen keine Zucht an.
Haben sie doch sogar ihre Scheusale in dem Hause aufgestellt, das nach Meinem Namen benannt ist, um es zu beschmutzen [Anspielung an Manasse].
– Und sie haben die Baalshöhen im Tal Ben-Hinnom erbaut, um ihre Söhne und Töchter für den Moloch durch das Feuer gehen zu lassen, was Ich sie niemals geheißen habe, und niemals ist es Mir in den Sinn gekommen, dass sie diese Gräuel verüben sollten – und Juda dadurch in die Sünde zu führen ...” (Jer 32,31-35).

„Ehebruch-mit-Göttern” und Bräutlicher Bund mit Jahwéh

Wir verstehen, warum die biblischen Autoren den Kultus, der ‘fremden Göttern’ gehuldigt wurde, eindeutig als ‘Ehebruch’ in Jahwéh‘s Augen und Ihm zu Trotz bezeichnet haben. Israel hat sich mit Jahwéh unter Sinai – zu Mose Zeiten (Hälfte des 13.Jh.) mit dem Bund verbunden. Die Bedingungen dieses Bunden wurden feierlich in Form der Zehn Gebote, d.h. des Dekalogs, schriftlich geprägt (Ex 23,28; Dtn 4,13; 10,4).
– Das erste unter jenen ‘Zehn’ Worten galt der ausschließlichen Ehre Jahwéh:
Du sollst neben Mir keine anderen Götter haben(Ex 20,3).

Es ist wahr, Bünde wurden auch unter Herrschern verschiedener Reiche geschlossen. Manchmal waren es gleichgestellte Länder, die einen Bund untereinander unterzeichneten.
– Es kam aber auch vor, dass ein Bund zwischen einem schwächeren und stärkeren Reich geschlossen wurde. Die beiderseitigen Bande wurden dabei in einer Urkunde geprägt, wo die Bedingungen und Klauseln des Bundes näher präzisiert und zuletzt besiegelt wurden.

Allerdings im Fall des Bundes zwischen Jahwéh und den Hebräern kam die Initiative eines Bundes von Anfang an – ab den Zeiten der ersten Patriarchen des Volkes, und selbst der Menschheit, immer einzig von Gott her. Woher sollte einer unter den Menschen so viel Mut herausholen, um Gott irgendwelche ‘Bedingungen’ eines von sich aus Ihm vorgeschlagenen Paktes-Bundes zu diktieren?

Wir müssen schlechterdings feststellen, dass ein Bund, den Gott dem Menschen anbietet, von vornherein als Wirklichkeit ohne Präzedenz angesehen werden muss. Es geht in solchem Fall um einen Bund, mit dem der Schöpfer selbst des Weltalls dem Menschen entgegengeht, und um seine Annahme ... innig bittet.

Es geschieht hier also Unvorstellbares! Der „Schöpfer des Himmels und der Erde, der sichtbaren und unsichtbaren Welt”, steigt zum Menschen herab, genauer: zu Mann und Frau [so ab dem Ur-Anfang an], und selbst zu einem ganzen Volk.
– Voller Vertrauen, aber auch Demut, pocht Er an das Menschenherz an und schlägt ihm vor, einen Bund mit Ihm, Gott selbst, zu schließen. Er bittet dabei innig, der Mensch – das ganze Volk, möge sich für diesen Bund ohne zu fürchten aufschließen. Dieser Bund zielt das eigentliche Gut des Menschen, des Volkes, der ganzen Menschen-Familie ab. Daher die innige Bitte vonseiten des Schöpfers, der Mensch möge diesen Bund – samt seinen Bedingungen – zuversichtsvoll annehmen, und seine Bedingungen zu eigenem irdischen und letztlichen Wohl ohne zu zögern in das Leben umsetzen. Diese Bedingungen entscheiden letztlich über Leben und Tod, Segen oder Fluch.

Ein Bund, den also Gott-die-Liebe anbietet, kann nur einen Namen haben: von Gottes Seiten ist es bräutlich-ehelicher Bund. Für diesen Gott ist es nämlich zu wenig, für Mann und Frau uneigennützige Gabe im Akt ihrer Erschaffung geworden zu sein. Daher lädt Er jetzt sein lebendiges Ebenbild ein – aufgrund ganz neuer Prinzipien, mit ganzer Glut seiner alles überragenden Liebe, zur Kommunion an seinem eigenen, Gottes Leben und seiner eigenen, Gottes Liebe.
– Darin beruht aber – aufgrund einer gewissen Analogie – geradeaus das Wesen des ehelichen Lebens: sowohl im Akt selbst, wenn der eheliche Bund geschlossen wird, wie auch bei der Umsetzung des ehelichen Einverständnisses auf treu gestaltetes Leben für den Alltag.

Dieser Bund wurde tatsächlich geschlossen. Es geschah unter Sinai – als Besiegelung der wunderbaren Befreiung der Hebräer aus Ägypten und zugleich als Ausgangspunkt für das Leben in einem Eins-in-Liebe-Leben von nun an mit Jahwéh der Heerscharen, der sich dieses Volk als sein persönlichstes Eigentum und Vor-Liebe erworben hat.
– Das Volk hat diesen Bund feierlich und freudevoll angenommen und nach seinen Bedingungen zu leben versprochen, in engstem Eins-in-Liebe von nun an mit Ihm, Jahwéh als ‘Ihrem’ Gott.

So verstehen wir und brauchen uns nicht wundern, wenn die biblischen Autoren alle Abwendung von den feierlich angenommenen Verpflichtungen angesichts Gottes so oft als „Ehebruch-mit-fremden-Göttern” bezeichnen. Die Hebräer – und ihre Nachkommen, die später als Israeliten bezeichnet wurden, und zuletzt [ab der Babylonischen Gefangenschaft] als Juden – haben täglich mit den Worten „Schemá‘ Jisraél – Höre, Israel ...”  gebetet (Dtn 6,5; s. ob.: „Höre, Israel ...”, mit Zusammenhang).
Als ein ‘Schriftgelehrter’ Jesu die Frage um das wichtigste Gebot gestellt hat, hat Jesus die Antwort gegeben, wie es auch jeder andere des damaligen Volkes Gottes tun würde:

„Jesus antwortete: ‘Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr.
Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft.
Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden’ ...” (Mk 12,29-31; s. Dtn 6,4-9).

Wir stellen von neuem fest: „mit ganzem Herzen und ganzer Seele ... zu lieben”  ist Eigenschaft der ehelichen Liebe, d.h. zwischen zweien Menschen, die sich mit dem ehelichen Bund verbunden haben, in dessen Kraft unter ihnen die Kommunion von Liebe und Leben entstanden ist.
– Es ist also nicht allein eine ‘Gemeinschaft’ – diese würde schon für einen weiteren Bereich von Personen gelten, u.a. die Gemeinschaft der Familie. Dagegen zwischen Ehegatten soll in Kraft der Gerechtigkeit und innerer Verbundenheit der beiden bei dem geäußerten Einverständnis – eine Kommunion entstehen, also ein entschiedenes Leben-‘für’ diesen anderen in Ehe. Es geht um „uneigennützige Gabe-Sein, was dem Leben ‘für’ den anderen gleichkommt ...” (MuD 10).

Der Erste, der unabänderlich treu [biblisch verstandene Wahrheit-Beständigkeit-Treue-Unbeugsamkeit bei treuen Verharren] in Verwirklichung des uneigennützige-Gabe-‘für’ sein Volk bleibt, das Er sich übrigens erst „erworben” hat als sein strikt persönliches, unabtrittbares, kostbares ‘Eigentum’ und seinen ausschließlich für Sich bestimmten, geliebten „Erbteil” [hebr.: segulláh] (s. Ex 19,5: „... ihr werdet unter allen Völkern Mein besonderes Eigentum sein ...”), ist Jahwéh selbst: nicht nur Schöpfer, sondern auch Befreier-Erlöser Israels.

Er bleibt in dieser seinen Liebe deswegen treu, weil Er das Volk seiner besonderen Auserwählung ohne Verdienste von seiner Seite her – liebt (s. Dtn 4,37; 7,8; 2 Chr 9,8), und nicht nur mit allem Wohl für Leib und Geist bereichert hat, nicht nur die früher geäußerten Verheißungen um jeden Preis verwirklicht hat, sondern jetzt, der Reihe nach, eben dieses Israel unermüdlich zur Treue zu den im geschlossenen Bund enthaltenen Verpflichtungen zur gegenseitigen Liebe zu Jahwéh aufruft, wie auch zur entschiedenen Abwendung vom Begehen allerlei ethischen Übels.

Gott hat über diese seine, meistens verschmähte, Liebe – wohl mit tiefstem Schmerz gesprochen. Sie wurde doch vonseiten dieses gerade geliebten Israel systematisch und fortwährend verwundet, wie es u.a. Jeremia zum Ausdruck gebracht hat – sei es z.B. im Spruch, den wir gerade erst oben angeführt haben:

„... Sie haben Mir stets den Rücken zugekehrt und nicht das Angesicht,
und wenn Ich auch noch so sehr Mich bemühte [wörtl.: früh Mich aufmachend und lehrend],
so hörten sie nicht und nahmen keine Zucht an ...” (Jer 32,33. – Vgl. dazu auch z.B.: Jer 26,5 wörtl.: „... Propheten, die Ich zu euch sende, früh Mich aufmachend und sendend ...”).

Würde Gott das Volk seiner Auserwählung mit so gelebter treuen Liebe nicht geliebt haben, würde Er sich auch nie wegen seines weiteren Geschickes gekümmert haben und es ‘zum Verlust’ opfern, d.h. Er würde angesichts seines stur bestätigtem Willens, den geschlossenen Bund der Liebe zu brechen, in sein weiteres Geschick nicht mehr eingegriffen haben. Das bedeutete, dass Israel – und jeder einzelne Verehrer der fremden Götter, letztlich der ewigen Verdammung anheim gestellt wäre. Vonseiten Gottes wäre es nur Bestätigung der Wahl des Willens des einzelnen Menschen: der definitiven Lostrennung von Jahwéh, also des mit Tat geäußerten Wunsches, dass im Herzen nicht Jahwéh verweilte, sondern der Böse: Satan – von nun an in Ewigkeit.

In den früheren Erwägungen von den Herzensergüssen über die Bräutliche Liebe Jahwéh bei den Propheten konnten wir uns voller Verwunderung, aber auch Freude, überzeugen, wie sehr Jahwéh seine Verbundenheit mit diesem seinen ‘segulláh = auserwählten Teil der Menschheit’: dem Volk seiner Erwerbung, erlebt und sie begreift. Er hat doch dieses Volk „aus Ägypten mit großer Macht und ausgestrecktem Arm ausgeführt” (2 Kön 17,36). Wir haben uns wiederholt überzeugen können, dass Gott nicht erst im Neuen Testament – in Jesus Christus – der Gute Hirt ist, der „... mit den raubgierigen Wölfen ringt, ... bereit, jedes Schaf seiner Herde ihrem Rachen zu entreißen” (BF 18). Gott hat zu dieser Seinen, Israel-Braut, gesprochen, trotzdem diese Ihn systematisch verriet. Er sprach immer zu ihrem Herzen:

„Darum will Ich selbst sie verlocken. Ich will sie in die Wüste hinausführen und ihr zu Herzen reden
... Dort wird sie willig sein wie in den Tagen ihrer Jugend, als sie aus dem Land Ägypten heraufzog.
An jenem Tag ... wirst du zu Mir sagen: ‘Mein Mann’, und nicht mehr: ‘Mein Bá‘al’.
Ich lasse die Namen der Baale aus ihrem Mund verschwinden, so dass niemand mehr ihre Namen anruft ...” (Hos 2,16-19).

Was für Mühen Gott nicht unternommen hat und sie weiter unternimmt, um zu dieser seinen Geliebten, dieser Braut – die Sprache der Liebe zu reden! Auch das bringt Gott durch seinen Propheten zum Ausdruck:

„... Ich war es, der Efraim gehen lehrte, Ich nahm ihn auf meine Arme;
Sie aber haben nicht erkannt, dass Ich sie heilen wollte.
Mit menschlichen Fesseln zog Ich sie an Mich, mit den Ketten der Liebe.
Ich war da für sie wie die Eltern, die den Säugling an ihre Wangen heben –
Ich neigte mich ihm zu und gab ihm zu essen ...” (Hos 11,3f.).

Erst bei Äußerstem, wenn schon alle anderen Argumente zu sprechen aufgehört haben: weder die geistigen, noch die zugelassenen Misserfolge, feindliche Überfälle und anderes Unglück, findet sich Gott – weiter in seiner treuen Liebe, gezwungen, sich zur letzten Maßnahme zu fliehen: diese Seine, systematisch ehebrecherische Braut, von sich schlechterdings wegzuwerfen. Sie ist nämlich schon der unbekehrbaren Verstocktheit des Herzens anheim gefallen. Diese macht es unmöglich, selbst die Vergebung von Gottes Seiten anzunehmen.
– Der Zustand der Sünde wandelt sich dann in bewusstes Verharren in Sünde um. Dies ist eine der Sünden gegen den Heiligen Geist, dessen Tempel jeder Mensch darstellt. Gott findet sich dann genötigt seine ununterbrochenen Warnungen zu erfüllen, auch wenn solchen Zustand erst das Neue Testament in schauderhafte Worte fasst:

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Wichtigster Moment bei der Eheschließung – dem Ehe-Sakrament: der Priester bindet die Hände dieser Beiden mit der Stola, diese beiden aber wiederholen die Worte des Ehe-Gelöbnisses: Liebe-Treue-eheliche Ehrlichkeit, und dass sie sich gegenseitig nicht verlassen bis zum Tod. Zu dieser Stunde nimmt Gott die Worte dieser beiden an und besiegelt das Wort, das sie Gott gegeben haben, an. Gott bewirkt es, dass diese beiden ab dieser Stunde sich gegenüber, der Kirche und der Gesellschaft des Volks Gottes - Sakrament der Ehe werden.

„Wer den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben.
Denn Gottes Tempel ist heilig, und der seid ihr” (1 Kor 3,17).

Wie im Fall, wenn jemand im Zustand der Un-Gnade stirbt, ‘zerstört’ Gott seinen Tempel nicht und ‘verurteilt’ niemanden auf Verdammnis. Es verurteilt sich allein der Mensch, wenn er in diesem Fall die ‘letztliche’ Gnade nicht aufnimmt, die ausnahmslos jedem noch in dieser Stunde geschenkt wird, wenn er ‘auf den anderen Ufer übergeht’. Gott bestätigt dann nur die vom freien Willen des betreffenden Menschen gefällte Wahl.

Die ‘Zerstörung’ des Tempels des Heiligen Geistes, den jeder Mensch in Gottes Angesicht darstellt, besteht darin, dass der betreffende Mensch in Kraft des Aktes seines freien Willens sich nicht wünscht, dass in ihm Gott weiter verweilt. Gott verlässt dann dieses Herz sofort – mit Schmerz seines ‘Herzens’. Daselbst wird dieser Tempel von selbst sofort zu Trümmern, in denen im selben Moment seinen Posten ... Satan besetzt.

Gott der Bräutigam der das Volk des Bundes und den Tempel zu Jerusalem verwirft

Es fehlen nicht Warnungen im Gottes-Geschriebenen-Wort, wo signalisiert wird, dass die bisherige Braut Gottes weggeworfen werden wird, wenn sie sich von Jahwéh in der Tat lostrennt. Wir haben schon wiederholt die Gelegenheit gehabt, solche Gottes Sprüche angeführt zu haben. Hier ein Fragment der Sprüche Gottes, die uns über Ezechiel übermittelt wurden:

„... Darum spricht Jahwéh, der Herr: Wehe, Stadt der Blutschuld [= Jerusalem] ! ...
Weil du durch Unzucht unrein warst und weil Ich dich deshalb reinigen wollte [= chronischer Götzendienst], du aber deine Unreinheit nicht entfernt hast, ...
Ich, Jahwéh, habe es gesagt, es wird eintreffen, Ich werde es tun. Ich werde nicht nachlassen und keine Milde walten lasse, es nicht bereuen. Nach deinem Wandel und deinen Taten richte Ich dich – spricht Jahwéh, der Herr” (Ez 24,9).

Gottes Wort über den Propheten Jeremia:

„Judas Sünde ist aufgeschrieben mit eisernem Griffel, mit diamentenem Stift eingegraben in die Tafel ihres Herzens [versteinerte Verstocktheit; Herztafel = Anspielung an den Dekalog]
und in die Hörner ihrer Altäre, damit auch ihre Söhne noch denken an ihre Altäre und Kultpfähle bei den üppigen Bäumen [Unbekehrbarkeit in Huldigung den Götzen] ...
O, Mein Berg [Jerusalem], Dein Vermögen und alle deine Schätze gebe Ich zur Plünderung preis, als Lohn für all deine Sünden in deinem ganzen Gebiet. ...
Du musst von deinem Erbteil lassen, das Ich dir gegeben habe, Ich mach dich zum Sklaven deiner Feinde in einem Land, das du nicht kennst [Ankündung der Babylonischen Gefangenschaft; aber auch der ewigen Verdammnis].
Denn ihr habt ein Feuer angezündet in Meinem Zorn – es wird ewig brennen” (Jer 17,1-4).

Noch einmal – die Gründe, warum der Staat Nord-Israel mit seiner Hauptstadt Samaria, und nachher, nach mehr als 100 weiteren Jahren, der Reihe nach das Reich Juda mit Jerusalem in erster Linie von der Geschichte gestrichen worden ist:

„Jahwéh warnte Israel und Juda durch alle seine Propheten,
durch alle ‘Seher’ ...
Doch sie wollten nicht hören, sondern versteiften ihre Nacken, wie die Väter, die nicht auf Jahwéh, ihren Gott, vertrauten [markante Betonung! Mangel an Antwort der Liebe – auf die Liebe Jahwéh].
Sie verwarfen seine Gebote und den Bund, den Er mit ihren Vätern geschlossen hatte ...
Sie liefen der Nichtigkeit hinterher – und wurden selber Nichtig [wie die Götze: es gibt sie Nicht!] ...
... Sie schufen sich Gussbilder – zwei Kälber. Sie stellten Ascheren auf, beteten das ganze Heer des Himmels an und dienten dem Baal [Götzendienst].
Ihre Söhne und Töchter ließen sie durch das Feuer gehen [Verbrennen von Kindern als Opfer für den Moabitischen Gott Moloch].
Sie trieben Wahrsagerei und Zauberei und gaben sich dazu her zu tun,
was Jahwéh missfiel und Ihn zu erzürnen.
– So ergrimmte Jahwéh heftig wider Israel und verstieß sie von seinem Angesicht.
– Nichts blieb übrig als allein der Stamm Juda (2 Kön 17,13-18).

Urteil auf das Reich Juda – u.a. wegen der Sünden des Königs Manasse, der ihr Maß, d.h. die Apostasie von Jahwéh, bis zur Vollendung gebracht hat:

„... Doch kehrte sich Jahwéh nicht ab von der großen Glut seines Zornes,
mit der sein Zorn gegen Juda entbrannt war, wegen all der Kränkungen,
mit denen Manasse Ihn gekränkt hatte. So hatte Jahwe gesagt:
‘Auch Juda will ich von meinem Angesicht entfernen, wie Ich Israel entfernt habe
[= Nord-Israel: definitive Niederlage Samariens in 721].
Ich will diese Stadt verwerfen, die Ich erwählt habe, Jerusalem,
und das Haus, von dem Ich gesagt habe: Mein Name soll dort sein ...” (2 Kön 23,26f.).

Triftigkeit der Bezeichnung „Ehebruch-mit-Göttern”

Soll man sich in dieser Lage noch wundern, dass die biblischen Autoren kein Bedenken vernehmen, die Sünde der Apostasie von Jahwéh, also die Sünden, die gegen das Erste Gebot begangen werden: der ausschließlichen Ehre und Liebe zu Jahwéh – mit dem Namen: ‘Ehebruch’ zu bezeichnen?

Wir haben schon mehrmals erwähnt, dass die Sünden der Apostasie in Israel grundsätzlich in Form zwei grundlegender Kultusformen begangen wurden:

(0,56 kB)  Einerseits ging es um tatsächlich begangenen ‘Ehebruch’. Das gilt für die stark eingewurzelte Sündenstruktur durch betriebenen Kult der Göttin der sexuellen Liebeskunst – Aschtarte.
– Die aufkommenden Vorwürfe des Gewissens, das unmöglich mit der Stimme Gottes im Gewissen, dieser „verborgensten Mitte und dem Sanktuar im Menschen” (DeV 43) nicht schreien konnte, indem sie zur Abwendung vom Begehen des „Übels in Gottes Augen” rief, versuchte man nicht minder ‘strukturell’ zum Schweigen zu nötigen, indem man dieser Form des Kultus den sakralen Namen gegeben hat: es gehe hier um Kultus dieser Göttin, und dass ihr die Ehre von den zum Empfangen von Verehrern-Kunden besonders dazu ‘Geweihten Frauen’ und ‘Geweihten Männern’ gehuldigt wird. Die angenommene Terminologie sollte den peinlichen Ausklang des urewig eindeutigen Rufs dieses anrüchigen ‘Öffentlichen Hauses’ ein wenig abwiegeln.

(0,2 kB)  Der zweite grundsätzliche Strom der Apostasie von Jahwéh spielte sich im grausamen Kultus, der dem Moabitischen Gott Moloch dargebrachten Menschenopfer ab.
– Man muss gestehen, dass Satan im so gefeierten Kultus, der auf Taten beruht hat, die sich ihrem Wesen nach Gott, der Liebe ist, widersetzen, besonders spektakuläre Triumphe davongetragen hat. Es ist ihm gelungen, den von Jahwéh sich lostrennenden einzureden, Gott der Wahre fordere Menschenopfer, in diesem Fall: Menschenopfer von Kindern – Knaben und Mädchen, ‘die durch das Feuer durchgeführt wurden’, d.h. zu Ehren dieser blutdürstigen Gottheit verbrannt wurden.

(0,2 kB)  Die dritte Strömung des betriebenen Kultus ‘fremder Götter’ bestand auf Huldigung allen übrigen Göttern, u.a. dem ganzen ‘Himmlischen Heer’ und anderen Gottheiten, die von Bildhauern-Künstlern erzeugt wurden. Es geht hier also um den Astral-Kultus und allerlei Naturerscheinungen in ihren verschiedenen Abarten
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Weiter wartende Jahwéh’s Treue-in-Liebe

Jahwéh verheimlichte vor dem Volk seiner Auserwählung nicht, dass Er es mit einer Liebe liebe, die mit dieser, wie sie zwischen Mann und Frau bestehen soll: der ehelichen Liebe, verglichen werden kann.
– Aussagen und Vertraulichkeiten von der von Gottes Seiten so erlebten Liebe zu Israel gibt es so sehr viel, dass man von vornherein den Umstand ablehnen muss, es handele sich hier einzig um eine metaphorische Sprache. Gott bezeichnet sich selbst – des Öfteren – mit dem Namen ‘Ehemann’ (z.B. Jes 54,5; 62,4) seiner Braut: Israel, das nicht selten mit dem weiblichen Namen benannt wird: ‘Tochter-Jungfrau Israel’ (z.B.: Jes 52,2; Jer 6,23; 14,17), ‘Tochter Zion’ (z.B.: Jes 1,8), ‘Tochter Jerusalem’ (z.B.: Jes 37,22; Klgl 2,13) u.dgl.

Wie sollte da noch die Huldigung den ‘fremden Göttern’ nicht als ‘Ehebruch’ qualifiziert werden, in diesem Fall ging es um Sünden, die gegen das Erste Gebot Gottes begangen wurden? Unwahrscheinlich, dass gerade diese Sünde bei Jahwéh nicht ganz besondere Entrüstung herrufen sollte – angesichts der in solchem Fall wahrgenommenen Empfindungen, die menschlich gesagt als ‘eheliche Eifersucht’ bezeichnet werden müsste?

Wir sind uns freilich bewusst, dass Gott auch in dieser Situation nicht wegen einer ‘Eifersucht’ entrüstet ist als ungehöriger Untugend, die bei manchen Menschen vorkommt. Wenn das Gottes-Geschriebene-Wort von „Glut des Zornes” Jahwéh spricht, drückt es auf solche Weise zweifelsohne Gottes Schmerz wegen des Nicht-Vertrauens an seine Liebe aus.

Der Mensch lehnt dann nämlich das Leben Gottes ab, und legt sein Vertrauen ohne zu zögern auf die Anti-Liebe von Satan, den „Vater der Lüge und Mörder von Anfang an” (Joh 8,44).
– Es ist von vornherein unwahrscheinlich, dass die Sünde des Menschen, zumal diese der Apostasie und des Götzendienstes, für Gott selbst nicht einer besonders tiefschneidenden Seiner Verwundung gleichkäme, und zugleich eine ganz besonders verhöhnende Verspottung Gottes in Satans Augen darstellte.

Jahwéh bleibt trotzdem auch dann weiterhin Liebe-Treue-Wahrheit zu seinem lebendigen Ebenbild im Weltall: Mann und Frau, seiner fortdauernd treulosen Braut. ‘Der Glühende Zorn Jahwéh’ ist Ausdruck seiner Liebe, die angesichts des Übels ohnmächtig ist, das die über das Leben von Ihm Geliebte, seine Braut sich selbst bereitet. Der Götzendienst ist immer Zeugnis des Nicht-Vertrauens und Nicht-Glaubens an die Liebe Jahwéh zu seiner Braut, der Tochter Jerusalem. Das Volk Gottes bereitet sich selbst das Unglück vor: das ewige Unglück, sooft es sich von Jahwéh lostrennt.

Hier muss die tiefste Begründung und Erklärung des ‘Zornes’ bei Gott gefunden werden. Gott wird in seiner Allmacht als des Schöpfers und Erlösers angesichts des freien Willens des Menschen, seiner Braut, ohnmächtig. Zum „Lieben mit ganzem Herzen und aus aller Kraft” seiner als Gottes – wird Er zweifelsohne niemals irgendjemanden nötigen. Gottes Groll und Entrüstung ist in solcher Situation Ausdruck des Schmerzes Gottes wegen des Unheils – dieses ewigen, das sich diese Seine, Braut – so stur selbst bereitet. Sie mag doch Sein Angebot: der Bräutlichen Kommunion im selben Leben und in selber Liebe im „Haus des Vaters” – für immer, nicht annehmen.

Zeugnis der auch noch dann weiterhin weit aufgeschlossener Liebe Jahwéh, die jederzeit bereit ist die treulose Braut-die-Sünderin wiederholt anzunehmen, sind zahlreiche Aussagen der ganzen Heiligen Schrift: sowohl des Alten, wie des Neuen Testamentes. Besonders warm, und zugleich erschütternd, lauten in dieser Hinsicht Jahwéh’s Worte, die der Prophet Jeremia in den Anfangs-Kapiteln seines Buches übermittelt hat. Hier beispielshalber – noch einmal:

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Der Hund wartet - mit seinen Pfoten auf einem Balken. Er wartet wohl auf ein Kind, mit dem er spielen könnte, um nicht so traurig auszusehen.

Wenn du umkehren willst, Israel – Spruch Jahwéh’s – darfst du zu Mir zurückkehren.
Wenn du deine Gräuel entfernst, brauchst du vor Mir nicht zu fliehen ...” (Jer 4,1).

„... Kehr zurück, Israel, du Abtrünnige – Spruch Jahwéh’s.
Ich schaue dich nicht mehr zornig an. Denn Ich bin gütig – Spruch Jahwéh’s –
Ich trage nicht ewig nach.
Doch erkenne deine Schuld.
Dem Jahwéh, deinem Gott, hast du die Treue gebrochen ...” (Jer 3,12n).

Jahwéh-Bräutigam und ehelicher Bund

Die ganze Geschichte Israels, der Mystischen Braut Jahwe-des-Ehemanns, wird für jedes Mitglied des Volks der Erwählung Gottes eine große anschauliche Lehrstunde, was das heißt: Sünde des Ehebruchs, die im Herzen-Gewissen begangen wird, mit nicht selten darauf folgender ihrer Ergänzung mit der Tat.

Zu gleicher Zeit aber, der Stil, wie es zu lieben gilt, dessen Beispiel ganze Jahrhundert hindurch Jahwéh der ‘Tochter Zion-Israel’ zu kennen lernen gibt, wird immerwährend zeitgemäße Stunde hinsichtlich der Ehe als Sakraments der Schöpfung selbst – samt allen seinen wesentlichen Eigenschaften: einer wahren Liebe, Treue, ehelicher Ehrlichkeit, Reinheit des Herzens. Eheleute konnten beinahe ins Unendliche bei Jahwéh abgucken, was das heißt: Fähigkeit verzeihen zu können, von neuem zu empfangen – selbst nach einer schlimmstmöglichen Beleidigung, die diesem anderen in Ehe verübt worden ist.

Wäre es möglich noch zu denken, dass die Ehe – nicht schon allein in Kraft des Verbundenseins Zweier Leute mit dem ehelichen Bund, mit besonderen Gnaden Gottes ausgestattet werden sollte, die unentbehrlich sind, um den mit diesem Bund angenommenen ehelichen und familiären Verpflichtungen auf maximal gute Art und Weise auch nachkommen können imstande zu sein?

Kwiat (6 kB)

RE-Lektüre: VI.Teil, 8.Kapitel, ad ‘f’.
Stadniki – 10.VIII.2015.
Tarnów, 4.VI.2022.


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Gleichheit der ‘Einheit-der-Zweien’ und Ehe-Bund im Straucheln

b. Ehe und Ehebruch
Ursprüngliche Monogamie und Entwicklung der Polygamie
Faktische Polygamie der Patriarchen und der Machthabenden in Israel
Legalistische Deutung des ‘Ehebruchs’
Legislative Kasuistik des VI. Gebotes und Zeugnis des Gewissens
Jesus und die ursprüngliche moralische Qualifikation der Sünde des Ehebruches
Götzendienst als Ehebruch angesichts Jahwéh nach den Propheten
„Ehebruch-mit-Göttern” und Bräutlicher Bund mit Jahwéh
Gott der Bräutigam der das Volk des Bundes und den Tempel zu Jerusalem verwirft
Triftigkeit der Bezeichnung „Ehebruch-mit-Göttern”
Weiter wartende Jahwéh’s Treue-in-Liebe
Jahwéh-Bräutigam und Ehelicher Bund


Bilder-Fotos

Abb.1. Benedikt XVI.: Oswiecim-Auschwitz - 4. Unter der Todeswand
Abb.2. Benedikt XVI. Pilgerreise nach Polen 2006, Kraków
Abb.3. Benedikt XVI.: Der Heilige Vater in Altötting
Abb.4. Ein See zwischen Gebirge
Abb.5. Stunde in der diese zweien – Ehe-Sakrament werden
Abb.6. Junger Hund wartet auf das Kind zum Spiel