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VERMERK: Abkürzungen zur angeführten Literatur s. Literatur


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Wo ist Jesus?

Wir kehren zum zertrümmernden Erlebnis zurück des Ehepaars Maria und Josef, als sie nach der Wanderung schon einen ganzen Tag zurück Richtung Galiläa bemerkt haben, dass unter den zurückkehrenden Pilgerwanderern Jesus nicht gefunden werden kann (Lk 2,44).
– Zwar folgert aus dieser Tatsache an sich parallel, dass sie ihren heranwachsenden Sohn Jesus mit großer Zuversicht und mobilisierender Freiheit beschert haben. Sie haben es verstanden, die sich allmählich verselbständigende Persönlichkeit ihres Kindes zu ehren. Die Erziehung Jesu war ihrerseits alles andere, aber keine steife Dressur.

Allerdings, als sie auf einmal bemerkt haben, dass Jesus „unter den Verwandten und Bekannten” nirgends gesehen werden kann (Lk 2,44) und dass niemand eine Auskunft zu geben imstande war, wo Jesus verweilen könnte, können wir uns das Unmaß der Zerrissenheit ihrer Herzen als Ehegatten-Eltern vorstellen.

Es ist vor ihnen der unerbittliche Gewissensvorwurf erschienen: ‘Wir haben ... Gott ... verloren’ ! Was musste dabei Maria als Mutter – erlebt haben! Und doch, sie ließ sich zweifelsohne auch in dieser Lage nicht von Gefühlen der Verzweiflung beherrschen, noch ist sie einer Hysterie verfallen. Auch in dieser äußerst verzweifelten Situation musste sie Sie Selbst bleiben – mit ganzem Anvertrauen „gegen alle Hoffnung”  dem sie führenden Heiligen Geist. Auch in dieser Situation hat sie im Herzen und in ihrer Haltung nur dieses eine Wort bewahrt: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach Deinem Wort” (Lk 1,38).

Man kann sich auch in die sich ins Herz pressenden Gedanken und Vorwürfe einfühlen, die in diesen Stunden ... Josef, der Mann Mariens, erleben musste. Ihm hat Gott die beiden Schätze: Maria – und den Sohn Gottes selbst anvertraut. Doch dieser ist gerade ... verloren gegangen ... !

Es besteht kein Zweifel, dass dieses Ereignis, das das Leben dieser Zweien als Ehepaars mit weiterem, unaussprechlichem Schmerz gekennzeichnet hat, tief im Vorhaben Gottes der Erlösung des Menschen, deren Verwirklichung der Sohn Gottes auf sich genommen hat, eingeprägt war. Es ist unwahrscheinlich, dass sich für Maria und Josef nicht eine ganz besondere, für gerade diesen und solchen Augenblick bestimmte Gnade der Ehe als Sakraments aktivieren sollte, und sei es vorläufig weiter noch allein des Sakraments der Schöpfung, als sie diese mit Herzensblut triefende Erfahrung als Ehepaar annehmen mussten.

Sie waren doch nicht ‘schuld’ daran, was sich hier ereignet hat. Man könnte sie auch schwer wegen Vernachlässigung anklagen, noch wegen ‘mangelhafter Aufsicht’ über dem zwölfjährigen Sohn. Die bisherigen gegenseitigen Kontakte in der Heiligen Familie haben sich nach dem Grundsatz des gegenseitigen, nach Gottes Art und Weise begriffenen und verwirklichten Anvertrauens gestaltet. Daher haben sie auch als Ehegatten-Eltern Jesus nicht genötigt, dass Er die ganze Pilgerwanderung hindurch, wo es wohl viele seine Bekannten – Freunde und Freundinnen gegeben hat, dauernd nur in ihrer unmittelbaren Reichweite verweilte.
– In diesem Augenblick blieb es sowohl Maria, wie Josef das eine: innigst Gottes Güte zu bitten, ihrem Jesus möge nichts Böses geschehen, und dass sie geborgen nach Nazaret, nach Hause, zurückkehren können.

Die Stunden der äußerst schmerzvollen Pein haben sich aber verlängert. Maria und Josef haben erfolglos eine Pilgergruppe nach der anderen durchsucht, wie auch die Stellen, wo irgendeine Hoffnung zutage kommen könnte, Jesus möge dort gefunden werden. Das Schlimmste, sie wussten nicht, ob Jesus am Leben ist, ob Er nicht einem gefährlichen Zufall erlegen ist, ob er gesund ist, ob Er nicht etwa von jemandem überfallen wurde, entführt wurde, ob Er was zu essen hat. In ihrem voller Beängstigung Herumschauen sind sie zuletzt bis zu Jerusalem zurückgekommen. Es waren schon drei Tage vergeblicher Nachsuche. Ihr Herz zerriss vor Schmerz und entstehendem Vorwurf, inwiefern sie schuldig sind, den ihnen anvertrauten ... Gott verloren zu haben:

„Als sie Ihn nicht fanden, kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten Ihn.
Es geschah, dass sie Ihn nach drei Tagen ... im Tempel fanden,
wie Er inmitten der Lehrer [ton didáskalon = Lehrer; Rabbiner]
saß und ihnen zuhörte und sie befragte.
Alle aber, die Ihn hörten, gerieten außer sich [wörtl.: exístanto, von: exístemi = vor Staunen außer sich geraten; vor Verwunderung den Verstand verlieren] über sein Verständnis und seine Antworten” (Lk 2,45).

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c. Dialog nachdem Jesus gefunden worden ist

Maria und Jesus

Den Dialog mit gefundenem Jesus – hier, im Mittelpunkt selbst Jerusalem, „Haus Gottes und Tor des Himmels” (Gen 28,16), greift das schmerzvolle Herz seiner Mutter Maria auf. Die Evangelien übermitteln uns kein einziges Wort von Josef. Er blieb ständig im tiefen Schatten. Dennoch er erfüllte mit höchstem Engagement und Verantwortung, gehorsam dem Willen Gottes des Vaters, seine schwierige Sendung des Behüters des Gottes Lebens und des ihm anvertrauten Schatzes – seiner Jungfräulichen Ehefrau Maria:

„Als sie Ihn sahen, wurden sie bestürzt.
Und seine Mutter sprach zu Ihm:
‘Kind [griechisches: téknon, von: tíkto = gebären. Die Übersetzung soll lauten: Kind: Du (mein) Geborenes !],
warum hast Du uns das getan?
Siehe, dein Vater und ich haben Dich mit Schmerzen [odynómenoi, von: odynáo = Schmerz – Qual empfinden-erleben; es wird hier das Wort selbst ‘Herz’ nicht erwähnt] gesucht’.
Und Er sprach zu ihnen:
Was [ist der Grund dafür], dass ihr Mich gesucht habt? Wusstet ihr nicht,
dass Ich in dem sein muss, was meines Vaters ist
[gr.: en tóis tou Patrós mou déi éinai me]’?
Und sie verstanden das Wort nicht, das Er zu ihnen redete [gr.: autói ou synékan to réma ho elálesan autois].
Und Er ging mit ihnen hinab und kam nach Nazaret, und Er war ihnen untertan.
Und seine Mutter bewahrte alle diese Worte in ihrem Herzen [gr.: en te kardía autés].
Jesus aber nahm zu an Weisheit und Alter und Gunst bei Gott und Menschen” (Lk 2,48-52).

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Die erste offizielle ausländische Pilgerreise hat Benedikt XVI. nach Polen ausgerichtet, sollte man seine Anteilnahme am XX. Welt-Treffen der Jugend in Köln (16.-21.VIII.2005) übersehen. Die Pilgerreise nach Polen hat gegen Ende Mai dieses Jahres stattgefunden (25.-28.V.2006 r.). Motto des Treffens war: BLEIBT STANDHAFT IM GLAUBEN. -- Sehr erschwerender Faktor bei dieser Pilgerschaft, zumal am Anfang selbst in Warszawa, war das heftige Regen, mit dem ein kalter, starker Wind einherging. Das Wetter war meistens düster-trübe. Trotzdem wurde Benedikt XVI. überall enthusiastisch empfangen. Er aber ermangelte nicht, immer wieder an seinen Vorgänger anzuknüpfen, Johannes Paul II. Die Homilien sprach er lange Fragmente hindurch polnisch, den Rest italienisch - mit Übersetzung. Das Wetter hat sich deutlich verbessert, als er nach Czestochowa (Tschenstochau) auf Jasna-Gora angekommen war, wo Benedikt XVI. eine ihn selbst erhebende Annahme bereitet wurde.

Diese schwierige Probe auf die Qualität der Liebe Mariens und Josef zu sich einander als Ehepaars, und umso mehr ihrer Zweien angesichts des ihnen anvertrauten Gottes Lebens in Person Ihres, und zugleich nicht ganz Ihres Kindes JESUS, ist ganz durchtränkt mit einem Geheimnis nach dem anderen. Bis so weit, dass selbst Maria mit Josef sie nicht gleich durchzudringen imstande waren (s. Lk 2,50).
– Das Evangelium ist in diesem Fall ungemein aufrichtig. Und zwar selbst das Unbefleckte Herz der Mutter Jesu, die als die einzige sich das erlauben konnte, Jesus bei dem Namen zu rufen: „Du (mein) Geborener [gr.: téknon; aramäisch vielleicht: bení = mein Sohn, Du mein Kind!](Lk 2,48), war innerlich augenscheinlich so sehr zerschmettert wegen des verloren gegangenen Jesus und der Nicht gehörigen Aufsicht Ihm gegenüber, dass sie zuerst das sich hier ereignende Geheimnis nicht an der Stelle begreifen konnte:

„Und sie verstanden das Wort nicht [gr.: ou synékan],
das Er zu ihnen redete” (Lk 2,50).

Was geschehen ist, hat die Grenzen der geistigen, psychischen und physischen Tragfähigkeit ihrer beiden überragt. Dennoch, Maria ... schreit nicht, sie schimpft auf Jesus nicht. In ihrer tiefsten Vereinigung mit Ihrem Göttlichen Sohn, von Dem sie selbst diese ganze Zeit hindurch ständig lernt als von Ihrem Göttlichen Meister, hat sie sich sofort auf die schweigende, voller Vertrauen, Gebets-Kontemplation des Vorhabens Gottes zurückgezogen, dessen Ausmaße sie vorläufig zu umfangen außer Stande war.

Lukas fügt nur hinzu, was er von Maria selbst erfahren musste:

„Und seine Mutter bewahrte
alle diese Worte in ihrem Herzen” (Lk 2,51).

Für uns, die wir von der Perspektive der Zeit her das alles betrachten, ist es nicht schwer zu erblicken, dass Jesus hier seine künftige Rückkehr zum Vater, von dem Er hervorgegangen war, klar ankündet. Er ist sich um seine Herkunft fortwährend voll bewusst, wie auch um das einzige Ziel, demzufolge Er vom Himmel auf die Erde herabgestiegen ist:

„Vom Vater bin Ich ausgegangen und in die Welt gekommen.
Ich verlasse die Welt wieder – und gehe zum Vater” (Joh 16,28; vgl. auch ebd.: 17,11; 16,7; 14,28; usw.).

Jesus überholt hier die Ereignisse und kündet das Pascha-Geheimnis an: seinen Erlösungstod und den drei Tage langen Aufenthalt in der Erde. Erst nachher, wenn Er von sich sagen werden kann: „Ich habe Dich [Vater] auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das Du Mir aufgetragen hast” (Joh 17,4), wird Er von neuem zurückkehren können zum Vater, der Ihn gesandt hat, dass Er das Werk der Erlösung des Menschen vollbringe.

Das betrachtete Ereignis war übrigens nicht die erste solche prophetische Ankündung. Wir behalten im Gedächtnis die prophetischen Worte, die zwölf Jahre zuvor der alte Simeon zu Maria und Josef gesagt hat, als diese das Kindlein Jesus zum Tempel gebracht haben, um es gemäß dem Gesetz von Mose als ihren Erstgeborenen Gott zu opfern. Lukas berichtet im Evangelium nachdrücklich:

„Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu:
Siehe, dieser ist gesetzt zum Fall und Aufstehen vieler in Israel
und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird.
Aber auch deine eigene Seele wird ein Schwert durchdringen,
damit Überlegungen aus vielen Herzen offenbar werden’
...” (s. Lk 2,34f.).

Unabhängig davon, selbst Maria war nicht imstande das Geheimnis Ihres Göttlichen Sohnes erschöpfend durchzudringen. Wie oft hebt doch Jesus im Lauf seiner öffentlichen Wirksamkeit hervor:

„Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden.
Niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater,
nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will” (Mt 11,27; s. auch z.B.: Joh 5,18.19.25).

Kein Wunder, dass Johannes Paul II. im Anschluss an das Ereignis des wiedergefundenen zwölfjährigen Jesus im Tempel hinzufügt:

„... Aber der Evangelist fügt hinzu: ‘Doch sie [Josef und Maria] verstanden das Wort nicht, das Er zu ihnen redete’  [Lk 2,48ff.].
Jesus war sich also bewusst, dass ‘den Sohn nur der Vater kennt’ [vgl. Mt 11,27], und sogar diejenige, der das Geheimnis seiner Göttlichen Sohnschaft offenbart worden ist – Maria, hat mit diesem Geheimnis nur durch den Glauben verkehrt. Indem sie an der Seite des Sohnes unter dem Dach desselben Hauses weilte, und ‘ihre Vereinigung mit dem Sohn treu bewahrt hat, ... schritt sie voran auf dem Pilgerweg des Glaubens’ ...
So war es auch im Laufe des öffentlichen Lebens Christi [vgl. Mk 3,21-35], wobei sich an Maria täglich der Segen erfüllte, das von Elisabeth bei ihrem Besuch ausgesprochen worden war:
Selig ist, die Du geglaubt hast’ ...” (RMa 17).

Mit anderen Worten, auch Maria lebte hier auf Erden mit dauernd unterhaltenem Glauben. Auch für sie, schon abgesehen von Josef, war der Glaube in keinem Fall leichte Frage. Sie verharrte aber beständig in der Unterhaltung ihrer Ausrichtung auf Anvertrauen zu diesem Wort, das an sie ganz am Anfang vom Himmel gelangt war, und das sie in keinem Augenblick zurückgezogen hat. Ganz im Gegenteil:

„... Sie umfing den Heilswillen Gottes mit ganzem Herzen, ... gab sich als Magd des Herrn ganz der Person und dem Werk Ihres Sohnes hin und diente so unter Ihm und mit Ihm in der Gnade des Allmächtigen Gottes dem Geheimnis der Erlösung” (LG 56).

Ehepaar im Angesicht des Kindes – Gottes

Im Anschluss an unsere Nachsuche nach Lichtchen des Evangeliums, die zur Erarbeitung von Ausgangspunkten bei der Erarbeitung der Theologie des Ehe-Sakraments dienen könnten, gehört es sich noch einen Aspekt zu betonen, der von uns schon ein paarmal erwähnt wurde.

Und zwar dieses schaudererregende Ereignis im bisherigen Leben des Ehepaars Maria-Josef: als ihnen Jesus verloren gegangen ist, lässt in scharfem Licht die immerwährend erfolgende Tatsache der sich hier ständig durchschneidenden Prioritäten und der Hierarchie der Liebe würdigen. Einerseits geht es um die gegenseitige Liebe ihrer Zweien als Ehegatten, und anderseits um die nicht minder Bräutliche, oder eher unendlich mehr Bräutliche Liebe, mit der Gott selbst sich zu solchen Zweien als Eheleuten und zugleich als Gottes Braut bezieht. Der Heilige Geist wirkt es nämlich, dass die Vielheit der Personen in Ihm zu einem jemand Einen wird (vgl. Gal 3,28).

Diese Zweien – Maria und Josef, bilden dauernd eine innige Kommunion in beiderseitiger Liebe und im sie beide zusammenfügenden Leben. Wie sehr sie beiden auch in dieser dramatischen Situation – eine Kommunion in ihrem ehelichen Band bilden, lesen wir u.a. aufgrund der Art und Weise ab, wie Maria ihren Göttlichen Sohn anspricht, als sie Ihn im Jerusalemer Tempel wieder gefunden haben.

Jesus hat die ihn umgebenden, geehrten Rabbiner – mit seinen verwundernden Fragen und noch mehr verwundernden Antworten in äußerste Verlegenheit, wenn nicht in zunehmenden Zorn versetzt. Wegen so manchen seinen Antworten, in denen Er wohl oder übel an das Geheimnis der Allerheiligsten Dreifaltigkeit angeknüpft hat, das aber diese Lehrer des Glaubens in keinem Fall zur Kenntnis annehmen wollten, würden sie Jesus wohl gern an der Stelle gesteinigt haben. Sie haben nur vorgetäuscht, man müsste Jesus sowohl seine – in ihrer Ansicht – sehr störenden und unlösbaren Fragen und Antworten, um seines noch jungen Alters willen, entschuldigen ...

Gerade in diesem Augenblick ist Maria mit Josef in ihrer bisher erfolglosen Suche nach Spuren Jesu – im Tempel erschienen. Es haben sich im selben Moment die Augen Jesu mit ihrem voller Schmerz Blick, und wohl auch eines eigenartigen elterlichen Vorwurfs, gekreuzt.
– Es sollte bemerkt werden, dass wiewohl – und nicht Josef ihre Stimme Maria aufgegriffen hat, spricht sie im Namen ihrer beiden als Ehepaars:

„Kind, warum hast Du uns das getan [gr.: téknon, ti epójesas hemín hoútos. – die Übersetzung sollte lauten: Du Geborener: was hast Du da uns eben angetan]?
Siehe, dein Vater und ich haben Dich mit Schmerzen gesucht ...” (Lk 2,48).

Obwohl wahrer Elter Jesu nur Maria ist, spricht sie im Plural: „... warum hast Du UNS das getan?” Maria spricht spontan und bestätigt zugleich eindeutig, dass sie zusammen mit Josef die eheliche Einheit bilden. Daher spricht sie im Namen ihrer beiden als Ehepaars-Eltern: sowohl mit Bezug auf Jesus selbst, wie auch die Zeugen des ganzen Ereignisses.

Aber noch mehr, Maria betont ganz ausgeprägt, dass dieser Erste, der eigentlich Verantwortliche für die Ehe und Familie nicht Sie ist, sondern Josef. Daher erwähnt sie den Posten und die Funktion Josef an erster Stelle: „Siehe, dein Vater und ich haben Dich ...” (Lk 2,48).

Maria nimmt Jesus nicht zum Besitztum ein, auch wenn sie vollberechtigt wäre, allein im eigenen Namen als Mutter zu sprechen. In ihrer Demut, als wahre Magd des Herrn, aber auch in Ehre vor dem Gewohnheitsrecht, sieht sie als den ersten in der Ehe und Familie den Ehemann-Vater an. Er ist nämlich der „Báal-Bet: Herr-des-Hauses”. Er ist das eigentliche Haupt des Hauses-der-Ehe-der-Familie. Maria bekennt das und zollt die volle gehörige Ehre Josef als dem Herrn-dem-Haupt-des-Hauses: „Siehe, dein Vater und ich haben Dich ...” !

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Zeugnis des schwierigen Wetters, das den schon nicht allzu jungen Papst bei seiner Pilgerschaft nach Polen, die Heimat seines Vorgängers Johannes Paul II., begleitet hat (Josef Ratzinger: geb. 16.IV.1927 in Marktl am Inn).

Damit sind wir aber noch nicht zu Ende. Maria nennt hier Josef als den ‘Vater’. Das entsprach aber der Wahrheit nicht! Der eigentliche und einzige wahre Vater Jesu ist der Himmlische Vater, Gott-der-Vater! Jesus ist urewig: „Gezeugt – nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater” und dem Heiligen Geist – als Zweite Person der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Daher kann Josef in keinem Fall Vater Jesu sein. Ein und dieselbe Person kann nicht zwei ‘Väter’ haben.
– Jesus ist im Schoß Mariens nicht infolge der ehelichen Vereinigung Josef mit Maria empfangen worden. Diese Zweien haben sich ab Anfang an verabredet – zweifelsohne unter besonderer Einwirkung des Heiligen Geistes, dass sie ihr eheliches Band in vollständiger geschlechtlicher Reinheit leben werden: wie Bruder mit Schwester.

Oben haben wir schon die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, wie peinlich die Situation war, die sich sehr kurz nach dem ‘Hinabsteigen des Sohnes Gottes vom Himmel in den Schoß Mariens, seiner Jungfräulichen Mutter’, ausgebildet hat (s. ob.: Die jungfräuliche Empfängnis Jesu). Erst die Intervention Gottes hat das für sie beiden schwierige Dilemma gelöst. Es war nämlich, so könnte es scheinen, unlösbare Frage: sowohl für Maria, wie auch für Josef, ihren rechtmäßigen Ehemann.

Verweist aber Maria in diesem Fall auf ihren Ehemann Josef als den ‘Vater’, drückt sie sich dennoch ganz präzise aus. Josef hat von Gott die deutliche Anordnung erhalten: „Fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen. Denn das in ihr Gezeugte ist von dem Heiligen Geist. Und sie wird einen Sohn gebären, und Du sollst [Du, Josef] seinen Namen Jesus nennen ...” (Mt 1,20). Mehr als im Sinn der biologischen Zeugung wird jemand Vater bzw. Mutter durch die Annahme des Kindes und seine vieljährige Erziehung.

Anders gesagt, in diesem schwierigen Dialog zwischen dem wieder gefundenen Jesus „im Tempel ..., wie Er inmitten der Lehrer saß und ihnen zuhörte und sie befragte” (Lk 2,46) – nimmt Maria spontan, und zugleich völlig getreu, die Haltung der unbezweifelnden ehelichen Loyalität an. Sie verhält sich angesichts Josef als seine wahrhafte Ehefrau. Dieselbe Haltung nehmen sie beiden im Angesicht jener gelehrten Zeugen an, die sich erst in diesem Augenblick bewusst geworden waren, was schwieriges hier geschehen war.

Gott-der-Sohn und Ehepaar-Eltern

Wir bemerken aber, dass die Sache hiermit gar nicht zu Ende gekommen war. Bestätigt Maria in dieser Situation ihre Ehe mit Josef als ihrem Ehemann, und sogar dem „Vater” Jesu – auch wenn in ganz besonderem Sinn: als seines angenommenen Vaters, erscheint Jetztzeit auf der Schaubühne selbst der Gottes ... ‘Schuldige’ des ganzen Ereignisses: Jesus. Er ist es, der ihnen beiden so viel Schmerz bereitet hat.

Es ziemt sich zu sagen, dass Jesus das alles, was Maria in ihrer ehelich-familiären Intuition mit dem Schleier des Geheimnisses zu verhüllen suchte, eigenartig ‘kaputt gemacht’ hat. Nicht genug, dass Jesus die Liebe seiner doch geliebten Eltern auf eine äußerst schwierige Probe ausgesetzt hat, versetzt Er jetzt einen Stich gleichsam direkt in das Herz selbst ihrer ehelichen Einheit.

Und zwar Er fügt eine eigenartige, unheilbare Wunde dem Herzen seines angenommenen Vaters Josef zu. Hier die Worte Jesu zu Ihnen beiden – Maria und Josef, die Er aber im Angesicht des ganzen Kreises der Gelehrten Zeugen dieses Ereignisses geäußert hat, die zweifelsohne die höchsten Posten in der geistigen und religiösen Struktur des damaligen Volks Gottes besetzt haben. Praktisch gesagt, das Leben und der Tod eines jeden damaligen einzelnen Bürgers, des Juden, hingen in erster Reihe von ihnen ab:

„Und Er sprach zu ihnen:
Was [ist der Grund dafür], dass ihr Mich gesucht habt?
Wußtet ihr nicht, dass Ich in dem sein muss,
was Meines Vaters ist?’
...” (Lk 2,49).

Wie brutal, ohne irgendwelche Verzierung bzw. Milderung der Formulierung, ist die Antwort dieses Jesus, dieses – in den Augen der Ihn umgebenden Zeugen-Prominenten kaum erwachsenen Buben!

Was hat Er eigentlich gesagt? Die Zuhörer mussten auf Seine Worte mit höchster Empörung aufbrechen und sich die Ohren zumachen, wie sie es einmal machen werden, wenn der Stefanus vor dem Synedrium stehen wird und sagt: „Ich sehe den Himmel offen und den Menschen-Sohn zur Rechten Gottes stehen(Apg 7,56).
– Die Reaktion der Zuhörer war damals sofortig und eindeutig: „Da erhoben sie ein lautes Geschrei, hielten sich die Ohren zu, stürmten gemeinsam auf ihn los ...” (Apg 7,57).

Ähnlich wird es übrigens ein paarmal in kritischen Diskussionen Jesu mit den geistigen Führern des Volkes werden, zumal gegen das Ende seiner öffentlichen Wirksamkeit. Jesus wird dann offen und entschieden sagen, dass Sein Vater – Gott selbst ist:

„Jesus aber antwortete ihnen: ‘Mein Vater wirkt bis jetzt, – und Ich wirke’.
Darum nun suchten die Juden noch mehr, Ihn zu töten,
weil Er nicht allein den Sabbat aufhob,
sondern auch Gott seinen eigenen Vater nannte
und sich so selbst Gott gleich machte” (Joh 5,17f.; s. auch: Joh 8,59; 10,31).

Der kleine, zwölfjährige Jesus korrigiert im Jerusalemer Tempel mit seiner heiklen Antwort auf eindeutige Weise, dass seine Mutter sich nicht korrekt von Josef als seinem ‘Vater’ geäußert hat. Und dass Er sich demzufolge genötigt findet, dieses Ihr Wort zu berichtigen. Er stellt eindeutig fest, dass Josef nicht sein Vater ist! Sein Vater ist kein Mensch, sondern Gott selbst.

Man kann sich vorstellen, wie entsetzend dieses Bekenntnis und Zeugnis zugleich des jungen Jesus war! Für Josef wurde es gleichsam ein Stich direkt in sein Herz: des Mannes Mariens, des Hauptes der Familie von Nazaret, des angenommenen Vaters Jesu.

Josef ist nichts übrig geblieben, als das vom Mund des Geliebten, von ihm angenommenen Sohnes Gottes herkommende, schreckliche, die Wirklichkeit brutal enthüllende Wort anzunehmen, und ganz von neuem die ihm von Gottes Vorsehung anvertraute Sendung anzunehmen: nur angenommener Vater zu sein für diesen JESUS, der die immer deutlicher sich kennen gebende Distanzierung von seinen irdischen – sowohl Mutter, wie auch dem angenommen Vater angetreten ist.
– Seine bisherigen Eltern kommen allmählich mit ihrer Sendung zu Ende: den Sohn Gottes in ihr ehelich-familiäres Milieu angenommen, Ihn ernährt, gekleidet, und auf das Ihn wartende – alles überragende Werk: die Erlösung der Welt, vorbereitet zu haben.

Jesus und die Rabbiner-Lehrer

Auf dem eigenartigen ‘Schlachtfeld’ bleiben im Tempel in diesem Augenblick, der Reihe nach, diese „Lehrer”, denen Jesus „... ihnen zuhörte und sie befragte” (Lk 2,46).
– Die Worte, die Jesus an Maria und Josef gerichtet hat, mussten wie eine Ladung von unendlicher Sprengkraft wirken. Die den jungen Jesus umgebenden Rabbiner haben sich sofort ausgekannt, was Jesus in seinem keinen Widerspruch kennenden Mut gesagt hat: „... Wußtet ihr nicht, dass Ich in Dem sein muss, was Meines Vaters ist” ? (Lk 2,49). Es war klar, Jesus konnte hier nicht von irgendwelchen Dingen sprechen, die seinem – wie sich Maria geäußert hat – „Vater” gehört haben, jenem Josef von Nazaret!

Wer ist demnach dieser verwundernde Junge mit entschiedenem Charakter und eindeutiger Haltung, wenn Er sich so wunderlich und voller Mut äußert: „Wußtet ihr nicht, dass Ich in Dem sein muss, was Meines Vaters ist ”?

Der Zusammenhang des Aufenthaltsortes und der Inhalt der Aussage dieses Jünglings wiesen auf eine Art und Weise, die keinen Zweifel zulässt, auf folgendes hin:
– Er spricht von Sachen des hiesigen Tempels, der Tempel Jahwéh ist – und erst sekundär Ruhm Israels!
– Noch mehr, die Art und Weise, wie dieser Junge Mann sich ausdrückt, obwohl er kaum von der Kindheit herauskommt, ist mit so eindeutiger Autorität und Macht geladen, als ob gerade Er sich als rechtmäßiger, wahrhafter Sohn von Jahwéh selbst gehalten hätte.
– Übrigens Er hat den Mut, Jahwéh geradeaus als seinen persönlichen Vater zu nennen.
– Dieser Junge spricht dabei mit solcher Macht, dass Er keinen Zweifel zulässt: die Gottes Sachen selbst sind – nach Ihm: Sachen seines persönlichen Vaters, und daselbst sind sie gleichzeitig auch seine persönlichen Sachen.

Für die Elite jener ‘Rabbiner-Lehrer’, die den Jungen Jesus umgeben – ist Rettung und Befreiung von der peinlichen Diskussion mit Ihm die Ankunft zu dieser Stunde seiner ‘Eltern’ geworden: Mariens und Josef. Die Rabbiner konnten erleichtert aufatmen, als die Eheleute-Eltern Jesus mitgenommen haben und die Rückkehr nach ihrer Pilgerwanderung, nach ... Galiläa, angetreten sind.

Als wir früher, im dritten Teil der hiesigen Homepage, kurz das jetzt gerade ausführlicher erörterte schwere Erlebnis für Maria und Josef: vom verloren gegangenen zwölfjährigem Jesus (s. ob.: Der zwölfjährige Jesus) erwähnt haben, haben wir aufmerksam gemacht, es wäre unwahrscheinlich, dass unter jenen Rabbinern-Lehrern damals, im Rahmen der für sie ungemein aufregenden Fragen-Antworten dieses Jünglings Jesus, Erinnerungen an die Ereignisse vom unweit entfernten Betlehem vor 12 Jahren nicht von neuem aufgelebt haben.

(0,2 kB)  Wie viel Aufsehen haben damals eine Hirtengruppe erregt, die erzählten, sie hätten ein Gesicht von Engeln erlebt, die behauptet haben, sie verkündeten ihnen eine große Freude: „Denn euch ist heute der Erlöser geboren, der ist Christus, der Herr, in Davids Stadt” (Lk 2,10f.).

(0,2 kB)  In einer Zeit nachher ist damals eine Delegation von Weisen hergekommen, die sich nach einem geheimnisvollen „Stern” gerichtet haben (Mt 2,2), der eventuell dieser „Stern Jakobs” sein konnte von der Prophetie Bileams aus der Zeit von Mose (s. Num 24,17).

(0,2 kB)  Die Rabbiner haben gut gemerkt, was damals auf die Anfrage von Herodes mit Bezug auf jenen Stern „alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes ... Wo der Christus-Maschíach, geboren werden solle” (vgl. Mt 2,4) geantwortet haben.

(0,2 kB)  Die Zuhörer des zwölfjährigen Jesus erinnerten sich an das entsetzende Finale jenes Rückblicks – in Form des Blutbadesder Kleinkinder: der Jungen bis zu zwei Jahre in Betlehem und ganzer Gegend” (Mt 2,16).

(0,2 kB)  Unmöglich, dass ihnen nicht ein eventueller Zusammenhang jener furchtbaren Ereignisse vor 12 Jahren in die Gedanken gekommen war – mit diesem wunderbaren Jüngling, mit dem sie sich gerade erst auseinandergesetzt haben, wobei sie sich seine ungemeine Machtaussagekraft und seine ohne irgendwelches Schwanken geäußerten Worte nicht erklären konnten
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d. Ehepaar in sich kreuzender
ihrer Liebe – mit der Liebe
Gottes-des-Bräutigams

Mutter und Vater Jesu: des Sohnes Gottes

Wir kehren noch einmal zum Lukas-Bericht über den zwölfjährigen Jesus, der unbemerkt im Tempel geblieben ist. Allem was hier dargestellt wird, liegt die Suche in Evangelien nach Lichtchen zugrunde, die den Grundboden für eine Theologie der Ehe als Sakramentes des Neuen Testamentes bilden könnten.

Wir schauen von neuem auf das Ehepaar Maria und Josef. Die Verwirklichung des tiefsten Sinnes ihres Ehe-Bundes, auf dessen Grund diese Zweien Person-Gabe-‘für’ sich gegenseitig geworden sind, hat in der Stunde begonnen, als sie zueinander öffentlich das gegenseitige Zugeständnis ausgedrückt haben, dass sie von nun an den Ehe-Bund bilden werden.

Der von ihnen geschlossene Ehebund hat ab der Stunde des tatgewordenen Geheimnisses der Menschwerdung des Sohnes Gottes im Schoß Mariens eine entschiedene Um-Orientierung ihres ehelichen Bandes erfahren: von nun an auf die Blume, die ihnen ‘entlang’ ihrer ehelichen Liebe auf ganz unverhoffte Art und Weise von Gott dem Vater anvertraut worden ist. Es hat sich wörtlich die Prophetie von Jesaja erfüllt:

„Taut, ihr Himmel, von oben, ihr Wolken, lasst Gerechtigkeit regnen !
Die Erde tue sich auf und bringe das Heil hervor,
sie lasse Gerechtigkeit sprießen.
Ich, Jahwéh, will es vollbringen!” (Jes 45,8).

Das vom Propheten erwähnte ‘Sprießen’ der Erde mit Heil und Gerechtigkeit trägt an anderen Stellen des Jesajabuches und bei anderen Propheten denselben, oder ähnlichen Namen: es geht dann um „den Reis aus dem Baumstumpf Isais” (Jes 11,1; Jer 23,5; 33,15; Sach 3,8; 6,12; Offb 5,5; 22,16).

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Wunder der Natur: Eisberge die aus dem Meer hinaufwachsen - im Glanz der herabsinkenden Sonne. -- Von den Psalmen: „HERR, höre mein Gebet! Mein Schreien dringe zu Dir. Verbirg Dein Antlitz nicht vor mir! Wenn ich in Not bin, wende Dein Ohr mir zu! Wenn ich Dich anrufe, erhöre mich bald” (Ps 102[101],2-3)

Wenn schon früher: „ehe sie zusammenkamen(Mt 1,18), die beiderseitige eheliche Kommunion Mariens und Josef in ihrer menschlichen Liebe vollbewusst für die Priorität der Liebe Gottes des Bundes offen gewesen war, so ließen sich beide vom Augenblick an, als unter dem Herzen Mariens der Sohn Gottes empfangen wurde, umso mehr sperrangelweit von dieser Liebe umfangen, mit der an ihre Herzen der Dreieinigen angepocht hat.
– Ihre sich mit zwei Aspekten ausweisende Liebe: zu sich gegenseitig, aber umso mehr zu Gott – bildet von nun an unvergleichlich mehr intensiv eine fortbestehende, sich durchaus einklängig gestaltende gegenseitige Überschneidung des Geheimnisses der Liebe: dieser ihrer menschlichen – und dieser Liebe, die ihnen vom Dreieinigen angeboten wird. Gott der Dreieinige ist aber dieser:

„Denn so sehr hat Gott [der Vater] die Welt [Welt der Menschen] geliebt,
dass Er seinen Eingeborenen Sohn dahingegeben hat,
damit jeder, der an Ihn glaubt [= auf Ihm sein ganzes Anvertrauen legt],
nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.
Denn Gott [= der Vater] hat Seinen Sohn [diesen, der sich im Schoß seiner Mutter-Jungfrau Maria entwickelt]
nicht in die Welt gesandt, damit Er die Welt richtet,
sondern damit die Welt durch Ihn erlöst wird ...” (Joh 3,16f.).

Das Geheimnis der Menschwerdung hat keinesfalls dazu beigebracht, dass das eheliche Gefühlsband Mariä und Josef ihmzufolge abgekühlt oder aufgehangen worden wäre. Im Gegenteil, sie ist einträchtig und spontan – in Kraft der Ehe selbst als des Sakraments der Schöpfung, auf eine umso höhere Ebene geraten. Sie hat sich Jetztzeit umso mehr gemäß dem ursprünglichen Vorhaben Gottes gestaltet, das mit der „von Anfang an” gegründeten Institution der Ehe verbunden war. Sie sollte für diese Zweien – und für jedes andere Ehepaar, ihr gewöhnlicher Weg-zum-Himmel werden. Das sollte durch das heilige und unbefleckte Erleben der ganzen ehelichen und familiären Wirklichkeit erfolgen:

„Denn in Ihm [= Christus; auch schon bevor Er in die Welt gekommen ist]
hat Er uns auserwählt vor der Grundlegung der Welt,
dass wir heilig und tadellos vor seinem Angesicht seien.
In Liebe hat Er uns vorherbestimmt, zur Sohnschaft durch Jesus Christus
für sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens,
zum Lob der Herrlichkeit seiner Gnade,
mit der Er uns begnadet hat in dem Geliebten [= In Jesus, dem Erlöser] ...” (Eph 1,4ff.).

Wir betrachten die Ehe, die Josef mit Maria, dem Mädchen aus Nazaret – vom Stamm David, geschlossen hat. Ab der Stunde ihrer – Mariens – Empfängnis im Schoß ihrer eigenen Mutter (Ehepaar Anna und Joachim, die Eltern von Maria) leuchtete sie mit dem Glanz der Heiligkeit und Tadellosigkeit im Angesicht der ganzen Schöpfung. Dieses Meisterstück versetzte die Trinität in Entzückung, erfreute die Chöre der Engel.
– Zu gleicher Zeit bebte bei Ihrem Anblick die Hölle – mit diesem an seiner Spitze, der der „Böse” ist (Mt 6,13), den Jesus als den „Fürst dieser Welt” nennt (Joh 14,30).

Sie wurde nämlich schon in der Stunde ihres Herausgerufenwedens von Nicht-Existenz zum Existieren mit Fülle der Gnaden Gottes beschenkt – als Empfangene ohne Makel der Ursprünglichen Sünde. Das geschah in Kraft der Verdienste des Erlösungsleidens Ihres Göttlichen Sohnes Jesus Christus, den sie erst in die Welt bringen sollte.
– Das wurde vom Zweiten Vatikanischen Konzil hervorgehoben. Es drückte damit den unerschütterlichen Glauben der Kirche aus sowohl bezüglich ihrer Unbefleckten Empfängnis am Anbeginn ihres Da-zu-Seins, wie auch der Himmelaufnahme, nachdem Ihr irdisches Leben erlöscht ist:

„Schließlich wurde die Unbefleckte Jungfrau, von jedem Makel der Erbsünde unversehrt bewahrt, nach Vollendung des irdischen Lebenslaufs – mit Leibe und Seele in die Himmlische Herrlichkeit aufgenommen und als Königin des Alls vom Herrn erhöht, um vollkommener Ihrem Sohn gleichgestaltet zu sein, dem Herrn der Herren [Offb 19,16] und dem Sieger über Sünde und Tod” (LG 59; s. auch: RMa 10).

Das Privileg der ihr geschenkten Unbefleckten Empfängnis hat Maria um der vom Dreieinigen vorausgesehenen, Ihrer künftigen Mutterschaft des Sohnes Gottes willen erhalten. Gerade aus diesem Grund unterlag Maria keinen Augenblick in irgendwelcher Weise der Macht dessen, der am Ur-Anfang der Erschaffung dem Dreieinigen sein aufständisches: „Ich werde Dir nicht dienen” gesagt hat (s.: Jer 2,21). So hat der in Sünde gefallene Engel selbst sein ewiges Geschick besiegelt, indem er sich von seinem Schöpfer losgetrennt hat. Der von ihm zurückgewiesene Schöpfer hat nur seine unwiderrufliche Entscheidung: des ewigen Wegganges von Gott – bestätigt.

Im Gesicht, das der Hl. Johannes in der Apokalypse darstellt, lesen wir:

„Und gestürzt wurde der große Drache – die alte Schlange,
genannt Teufel und Satan, der die ganze Welt verführt.
Er wurde auf die Erde geworfen und mit ihm seine Engel” (Offb 12,9).

Über Maria hat also der Böse – „Teufel und Satan”, niemals – keinen geringsten Augenblick, irgendwelche Macht gehabt. Aber gerade aus diesem Grund wird er vor Ihr nicht nur zittern, sondern verhasst Sie mit seinem ganzen Selbst und „mit all seinen Kräften” ab der ersten Weile Ihrer Unbefleckten Empfängnis. Er wusste nämlich vortrefflichen Bescheid, dass gerade Sie – über Ihren Göttlichen Sohn, „seinen Kopf zertritt-zerquetscht” (Gen 3,15). Daher sammelt er seine ganze Wut auf Ihr:

„Als der Drache erkannte, dass er auf die Erde gestürzt war,
verfolgte er die Frau, die den Knaben geboren hatte [= Jesus] ...” (Offb 12,13).

Die Mutterschaft Mariens betreffs aller Erlösten

Wir bemerken, dass die volle Eröffnung auf die an Maria und Josef direkt vom Dreieinigen ankommende Liebe bewirkt, dass ihre eheliche Kommunion – Merkmale der Elternschaft Gottes selbst annimmt: des „Schöpfers des Himmels und der Erde”. Je mehr besonders Maria – Mutter Jesu – ist, und Josef – sein Angenommener Vater, desto mehr werden sie beiden ... Eltern in geistigem Sinn: aller jener, die ihr Göttlicher Sohn – erlöst.
– Es kommt im Leben Ihres Göttlichen Sohnes die Stunde, da wird Er es selbst auf eindeutige Weise äußern. Der Gekreuzigte selbst, der angenagelt – nicht einmal seine Hand rühren kann, der als König von der Höhe des Kreuzes herrscht als Dieser, der im wörtlichen Sinn „... nicht gekommen ist, um Sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und Sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele” (Mt 20,28), bestimmt seine Unbefleckte Mutter – zur Mutter aller, die Er erlöst hat:

„Als nun Jesus die Mutter sah und den Jünger, den Er liebte, dabei stehen,
sagte Er zu seiner Mutter: ‘Frau, siehe, dein Sohn’.
Dann sagte Er zu dem Jünger: ‘Siehe, deine Mutter’ ...” (Joh 19,26f.).

Der Gottes Sohn Mariens, Jesus Christus, vertraut der Mütterlichen Sorge und Liebe seiner Mutter Maria – alle Menschen an. Durch seinen Erlösungstod erhalten alle, die sich auf Gott hin öffnen, „den Geist der Annahme zu Söhnen, in dem wir rufen: ‘Abbá – Vater’ ...” (Röm 8,15).

Siehe da die volle Frucht der aufrichtigen Eröffnung von Mann und Frau in ihrer ‘horizontal’ sich gestaltenden, beiderseitigen Sehnsucht nach sich einander, und der treuen Kommunion von Leben und Liebe – für die ständig an sie ankommenden Signale in der ‘Vertikale’, d.h. vom Dreieinigen. Denn Gott ist umso mehr ganz Liebe-Sehnsucht nach dem Eins-in-Liebe mit dem Geschöpf seiner Vorliebe, Mann und Frau.

Je mehr jemand in seinem Leben Platz Gott für sein Wirken gewährt, desto mehr wird er in Gott selbst und Seine Eigenschaften verwandelt: in All-Gegenwart, All-Liebe, All-Macht.
– Maria wird in seiner Beschaffenheit der „Magd des Herrn” – immer mehr Mutter-aller-Menschen. Und Josef, der Gerechte Mann – „Schutzherr der heiligen Kirche”, wirksamer und „sorgsamer Beschirmer Gottes” und „Schrecken der bösen Geister” (Litanei zum Hl. Josef.).

Die Beobachtung des Lebens Mariä und Josef darf selbstverständlich nicht flach sein. Wir bemerken, dass angesichts Mariens – und des Josef, der Böse: Satan – alle seine Kräfte mobilisiert, um Ihren Gottes Sohn zu vernichten, Ihn umzubringen.

(0,3 kB)  Daher die eine Schwierigkeit nach der anderen Schwierigkeit, denen diese beiden in ihrem ehelichen und familiären Leben begegnen. Das Leben dieser Eheleute und ihrer Familie war eine Reihenkette von Unsicherheit, Schwierigkeiten, Verfolgung, Arbeitslosigkeit, Mangel an Lebensmittel, und endlich Bedrohung mit Tod.

(0,3 kB)  Gott hat gut gewusst, was Er tut und was Er zulässt, wenn Er das Leben dieser Heiligen Familie in so dramatische Umstände gesetzt hat. Der Himmlische Vater hat gehofft, dass Maria, diese Voll-der-Gnade, das alles mit völliger Bereitschaft ihres Herzens annimmt und, der Reihe nach, Josef hilft, Gott auch unter diesen entsetzenden Umständen zu preisen.

Der Himmlische Vater hat seine Geliebte Tochter zur unbesiegbaren Mauer für den Bösen gemacht. Sie schlägt immer die erste die Wucht der wütenden Raserei Satans zurück. Maria besiegt ihn beständig nicht mit irgendwelcher physischen Waffe, sondern mit ihrer Demut der Magd und mit dem unbeugsamen Anvertrauen auf die Liebe des Dreieinigen selbst.

Das äußert einmal auf seine Art und Weise der Geliebte Jünger Jesu im Buch der Offenbarung. Jeder Mensch wird von Christus, diesem angenagelten an das Kreuz der Erlösung, Maria als Mutter anvertraut. Jesus hat damals seine eigene Mutter – zur Mutter aller Menschen in Ordnung der Gnade bestellt.

Folgerichtig kann also jeder Jünger Christi gewiss sein, dass der Böse zuerst Sie angreift, diese Unbefleckte. Sie ist es, die mit ihrer Liebe und dem Gehorsam dem Glauben – ständig seinen Kopf niedertritt. Sie erduldet auch immer die Erste – die Heftigkeit seines tobenden Jähzornes.

Erst sekundär erfahren Angriffe vonseiten des Bösen, der Reihe nach, die Ihrer Liebe anvertrauten Kinder: jeder der Erlösten. Johannes berichtet im Offenbarungsbuch in einem der weiteren Sätze nach dem Text, der gerade oben angeführt worden ist, dass „gestürzt wurde der große Drache – die alte Schlange ...” (Offb 12,9. S. ob.: Text Offb 12,9: „Es wurde gestürzt der große Drache ...”). Und zwar jener „Drache-Schlange” wendet jetzt seinen ganzen Hass gegen die „Frau bekleidet mit der Sonne ...” (Offb 12,1), die mittlerweile „den Knaben geboren hat” (Offb 12,5.13). Es ist ihr Gottes Sohn, Jesus Christus, der Erlöser. Der Drache will Ihn sofort nach der Geburt „verschlingen” (Offb 12,4). Das wird aber von der Vorsehung Gottes nicht zugelassen: „Und Ihr Kind wurde zu Gott und zu seinem Thron entrückt. Die Frau aber floh in die Wüste ...” (Offb 12,5f.).

Die Anstrengungen der Schlange, die Frau zu erreichen und sie zu tilgen, bleiben vergeblich. Gerade dann, voller Hass, wechselt er seine Kampf-Taktik:

„Die Schlange spie einen Strom von Wasser aus ihrem Rachen hinter der Frau her,
damit sie von den Fluten fortgerissen werde.
Aber die Erde kam der Frau zu Hilfe; sie öffnete sich und verschlang den Strom,
den der Drache aus seinem Rachen gespien hatte.
Da geriet der Drache in Zorn über die Frau, und er ging fort, um Krieg zu führen mit ihren übrigen Nachkommen, die den Geboten Gottes gehorchen und an dem Zeugnis für Jesus festhalten ...” (Offb 12,15ff.).

Das Bewusstsein, dass der erste Angriff vonseiten der „Alten Schlange, genannt Teufel und Satan” (Offb 12,9) sich immer gegen Maria wendet, soll auf jeden der Erlösten beruhigend und ermutigend wirken. Maria hält die Erste die Angriffe Satans durch. Sie verteidigt wirksam ihre Kinder, die Ihrer Mütterlichen Obhut anvertraut worden sind, wenn sie Ihr nur erlauben, dass Sie sie vor Satan verteidigt.

Anteilnahme Mariens und Josef am Erlösungswerk – und Ehe als Sakrament

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Das Berühren eines Babys gilt als Berührung des kleinen Jesuskindes. Dieses Kind ist höchst wahrscheinlich ... getauft: es ist Tempel des Heiligen Geistes, mit keiner persönlichen Sünde beschmutzt. Der Segen Gottes fließt über das Kind – gleichsam eines eigenartigen Tempels – auf die Ehegatten-Eltern, die Geschwister, das ganze Haus, die ganze Welt. Der Heilige Schutzengel dieses Kleinen Kindes ist dauernd in Gott den Schöpfer und Erlöser gerichtet: er wünscht nichts anderes, als dieses ihm anvertrautes Kind zum ewigen Leben zu führen.

Es kommt noch eine Hinsicht des ehelichen Bandes Mariens mit Josef zum Nachdenken hinzu, zuengst mit der Tatsache verbunden, dass es hier um die Ehe als Sakrament geht – egal ob der Schöpfung, oder schon Sakraments der Kirche. Jedes Sakrament wird an die veränderlichen Umstände des Lebens und des Standes gleichsam anpasster ‘Kanal’, über den die Gnaden der Erlösung Christi auf die Erlösten herabfließen.

Maria als Mutter des Erlösers, und Ihr Ehemann Josef – nehmen im Erlösungswerk Jesu, den Gott der Vater ihnen als Eheleuten anvertraut hat, einen ganz besonderen und unwiederholbaren Platz ein.
– Die Kommunion von Leben und Liebe, die sie bisher erlebt haben, hat ab der Erscheinung in ihrer Ehe-Familie des Sohnes Gottes Jesus – sofort eine neue Ausrichtung erfahren, auch wenn sie sich dessen anfangs nicht voll bewusst waren. Maria hat sich schon ab der Stunde der Verkündigung mit ihrem ganzen Selbst in bewusst unterhaltene Verwirklichung des Werks der Erlösung eingeschaltet, um dessen willen Ihr Gottes Sohn vom Himmel herabgestiegen ist. Als aber Gott selbst in die Zweifel von Josef eingegriffen hat, so dass er „seine Frau zu sich genommen hat” (Mt 1,24), hat auch er sich auf seine Art in das Erlösungswerk des auch seiner Obhut anvertrauten Sohnes Gottes eingeschaltet.

Die von Maria und Josef gelebte Ehe, sollte sie zurzeit hauptsächlich als das Ur-Sakrament der Schöpfung aktiviert bleiben, wurde von nun an Ausdruck der entschiedenen Mit-Wirkung ihrer beiden am Werk, das ihr Göttlicher Sohn vollbringen sollte: der Erlöser von Mann und Frau. Die Kommunion ihres Lebens und Liebe wurde von nun an Kommunion von Leben und Liebe umso mehr mit Jesus, dem Sohn Gottes, aber auch ‘Ihrem’ Sohn. Gerade aber solche ‘Kommunion”: Person-Gabe-Werden-‘für’ diesen anderen im gewordenen Bund, ist grundsätzlicher Zweck der Entscheidung auf das eheliche Zugeständnis.

Es bewirkt, dass das Band dieser Zweien – ehelicher Bund wird: Sakrament der Ehe. Nur mit diesem grundsätzlichen Unterschied mit Bezug auf die Ehe von Maria mit Josef, dass diese beiden im „Gehorsam dem Glauben” Gottes Vorsehung erlaubt haben, sie könne sie benutzen zur Rolle der Mit-Wirkenden an der Erlösung der Welt von sehr nahe, indem sie sich mit Seele und Leib in das Werk ihres Göttlichen Sohnes einbezogen haben. Diese Sendung haben sie in innigster Vereinigung und unter der Führung des ihnen vom Himmlischen Vater anvertrauten Gottes Sohnes erfüllt. Ihm aber hat es gefallen, Mensch in ihrer Ehe zu werden, wobei Er sie in eine Familie umgestaltet hat.

Die Sendung der eigenartigen Mit-Erlöser der Welt haben Maria mit Josef, der Reihe nach, in tiefster Mit-Solidarität mit allen ihren Brüdern und Schwestern in Adam erfüllt, mit denen sich ‘irgendwie’ ihr Göttlicher Sohn, Jesus Christus, vereinigen wollte (vgl. GS 22).

Der Einzige Erlöser des Menschen ist selbstverständlich Jesus Christus: der Gott-Mensch. Allein Er ist ontologisch imstande das Werk zu unternehmen – und es auch zu vollbringen: die Erlösung des Menschen (diese Frage wurde schon ausführlich ob., im V. Teil erörtert, bes. im 3.Kap.: Gottes Barmherzigkeit wird bloßgestellt. Der Preis Gottes Barmherzigkeit, wie auch ebd. im 4.Kap.: Zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Gerechtigkeit oder Barmherzigkeit?).
Dennoch zur Erfüllung dieses Werkes ist die Mitarbeit und die Aufschließung für die Erlösung vonseiten des Menschen unentbehrlich (s. dazu die Bulla Johannes Paul II. zur Inauguration des Außergewöhnlichen Jubiläums der 1950 Jahre seit dem Kreuzestod: 1983-1984: APR – das Gesamte).

(0,2 kB)  Maria hat zu diesem Werk als die Mit-Erlöserin und Mittlerin aller Gnaden auf ganz außergewöhnliche und einzigartige Weise der Dreieinige selbst zugelassen, angefangen ab der Stunde der Verkündigung.
– Diese Wahl und die Ihr anvertraute Sendung hat Ihr Göttlicher Sohn von der Höhe aus des Kreuzes von neuem bestätigt und inauguriert, als Er sie zur Mutter aller Menschen in Ordnung der Gnade bestellt hat (LG 61).
– Die Menschen-Familie war damals auf Gott bekannte Art und Weise in Johannes kondensiert, dem Geliebten Jünger Jesu. Er stand damals die ganze Zeit unbeugsam „bei dem Kreuz Jesu” – an der Seite Mariens (vgl. Joh 19,25ff.).

(0,2 kB)  Josef hat die Sendung des Mit-Erlösers aufgrund der Tatsache allein erfüllt, dass er Ehemann Mariens und angenommener Vater Jesu war. Diese Sendung hat er im „Gehorsam dem Glauben” angenommen und sie treu und im Schweigen seines immerwährenden Hinhörens auf die Stimme Gottes bis zu seinem Lebensende erfüllt.

(0,2 kB)  Das alles geschah in eigenartiger Analogie zur Rolle des ‘Wasser-Tropfens’, ohne den die Zelebration der Heiligen Messe unmöglich stattfinden kann.
– Das Wasser symbolisiert unsere – menschliche Teilnahme und Aufschließung für das Werk, das der Erlöser des Menschen, Jesus Christus, vollbracht hat. Bei der Feier der Heiligen Messe fügt der Priester in gewissem Augenblick ‘den Tropfen Wasser’ zum Wein hinzu, dass sich schon im Kelch befindet.
– Erst dieser Tropfen Wasser, vermischt mit Wein, wird bei der Verwandlung Leib und Blut des Sohnes Gottes Jesus Christus, des Erlösers des Menschen: Mann und Frau – zur Speise für den Menschen „zum ewigen Leben” (vgl. Joh 6,55).
– Gott lässt so den Menschen verstehen, dass Er ihn nicht ohne ihn erlöst. Der Mensch muss sich auf die an ihn ankommende Erlösung – aufschließen. Daher die oben erwähnte Bulle Johannes Paul II. zur Eröffnung des Jubiläums der 1950 Jahre seit dem Kreuzestod: Jahr 33 – Jahr 1983. Der Papst beginnt diese Bulle mit Worten „Aperite Portas Redemptori – Öffnet die Türen dem Erlöser”.

(0,2 kB)  Maria und Josef fassen in sich auf ganz besondere Art die ganze Menschen-Familie zusammen. Beide stehen an der Schwelle des Neuen Menschen: der durch ihren Göttlichen Sohn erlöst worden ist. Im Namen der ganzen Menschen-Familie und solidär mit jedem Menschen vereint – nehmen sie die Sendung ihres Göttlichen Sohnes an. Daselbst werden sie in Gottes Augen dieser unentbehrliche ‘Tropfen Wasser’, der in ihrem Leben die volle Aufschließung für das Werk der Erlösung hinweist, und zugleich die Bitte, die zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit erhoben wird, sie möge das begonnene Werk der Erlösung des Menschen zur vollständigen Erfüllung bringen.
– Im „Gehorsam dem Glauben” – im Gegenteil zum ersten Ehepaar: Adam und Eva, wollen sie dieses Werk so, wie es von Gott gewollt, und durch ihre Sakramentale Ehe der ganzen Menschen-Familie – von der Allerheiligsten Dreifaltigkeit angeboten wird.
– Beide auch akzeptieren von vornherein, als Ehepaar, alle Folgen der Bereitschaft Ihres Göttlichen Sohnes zur Erfüllung seiner schweren Sendung: Brandopfer zur Versöhnung Gottes für die „Sünde der Welt” zu werden (vgl. Joh 1,29; Röm 3,25; 1 Joh 2,2; usw.). Sie selbst geben auch der Allerheiligsten Dreifaltigkeit ihre völlige Bereitschaft zur MIT-Teilnahme an dieser Erlösungs-Sendung ihres Sohnes Jesus – gemäß der Führung Gottes.

Auf diese Weise erfüllt Maria mit Josef, ihrem Ehemann, jetzt den letztlichen Sinn der Ehe als Sakraments. Jedes der Sakramente wird an betreffende Umstände des Lebens und des Standes angepasster grundsätzlicher Kanal, durch den auf den Menschen, bzw. in diesem Fall: auf dieses Ehepaar und ihre Familie, die Gnaden der Erlösung herabfließen.
– Die Ehe als Sakrament schließt sich auf sie als Kommunion der Zweien auf – mit deutlich ihnen anvertrautem Auftrag: dass die Güter, die durch den Erlöser verdient wurden, zur Menschen-Familie gelangen können „von Generation zu Generation”.
– Dass die Gabe der Erlösung auf solche Weise übermittelt werden kann ‘von Generation zu Generation’, muss sie selbstverständlich in erster Reihe am Terrain der eigenen Ehe und eigener Familie ganz besonderen Schutz erfahren.

Maria in beständiger Verteidigung des Lebens Gottes

Mit diesem Akzent enden wir die Erwägungen vom verloren gegangenen zwölfjährigen Jesus im Tempel in Jerusalem mit Bezug auf Maria und Josef als Ehegatten.
– Wir führen noch Worte Johannes Paul II. aus seinem Evangelium Vitae an (1995). Der Papst hebt in diesem Fall gerade diese Sendung hervor, die unermüdlich vor allem Maria, die Mutter des Sohnes Gottes, erfüllt hat:

„Im Buch der Offenbarung erscheint neben dem ‘großen Zeichen’ der Frau [Offb 12,1], ein ‘anderes Zeichen’ (...) am Himmel: ‘ein Drachen, groß und feuerrot’ [Offb 12,3], der Satan symbolisiert, die personifizierte Macht des Übels, und zugleich alle Kräfte des Bösen, die in der Geschichte am Werk sind und sich der Sendung der Kirche widersetzen.
– Auch hier erleuchtet Maria die Gemeinschaft der Glaubenden: die Feindseligkeit der Kräfte des Bösen offenbart sich nämlich als verbissener Widerstand, der sich – ehe er die Jünger Christi trifft, gegen seine Mutter richtet. Um das Leben des Sohnes vor denen zu schützen, die Ihn fürchten, weil sie in Ihm die Gefahr und Bedrohung für sich sehen, muss Maria mit Josef und dem Kind nach Ägypten fliehen [Mt 2,13ff].
– Maria hilft so der Kirche, sich bewusst zu werden, dass das Leben immer im Mittelpunkt eines großen Ringens zwischen Gut und Böse, zwischen Licht und Finsternis steht.
‘Das neu geborene Kind’ [Offb 12,4], das der Drache verschlingen will, ist Bildnis Christi, den Maria geboren hat, ‘als die Fülle der Zeit kam’ [Gal 4,4], den die Kirche beständig den Menschen in verschiedenen Epochen der Geschichte bringen soll.
– Es ist aber in gewisser Weise auch Bildnis jedes Menschen, jedes Kindes, zumal aber jedes schwachen und bedrohten Wesens, denn ... ‘der Sohn Gottes hat sich durch seine Menschwerdung gewissermaßen mit jedem Menschen vereint’.
– Gerade im ‘Leib’ jedes Menschen offenbart sich Christus fortwährend und gründet die Kommunion mit uns, so dass die Zurückweisung des Lebens des Menschen, das in verschiedenen Formen vollbracht wird, in der Tat Zurückweisung Christi ist. So ist eben die faszinierende, und zugleich anspruchsvolle Wahrheit, die uns Christus offenbart und die seine Kirche unermüdlich verkündet:
– ‘Wer ein solches Kind um Meinetwillen aufnimmt, der nimmt Mich auf’ [Mt 18,5].
‘Amen, Ich sage euch: Was ihr für einen Meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr Mir getan’ [Mt 25,40] ...” (EV 104).

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C.   MITTELBARE ANKNÜPFUNGEN
DES EVANGELIUMS AN DIE EHE

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1. Mittelbare Anknüpfungen
an Ehe und Familie

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Nachdem wir eigens die Ereignisse betrachtet haben, die mit der Ehe Mariens mit Josef in ihrer Heiligen Familie zusammenhingen, inwiefern sie sich um den Sohn Gottes Jesus konzentrierte, sollte man sich die Frage stellen, ob es in Berichten der Evangelien unmittelbare Anknüpfungen an die Ehe gibt.
– Bei unserer Nachsuche haben wir dauernd das eine vor: auch nur geringe Einzelheiten der Evangelien zu erfassen, die zur Erarbeitung einer Theologie der Ehe als Sakraments der Kirche Christi beizutragen imstande wären.

Es zeigt sich, dass solche Anspielungen, und auch deutliche Weisungen vonseiten Jesu bezüglich der Ehe sowohl als Institution, wie auch der ethischen Verhaltensweisen in Ehe und Familie, nicht fehlen.
– Wie es bisher der Fall war, haben wir auch weiter nicht vor, die Analyse aller möglichen solchen Berichte durchzuführen, dagegen wir halten an den mehr repräsentativen an.

Anknüpfungen an die Ehe und Familie begegnen wir in Evangelien des Öfteren. Jeder Mensch ist mit Familie verbunden und kommt aus ihr hervor: er hat eine Mutter und einen Vater. Jedermann kommt in die Welt im Prinzip in der Ehe seiner Eltern, die sich früher angesichts Gottes und der Gesellschaft mit dem Bund der Ehe verbunden haben.

Zu solchen Anspielungen zählen Berichte der Evangelien von der Berufung der Jünger Jesu zu seinem Kreis.
– Gelegentlich sehen wir, wie Jesus zu seiner Nähe einige Brüderpaare von immer anderer Familie beruft. Es kommt vor, dass bei jenen Berufenen die Erwähnung des Vaters notiert wird. Manchmal erscheint auf der Bühne die Mutter solcher zwei Brüder, wie z.B. die Mutter der Söhne von Zebedäus (s. Mt 20,20).

Sehr charakteristisch pflegt die intrigierende Bemerkung des Evangelisten zu sein, wenn er das sofortige Verlassen des bisherigen Lebensstiles hervorhebt, um der Stimme des Meisters von Nazaret zu anvertrauen. So steht es z.B. bei Matthäus:

„Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah Er zwei Brüder, Simon, genannt Petrus, und seinen Bruder Andreas; sie warfen gerade ihr Netz in den See, denn sie waren Fischer.
– Da sagte Er zu ihnen: ‘Kommt her, folgt Mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen’.
Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten Ihm” (Mt 4,18ff.).

Es ist verwundernd, dass die nach Namen gerufenen imstande sind, in der Regel ohne Diskussion und ‘sofort’ die Familienbande zu reißen, um dem riskanten Meister zu folgen. Sie verlassen Vater und Mutter, ihre Ehegatten-Eltern, das bisherige Familien-Milieu. Es ist wahr: Jesus hat fasziniert.

Aber wie radikal waren zugleich die Grundsätze, die Er verkündete – u.a. bezüglich des Lebens in Ehe und Familie! Und doch, es sammelten sich um Ihn ganze „Scharen von Menschen aus Galiläa, der Dekapolis, aus Jerusalem und Judäa und aus dem Gebiet jenseits des Jordan” (Mt 4,25).
Besonders als die Leute erfahren haben, dass Jesus „umher zog ... [immer andere Regionen des Landes] ... das Evangelium vom Reich verkündete und im Volk alle Krankheiten und Leiden heilte” (Mt 4,23).
– Gibt es je eine Familie und eine Ehe, wo es nicht „Kranke mit den verschiedensten Gebrechen und Leiden [gäbe], Besessene, Mondsüchtige und Gelähmte, und Er heilte sie alle” (Mt 4,24)?

Es kam aber auch vor, dass jemand die Stimme des rufenden Meisters von Nazaret nicht aufgenommen hat. So war es z.B. im Fall jenes reichen, anderswo wohl edelmütigen Jünglings.
– Er hat Jesus eine sehr gezielte Frage gestellt: „Meister, was muss ich Gutes tun, um das ewige Leben zu gewinnen” (Mt 19,16). Jesus verwies ihn auf die Gebote Gottes als Voraussetzung, dieses Ziel zu erreichen (Mt 19,17). Von diesem Jungen Mann gedrängt, erwähnt Jesus selektiv ein paar Gebote, darunter deutlich das Vierte Gebot bezüglich der Ehre, die „Vater und Mutter” erwiesen werden soll, und die Nächstenliebe (Mt 19,19).
– Der Junge Mann schlug bei der Perspektive um, er müsste sein Besitztum verkaufen und es den Armen geben, falls er „vollkommen sein will” (Mt 19,21). Erst so würden sich die Voraussetzungen öffnen, um die er gerade gefragt hat: „Dann komm und folge Mir nach” (Mt 19,22).
– All diese Erwähnungen knüpfen mittelbar an das Leben in Ehe und Familie an.

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Mit was für einer Freude hingen die Mengen an Johannes Paul II.: Pilger aus aller Welt! Bestimmt keinesfalls nur Christen, sondern auch Bekenner verschiedenster anderer Religionen. Der Heilige Vater strahlte unbewusst die Heiligkeit und sein Mandatum: des sichtbaren Stellvertreters des Erlösers des Menschen selbst, des Gott-Menschen Jesus Christus.

Ferner wir sehen, dass jede der Acht Seligpreisungen, die Jesus bei seiner Bergpredigt gehalten hat, um das Leben in Ehe und Familie umwoben ist, trotzdem das Familienmilieu hier einzig den Hintergrund des Lebens der einzelnen Gruppen bildet, die von Jesus erwähnt werden.

Deutlich an das Leben in Familie knüpft die Aussage Jesu an, die die Versöhnung mit dem „Bruder” betrifft, falls jemand vor hätte, irgendeine Gabe Gott anzuopfern (Mt 5,23). Es ging in diesem Fall um das Fünfte Gebot. Das geschieht aber schon im Rahmen des Lebens in Familie: es geht um die Geschwister, bzw. die nächsten Verwandten.

Die erwähnten Seligpreisungen, die Jesus verkündet hat, betreffen in erster Reihe diese, denen es in Ehe, eventuell dazu in Familie zu leben gegeben worden ist. Diese sind es, zumal das schlichteste Volk, die Unausgebildeten, diese des Öfteren von den Pharisäern und Saduzzäern Verschmähten als „Volk der Erde = ‘am ha-árec”: es sind jene „Armen im Geist”.
– Am meisten pflegen gerade diese „trauern”, wenn sie vom Leben schwer heimgesucht werden. Sie sind auch am meisten jene „Sanftmütigen”.
– Diese sehnen sich des Öfteren nach „Nahrung und dürsten nach der Gerechtigkeit”.
– Diese sind es auch am meisten, die wegen ihrer Treue zu Gott „verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen”.
– Und endlich ihnen kargen nicht selten die Leute, nicht selten die Nächsten, „Schmach und Verfolgung um Meinetwillen nicht, wenn sie ... alles Böse lügnerisch nachsagen ...” (vgl. Mt 5,3-11).

So pflegt das Leben in Ehe und Familie des großen Teiles des einfachen Volks zu sein. Wie oft ist gerade so der Preis des treuen Verharrens in Gottes Angesicht im Fall der Befolgung der Gebote Gottes.

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2. „Wer eine Frau lüstern ansieht ...”

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a. Zusammenhang der Bergpredigt

Direkt mit der Ethik des Lebens in Ehe und Familie, und zugleich unabhängig von geschlossener Ehe, ist das entschiedene Wort Jesu vom lüsternen Anschauen der Frau verbunden (s. Mt 5,28):

„Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen.
Ich aber sage euch:
... Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht,
hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen” (Mt 5,27f.)

Jesus qualifiziert die hier erwähnte Haltung eindeutig als „Ehebruch in seinem Herzen”.
– Ausführliche Erwägungen hat der von Jesus angeschnittenen Frage in seinen Mittwochskatechesen Johannes Paul II. in ersten Jahren seines Pontifikates gewidmet (s. ML 179-399). In den früheren Teilen unserer Homepage haben wir reichlich die von ihm dargestellten Analysen benutzt.

In seinem kräftigen Wort bei der Bergpredigt u.a. im Anschluss an das VI. und IX. Gebot berührt Jesus unmittelbar sowohl die Institution der Ehe und Familie, wie auch die Ethik des ehelich-familiären Lebens, auch wenn es meritorisch gesehen, um das allgemeine ethische Prinzip geht, das alle betrifft – unabhängig vom Gebundensein mit Leben im Ehebund.

Wir möchten hier nicht das wiederholen, was schon in vorangegangenen Teilen unserer Seite erörtert wurde, zumal im Anschluss an die Stufe des Brautlebens, oder auch schon des Ehelebens. Erinnerungshalber wollen wir nur auf die hauptsächlichen Aspekte dieser Fragen aufmerksam machen, inwiefern es ein Licht auf die Frage der Ehe als Sakraments der Kirche werfen könnte.

Johannes Paul II. bemerkt, dass im gerade erst angeführten Wort Jesus sich an das ethische Ringen beruft, das auf der Ebene des Gewissens-des-Herzens vorgeht. Es geht um das Innere des Menschen-der-Person, auf das Jesus deutlich hinweist: „... hat in seinem Herzen schon Ehebruch ... begangen(Mt 5,28).

Die entscheidenden Wahlen werden vom Menschen in seinem ‘Herzen’ unternommen. Hierin ereignen sich alle Entscheidungen ‘für’ oder ‘gegen’ Gott. Diese Entscheidungen werden also daselbst ‘für’ bzw. ‘gegen’ den Menschen selbst unternommen. Denn er ist Gottes lebendiges Ebenbild – unabhängig von angenommenem oder nicht angenommenem Glauben an Gott und den Folgen dieses Glaubens.

Kein Wunder, dass gerade auch im Herzen von Mann und Frau, und ferner von Personen die mit Ehe nicht verbunden sind, ein Kampf um die Haltung der gelobenen Treue in ehelicher Liebe, und allgemeiner: der Treue zu Gott selbst im Bereich der Reinheit des Herzens, sich abspielen kann. Die Beobachtung der Gebote Gottes kann sich nicht auf äußeren Formalismus, noch auf äußere Vortäuschung beschränken. Das Gebot greift seinem Wesen nach in die Tiefe des menschlichen Gewissens, d.h. gerade in das Herz.

Da aber offenbar im Milieu Jesu der damaligen Zeiten das geistige Ausmaß des Gebotes Gottes entstellt wurde, korrigiert Jesus deutlich die damaligen usurpatorischen Deutungen des Gedankens Gottes mit Bezug sowohl auf den individuellen Menschen, wie das Vorhaben Gottes hinsichtlich der Ehe und Familie.

Im erörterten Fall gilt das besonders vom Sechsten und Neunten Gebot Gottes. Es betrifft also daselbst die ganz besondere Domäne des Lebens in Ehe und Familie: sowohl dieser schon als Ausdruck des Sakraments der Schöpfung, wie umso mehr der Ehe als Sakraments der Kirche, die von Jesus erst gegründet werden wird.

Johannes Paul II. hebt in der Enzyklika Veritatis Splendor (1993) die entschiedene Verinnerlichung des Dekalogs hervor, die von Jesus bei der Bergpredigt unternommen worden ist:

„Jesus führt die Gebote Gottes, insbesondere das Gebot der Nächstenliebe, zur Erfüllung, indem Er seinen Forderungen die innere Eigenschaft und größere Radikalität verleiht: Die Liebe zum Nächsten entspringt dem Herzen, das liebt und das – eben deshalb, weil es liebt – bereit ist, die höchsten Forderungen im Leben zu erfüllen.
– Jesus zeigt, dass die Gebote nicht nur als Schwelle minimaler Forderungen betrachtet werden sollen, die es nicht zu überschreiten gilt, sondern vielmehr als einen offenen Weg zur moralischen und geistigen Vollkommenheit, deren Wesen die Liebe ist [Kol 3,14].
– So wird das ... Verbot des Ehebruches zur Aufforderung zu einem reinen Blick auf den Leib, mit Beachtung seines bräutlichen Sinnes [Mt 5,27f] ...” (VSp 15).

Wer Jünger Christi sein will und das ewige Leben gewinnen möchte, muss für den Alltag gemäß seinem Glauben handeln. Dieser aber äußert sich in Befolgung der Gebote Gottes. Der Glauben verpflichtet seinem Wesen nach, ihn folgerichtig zu praktizieren. Das findet unmittelbare Ausklänge u.a. im ehelich-familiären Leben, und im weiteren Sinn: in der Haltung einer vielfältigen Bestätigung seiner Zugehörigkeit zu den „Söhnen Gottes”, die um einen großen Preis durch den Sohn Gottes erlöst worden sind (1 Kor 6,20). Johannes Paul II. schreibt:

„Das Folgen nach Christus ist keine äußerliche Nachahmung, denn sie berührt die Tiefe selbst des Inneren des Menschen. Jünger Christi zu sein bedeutet Ihm ähnlich zu werden, der Diener geworden ist bis zur Selbsthingabe am Kreuz [vgl. Phil 2,5-8]. Durch den Glauben verweilt Christus im Herzen des Glaubenden [vgl . Eph 3,17], dank dem der Jünger seinem Herrn ähnlich wird und seine Gestalt annimmt. Es ist Frucht der Gnade, der wirksamen Anwesenheit des Heiligen Geistes in uns” (VSp 21).

Das Leben des Jüngers Christi muss sich in voller Übereinstimmung mit ethischen Forderungen gestalten, die ihm vom Glauben zu tun gehießen werden. In dieser Richtung geht von Anfängen an der Kirche der grundsätzliche Nachdruck der Katechese, die von den Aposteln und ihren Jüngern nach Christus unternommen wird:

„Kein Riss darf die Harmonie zwischen Glaube und Leben gefährden: die Einheit der Kirche wird nicht nur von den Christen verletzt, die die Glaubenswahrheiten ablehnen oder verzerren, sondern auch von jenen, die die sittlichen Verpflichtungen verkennen, zu denen sie das Evangelium aufruft [1 Kor 5,9-13]. Die Apostel haben jede Trennung zwischen dem Anliegen des Herzens und den Taten, die es zum Ausdruck bringen und kontrollieren, entschieden abgelehnt [1 Joh 2,3-6](VSp 26).

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b. Begehrlichkeit die die Gabe
der Person vereitelt

Es gehört sich, dass wir uns noch einmal den hauptsächlichen Grund zum Bewusstsein bringen, demzufolge das lüsterne Anschauen jemandes so streng von Jesus angeprangert, den Grundlagen selbst der Institution der Ehe widerspricht. Es verletzt nämlich das Wesen selbst dessen, was Inhalt des Lebens in Ehe und Familie sein soll: die Kommunion von Liebe und Leben.

Johannes Paul II. erinnert, dass die Sündhaftigkeit der Begehrlichkeit auf dem Strich über das Wesen selbst der Liebe beruht. Diese soll ihrer Natur nach Gabe der eigenen Person sein – für die Person dieses anderen: „Gabe der Person – für die Person(BF 11). Jesus bestätigt in seinen Seligpreisungen bei der Bergpredigt die völlige Aktualität des Gebotes Gottes „Du sollst nicht die Ehe brechen”.
– Er zeigt aber gleich entschieden, dass es einer Formung des Inneren des Menschen benötigt – gemäß dem Prüfstein der inneren Vollkommenheit. Daher fügt Jesus in der Zusammenfassung der Bergpredigt – wohl im Kontrast zur Auslegung der Gebote Gottes vonseiten der Pharisäer, hinzu:

„Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer,
werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen” (Mt 5,20).

Die von jeher herrschende menschliche Deutung des Gebotes Gottes, die unter Druck Leute der Sünde der bisherigen Geschichte Israels – dem Gebot eine arbiträre Interpretation aufzudrängen suchte – in deutlichem Widerspruch zum Willen Gottes, hat schweigend sexuelle Kontakte eines verheirateten Mannes mit nicht verheirateter Frau, und umso mehr mit einer Sklavin akzeptiert (vgl. Gen 16,1-5; 30,1-5; Lev 19,20ff.; Dtn 22,28; ML 182f.).

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Das, was Gott erschaffen und auf seine Art und Weise verziert hat zur Lust des menschlichen Augens, wird vom Menschen, mit den ihm eingeprägten Talenten und Erfindungsvermögen – dieser weiteren Gabe Gottes für den Menschen – weiter entwickelt. So kann der Mensch zur Schönheit der Erschaffung Gottes – so manches weiteres Schöne mit seiner Kunstgenie hinzufügen.

Wie auch schon früher erwähnt, Mose hat die Rechtsgewohnheit gebilligt, einen sog. „Scheidungsbrief” auszustellen, in dessen Kraft ein verheirateter Mann selbst wegen irgendeines bisweilen nicht seriösen Grundes „seine Ehefrau entlassen” durfte (Mt 19,7. – s. dazu ob.: „Am Anfang ...”). Es waren typische, unverzeihbare Zugeständnisse, die Mose sanktionierte „wegen eurer Herzenshärte” (Mt 19,8), wie das Jesus bezeichnet hat. Mose handelte in diesem Fall in Angst vor unberechenbarer Gegenwirkung der verärgerten Israeliten, die es aufdringlich gefordert haben.
– Dennoch, man müsste zuerst Gott werden, um das Gebot Gottes – irgendwie zu ändern, verdünnen, modifizieren ...!

Die Zuhörer Jesu waren sich bewusst, dass dieser ‘Rabbí’: Jesus von Nazaret, auf ganz andere Art spricht, als irgendjemand der bisherigen Schriftgelehrten und Pharisäern. Alle mussten, wohl oder übel, in Zusammenfassung der vernommenen Bergpredigt bekennen:

„Als Jesus diese Worte beendet hatte,
waren die Volksscharen ganz betroffen über seine Lehre.
Denn Er lehrte sie wie einer, der Macht hat,
und nicht wie ihre Schriftgelehrten” (Mt 7,29).

Die Volksscharen haben die durch Jesus durchscheinende Seine Göttlichkeit verspürt. Aber niemand war imstande, sie genauer zu bezeichnen. Das wäre übrigens tödlich riskant.
– Man war sich bewusst, dass die Autorität Jesu unrüttelbar ist und dass Er das entscheidende Verständnis der Gebote, ohne Modifikation mit menschlichen Entstellungen, darstellt. Jesus macht aufmerksam, dass das Gebot hilft, den moralischen Wert der menschlichen Person zu erblicken. Dieser aber drückt sich in seinem Inneren aus: in Durchschaubarkeit seines Herzens. Gott hat den Menschen als Mann und Frau erschaffen. Zu gleicher Zeit hat Er in den Leib des Menschen sowohl den bräutlichen, wie elterlichen Sinn eingeprägt. Die gegenseitige Hingabe zweier Menschen hat Gott mit der inneren Friedensordnung der Liebe gekrönt.

Ganzheitliche Gabe ‘der Person für die Person’ kann der Mensch allein im Rahmen der Ehe werden – und einzig mit Bezug auf die Person des anderen Ehegatten. Das lüsterne Blicken auf eine Person außerhalb von der Ehe wird Ehebruch, der im Herzen begangen wird, weil es Vergehen gegen die Einheit der eigenen Ehe ist.
– Die Begehrlichkeit wechselt die Ordnung der Sachen. Der Mensch der Begehrlichkeit hat in keinem Fall vor, Gabe „der Person für die Person” zu werden. Er behandelt die Person des anderen Menschen als ‘Nutz-Gegenstand’, den er zum Eigentum einnehmen und über ihn Herrscher zu werden vor hat. Die Person des anderen Menschen zieht er auf das Niveau eines Gegenstandes herab, um die egoistisch begriffene eigene Annehmlichkeit zu erreichen: mit Anblick, Gedanken, beziehungsweise der Tat.

Da aber der Mensch der Begehrlichkeit aufhört, sich selber zu herrschen, hört er zugleich auf, sich selber zu besitzen. Er wird Sklave der Begehrlichkeit und Zwangs des Fleisches. So wird er außerstande, Gabe-‘für’-die-Geliebte-Person zu werden.
– Anstelle des Gabe-zu-Seins – tritt die Domination über diese andere Person ein. Die Begehrlichkeit heißt ihn über diesen anderen zu ‘herrschen’. Es ist gewöhnlich eine Frau; obwohl es auch umgekehrt zu sein pflegt.

Diese Wirklichkeit hat Jahwéh nach dem Sündenfall der Ur-Eltern im Paradies enthüllt:

„Nach deinem Mann wird dein Verlangen sein,
er aber wird über dich herrschen” (Gen 3,16).

Es schwindet die gleiche Würde dieser zweien. An ihre Stelle schreitet die sündig geschaffene Ungleichheit und die Unterordnung des anderen: sei es in Ehe, sei es in außerehelichen Kontakten. Das bedeutet den totalen Strich über das Vorhaben der Liebe Gottes.
– Jedes Gespräch in dieser Situation von Liebe oder Hinschenken zur Gabe wird zur Verlogenheit ins Gesicht. Der Mensch trennt sich dann von Gott, der der Erste GABE für Mann und Frau geworden ist – durch allein sein Herausrufen vom Nicht-Existieren.

All das geschieht im menschlichen Gewissen-Herzen, das sein Band mit Gott reißt. Johannes Paul II. schreibt in seinen Erwägungen:

„Die biblische Begehrlichkeit ... weist auf den Zustand des menschlichen Geistes hin,
der von der ursprünglichen Einfachheit und Fülle des Wertes,
den der Mensch und die Welt in ‘Gottes Ausmaß’ besitzen, abgeschoben ist ...” (ML 207).

Der Mensch der Begehrlichkeit strebt nach Befriedigung des eigenen Leibes um den Preis des Leibes dieses anderen Menschen. Seine Betätigungen, sollten sie auch nicht einmal mit Tat vollbracht werden, sondern einzig auf Ebene des ‘Herzens’ (lüsternes Anblicken), haben nichts mit Aufbau der Kommunion von Liebe und Leben mit der zweiten Person zu tun. Solche Gestaltung der Beziehungen unter Mann und Frau widersetzt sich demnach dem Gottes Vorhaben der Liebe und dem bräutlichen Sinn des Leibes, der ihm von Gott als Gabe geschenkt worden ist.

So ist also die Begehrlichkeit immer Frucht der Zurückweisung Gottes als des Vaters, und zugleich Schöpfen von Mustern von der Welt, die von Satan vergiftet ist, dem „Fürst dieser Welt” (Joh 12,31). Das hat der Hl. Johannes Apostel bündig zum Ausdruck gebracht:

„Denn alles, was in der Welt ist,
die Begierde des Fleisches, und die Begierde der Augen und der Hochmut des Lebens,
ist nicht vom Vater, sondern ist von der Welt.
Und die Welt vergeht und ihre Begierde;
wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit” (1 Joh 2,16f.).

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RE-Lektüre: VI.Teil, 8.Kapitel, Datei ‘b’.
Stadniki, 5.VIII.2015.
Tarnów, 4.VI.2022.


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Wo ist Jesus?
c. Dialog nachdem Jesus gefunden worden ist
Maria und Jesus Ehepaar im Angesicht des Kindes – Gottes
Gott-der-Sohn und Ehepaar-Eltern
Jesus und die Rabbiner-Lehrer
d. Ehepaar in Kreuzung mit Liebe Gottes-des-Bräutigams
Mutter und Vater Jesu: des Sohnes Gottes
Text Offb 12,9: „gestürzt wurde der große Drache ...”
Die Mutterschaft Mariens mit Bezug auf alle Erlösten
Anteilnahme Mariens und Josef am Erlösungswerk – und Ehe als Sakrament
Maria in beständiger Verteidigung des Lebens Gottes

C. MITTELBARE ANKNÜPFUNGEN DES EVANGELIUMS AN DIE EHE

1. Mittelbare Anknüpfungen an die Ehe und Familie

2. „Wer eine Frau lüstern ansieht ...”

a. Zusammenhang der Bergpredigt
b. Begehrlichkeit die die Gabe der Person vereitelt


Bilder-Fotos

Abb.1. Benedikt XVI. landet auf Jasna Gora. Pilgerbesuch in Polen 2006
Abb.2. Benedikt XVI.: der Wind hat ihm die Pelerine umgeschlagen
Abb.3. Wunder der Natur: Eisgebirge inmitten eines Ozeans
Abb.4. Baby in zarten elterlichen Händen
Abb.5. Erlebnis dem Stellvertreter Christi begegnen zu können
Abb.6. Wunderbare Ansicht der Kombination: Wasser, wunderbare Natur, Pflanzen und Technik