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VERMERK: Abkürzungen zur angeführten Literatur s. Literatur

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4. Gabe-Freiheit
bedroht von der Begehrlichkeit

Der Erwägungsfaden zeigt immer deutlicher, wie sehr die innere Freiheit die grundlegende Vorbedingung ist, um Gabe für eine andere Person werden zu können. Die Freiheit ist auf Bedrohung vonseiten der Begehrlichkeit des Fleisches ausgesetzt. Diese möchte das ‘Ausnützen um des Ausnützens wegen’ erpressen. Wir nehmen weiter die Gedankenfäden des Metropoliten Wojtyła auf:

„Die Sinnlichkeit ‘lebt sich’ im Begehren aus ... Die Begehrlichkeit orientiert sich nach dem ‘Ausleben’, wonach das ganze Verhältnis zum Objekt der Begierde abbricht.
– In der Welt der Tiere, wo der Fortpflanzungs-Instinkt, korrekt mit dem Bedarf nach Arterhaltung abgestimmt, das Geschlechtsleben regelt, genügt solcher Abschluss der begehrlichen Reaktion völlig.
– In der Welt der Personen hingegen entsteht hier eine ernste Gefahr moralischer Natur” (LuV 217f.).

Die Einschränkung der Beziehungen zwischen Mann und Frau auf Befriedigung allein des Begehrens zieht einen Strich durch die Liebe, die freiwillige Hingabe der Person sein soll. Das käme dem Ende der Liebe überhaupt gleich:

„Die Begehrlichkeit des Fleisches wechselt das Objekt der Liebe, das die Person ist, in ein anderes: und zwar in ‘Fleisch und Geschlecht’, die mit irgendeiner Person verbunden sind. Die Regung der Sinnlichkeit richtet sich nicht auf die Person hin, sondern nur auf ‘Fleisch und Geschlecht’ einer konkreten Person – und geradezu nur als ‘auf mögliches Objekt zur Nutznießung’.
– Damit steht also im Blickfeld des Begehrens, das von der Begehrlichkeit des Fleisches herkommt, die Person des anderen Geschlechtes nicht mehr als Person, sondern als ‘Fleisch und Geschlecht’. Anstelle der für die Liebe wesentlichen personhaften Werte drängt sich allein der Sex-Wert auf – und er wird zugleich zum Kristallisations-Mittelpunkt des ganzen Erlebens” (LuV 218).

Das Streben danach, was von der Begehrlichkeit als Zwang des Fleisches aufgedrungen wird, ist nicht mehr Ausdruck der völligen Freiheit, sondern ihrer Verknechtung unter der Vortäuschung einer angeblichen Freiheit. Es beginnt die Freiheit der Ausgelassenheit. Schon als Papst lehrt der ehemalige Metropolit von Kraków:

„Die Leidenschaft strebt nach Befriedigung gleichsam blindlings, ohne Beziehungen auf das Gewissen. In diesem Streben ‘verbraucht sie sich’ selbst. Sie hat keine Quelle der Unzerstörbarkeit in sich. Es ist ihr dagegen die Dynamik des Verbrauchens bis zur Abnutzung eigen” (ML 262).

Die Zustimmung darauf, dass jemand von der Begehrlichkeit des Fleisches und Geschlechts beherrscht wird, wird gleichbedeutend mit Zustimmung darauf, dass die betreffende Person sich nicht mehr nach dem ihr eingeprägten Vermögen lenken wird: sich vernunftgemäß besinnen und nachdenken zu können – als Vermögens des Geistes, das für die Wahrheit empfindsam ist. Die Vernunft schiebt in dieser Stunde dem Willen ein scheinbares Gut vor: das Geschlecht, wobei das objektive Gut: die dahinter verborgene Person – übergegangen wird. Der Wille erliegt der Verknechtung, sollte er das auch anfangs nicht einmal bemerkt haben. Die Begehrlichkeit nimmt nämlich nicht in Bedacht, dass sie vor der Person in ihrer Würde stehen bleibt, die alles überragt, was ihrem Wesen nach nur ‘Ding’ ist. Sie strebt dagegen nach dem einen: der sexuellen Ausbeutung sowohl dieses anderen – wie auch seines Selbst mit Hilfe dieses anderen.


Die Dynamik der Begehrlichkeit, die die Befriedigung der Lustbegierde bisweilen mit unglaublicher Wucht anstrebt, wird zutreffend von der Heiligen Schrift beschrieben:

„Leidenschaftliche Begierde, sie brennt wie Feuer
und erlischt nicht, bis sie sich verzehrt hat;
Der Mensch, der am eigenen Leib Unzucht treibt
und nicht aufhört, bis das Feuer verglüht ...” (Sir 23,16).

Erzbischof Wojtyła schreibt in der dauernd angeführten Auseinandersetzung:

„Der Mensch sehnt sich mehr nach Liebe als nach Freiheit: die Freiheit ist Mittel, dagegen Liebe – das Ziel. Doch der Mensch verlangt nach wahrer Liebe, denn einzig aufgrund der Wahrheit wird ein echtes Engagement der Freiheit möglich. Der Wille ist frei, doch gleichzeitig ‘muss’ er nach dem Gut suchen, das seiner Natur entspricht. Der Wille ist frei im Suchen und Wählen, er ist aber nicht frei vom Bedürfnis selbst zu suchen und zu wählen” (LuV 199).

Hier taucht eben die Gefährdung der Freiheit zum Vorschein. Der Trieb kesselt den Willen mit Leichtigkeit ein, so dass die Unternehmung einer freien Wahl erschwert, oder schlechterdings unmöglich erfolgen kann. Der Wille kann dem Druck der Begehrlichkeit erliegen: die Begehrlichkeit nimmt weder die Wahrheit in Bedacht, noch das wahre Gut der Person. Die Begehrlichkeit kann das Gut, das ihr von der Vernunft vorgeschoben wird, ignorieren und läuft einem scheinbaren Gut nach, das weit von diesem Gut entfernt ist, das würdig wäre der Person:

„Der Wille lässt es nicht zu, dass ihm ein Gegenstand des Guten aufgezwungen wird. Er will selbst wählen und selbst bestätigen, ist doch die Wahl immer Bestätigung des Wertes des Gegenstandes, der gewählt worden ist” (LuV 199).

Es besteht ein Unterschied zwischen der Bejahung-Bestätigung des Geschlechts-Werts – und dem Wert der Person. Der Geschlechts-Wert drängt sich von allein auf – in Kraft der Wucht der sinnlich-affektiven Erfahrung. Indessen die Affirmation-Bestätigung, die die Wahl: das Liebhaben der Person betrifft, setzt die Mühe der Vernunft und des Willens voraus, die sich beide nach dem Vorrang des Geistes über allein den Leib-das-Geschlecht leiten sollen.

„Der Geschlechts-Wert ... drängt sich eher von selbst auf, dagegen der Wert der Person wartet die Affirmation (Bestätigung) und die Wahl ab. Daher kommt es im Willen des Menschen, der den bloßen Leidenschaften noch nicht erlegen ist, sondern die innere Frische bewahrt, im allgemeinen zu einem Kampf zwischen dem Trieb – und der Freiheit” (LuV 199f).

Das Ergebnis des Ringens zwischen Liebe und dem Trieb: der Begehrlichkeit – hängt davon ab, ob diese beiden mit wahrhafter, oder nur scheinbarer-falscher Liebe verbunden sind:

„Die Liebe ist es, ... die die Existenz der Person vollends zu entwickeln imstande ist ...
Die wahrhafte Liebe vervollkommnet das Sein der Person und entwickelt ihre Existenz ...
Die falsche Liebe ist diese, die sich an ein scheinbares Gut hinwendet, oder auch ... an ein wahres Gut, allerdings auf eine seiner Natur nicht entsprechende Art und Weise, die ihm widerspricht” (LuV 123).

Liebe, die am Begehren des Geschlechts endet – allein um seines Gebrauchs und seiner Ausnutzung willen, zieht einen Strich über das Wesen ihrer Selbst als Gabe. Sie schafft dann keinen Bund unter Personen, der sie beide aufgrund ihres gegenseitigen Sich-Schenkens und ihrer gegenseitiger Zugehörigkeit bereicherte. Es wäre das Gegenteil dieser Liebe, mit der sich die bräutliche Liebe auszeichnen soll:

„Nicht gegenseitige sexuelle Benützung, in der die ‘Sie’ ihren Leib in Besitztum des ‘Er’ dahingibt, dass sie beide dabei ein Maximum an sinnlicher Lust erfahren können, sondern gerade die gegenseitige Hingabe sich einander und die gegenseitige Zugehörigkeit aneinander der Personen: erst das bedeutet die ganzheitliche und volle Auffassung der Natur einer bräutlichen Liebe ...
– Die Liebe kann sich nicht allein in Gebrauchs-Benützung äußern, sollte es selbst beiderseitige und gleichzeitige Ausnutzung bedeuten. Ihren korrekten Ausdruck findet sie dagegen in der Vereinigung der Personen. Frucht der Vereinigung ist die gegenseitige Zugehörigkeit dieser beiden ...” (LuV 186f.).

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Dieses Kleine Kind versteht es, wie es sich mit dem Hund spielend amüsieren kann. Und der Hund .... kann alles verstehen - mit seinem Hundesverstand. Ein Kleiner – passt zum Kleinen! Das alles geschieht unter dem Weihnachtsbaum. Frieden den Menschen, die Gott mit Liebe umfängt, so dass Er Seinen Eingeborenen Sohn – hingegeben-GEOPFERT hat, damit jeder, der IHM ANVERTRAUT, nicht verloren geht, sondern das ewige Leben hat.

Die wahre Liebe muss zur Wirklichkeit werden, die zuerst „im Inneren” der einen und anderen Person besteht. Erst so kann sie sich in Liebe umwandeln, die jetzt „zwischen” ihnen besteht und sie beide in ein immer reiferes ‘Wir’ zusammenfügt (LuV 131f.).

So werden wir uns bewusst, dass die Begehrlichkeit des Fleisches die Friedensordnung der beiderseitigen Hingabe und Annahme – in eine entgegengesetzte Wirklichkeit umwendet, u.zw. in Befriedigung der sexuellen Selbstsucht – einseitig, eventuell mit beiderseitiger Zustimmung. Der andere als ein Jemand: als Herz – kommt in solchem Fall nicht in Bedacht. Die Aufmerksamkeit lässt sich dabei auf den Leib und Geschlecht einengen, über die hinaus diese beiden ihr personales Antlitz nicht mehr erblicken. Die Bestrebungen sammeln sich um den Leib als Terrain der Aneignung. Dabei sind sich diese beiden bewusst, dass sie dem Zwang der Begehrlichkeit keineswegs erliegen müssen. Ergeben sie sich ihm, tun sie es aus freien Stücken ... (ML 227)!

Darin offenbart sich der Gegensatz der Begehrlichkeit im Verhältnis zur Liebe als „selbstloser Hingabe”. Diese beiden führen sich bewusst in grundsätzlichen Irrtum, als ob sie sich aneinander hingeben würden. Indessen die Hingabe wird in Anreißen-Aneignung zur egoistischen Selbstbefriedigung gewechselt. Sie beiden berauben ihr Tun der Würde einer dargebotenen Hingabe. Der Mann gibt sich seiner Frau nicht hin: er will dagegen ihren Leib ‘haben’, um – indem er ihn gleichsam einen Gegenstand ausbeutet, seine eigene sexuelle Erregung abreagieren zu können und sich selbst die Annehmlichkeit – dank ihrem Leib – zu sichern.

Dieser seinen egoistisch erfahrenen Annehmlichkeit gibt er ganz verkehrt den Namen ‘Liebe-Gabe’, die er seiner Gattin ‘darbringt’! Obwohl er in keinem Fall danach strebt, irgendein Gutes ihr selbst zu sichern. Sie als jemand Lebendiger schwindet total aus seinem Blickschirm. Er sieht ihre Person nicht, auch wenn er gerade Ihr – geloben hat: „Liebe, Treue, eheliche Redlichkeit” – mit dem Vorhaben um das ihr eigene, und erst so auch um das eigene letztliche Gut besorgt zu sein. So sollte die Liebe sein, die sich in „frei bejahter Neigung von Person zu Person” richtete, die „das Wohl der ganzen Person” umgriffte (GS 49).

Die Begehrlichkeit führt so zur Ent-Menschlichung. Der Mensch wird ihr zufolge von der Würde einer Person – auf die Ebene nur eines Gegenstandes: einer Sache (ML 225f.) herabgesetzt. Die Gatten stürzen hinunter: vom Erleben der Liebe nach dem Maß des Vorranges des Geistes – auf Tiefen der Befriedigung des Sexualismus. Sie lassen sich – der objektiven Wahrheit zuwider – mit allein dem „Fleisch und Geschlecht” bezaubern, das die personale Würde verschleiert. Indessen der Mensch ist ein Jemand nur dank seinem „unsterblichen Geist”, der seinen Leib „durchlebt: formt” (FC 11). Und erst der Geist, d.h. die unsterbliche Seele, entscheidet über das Selbstbewusstsein und die Befähigung, auf verantwortliche Art und Weise tun zu können.

5. Selbsthingabe
bedingt vom Sich-Besitzen

Voraussetzung, um sich als Gabe schenken imstande zu sein, ist, dass man sich selbst besitzt. Es ist der beliebte Wojtyła-Gedanke:

„Schenken sich Mann und Frau in der Ehe einander aufgrund ihres personalen Aktes, geschieht es, weil jeder von ihnen eben als Person befähigt ist, sich auf solche Weise hingeben zu können. Die Fähigkeit, ‘uneigennützige Gabe seiner Selbst zu werden’ ... ergibt sich daraus, dass der Mensch als Person ... sich selber besitzt, dass er zugleich Herr seines Selbst ist, dass er also sich selbst gegenüber herrscht ...
– Sich selbst dahinzugeben, sich zur ‘uneigennützigen Gabe seiner Selbst’ zu machen vermag nur derjenige, der sich selbst besitzt und sich selbst gegenüber Herr ist. Im Sich-Schenken ist jenes Sich-Besitzen enthalten und zum Ausdruck gebracht, das die wesentliche Struktur der Person bestimmt” (SAPA 17).

Die Begehrlichkeit führt dahin, dass der Mensch aufhört, über sich selbst zu herrschen. Fasziniert mit dem scheinbaren Gut, stimmt er zu, von der Dranghaftigkeit verknechtet zu werden. Ihr überreicht er huldvoll die Würde seiner Person – samt ihrer Blüte: dem Frei-Sein vom inneren Zwang. Zu gleicher Zeit bildet er sich ein, er wäre völlig frei, indem er es geschaffen hat, die Gebote Gottes zurückgewiesen zu haben ...!

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Unterschied zwischen wahrhafter LIEBE mit der ihr eigenen zentri-FUGALEN Dynamik: dem Strich über sich selbst, um diesem ANDEREN ... GOTT zu sichern; und der trügerischen-scheinbaren Liebe die sich mit zentri-PETALER Dynamik auszeichnet: dem Egoismus, der nach Befriedigung seines eigenen ICH sucht, sollte es manchmal selbst über die Leichen der Nächsten erfolgen.

Bald zeigt es sich, dass diese Freiheit, oder eher: die aufgelehnte Selbstbefreiung vom ‘Joch’ der Gebote Dessen, der „der Allein Gute ist” (Mk 10,18), eine große Illusion darstellt. Von nun an wird jeder weitere Schritt unter dem Zwangskommando unternommen – letztlich des „großen Drachen, der alten Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt” (Offb 12,9). Satan lässt sich gern mit der Glut der erhitzten Leidenschaft vertreten. Der Mensch sagt freiwillig zu, dass er sich selbst nicht mehr besitzen wird. Er wurde in-Besitz-genommen von der Leidenschaft, letztlich: vom BÖSEN

Die Leidenschaft ist am Menschen als einem ‘Jemand’ nicht interessiert. Die Leidenschaft unterschiebt ungesättigtes Streben nach Genusslust vor. So wird die Dynamik der zentri-petal hingerichteten sexuellen Selbstsucht offenbar.
– Denn die der Liebe eigene Dynamik schlägt eine ganz andere Richtung ein: sie wird zur zentri-fugalen Kraft, die sich-selbst als Personen-Gabe dahinzugeben heißt – in Suche nach wahrem Gut dieses Jemanden: des Geliebten.

Jedes Tun unter dem Zwang der Leidenschaft bedeutet, sich einander der Würde als Person zu berauben und sich zur Rolle eines Werkzeugs herabzusetzen. Indem sowohl Er – wie Sie, sich selbst zu besitzen aufgehört haben, haben sie auch nichts mehr, das sie einander schenken könnten. Der Mensch hat aufgehört frei zu sein: aus freier Wahl wurde er zum ... Sklaven.
– Die Partner können sich ihrer Bedrohung nicht einmal klar bewusst sein: des ihnen drohenden Verlusts des ewigen Guten. Der Himmel gilt für echte, wahre Liebe. Hier ist aber die Gegen-Liebe am Werk. Aber oft genug sind diese beiden nicht gnädig, irgendein Nachdenken über ihre letztliche Bestimmung zuzulassen! Dagegen das Wort Gottes bringt eindeutig zum Bewusstsein, wie die Bedingungen sind, dass das ewige Leben erreicht werden kann:

„‘Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen’? – Jesus antwortete:
‘... Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht töten’ ...” (Lk 18,18ff.).

Der freiwillige Verzicht auf Sich-Selbst-Herrschen wird zum Ende der Liebe-Gabe. Die Gegen-Liebe entartet in selbstsüchtige Anreißung-Aneignung nur einer der Komponenten der Person: dieser greifbaren, u.zw. des Leibes-des-Geschlechts. Diese beiden vergeuden die Gelegenheit, den dahinterstehenden unsterblichen Wert ihrer Selbst zu erblicken.
– Daher ist auch der Anblick vonseiten des „Menschen der Begierde” unrein. Er demütigt die Würde dieses anderen – und offenbar daselbst auch die eigene Würde. In ihm wird keine der Liebe eigene Feinfühligkeit gefunden. Er ist Gegenteil dessen, was bedeuten sollte: „Mann und Frau schauen einander gleichsam mit dem Anblick des Geheimnisses selbst der Schöpfung an” (ML 114). Dieses Anblicken ist nicht imstande, „sich einander mit der ganzen Ruhe des inneren Schauens zu sehen und zu umfangen, das eben die Fülle der personalen Intimität bildet”. Solcher Anblick ist nicht fähig, „auf dem Grund dieser Personen-Kommunion zu kommunizieren, in der diese beiden – durch ihre Weiblichkeit und Männlichkeit, gegenseitige Gabe füreinander werden” (ebd.).

B.
   ETHISCHES AUSMASS
DER „SPRACHE DES LEIBES”

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Selbsthingabe
als ontologisch-ethischer Imperativ

Die gegenseitige Selbsthingabe und Annahme seines Selbst in Ehe ist kein nur utopisches Postulat. Sie wächst aus der Tatsache selbst des Mann- bzw. Frau-Seins hervor und bildet das kennzeichnende Merkmal der Tatsache allein, dass der Mensch Person ist (ontologisches Merkmal). Sie drückt zugleich den unabdingbaren Wert dessen aus, dass jemand Mann bzw. Frau ist (axiologisches Merkmal). Damit wird diese Selbst-Hingabe folgerichtig zum Prüfstein bei der moralischen Bewertung der ehelichen Beziehungen (ethischer Wert). Diese Wirklichkeit wurde vom Kardinal Wojtyła bündig mit folgenden Worten ausgedrückt:

„In der Selbsthingabe findet seinen Ausdruck und ist enthalten jenes Sich-Besitzen, das die wesentliche Struktur einer Person bestimmt, das gleichsam von selbst aus der Wurzel ihr ontologisches (aufgrund selbst des Seins), und auch ihr axiologisches (aufgrund ihres ethischen Wertes) Profil konstituiert ...” (SAPA 17).

Das gilt auch für die geschlechtlichen Beziehungen von Mann und Frau als Personen, die mit dem Liebe-Bund verbunden sind. Wollte der eine von ihnen sich selber oder diesen anderen auf das Niveau nur noch eines Genuss-Dinges zum Ausleben herabsetzen, wäre es vom Gesichtspunkt aus des Seins des Menschen ein schreiendes Vergehen gegen seine Würde als Person:

„Die Ehegatten müssen in der Gesamtheit ihrer gegenseitigen Beziehung
den personalen Charakter ihres Seins respektieren ...” (SAPA 17f.).

Es geht um den ontologisch-ethischen Imperativ der Natur von Mann und Frau als Personen. Bei Tieren kommen das Selbst-Bewusstsein, die Selbst-Bestimmung und umso weniger die Verantwortung für die Würde nicht in Frage. Dagegen dem Menschen ist es nicht erlaubt, die Gebärde der Selbst-Hingabe mit Lügen zu strafen. Es ziemt sich nicht, dass der Mensch die Dynamik des Gabe-Werdens-‘für’ – in Attentat auf die Freiheit des Partners wechselt. So würde es aber geschehen, sooft sich jemand der Begehrlichkeit unterzieht. Die Begierde strebt nach egoistischer In-Besitznahme der Personen-Gabe, als ob sie nur Ding wäre – der Wahrheit zuwider. Kardinal Wojtyła sagt:

„Wesentlich und tiefgründig in dieser gegenseitigen Beziehung (der Gatten) ist, dass der Mensch sich selber nicht besitzt und in der Art der Dinge, deren der Mensch Eigentümer zu sein pflegt und sie sein Eigentum, sich auch nicht hingeben kann. Der Mensch besitzt sich auf diese Weise nicht, noch kann er sich selbst zum Eigentum des anderen machen, noch kann er auf diese Weise von jemand anderem angenommen werden. Er kann dagegen und soll es – in ontischem und demzufolge ethischem Sinn – sich selber dahinschenken und angenommen werden nach dem Gesetz einer ‘uneigennützigen Gabe’ ...” (SAPA 18).


Um den Gedankengang zu begreifen, der hier angeboten wird, bedarf es wohl einer gewissen Anstrengung des Denk-Vermögens. Dennoch selbst der logische Gedankenfaden ist korrekt. Die gegenseitige Hingabe aneinander bereichert die Liebe-Kommunion mit Männlichkeit und Weiblichkeit. Diese beiden schenken sich einander auf jeder Ebene ihres Mensch-Seins – samt ihrer anderen männlichen und weiblichen Eigenartigkeit. Erst so werden sie Personen-Kommunion.

Im Fall eines Christen schließt sich zu dieser „Gemeinschaft, (die) Frucht und Zeichen eines tief menschlichen Anspruchs” ist (FC 19), die Gnade des Sakraments hinzu. Im Maß wie sich die Gatten für die Gnade hin aufschließen, bekommen sie die Gabe „einer Neuen Kommunion, der Kommunion der Liebe” (FC 19). Diese entfaltet sich nach dem Muster der Liebe, mit der Christus mit der Kirche, seiner Braut, verbunden ist. Eben diese Liebe, d.h. Gott-die-Liebe als Nicht-erschaffene Gabe des Heiligen Geistes, wird für die Gatten:

„... ein Lebens-Gebot ... und zugleich Antrieb, mit jedem Tag ein immer tieferes Band miteinander auf allen Ebenen anzustreben: auf der Ebene der Verbindung der Körper, der Charaktere, der Herzen, der Gedanken, der Anstrebungen, des Bandes der Seelen, um so der Kirche und der Welt die Neue Kommunion der Liebe zu offenbaren, die Gabe der Gnade Christi ist” (FC 19).

Es sind Worte Wojtyłas schon als Papstes. Er spricht hier von der Liebe als einem „Lebens-Gebot”, obwohl gleichzeitig auch als Lebens-„Antrieb”. Diese Aussage betrifft die Ehe als Sakrament. Dennoch das Sakrament wächst aus der Natur der gegenseitigen Beziehungen der Gatten hervor, d.i. Personen, die die Entscheidung getroffen haben, eine auf Lebensübertragung und Erziehung der Kinder hingeordnete Kommunion zu bilden.

Wachstum in Liebe als selbstlose Personen-Gabe ist für die Gatten kein nur allgemeines „Gebot der Liebe”, das ausnahmslos alle Menschen verpflichtet. Liebe wird in der Ehe zum „Lebens-Gebot”, das verpflichtet, „mit jedem Tag ein immer tieferes Band miteinander auf allen Ebenen anzustreben”. Es geht um ein ontisch-ethisches Angebot. Diese beiden mussten doch keinesfalls eine Ehe-Kommunion gründen, bzw. sie eingehen. Haben sie sich aber darauf entschlossen, hört Liebe-Gabe auf für sie Beliebiges zu sein. Von dem einmal gegebenem Wort muss Rechenschaft abgelegt werden.

Ungemeine Bedeutung
des Vereinigungs-Aktes

Eheleuten stehen mehrere Arten und Weisen zur Verfügung zu, sich ihre gegenseitige Hingabe-Liebe zu erweisen.
– Ausdruck des gegenseitigen Sich-Schenkens wird der Aufbau des Familien-Nests.
Dabei offenbar auch die Erwerbsarbeit, um die entstandene Gemeinschaft zu unterhalten.
– Das Gabe-sein-‘für’ kann bisweilen zum Heroismus in selbstloser Hingabe vorrücken, wenn das Haus von Hunger, Krankheit, Schwierigkeiten, Verfolgung heimgesucht wird.
– Ein anderer Ausdruck des Gabe-Sein-‘für’ ist die Gewissens-Gestaltung: im eigenen Leben und bei den Kindern.

Ein neues Ausmaß nimmt aber das Gabe-sein in Zeiten der gegenseitigen Nähe an (vorläufig noch nicht selbst des Verkehrs), wenn die Gatten ihr Band stärken – mit „zarter Zuneigung und in der Tat” (GS 49). Sie hören nicht auf, separate Personen zu sein, und doch sie werden:

„... einigermaßen ein ‘gemeinsames Subjekt’ des ehelichen Mit-Tuns in ‘dieser intimen Wirklichkeit der menschlichen Person, wie sie vom Geschlecht und der Geschlechtlichkeit selbst gebildet wird’ ...” (SAPA 23f.).

Die gegenseitigen Erweise einer Zärtlichkeit und herzlichen Zuneigung kann vom personalistischen und ethischen Gesichtspunkt aus nicht als indifferente Betätigung gelten. Liebe heißt sich zum würdigen Erleben der beiderseitigen Nähe zu durchringen, d.h. nach dem Maß der unabdingbaren Eigenschaften des Mensch-Seins, die eine dem Vorrang des Geistes entsprechende Verhaltensweise fordern.

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Gäste aus Indonesien am Flughafen Kraków-Balice: Michelle, ks. PL, Tenny, Eddy, Faustina-Teresa, Isabel, Francis: 2017r.

Jeder Mensch lebt aber in übernatürlicher Wirklichkeit. Die beiderseitigen Beziehungen der Eheleute, die Zeiten da diese beiden sich einander in ihrer Männlichkeit und Weiblichkeit offenbaren nicht ausgenommen, sind unabdingbar mit der Wirklichkeit umschwommen, an die die Kirche erinnert, sooft sie von „ganzheitlicher Sicht des Menschen” (HV 7; FC 32) spricht. Sie nimmt den Menschen in Bedacht „in seiner ganzheitlichen Sicht ... und seiner ganzen Berufung, die nicht nur die natürliche und irdische, sondern auch übernatürliche und ewige Ordnung” umfängt (ebd.).

Unter den unterschiedlichen Erweisen „zarter Zuneigung und Tat” (GS 49) gebührt ein in seiner ontisch-ethischen Qualität wesentlich andersartiger Platz dem Akt der geschlechtlichen Vereinigung. Worte Johannes Paul II.:

„Diese Gabe (der Ehrfurcht vor dem, was das Werk Gottes darstellt: donum pietatis), verbunden mit Liebe und Keuschheit, hilft, unter allen möglichen ‘Zeichen der Liebe’ die besondere, ja die außergewöhnliche Bedeutung jenes Aktes zu verstehen: ... seine Würde und die verantwortliche Tragweite” (EL 348).

Diese Hinsicht wird von Johannes Paul II. auch in seinem Brief an die Familien betont:

„Jeder Mann und jede Frau verwirklichen sich vollständig durch die selbstlose Hingabe ihrer Selbst. Doch der Augenblick der ehelichen Vereinigung stellt für die Eheleute eine ganz besondere Erfahrung dieser Gabe dar. Da werden der Mann und die Frau in der ganzen ‘Wahrheit’ ihrer Männlichkeit und Weiblichkeit zur gegenseitigen Hingabe.
– Das ganze Leben in der Ehe ist Hingabe; in einzigartiger Weise gilt das gerade für diese Stunde, wenn die Ehegatten durch ihr gegenseitiges Sich-Darbringen in Liebe jene Begegnung vollziehen, die aus ihnen beiden ‘Ein Fleisch’ macht (Gen 2,24) ...” (BF 12).

Der Grund für diese „außergewöhnliche Bedeutung” des Geschlechts-Aktes erwächst aus der Tatsache, dass der Akt des Eins-Werdens nicht nur die Einheit-in-Liebe zum Ausdruck bringt. Diese erweisen sich die Gatten vielfältig auf andere Arten, ohne dass die Geschlechtsorgane dabei eingesetzt werden. Dagegen der Akt der Geschlechtsvereinigung bringt auf unabdingbare Weise noch eine andere Komponente des gegenseitigen Sich-Schenkens zum Ausdruck: die elterliche Bereitwilligkeit. Diese Komponente ist in keiner anderen Form der ehelichen Zärtlichkeit enthalten, wiewohl auch in ihnen der Körper und das Geschlecht eingeschaltet werden.

Im Akt des geschlechtlichen Verkehrs schmilzt unwiderruflich zusammen und kondensiert sich sowohl die doppelte Ausrichtung (lat. destinatio: Bestimmung) der Ehe, wie auch die doppelte Wirklichkeit, deren Ausdruck (lat. significatio:Sinnbedeutung) die eheliche Kommunion schon geworden ist: Aufbau der Einheit in Liebe (bräutlicher Sinngehalt des Leibes) – und die elterliche Bereitschaft (elterlicher Sinngehalt des Leibes). Diese beiden Wirklichkeiten: Einheit-Liebe – und Elternschaft, sind auf unwiderrufliche Weise und objektiv in die Struktur selbst und die Dynamik des geschlechtlichen Aktes einkodiert (s. dazu ob., zweiter Teil, 1. Kap.: Friedensordnung der Struktur und Dynamik des Aktes).
– Es geht um die Struktur des Geschlechtsaktes auf der Ebene Leib-Geschlecht, aber umso mehr auf der Ebene des Geistes, der die personale Würde von Mann und Frau bestimmt. Die Reaktionen der Leiber spielen die Rolle „bevollmächtigter Vermittler”, die die beiderseitige „Sprache” der Person von Mann und Frau übermitteln, die sich einander in „selbstloser Gabe” dahinschenken, um sich einander in diesem anderen zu „wieder finden”.

Selbsthingabe der Person
eingeprägt in die
Struktur und Dynamik
des Aktes

Die Reflexion über die Tatsache des geschlechtlichen Einswerdens, selbst nur unter dem Blickpunkt seiner biologischen Struktur, führt zum Schluss, dass es jedes Mal „etwas zum Ausdruck bringt” und „von etwas spricht”. Es erfolgt hier eine verwundernde Vereinigung von Mann und Frau vermittels der Organe ihrer geschlechtlichen Kontaktnahme. Diese beiden „werden zu Einem Fleisch-Subjekt” in Liebe-Kommunion, die sich im selben Moment für die elterliche Potentialität aufschließt.

Diese Vereinigung löst eine in biologischer Ordnung erstaunende Energie aus. Sie übt lauten Widerhall auf allen Ebenen des Mensch-Seins aus: angefangen vom Niveau der Physiologie – über das Niveau der Psyche, bis zum ausgeprägten Echo der Stimme des Gewissens, in dem Gott zum Menschen spricht. Diese Erfahrung wird Höchsterlebnis-Orgasmus genannt. Jemand hat gesagt, es ist der „geistige Aufschwung der Materie”.

Das Erleben des Höchsterlebnisses bildet sich unterschiedlich beim Mann und bei der Frau aus. Bei dem Mann wandelt sich die Dynamik der geschlechtlichen Zusammenkopplung in Niederlegen im Geburtstrakt der Frau des Samens um, das zur Vorbedingung der Empfängnis wird. Der Verkehr bereitet so den Nährboden vor, auf dem neues Leben entstehen kann. Johannes Paul II. spricht in diesem Zusammenhang:

„Durch Gesten und Reaktionen, durch die gesamte wechselseitig sich bedingende Dynamik der Spannung und der Befriedigung, deren direkte Quelle und Subjekt der Leib in seiner Männlichkeit und Weiblichkeit ist, der Leib in seinem eigenen und wechselseitigen Handeln –, durch all das ‘spricht’ der Mensch, die Person” (EL 313).

Unmöglich, dass dieses Erlebnis nicht tiefstes Echo im Gewissen hervorrufen sollte. Mann und Frau sind nicht nur zwei Leiber, die „sich dazu eignen”, eine Kopulation zustande bringen zu können. Sie sind in erster Stelle zwei Personen: unabdingbar befähigt für ihre Handlungen Verantwortung zu tragen.
– Verschiedene Partner pflegen verschieden geschlechtlich zu verkehren: entweder gemäß der in diesen Akt eingeprägten inneren Friedensordnung – oder ihr genau zuwider. Vorwahlsbedingung, dass die Zeiten des „zwei-zu-Einem-Fleisch-Werdens” auf würdige Art und Weise erlebt wird, ist, dass sowohl der eine, wie der andere sein Teilnehmer – weder die Struktur, noch die Dynamik der Vereinigung irgendwie stört.

Beim Menschen, der mit der Fähigkeit geehrt ist, Verantwortung unternehmen zu können, sind die „biologischen Gesetze ... Bestandteil der Person” (HV 10). Es geht nicht um Regelmäßigkeiten der Natur (Biologie), die die Elternschaft als blinde Geschicks-Vorherbestimmung aufdrängten, auf die diese beiden keinen Einfluss auszuüben hätten. Im Gegenteil, von hinterher dieser Regelmäßigkeiten-Gesetze schaut auf die Eheleute der sie liebende Gott: ihr Schöpfer und Erlöser. Es geht also:

„.. nicht so sehr um Treue
gegenüber einem nicht-personalen ‘Natur-Gesetz’,
sondern gegenüber dem personalen Schöpfer,
der Quelle und Herr dieses Gesetzes ist” (EL 318).

Gott erpresst aber keinesfalls, dass die von Ihm dargebotene Friedensordnung des Aktes angenommen wird. Dagegen Er bittet die Gatten überaus seriös, dass sie ihre Vereinigung auf solche, und nicht andere Weise gestalten.

Der Mensch kann vor der unabdingbaren Befähigung nicht ausweichen, u.zw. des Vermögens feststellen zu können, dass die untrennbare doppelte Zweckhaftigkeit (destinatio) des geschlechtlichen Aktes nicht von menschlicher Urgründung herkommt. Mann und Frau stellen fest, dass die Unternehmung der intimsten Vereinigung (Hinordnung des Aktes auf Liebe) erst Dank dem erfolgen kann, dass daselbst gleichzeitig die elterliche Bereitschaft dieser beiden (Hinordnung des Aktes auf Elternschaft) aufgeschlossen wird. Diese beiden Zwecksetzungen wurden von Gott, der Liebe selbst ist, erschaffen. Gott reicht sie auch selbst den Eheleuten dar. Er ist es, der in seiner Liebe – in die Natur selbst der Gatten – die Liebe als Hingabe eingeprägt hat, und darin dass ihr Eins-Werden beim Vollzug des Aktes untrennbar mit potentieller Elternschaft zusammengekoppelt sein wird (vgl. HV 12).

Wenn bei Gott die Liebe-die-Er-ISt (1 Joh 4,8.16) – in gleicher Zeit Fülle des Lebens ist, das zum Dasein weckt, indem Gott-Leben sich selbst eben als Liebe-Leben dahinschenkt, braucht man sich nicht wundern, dass auch Mann und Frau, lebendiges „Ebenbild und Ähnlichkeit” (Gen 1,26f.) dieses Gottes, in ihrer Ehe untrennbare Einheit von Liebe-Leben bilden. Umso mehr hat Gott auf solche Weise das Kondensat selbst der Ehe erschaffen: den Akt des Eins-Werdens, worin Gott – Mann und Frau beruft, an Seiner Erschaffungs-Liebe Anteil haben zu dürfen. Johannes Paul II. lehrt:

„Subjekt des Naturgesetzes ist der Mensch nämlich nicht nur im ‘Natur’-Aspekt seiner Existenz, sondern auch in der ganzheitlichen Wahrheit seiner personalen Subjektivität. Zu gleicher Zeit zeigt sich uns derselbe Mensch in der Offenbarung Gottes in seiner vollen irdischen und eschatologischen Berufung als Mann und Frau. Aus dieser Offenbarung schöpfen wir auch die Überzeugung, dass der Mensch mit Bezug auf die Männlichkeit und Weiblichkeit seiner subjektiven Struktur nicht nur der Reaktivität des Körpers untergeben ist, sondern, dass er in dieser Struktur von Anfang an von Gott berufen wurde, Verwalter des Sakramentes zu sein, das von Anfang an im Zeichen der ‘Einheit im Fleisch’ gegründet worden ist” (EL 312).

Wahrheit und Inhalt
der „Sprache des Leibes”
beim Geschlechtsakt

Mit dem Ausdruck: „Sprache des Leibes” drückt der hl. Johannes Paul II. einigermaßen gleichbedeutend dieselbe Wirklichkeit aus, die der hl. Paul VI. in Humanae Vitae als „doppelte Bestimmung” (destinatio) – und den ihm entsprechenden „doppelten Sinngehalt” (significatio) des ehelichen Aktes (HV 11f.) bezeichnet:

„Es ist offenbar, dass nicht der Leib als solcher ‘spricht’, sondern es spricht der Mensch, indem er das abliest, was eben mit Rücksicht auf den ‘Leib’, auf das Mann- oder Frau-Sein seines personhaften Subjekts – und noch mehr: was nur über die Vermittlung des Leibes vom Menschen ausgedrückt werden kann.
– In diesem Sinn spricht der Mensch – Mann oder Frau – nicht nur in der ‘Sprache des Leibes’, sondern erlaubt dem Leib sozusagen ‘für sich’, ‘von sich aus’, gleichsam in seinem Namen und seiner personalen Autorität zu sprechen” (EL 261).

Sooft es sich um ein „Sprechen” handelt, kommt die untrennbar damit verbundene Herausforderung der ihm aufgetragenen Wahrheit und Treue angesichts der Wahrheit zum Vorschein (s. dazu ob.: Der Akt als Erweis der „Sprache des Leibes”). Hören wir einmal mehr die Worte Johannes Paul II:

„In der Tat sind ja für jede Sprache als Ausdruck der Erkenntnis die Kategorien der Wahrheit und der Unwahrheit (d.i. des Falschen) wesentlich” (EL 255).

Im Fall der Ehe betrifft das Erfordernis der Wahrheit sowohl die Treue mit Bezug auf das Wort, das jemand seinem Selbst gegenüber gegeben hat, wie auch bezüglich der Sakramentalität des eingegangenen Bundes:

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Besuch aus Indonesien: kurze Begegnung mit Schw. Therese: 2017.

„‘Die Sprache des Leibes’ tritt ... in die integrale Struktur des Sakramentalen Zeichens ein, deren eigentliches Subjekt der Mensch ist: Mann und Frau. Die Worte des Ehe-Versprechens gründen dieses Zeichen. In ihnen drückt sich nämlich die bräutliche Bedeutung des Leibes in seinem Mann- und Frausein aus. Das bedeuten eben vor allem die Worte: ‘Ich ... nehme dich ... zu meiner Frau ..., zu meinem Mann’. Noch mehr: mit diesen Worten wird die grundsätzliche ‘Wahrheit’ der Sprache des Leibes bestätigt, und auch (wenigstens indirekt: implizit) die grundsätzliche ‘Unwahrheit’: die Fälschlichkeit der ‘Sprache des Leibes’ ausgeschlossen” (EL 256; vgl. ebd., 312f.).

Der Anspruch um die Wahrheit, wie sie mit der „Sprache des Leibes” ausgedrückt wird, ist nicht Frage allein der Geschlechts-Reaktion des Leibes. Diese Wahrheit ist Zeugnis der unternommenen Verantwortung, die die personale Würde der Gatten betrifft, die sich einander in der „Sprache des Leibes” offenbaren. Die Gebärden des Leibes sind Zeichen einer Wirklichkeit, die das nur biologische Ausmaß des Aktes weit überragt:

„Mann und Frau unterhalten in der ‘Sprache des Leibes’ jenen Dialog, der nach Gen 2,24f. am Schöpfungstag seinen Anfang nahm. Gerade auf der Ebene dieser ‘Sprache des Leibes’, die mehr ist als bloß sexuelle Reaktivität und die, als authentische Sprache der Personen Erfordernissen der Wahrheit unterliegt, sprechen Mann und Frau sich gegenseitig aus. Und zwar sie sprechen sich auf völligere und tiefere Weise aus, als es ihnen allein das somatische (körperliche) Ausmaß der Männlichkeit und Weiblichkeit ermöglicht: Sie sprechen sich nach dem Maß der ganzen Wahrheit über sich aus” (EL 313; vgl. KKK 2370).

Der Inhalt der „Sprache des Leibes” beim Vereinigungsakt drückt die folgende Wirklichkeit aus: dass Mann seiner Frau sich Ganzen als freiwillige Gabe dahingibt und zugleich die gleiche Gabe annimmt, mit der sich ihm seine Frau, die allergeliebteste Person, gegenseitig in ihrer Freiheit ganzheitlich dahinschenkt.
– Voraussetzung für derartige Hingabe seiner Person – an die Person dieses anderen ist offenbar, dass man sich selbst ‘besitzt’ und keinem Zwang unterliegt. Die innere Freiheit und Ganzheitlichkeit der Gabe sind grundlegende Ebene für die ethische Bewertung des ehelichen Aktes. So kann die Triftigkeit der Worte Papst Wojtyłas verstanden werden:

„Die eheliche Liebe hat etwas Totales an sich, in das alle Elemente der Person hineinbezogen werden:
– Die Impulse des Leibes und Instinktes, die Kraft der Gefühle und der Anhänglichkeit, das Streben von Geist und Willen.
– Die Liebe strebt eine zutiefst personale Einheit an, die nicht nur in einen Körper zusammenfügt, sondern auch dahin führt, dass es nur ein Herz und eine Seele wird ...” (FC 13).

Die Ganzheitlichkeit und Freiheit der Gabe kommt offenbar nicht allein vom Leib im physischen Sinn zustande. Diese Eigenschaften hängen mit dem Menschen als Person zusammen. Nur indem diese beiden gleichzeitig Leib-Seele sind, können Mann und Frau füreinander Gabe werden: eine ganzheitliche – oder auch nur geteilte; freiwillige – oder auch unter äußerem, bzw. innerem Zwang. Die Person ist ‘sie-Selbst’ dank des Vorranges des Geistes, d.i. dank ihrer Empfindsamkeit auf Wahrheit, und auch dank ihrer Befähigung zur Selbstbestimmung:

„Das Ausmaß der Freiheit der Gabe wird für jene ‘Sprache des Leibes’ wesentlich und entscheidend, in der Mann und Frau sich gegenseitig in der ehelichen Vereinigung aussprechen lassen. Da es sich um Vereinigung von Personen handelt, muss die ‘Sprache des Leibes’ nach dem Prüfstein der Wahrheit beurteilt werden” (EL 313).


In der Theologie der Ehe hat sich die Bezeichnung eingebürgert, die hier insgesamt besprochenen zwei Hinordnungen des Aktes als seine „innere Friedensordnung”, bzw. als „innere Wahrheit” des Aktes der Geschlechtsvereinigung zu beschreiben. Johannes Paul II. schreibt in diesem Zusammenhang:

„Sicher ist Ziel der gegenseitigen Hingabe von Mann und Frau (in der Zeit ihrer ehelichen Vereinigung) nicht einzig die Zeugung von Kindern, sondern auch die gegenseitige Kommunion der Liebe und des Lebens. Es ist aber nötig, dass die innere Wahrheit dieser Gabe gewährleistet sei. ‘Innere’ (Wahrheit) bedeutet keinesfalls nur ‘subjektiv’ begriffene Wahrheit. ‘Innere’ – das heißt vielmehr, dass sie der objektiven Wahrheit desjenigen bzw. derjenigen entspricht, die die Gabe übermittelt. Die Person darf niemals Mittel zur Erreichung eines Zweckes, niemals Mittel des ‘Genusses’ sein. Sie ist und muss selbst das Ziel des Tuns sein. Nur dann entspricht die Betätigung ihrer wahren Würde” (BF 12).

So bleiben wir auf dem harten Boden der anthropologischen Grundlagen des ethischen Ausmaßes des Vereinigungs-Aktes stehen. Der Leib und das Geschlecht der Gatten, die sich im Akt des geschlechtlichen Verkehrs zusammenfügen, „sprechen” in diesem Augenblick: dass diese beiden füreinander Gabe in der Ganzheitlichkeit ihrer Personen werden. Ihre Zusammenfügung in ‘Ein-Fleisch’ schreit gleichsam laut – im ihn begleitenden geistig-leiblichen Höchsterlebnis – in Bevollmächtigung ihrer beiden: dass sich hier freilich ihre Leiber zusammenfügen, aber umso mehr – über ihren Leib und ihr Geschlecht hinaus – ihre Herzen und Seelen: dieser eine und diese andere als Personen.

Die Verkoppelung im Fleisch übernimmt die Funktion des „Zeichens”. Und dieses zeugt davon, dass diese Eigentlichen, die hier zusammenwerden, ihre Personen sind. Gott hat den Menschen so erschaffen, dass es für ihn unmöglich wäre die ‘Liebe’, deren Wirklichkeit doch geistiger Natur ist, anders zum Ausdruck zu bringen, als nur über den Leib. Hat doch Gott den Menschen als zugleich Leib-Geist erschaffen. Daher sagt auch der Heilige Vater, wobei er gerade an die Zeiten der intimen ehelichen Vereinigung denkt:

„Mann und Frau vereinen sich so innig, dass sie ...‘Ein Fleisch’ (Gen 2,24) werden ...
Sowohl Mann, wie Frau ist Mensch durch den Leib. Zu gleicher Zeit aber haben die beiden somatisch (körperlich) unterschiedlichen Subjekte in gleicher Weise Anteil an der Befähigung des Lebens ‘in Wahrheit und Liebe’. Diese Fähigkeit, die geistiger Natur ist, spiegelt die personale Konstitution des Menschen ab. Sie spiegelt sie zusammen mit dem Leib ab. Nur so sind Mann und Frau vorherbereitet (das wird für sie möglich), die ‘Personen-Kommunion’ zu bilden. Wenn sie sich in der Ehe als ein ‘Ein-Fleisch’ vereinen, soll die Vereinigung dieser beiden zugleich die Einheit ‘in Wahrheit und Liebe’ bilden. Dann kennzeichnet sie sich mit der Reife, die den menschlichen Personen eigen ist – wie sie nach dem Ebenbild Gottes und Gottes Ähnlichkeit erschaffen worden sind” (BF 8).

Der Leib erfüllt auf solche Weise seinen bräutlichen Sinn. Er spricht laut von wesentlich tieferer Wirklichkeit, als es seine sexuelle Reaktion auszudrücken imstande ist: Er proklamiert die Liebe – also eine personhafte Wirklichkeit, auch wenn sie über die „Sprache des Leibes” zum Ausdruck gebracht wird.

Doch die auf solche Weise vollzogene Vereinigung von zwei Personen in Liebe wird allein deshalb möglich, dass sie sich in selber Zeit weit auf den elterlichen Sinngehalt ihrer Leiber aufschließt. Sowohl die Struktur, wie die Dynamik des Aktes sprechen im Auftrag ihrer beiden, dass die Macht ihrer Liebe in diesem Moment für die Elternschaft bereit da steht. Selbst diese elterliche Bereitschaft hat der Schöpfer in die Erlebnis-Dynamik vor allem des Mannes eingeprägt.

Für die Ehe
„eigener und vorbehaltener” Akt

Die Anthropologie des Geschlechtsaktes lässt uns so die Frage der Begründung des eindeutigen Standpunktes der Kirche mit Bezug auf alle elterlich-widrigen Handlungen unternehmen. Die Kirche liest das Gesetz der Natur der Person von Mann und Frau, inwiefern diese beiden eine auf Elternschaft hingeordnete eheliche Kommunion geworden sind, in Wahrheit und im Licht der Erlösung ab. Gemäß ihrer Befugnis als Lehrerin der „Völker” (Mt 28,20; LG 1) beschränkt sich die Kirche auch in diesem Bereich auf die Erklärung der Grundsätze, die über die Friedensordnung des geschlechtlichen Verkehrs entscheiden. Allerdings diese Prinzipien stellt sie „allen Menschen guten Willens” vor, also nicht nur den Katholiken; und nicht einmal den Christen allein. Zu gleicher Zeit verbirgt das Magisterium der Kirche nicht, dass ihre Umsetzung ins Leben „Radikalität und Vollkommenheit” in Anspruch nimmt (FC 33; VSp 95):

„Die Entschlossenheit, mit der die Kirche die universalen und unveränderlichen moralischen Normen verteidigt, hat keineswegs vor, den Menschen zu herabschmälern, sondern sie dient seiner wahren Freiheit. Indem es keine Freiheit außerhalb der Wahrheit oder gegen sie gibt, muss angenommen werden, dass die kategorische, das heißt keine Ausnahmen noch Kompromisse zulassende Verteidigung der absolut unabdingbaren Erfordernisse, die der personalen Würde des Menschen entspringen, Weg zur Freiheit und Voraussetzung überhaupt ihrer Existenz darstellt.
– Dieser Dienst wendet sich an jeden Menschen, insofern er in der Einzigartigkeit und Unwiederholbarkeit seiner Existenz gesehen wird: Nur im Gehorsam gegenüber den universalen moralen Normen findet der Mensch die volle Bestätigung seiner Einzigartigkeit als Person und die Möglichkeit des wahren moralischen Wachstums. Und eben darum wendet sich dieser Dienst an alle Menschen ...
– Angesichts moralischer Normen, die Taten verbieten, die innerlich schlecht sind, gibt es für niemanden Privilegien noch Ausnahmen. Hier ist es bedeutungslos, ob jemand Herr der Welt ist, oder der letzte ‘Elendste’ auf Erden: angesichts der moralischen Ansprüche sind wir alle absolut gleich” (VSp 96).

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Viele bunten Enten am großen Teich. Wie schön hat Gott alles erschaffen: den Himmel, die unglaublich unterschiedliche Erde mit Flüssen-Seen-Meeren, Land, Ebenen, Gebirge, Gletscher, Wäldern, Gegnenden wo man sich einsiedeln kann, und dann mit Tieren, die ebenfalls einen Platz für sich finden können. Wunderbar sind die Werke Gottes Freigebigkeit.

In Dokumenten der Kirche kommt unabänderlich die Bezeichnung vor, dass der geschlechtliche Verkehr eine Wirklichkeit darstellt, die der Ehe „eigen” und zugleich für die Ehe „vorbehalten” ist. Es wurde daran schon ein paarmal auf unserer Homepage in verschiedenem Zusammenhang angeknüpft – von immer anderem Blickpunkt her (s. ob. z.B.: Gabe allein für die Ehe erschaffen). Die erwähnte Ausdrucksweise des Apostolischen Stuhles wächst aus der moralisch-dogmatischen Überlieferung der Kirche hervor. Und diese ist ebenfalls Gottes Wort – in diesem Fall das „Weitervermittelte-Gottes-Wort” (DV 9c; s. ob.: In der Heiligen Schrift und der Lebendigen Überlieferung – und den ganzen Zusammenhang). Sie flechtet sich mit dem „Geschriebenen-Gottes-Wort” (Heiliger Schrift) zusammen in ein einziges Depositum der Offenbarung, das Jesus Christus seiner Kirche aufgetragen hat.
– Hier die Äußerungen der Kirche, die sich auf die Gabe des Verkehrs beziehen – als Wirklichkeit die für die Ehe „eigen” und zugleich „ausschließlich-vorbehalten” ist:

„Darum streben Mann und Frau durch ihre gegenseitige Hingabe, die ihnen in der Ehe eigen und ausschließlich ist (lat. Quocirca per mutuam sui donationem, quae ipsorum propria est et exclusoria ...), nach solcher Personen-Kommunion (also: nicht nur Einheit im Leib), in der sie sich gegenseitig vervollkommnen, um mit Gott zusammen zu wirken bei der Weckung und Erziehung neuer Menschen ...” (HV 8; vgl. GS 49; PH 5; KKK 2361; usw.).

Dieselben Worte, aus Humanae Vitae Papstes Paul VI., greift Johannes Paul II. auf:

„Infolgedessen ist die Sexualität, in welcher sich Mann und Frau durch die den Eheleuten eigenen und vorbehaltenen Akte einander schenken, keineswegs etwas rein Biologisches, sondern betrifft das innerste Wesen der menschlichen Person als solcher” (FC 11).

Man muss wiederholt auf dem harten Boden der Feststellung stehen bleiben, dass der Mensch niemals Eigentümer seines Selbst ist, noch über irgendjemanden anderen wird. Vom Wirtschaften-Verwalten der Gabe der Geschlechtlichkeit wird Rechenschaft abgelegt werden müssen – gemäß den Gesetzen, die hier von Gott bestimmt wurden (HV 13), der zugleich „der allein Gute” ist (Lk 18,19). Niemandem steht die Macht über seine eigene Geschlechtlichkeit zu. Gott hat sie sich selbst vorbehalten, Er selbst wird auch den Menschen auf das Gebiet der geschlechtlichen Intimität einführen, und dabei ordnet Er im Dekalog an: „Du sollst nicht die Ehe brechen(Ex 20,15). Ein gleichlautendes Gesetz hat Gott in das Herz eines jeden Menschen eingeschrieben; auch solchen, der vom Dekalog niemals gehört hat (vgl. Röm 2,14ff.):

„Denn der Mensch hat ein Gesetz,
das von Gott seinem Herzen eingeschrieben ist,
dem zu gehorchen eben seine Würde ist
und gemäß dem er gerichtet werden wird (VSp 54; GS 16)”.

Der Zeitpunkt, in dem Gott zwei Leute in den Bereich ihrer geschlechtlichen Intimität einführt, ist die Stunde, wann diese ihre Ehe eingehen. Jeder Mensch „guten Willens” ist fähig diesen Stil Gottes Beziehungen zu ihm im Gehorsam angesichts des „Glanzes der Wahrheit” zu verstehen und zu anerkennen. Erst ab diesem Augenblick an dürfen diese beiden die geschlechtliche Vereinigung unternehmen. Sie wird von nun an ein für ihre Ehe „eigener” Akt. In der Ehe gerät der geschlechtliche Verkehr „an seinen ordentlichen Platz”. Voraussetzung aber, dass diese beiden ihn mit Gottes Segen erleben, ist jedesmalig die Beachtung seiner inneren Friedensordnung: seiner Hinordnung zugleich auf Einheit – wie auf Offenbleiben für die Elternschaft (vgl. HV 11; EV 13.23.88.97; usw.).

So stellt der eheliche Akt zugleich ein Tun dar, das für das Eheleben „vorbehalten und ausschließliches Tun” ist. Nirgends außerhalb der Ehe ist die geschlechtliche Vereinigung „an ihrem Platz”. Und niemals außerhalb der Ehe, noch in vor-ehelicher Lage – wird das Betreten des Bereiches der geschlechtlichen Intimität erlaubt werden (vgl. auch: FC 29.32.33; BF 13f.).

Dieselbe Gottes Disposition betrifft daselbst alle Geschlechtsakte, die von einer alleinstehenden Person unternommen, bzw. im Rahmen desselben Geschlechtes vollbracht wären. Nur in der Ehe kann eine ganzheitliche und unwiderrufliche gegenseitige Hingabe „von Person zur Person” stattfinden, die sich aber im selben Moment auf Leben aufschließt.
– Indem hier eine negative moralische Norm am Spiel ist, muss sie sich mit den universalen Eigenschaften jeder solchen Norm kennzeichnen:

„Die negativen Gebote des Naturgesetzes sind universal gültig: sie verpflichten alle und jeden einzelnen, allezeit und unter allen Umständen. Es handelt sich um Verbote, die eine bestimmte Handlung semper et pro semper (immer und für immer) verbieten, ohne Ausnahme, weil die Wahl der entsprechenden Verhaltensweise in keinem Fall mit dem Gutsein des Willens der handelnden Person, mit ihrer Berufung zum Leben mit Gott und zur Kommunion mit dem Nächsten vereinbar ist. Es ist jedem und allezeit verboten, die Gebote zu übertreten, die es rücksichtslos allen zur Pflicht machen, in keinem Menschen, und vor allem nicht in sich selbst die Würde der Person, die allen gemeinsam ist, zu verletzen” (VSp 52; s. auch Nr. 81).

Es ist niemandem erlaubt, hier willkürlich – gegen und der von Gott gegründeten Friedensordnung zuwider zu handeln. Gott allein bleibt „Herr der Quellen des Lebens” (HV 13). Die Eheleute sind allein „Diener des Vorhabens, das vom Schöpfer bestimmt worden ist” (ebd.). Daher erinnert Johannes Paul II., dass sich die Gatten bei ihrem Geschlechtsleben nach Gottes Gesetz richten sollen:

„... (sie sollen sich leiten lassen nach) objektiven Kriterien, die sich aus der Natur der menschlichen Person und ihrer Akte ergeben und die im Kontext der wahren Liebe den vollen Sinn der gegenseitigen Hingabe und die menschliche Weitergabe des Lebens wahren” (FC 32; GS 51).

Der geschlechtliche Verkehr ist Tun der Person, der eine so große Tiefe an Ganzheitlichkeit in Selbsthingabe einander von Mann und Frau zum Ausdruck bringt – mit gleichzeitigem Offenbleiben für die Elternschaft, dass er niemals, unter keinen Umständen außerhalb der Ehe, ethisch korrektes Tun werden wird. Zu solchem Schluss kommt selbst der Verstand, der fähig ist, nach der Wahrheit des Seins und daselbst des ethischen Ausmaßes der Handlungen zu suchen – und sie auch zu finden.


In den oben angeführten Äußerungen bekennt die lehrende Kirche auch unzweideutig, wie der Beweggrund ihrer unbeugsamen, unpopulären Äußerungen in Fragen der ehelichen geschlechtlichen Ethik ist. Die Kirche erfüllt die ihr anvertrauten Aufgaben: sie soll die Liebe als personale gegenseitige Selbsthingabe der Ehegatten hüten. Die Kirche kämpft „um den Menschen” und die Würde der Liebe. Liebe soll in der Tat – Liebe sein: Gabe – und nicht geschlechtliche Selbstsüchtigkeit, die nur Liebe-zu-sein vorgaukelte. Liebe ist Frage bewusst unternommener Verantwortung, hingeordnet auf das Sein-‘für’ – um seines Guten willen, bis zu diesem endgültigen einschließlich. Die Liebe kann an ihrer zentri-fugalen Ausrichtung erkannt werden – im Gegensatz zum sexuellen Egoismus, dessen von weitem erkennbares Merkmal die zentri-petale Ausrichtung ist, die die Personen-Gabe an-sich-zu-reißen sucht: als Nutznießungsobjekt für das eigene ‘Ich’.

Das ethische Ausmaß beim Betreten des Terrains der Geschlechtlichkeit kann nicht von der Willkür irgendjemandes Individuellen, also auch des betreffenden Ehe- oder Brautpaars abhängig sein. Es ist Zeugnis der objektiven Ordnung. Der einzige unvoreingenommene, von Gott befugte Deuter der Würde der Person und ihrer Berufung zum übernatürlichen Ziel ist die Kirche (vgl. FC 31). Daher warnt der hl. Paul VI.:

„Will man nicht den Dienst an der Weitergabe des Lebens menschlicher Willkür überlassen, dann muss man für die Verfügungsmacht des Menschen über den eigenen Körper und seine natürlichen Funktionen unüberschreitbare Grenzen anerkennen, die von niemand, sei es Privatperson oder öffentliche Autorität, verletzt werden dürfen. Diese Grenzen bestimmen sich einzig aus der Ehrfurcht, die dem menschlichen Leibe in seiner Ganzheit und seinen natürlichen Funktionen geschuldet wird” (HV 17).

Die Kirche kann sich von der Erfüllung der undankbaren Sendung nicht entziehen, „das gesamte Sittengesetz, das natürliche und dieses vom Evangelium, demütig, aber auch standhaft zu verkünden” (HV 18; vgl. EV 82). Denn Aufgabe der Kirche ist es, dass sie der Menschenfamilie ihr wahres Gut und Wohl zeigt (VSp 95). Dieses aber wird erkennbar, indem die Kirche unermüdlich Ihren Herrn, Jesus Christus, voller Liebe betrachtet. Daher sagt der Heilige Vater:

„Den festen Halt für diese Arbeit der Kirche ... bilden nicht so sehr doktrinäre Äußerungen, bzw. pastorale Aufrufe zur Wachsamkeit, als vielmehr der beständige Blick auf Christus den Herrn. Die Kirche blickt Tag für Tag mit unermüdlicher Liebe auf Christus, völlig bewusst, dass sie allein in Ihm die wahre und endgültige Lösung des moralischen Problems finden kann” (VSp 85).

„Besonders im Gekreuzigten Christus findet die Kirche die Antwort auf die Frage, die heute so viele Menschen quält: Ob der Gehorsam gegenüber den universalen und unveränderlichen moralischen Normen die Ehre für die Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit jeder menschlichen Person auszudrücken imstande ist und ihre Freiheit und Würde nicht gefährdet.
– Die Kirche hat dasselbe Bewusstsein um die erhaltene Sendung, wie sie der Apostel Paulus gehabt hat: ‘Denn Christus hat mich ... gesandt ..., um das Evangelium zu verkünden, aber nicht mit gewandten und klugen Worten, damit das Kreuz Christi nicht um seine Kraft gebracht wird ... Wir verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit’ (1 Kor 1,17.23f.).
– Der Gekreuzigte Christus offenbart den authentischen Sinn der Freiheit. Er lebt ihn in der Fülle über seine totale Selbsthingabe und beruft die Jünger, an dieser seiner Freiheit teilzuhaben” (VSp 85).


Verzierung

RE-Lektüre: II.Teil, Kapit. 4b.
Stadniki, 8.XI.2013.
Tarnów, 25.V.2023.

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4. Freiheit der Gabe bedroht von der Begehrlichkeit
5. Selbsthingabe bedingt mit Sich-Besitzen

B. ETHISCHES AUSMASS DER „SPRACHE DES LEIBES”
Selbsthingabe als ontologisch-ethischer Imperativ
Ungemeine Bedeutung des Vereinigungs-Aktes
Selbsthingabe der Person eingeprägt in die Struktur und Dynamik des Aktes
Wahrheit und Inhalt der „Sprache des Leibes” beim Geschlechtsakt
Für die Ehe „eigener und vorbehaltener” Akt

Bilder-Fotos

Abb.1. Wunderliches Spielen des Kleinkindes mit geliebtem Hund
Abb.2. Wahrhafte Liebe (zentri-fugale Dynamik);
!empt (0 kB)Anti-Liebe (zentri-petale Dynamik = Egoismus)

Abb.3. In seltener Begegnung mit Gästen aus Indonesien (a)
Abb.4. In seltener Begegnung mit Gästen aus Indonesien (b)
Abb.5. Voller schöner Enten am großen Teich